Zurückweisung, weil aufgrund der Adressierung an eine unzuständige Stelle die Beschwerde erst nach der Rechtsmittelfrist an die zuständige Behörde übermittelt worden ist
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Albert Salzmann in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen Finanzvergehen gem § 33 Abs 2 lit a FinStrG und Finanzordnungswidrigkeiten gem § 49 Abs 1 lit a FinStrG über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , GZ ***FV***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Abwesenheit des Beschuldigten und in Anwesenheit der Schriftführerin ***1*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Mit Strafverfügung vom hat das Amt für Betrugsbekämpfung (ABB) als Finanzstrafbehörde den Beschuldigten wegen Finanzvergehen gem § 33 Abs 2 lit a FinStrG und der Finanzordnungs-widrigkeiten gem § 49 Abs 1 lit a FinStrG für schuldig erkannt.
Mit Schriftsatz vom hat der Beschuldigte Einspruch gegen die og Strafverfügung erhoben, wodurch die Strafverfügung außer Kraft trat.
Mit Straferkenntnis vom hat das ABB als Finanzstrafbehörde den Beschuldigten wegen Finanzvergehen gem § 33 Abs 2 lit a und Finanzordnungswidrigkeiten gem § 49 Abs 1 lit a FinStrG für schuldig erkannt.
Mit Schriftsatz vom , beim ABB elektronisch eingelangt am , hat der Beschuldigte Beschwerde gegen das og Straferkenntnis erhoben.
Mit Bescheid vom hat das ABB als Finanzstrafbehörde die Beschwerde vom gem § 156 Abs 1 FinStrG als unzulässig zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom hat der Beschuldigte gegen den og Zurückweisungsbescheid Beschwerde erhoben und hilfsweise die Wiedereinsetzung beantragt.
Mit Vorlagebericht vom hat das ABB die Beschwerde vom dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.
Diese Beschwerdesache wurde durch die Geschäftsstelle der BFG-Außenstelle Salzburg der Gerichtsabteilung 7204 (Senatszuständigkeit) zugewiesen. Mit Unzuständigkeitsanzeige vom hat der Leiter der GA 7204 (nunmehr 7021-5) gem Punkt 3.3.5. der Geschäftsverteilung die Rechtssache an die Geschäftsstelle des BFG-Außenstelle Salzburg zurückgeleitet und dieser bekanntgegeben, dass eine Neuzuteilung der gegenständlichen Beschwerdesache in der ZG 7201 (Einzelrichterzuständigkeit) vorzunehmen ist.
In der Folge wurde die Beschwerdesache der GA 1080 zur Entscheidung zugewiesen. Mit Befangenheitserklärung vom hat sich der Leiter der GA 1080 für befangen erklärt und zwecks Neuzuteilung gem Punkt 3.3.7. der Geschäftsverteilung die Beschwerdesache an die BFG-Geschäftsstelle am Sitz zurückgeleitet.
Aufgrund dieser Befangenheitserklärung wurde die gegenständliche Rechtssache der GA 7021 (Einzelrichterzuständigkeit) zur Entscheidung zugewiesen.
Mit Ladungen vom hat das BFG die Verfahrensparteien zur mündlichen Verhandlung für den geladen. Die an die bekanntgegebene Zustelladresse des Beschuldigten gerichtete Ladung wurde mit dem Vermerk "unbekannt" an das BFG retourniert.
Die mündliche Verhandlung fand am statt. Der Beschuldigte ist dazu nicht erschienen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Festgestellter Sachverhalt:
Mit Straferkenntnis vom hat das "Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde, Bereich Finanzstrafsachen - Team 15" den Beschuldigten wegen Finanzvergehen gem § 33 Abs 2 lit a und Finanzordnungswidrigkeiten gem § 49 Abs 1 lit a FinStrG für schuldig erkannt. Das Straferkenntnis wurde am dem Beschuldigten an seiner Wohnadresse in ***Bf1-Adr*** zugestellt.
In der Rechtsmittelbelehrung wird ua darauf hingewiesen, dass gegen das Straferkenntnis das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erhoben werden könne. Die Beschwerde sei schriftlich oder mündlich zu Protokoll bei der Finanzstrafbehörde zu erheben, die das angefochtene Erkenntnis erlassen habe. Die Beschwerde müsse innerhalb eines Monats ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses erhoben werden.
Mit Schriftsatz vom , beim ABB elektronisch eingelangt am , hat der Beschuldigte Beschwerde gegen das og Erkenntnis erhoben. Die Beschwerde war an den "Spruchsenat I beim Finanzamt Stadt Salzburg als Organ des Finanzamtes Salzburg-Stadt" adressiert. Auf der Beschwerde ist ein Einlaufstempel des Finanzamts Österreich vom angebracht.
Nach dem Einlangen beim Finanzamt Österreich am wurde die Beschwerde an die zentrale Erfassungsstelle weitergeleitet und nach deren elektronischen Erfassung am an das ABB weitergeleitet.
Beweiswürdigung:
Der Zustellzeitpunkt des Straferkenntnisses vom ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Zustellnachweis.
Der Inhalt der Rechtsmittelbelehrung ergibt sich aus der im Akt befindlichen Kopie des Straferkenntnisses vom .
Das Einlangen der Beschwerde am in der Einlaufstelle Finanzamt Österreich sowie die Adressierung an den "Spruchsenat I beim Finanzamt Stadt Salzburg als Organ des Finanzamtes Salzburg-Stadt" ist dem im Akt befindlichen Beschwerdeschriftsatz zu entnehmen.
Der Zeitpunkt der erstmaligen Übermittlung der Beschwerde an das ABB am ist der im Akt befindlichen Grunddatenverwaltungs-Änderungshistorie zu entnehmen.
Rechtslage:
Gemäß § 150 Abs 2 FinStrG beträgt die Rechtsmittelfrist in Finanzstrafverfahren einen Monat. Sie beginnt mit der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses oder sonstigen Bescheides.
Gemäß § 156 Abs 1 FinstrG hat die Finanzstrafbehörde eine Beschwerde, die gegen ein von ihr erlassenes Erkenntnis (einen Bescheid) oder gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstraf-behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder wegen Verletzung der Entscheidungspflicht eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Beschwerde nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Gemäß § 323b Abs 5 BAO können bis Anbringen, für deren Behandlung entweder das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe oder das Amt für Betrugsbekämpfung zuständig ist, innerhalb offener Frist auch unter Verwendung der falschen dieser drei Bezeichnungen wirksam eingebracht werden.
Gemäß § 323b Abs 6 BAO können bis Anbringen, für deren Behandlung entweder das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe oder das Amt für Betrugsbekämpfung zuständig ist, auch unter Verwendung der Bezeichnung der Finanzämter gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010 (AVOG 2010 - DV), BGBl. II Nr. 165/2010, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 375/2016, sowie unter Verwendung der zum kundgemachten Anschriften der Finanzämter wirksam eingebracht werden.
Rechtliche Beurteilung:
Die Sache des gegenständlichen Verfahrens ist durch den Spruch des angefochtenen Bescheides bestimmt. Demzufolge ist im gegenständlichen Verfahren ausschließlich darüber abzusprechen, ob die Beschwerde vom zurecht vom ABB als Finanzstrafbehörde wegen verspäteter Einbringung als unzulässig zurückzuweisen war.
Soweit sich die Beschwerde formell oder inhaltlich gegen das Straferkenntnis vom richtet (Seiten 3 bis 5), betreffen diese nicht die Sache des gegenständlichen Verfahrens. Vielmehr hat gem § 167 f FinStrG jene Stelle diese Punkte zu würdigen, die über den hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag abzusprechen hat. Da sowohl das Straferkenntnis vom als auch der Zurückweisungsbescheid vom das ABB als Finanzstrafbehörde erlassen hat, wird dieses über die geltend gemachten Gründe für eine Wiedereinsetzung (keine Zustellung der Ladung zur mündliche Verhandlung; formelle und inhaltliche Beschwerdepunkte zum Straferkenntnis; Beweisanträge; behauptete Kompliziertheit der Verfahrensschritte uam) abzusprechen haben.
Die Beschwerdefrist beträgt gem § 150 Abs 2 FinStrG ein Monat ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eines Erkenntnisses. Die Zustellung des Erkenntnisses vom erfolgte am . Demzufolge endete die Beschwerdefrist am . Da es sich dabei um einen Sonntag gehandelt hat, verlängert sich die Beschwerdefrist auf Montag den .
Das ABB vertritt die Rechtsansicht, dass erst mit der elektronischen Übermittlung am die Zustellung an das ABB und damit verspätet erfolgt sei. Die Verspätung sei dem Beschuldigten zuzurechnen, weil dieser die Beschwerde an eine nicht zuständige Behörde adressiert habe.
Dagegen bringt der Beschuldigte im Beschwerdeschriftsatz vor, dass
- es in Österreich nur ein Finanzamt, nämlich das Finanzamt Österreich, gäbe und somit eine Beschwerde auch an der Adresse Aigner Straße 10 in Stadt Salzburg wirksam eingebracht werden könne,
- die Einbringung somit fristgerecht und an der richtigen Stelle erfolgt sei,
- das ABB eine Dienststelle des Finanzamtes sei, keine Rechtspersönlichkeit und auch keine strukturelle Eigenverantwortung habe und daher keine "Zustellstelle" für Eingaben sei,
- alles, was an des Finanzamt Österreich versendet werde, daher auch gleichsam als Eingabe an das ABB gelte,
- die Rechtsbelehrung nicht in der kroatischen Muttersprache des Beschuldigten verfasst und die Belehrung nicht vollständig gewesen sei,
- bei einer Verfristung nicht sofort mit Zurückweisung vorgegangen werden dürfe, sondern zunächst ein Vorhalt an den Beschuldigten zu richten gewesen sei
- und die Beweismittel für die Verfristung dem Beschuldigten vor der Entscheidung nicht vorgehalten worden seien.
Der Beschuldigte verkennt in mehrerlei Hinsicht die geltende Rechtslage. Zunächst ist festzuhalten, dass mit die Finanzverwaltung organisatorisch umgestaltet wurde und neben dem Finanzamt Österreich auch weitere Finanzämter bestehen (2. Finanz-Organisations-reformgesetz, BGBl I Nr. 99/2020, 2. FORG). Ua wurde das ABB als eigene Finanzbehörde geschaffen, welches keine bloße Dienststelle des Finanzamtes Österreich darstellt.
Seit dem ist das ABB ua als Finanzstrafbehörde tätig und nicht das Finanzamt Österreich. Rechtskonform sind daher die Strafverfügung , das Straferkenntnis vom und der Zurückweisungsbescheid vom jeweils vom "Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde" erlassen worden. Diese ist laut jeweiliger Rechtsmittelbelehrung auch jene Stelle, bei der Rechtsmittel wirksam eingebracht werden können.
Sowohl der Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom , als auch die Beschwerde vom gegen den Zurückweisungsbescheid vom wurden vom Beschuldigten der Rechtsmittelbelehrung entsprechend an das "Amt für Betrugsbekämpfung" gerichtet. Sohin war für den Beschuldigten vor und nach der Einbringung der Beschwerde gegen das Straferkenntnis erkennbar, wo das jeweilige Rechtsmittel wirksam eingebracht werden kann.
Soweit sich der Beschuldigte in seiner Beschwerde darauf bezieht, dass das Straferkenntnis vom von einem Spruchsenat beim Finanzamt Salzburg-Stadt erlassen worden sei, verwechselt er damit sein Beschwerdeverfahren mit jenem seiner Gattin. Aus Inhalt und Formatierung des Beschwerdeschriftsatzes vom ist für das Gericht zweifelsfrei erkennbar, dass als Vorlage dafür der ursprüngliche Beschwerdeschriftsatz im Verfahren der Gattin verwendet worden ist. In diesem Verfahren war der "Spruchsenat II beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde" tatsächlich die (noch) zuständige Finanzstrafbehörde.
Der vom Beschuldigten wahrgenommenen "Kompliziertheit des Verfahrens" wurde vom Gesetzgeber mit § 323b Abs 5 und 6 BAO Rechnung getragen. In diesen Bestimmungen regelt der Gesetzgeber mit einer Übergangszeit bis zum die wirksame Zustellung bzw Einbringung von Anbringen bei den verschiedenen Dienststellen der Finanzverwaltung. In dieser Übergangszeit konnten Anbringen auch bei anderen Stellen als der zuständigen Finanzstrafbehörde wirksam und fristwahrend eingereicht werden.
Die als verspätet zurückgewiesene Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom wurde am erstellt und am beim Finanzamt Österreich eingebracht. Damit ist die gesetzlich vorgesehene Übergangsregelung, welche mit befristet war, nicht anzuwenden. Wenn der Gesetzgeber der vom Beschuldigten wahrgenommenen "Kompliziertheit des Verfahrens" mit einer eigenen Übergangsfrist Rechnung trägt, besteht für die Finanzverwaltung und für das Bundesfinanzgericht über diese gesetzliche Frist hinaus kein rechtlicher Ermessensraum für eine abweichende Interpretation des vom Beschuldigten gewählten Adressaten; im gegenständlichen Fall war die Beschwerde zum (= Einlangen der Beschwerde in der Einlaufstelle) als an das Finanzamt Österreich gerichtet und eingelangt zu werten.
Gem § 53 BAO haben die Abgabenbehörden ihre Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Langen bei ihnen Anbringen ein, für deren Behandlung sie nicht zuständig sind, haben sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen.
Im vorliegenden Fall hat der Beschuldigte die Beschwerde am nicht bei der zuständigen Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht eingebracht. Das Finanzamt Österreich hat die Beschwerde nach deren zentralen Erfassung ohne unnötigen Aufschub an die zuständige Stelle weitergeleitet (elektronische Übermittlung an das ABB am ). Diese Weiterleitung erfolgte auf Gefahr des Beschuldigten.
Die Beschwerde wurde sohin erst mit Wirkung beim ABB eingebracht und war diese vom ABB als Finanzstrafbehörde wegen verspäteter Einbringung gem § 156 Abs 1 FinStrG als unzulässig zurückzuweisen.
Die vom Beschuldigten beanstandeten Verfahrensmängel (fehlender Vorhalt betreffend Verfristung, Bekanntgabe der Beweismittel für die Verfristung vor der Entscheidung) wurden durch den Zurückweisungsbescheid vom (Vorhaltswirkung) und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am saniert.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesonders weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das vorliegende Erkenntnis weicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab. Darüber hinaus ergeben sich die Folgen einer verspäteten Einbringung der Beschwerde zweifelsfrei aus den einschlägigen Bestimmungen. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof war daher nicht zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 156 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 150 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 4 AVOG 2010 - DV, Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010, BGBl. II Nr. 165/2010 § 323b Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 53 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 323b Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.6300004.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at