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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 10.09.2024, RV/7101533/2024

Einstellung des Verfahrens mangels Parteifähigkeit der GmbH aufgrund im Firmenbuch erfolgter Löschung wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Mag. R. *** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Eckhardt SteuerberatungsgmbH, Hauptstraße 58, 7033 Pöttsching, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Wiederaufnahme Körperschaftsteuer 2015 und 2016 sowie Körperschaftsteuer 2015 und 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.), die im Firmenbuch zu FN ***123456a*** des Landesgerichts ***1*** eingetragen war, wurde ab bis eine Außenprüfung gem. § 147 Abs. 1 BAO betreffend unter anderem Körperschaftsteuer für die Jahre 2015 bis 2018 durchgeführt.

Im Rahmen dieser Außenprüfung wurde vom Prüfer die Feststellung getroffen, dass den in der Buchhaltung der Bf. als Fremdleistungsaufwand berücksichtigen Eingangsrechnungen der Firmen ***2***, der ***3*** und der ***4***, wobei dieser Fremdleistungsaufwand im Rahmen der Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2015 und 2016 als Betriebsausgabe angesetzt wurde, keine Leistungen dieser angeführten Firmen zugrunde liegen würden und diese Aufwendungen daher als verdeckte Ausschüttungen anzusehen wären.

Am wurden aufgrund dieser Feststellung die Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2016 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen und am durch das Finanzamt Österreich neue Sachbescheide Körperschaftsteuer 2015 und 2016, die dieser Feststellung der Betriebsprüfung entsprochen hat, erlassen.

Mit Schreiben vom wurde durch die Bf. Beschwerde sowohl gegen die Wiederaufnahmebescheide Körperschaftsteuer 2015 und 2016 sowie gegen die Sachbescheide Körperschaftsteuer 2015 und 2016 vom erhoben, wobei die Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO beantragt wurde.

Es wurden auch ein Aussetzungsantrag in voller Höhe der mit dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 2016 vorgeschriebenen Abgabe in Höhe von € 2.742,00 gestellt (betreffend 2015 ergab sich keine Nachforderung gegenüber dem Erstbescheid). Die Bf. hat weder vor Erlassung noch nach der Erlassung des angefochtenen Körperschaftsteuerbescheides 2016 Zahlungen auf die vorgeschriebene Abgabennachforderung von € 2.742,00 geleistet, dh. diese Abgabennachforderung ist zur Gänze nicht entrichtet.

Am ergingen durch das Finanzamt Österreich als Beschwerdevorentscheidungen intendierte Schreiben, mit denen die Beschwerde betreffend Sachbescheide Körperschaftsteuer 2015 und 2016 abgewiesen wurde. Am ergingen weiters durch das Finanzamt Österreich als Beschwerdevorentscheidungen intendierte Schreiben, mit denen die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme Körperschaftsteuer 2015 und 2016 abgewiesen wurde.

Diesbezüglich wurden am durch die ***StB*** namens der Bf. Vorlageanträge eingebracht.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss des Landesgerichts ***1*** vom ***6*** 2016, ***5***, wurde über das Vermögen der Bf. der Konkurs eröffnet. Dieser Konkurs wurde nach Schlussverteilung mit Beschluss des Landesgerichts ***1*** vom ***7*** 2021 aufgehoben.

Seitens des Landesgerichts ***1*** als Firmenbuchgericht wurde mit Schreiben vom ***8*** 2021 das Finanzamt Österreich um Bekanntgabe ersucht, ob gegen die amtswegige Löschung der Bf. im Firmenbuch gem. § 40 FBG Bedenken bestehen. Mit Schreiben vom ***9***2021 wurde vom Finanzamt Österreich dem Landesgericht ***1*** als Firmenbuchgericht mitgeteilt, dass derzeit gegen die amtswegige Löschung der Bf. im Firmenbuch Bedenken bestehen würden da eine Prüfung offen ist.

Am ***10*** 2022 wurde die Bf. im Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Mit Beschluss vom wurde das Finanzamt Österreich um Bekanntgabe ersucht, ob gegen die amtswegige Löschung der Beschwerdeführerin im Firmenbuch gemäß § 40 FGB am infolge Vermögenslosigkeit ein Rechtsmittel (Rekurs) ergriffen wurde und dass dieses Rechtsmittel bejahendenfalls vorzulegen wäre.
Für den Fall, dass kein Rechtsmittel gegen die amtswegige Löschung gem. § 40 FBG erhoben wurde, wurde um Bekanntgabe gebeten, ob die Beschwerdeführerin über ein Aktivvermögen verfügt (bejahendenfalls um was für ein Aktivvermögen es sich handelt) bzw. ob sich nach Ansicht des Finanzamtes Österreich im Falle einer Stattgabe der Beschwerde ein Aktivvermögen der Gesellschaft ergeben könnte, sodass kein Verlust der Parteifähigkeit eingetreten ist.

Mit Schreiben vom beantwortete das Finanzamt Österreich den Beschluss vom wie folgt:

Die Bf. wäre laut Firmenbuch ***11***2022 infolge Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht worden. Am ***9***2021 wäre seitens der Behörde dem Gericht mitgeteilt worden, dass gegen die Löschung Bedenken bestehen, da ein Rechtsmittel offen ist. Gegen die tatsächliche Löschung am ***11***2022 wäre seitens der Finanzverwaltung jedoch kein Rechtsmittel eingebracht worden.
Mit Beschluss des Gerichts vom ***12***2021 wäre der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben worden. Nach Ansicht des Finanzamts ergäbe sich auch im Falle einer Stattgabe der Beschwerde kein Aktivvermögen. Die Nachforderung der Körperschaftsteuer 2016 hätte 2742,00 € betragen. Dieser Betrag wäre am ausgesetzt worden. Da nie eine Bezahlung erfolgt wäre, würde es selbst im Falle einer Stattgabe der Beschwerde zu keinem Aktivvermögen kommen.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aufgrund des dargestellten Verfahrensganges folgendes:

Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozeßordnung ist sinngemäß anzuwenden.

§ 80 BAO lautet:
(1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.
(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Flexiblen Kapitalgesellschaft nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

§ 40 FBG lautet:
(1) Eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, kann auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder eines Finanzamtes oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Eine Abwicklung findet nicht statt. Sofern das Vorhandensein von Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wenn sie die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte (§§ 277 ff UGB) von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollzählig zum Firmenbuch eingereicht hat und seit dem Zeitpunkt, zu dem der Jahresabschluss für das zweite Geschäftsjahr einzureichen gewesen wäre, mindestens sechs Monate vergangen sind.
(2) Vor der Löschung sind die nach dem Sitz der Gesellschaft zuständige gesetzliche Interessenvertretung und das Finanzamt zu hören, sofern diese nicht ohnehin selbst Antragsteller waren. Äußern sich diese Stellen binnen vier Wochen nicht, so gilt ihre Zustimmung als gegeben.
(3) Gerichte und Finanzämter haben einander die erbetenen für die Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
(4) Stellt sich nach der Löschung das Vorhandensein von Vermögen heraus, das der Verteilung unterliegt, so findet die Abwicklung statt. Die Abwickler sind auf Antrag eines Beteiligten vom Gericht zu ernennen.

Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein (vgl. zB ). Bezogen auf Verfahrenshandlungen begründet die Rechtsfähigkeit die Parteifähigkeit, somit die abstrakte Fähigkeit, Träger von prozessualen Rechten und Pflichten zu sein (vgl. Ritz/Koran, BAO7, Tz 1 zu § 79 BAO).

Die mangelnde Parteifähigkeit ist in der Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. ).

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat grundsätzlich nur deklarativen Charakter (vgl. zB ; ).

Allerdings besteht die Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH nur solange fort, als noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind und diese Abgabenfestsetzung zu einem Aktivvermögen der gelöschten GmbH führen kann, etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugssteuern oder Vorsteuern (vgl. ; unter Verweis auf ). Daher ändert sich an der Parteifähigkeit trotz bereits erfolgter Löschung im Firmenbuch nichts, wenn eine Abgabe bereits entrichtet wurde und in einem Abgaben- oder Beschwerdeverfahren ein möglicher Rückforderungsanspruch und somit

eine etwaige Forderung geltend gemacht wird (; ).

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die in § 80 Abs. 3 BAO vorgesehene Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO nur jene Fälle umfasst, in denen eine Liquidation
(§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind daher jene Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist (vgl. zB ). Jedoch ist mit der Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit gem. § 40 FBG nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der bisherigen Geschäftsführer oder Liquidatoren verbunden (vgl. ). In einem solchen Fall können an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. ). Auch erteilte Vollmachten erlöschen mit dem Wegfall der Rechtspersönlichkeit der juristischen Person (vgl. zB ; Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.03 (Stand ), Rz 1 f zu § 1023 ABGB).

Da die streitgegenständliche Abgabennachforderung gemäß dem festgestellten Sachverhalt bislang nicht - und zwar auch nicht teilweise - entrichtet wurde, würde selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde zu keinem Aktivvermögen der gelöschten Bf. führen.

Somit liegt aber im gegenständlichen Fall eine Vollbeendigung der gelöschten Bf. vor (vgl. ). Die im Firmenbuch gelöschte und vermögenslose Bf. ist damit vollbeendet. Es besteht auch kein Anlass zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO ().

Zur Vorschrift, die bei Vollbeendigung der GmbH sinngemäß anzuwenden ist, verweist der Verwaltungsgerichtshof auf § 278 Abs. 1 lit. b BAO, wonach die Bescheidbeschwerde in den Fällen des § 256 Abs. 3 BAO (Zurücknahme der Beschwerde) und des § 261 BAO (Fälle, in denen dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wurde) mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes als gegenstandslos zu erklären ist. Dies entspricht den Fällen des § 33 Abs. 1 VwGG und damit der Vorschrift, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sinngemäß anzuwenden ist, wenn es zu einem "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der beschwerdeführenden (revisionswerbenden) Partei kommt ().

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 iVm Abs. 5 BAO kann im Falle der Gegenstandsloserklärung von einer beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung liegt im Ermessen und ist verfahrensökonomisch zweckmäßig. Eine Unbilligkeit des Absehens von der mündlichen Verhandlung ist nicht erkennbar. Daher wird das Ermessen dahingehend geübt, dass von der mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

Auf Basis der obigen Ausführungen war das Beschwerdeverfahren somit mittels Beschluss einzustellen. In analoger Anwendung von § 272 Abs. 4 BAO obliegt die Einstellung des Beschwerdeverfahrens im gegenständlichen Fall dem Berichterstatter (so auch zB ; vgl. auch ; ; ; ).

Der gegenständliche Beschluss ergeht mangels Zustellungsmöglichkeit an die Bf. nur an die Amtspartei (vgl. zB ; ; ).

Hinsichtlich der als Beschwerdevorentscheidungen betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2016 und Wiederaufnahme Körperschaftsteuer 2015 und 2015 intendierten Schriftstücke vom bzw. ist festzuhalten, dass diese mangels nicht mehr vorhandener Rechtspersönlichkeit der Bf. gegenüber der Bf. keine Wirksamkeit entfalten konnten.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 40 Abs. 1 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101533.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at