Verfahrensleitender Beschluss, BFG vom 06.09.2024, RV/7102426/2024

Beurteilung des Vorliegens einer Beschwerde, Verständigung nach § 281a BAO

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Lisa Fries in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, QBC 4 - Am Belvedere 4, 1100 Wien, zur Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Feststellung der Einkünfte 2014 bis 2020 und Umsatzsteuer 2014 bis 2020, Steuernummer ***BF1StNr1*** den Beschluss:

I. Gemäß § 281a BAO werden die Parteien davon in Kenntnis gesetzt, dass nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes in gegenständlicher Beschwerdesache noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist. Die Beschwerde wird an das vorlegende Finanzamt Österreich weiter- bzw. rückgeleitet.

II. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

1. Zu Spruchpunkt I.

Mit Bescheiden vom wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Vermietungsgemeinschaft ***X*** für die Jahre 2005 bis 2013 gemäß § 188 BAO (vorläufig) festgestellt sowie die Umsatzsteuer für die Jahre 2005 bis 2013 (vorläufig) festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom wurde Beschwerde gemäß § 243 BAO gegen diese Bescheide eingebracht.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde hinsichtlich der Feststellung von Einkünften 2005 bis 2007 und der Umsatzsteuer 2005 bis 2007 als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde hinsichtlich der Feststellung von Einkünften 2008 bis 2013 und der Umsatzsteuer 2008 bis 2013 als unbegründet abgewiesen. Die Bescheidbegründung zu diesen Bescheiden erging gesondert (Datum: ).

Mit Bescheiden vom wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Vermietungsgemeinschaft ***X*** für die Jahre 2014 bis 2020 gemäß § 188 BAO festgestellt sowie die Umsatzsteuer für die Jahre 2014 bis 2020 festgesetzt.

Nach Einbringung diverser Fristverlängerungsersuchen wurde mit Schreiben vom "Beschwerde gemäß § 243 iVm § 264 BAO" (eingebracht über FinanzOnline am ) erhoben.

In dem Schreiben wird ausgeführt:

"Wir berufen uns zunächst auf die erteilte Vollmacht und beantragen im Namen und im Auftrag unseres Mandanten die

Vorlage gemäß § 264 Abs. BAO

unserer Beschwerde vom , die mit Bescheidbegründung vom (Frist bis zum verlängert) abgewiesen wurde, an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).

Beschwerdegegenständlich sind:

Umsatzsteuerbescheide für 2005 bis 2020

Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO (jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) für 2005 bis 2020

Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2020 ***Name1***

Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2020 ***Name2***

Bescheid über Stundungs- und Aussetzungszinsen

Mit diesem Schreiben beantragen wir gemäß § 243 iVm § 264 BAO, die ursprünglichen (vorläufigen) o. e. Steuerbescheide für 2005,2006, 2008-2012 im Rechtsbestand zu belassen. Wir beantragen weiters für 2013 bis 2020, die Steuerbescheide gemäß den von uns eingereichten Steuererklärungen zu veranlagen. Für 2007 beantragen wir, den ursprünglichen (vorläufig erlassenen) Umsatzsteuerbescheid für 2007 im Rechtsbestand zu belassen und die Einkünfte für 2007 mit EUR -19.068,48 zu veranlagen und diese den Gesellschaftern entsprechend den Beteiligungsverhältnissen mit jeweils EUR-9.534,24 zuzurechnen.

…"

Mit Schreiben vom führte die beschwerdeführende Partei aus, bei den beschwerdegegenständlichen Bescheiden der Jahre 2014 bis 2020 der Hausgemeinschaft ***X*** (Umsatzsteuer und Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO) handle es sich um Erstbescheide, das heiße, es sei keine Beschwerdevorentscheidung erlassen worden. Es werde hiermit ausdrücklich auf die Erteilung und Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO verzichtet. Es werde beantragt, die genannten Bescheide dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Mit am beim Bundesfinanzgericht eingelangten Vorlagebericht erfolgte die Vorlage (Feststellungsbescheide 2005 bis 2020 und die Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2020) an das Bundesfinanzgericht.

Aus dem Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom geht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht klar hervor, ob es sich dabei lediglich um einen Vorlageantrag betreffend die Bescheide der Jahre 2005 bis 2013 handelt oder ob damit auch Beschwerde hinsichtlich der Bescheide betreffend die Jahre 2014 bis 2020 erhoben werden sollte. [Anmerkung: Bezeichnung als Beschwerde gemäß § 243 iVm § 264 BAO, Antrag auf Vorlage gemäß § 264 BAO der Beschwerde vom (welche nur die Jahre 2005 bis 2013 betraf), Bezeichnung Umsatzsteuerbescheide für 2005 bis 2020 und der Feststellungsbescheide 2005 bis 2020 als beschwerdegegenständlich).

Mit verfahrensleitendem Beschluss vom , RV/7102416/2024, wurde die beschwerdeführende Partei aufgefordert, zum Vorliegen einer Beschwerde hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Bescheide Stellung zu nehmen, oder bekannt zu geben, ob mit dem Schreiben vom auch eine Beschwerde hinsichtlich der Zeiträume 2014 bis 2020 beabsichtigt war (vgl. zur Erforschung des Parteiwillens bei unklaren Anbringen).

Mit Schreiben vom führte die beschwerdeführende Partei unter anderem aus, mit dem Schreiben vom sei auch - rein vorsorglich - eine Beschwerde beabsichtigt gewesen, die die Feststellungsbescheide und Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2020 betroffen habe. Man habe sich auch telefonisch mit dem Fachbereich des Finanzamtes am abgestimmt. Grundsätzlich seien hier die beschwerdeführende Partei und die Abgabenbehörde der Meinung, dass die Jahre 2005 bis 2020 betreffend Umsatzsteuer und einheitliche Feststellung der Einkünfte behandelt werden sollten.

Aufgrund der Ausführungen der beschwerdeführenden Partei wird das Schreiben vom auch als Beschwerde gegen die Feststellungsbescheide 2014 bis 2020 und Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2020 gewertet.

Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen. Gemäß § 262 Abs. 2 BAO hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben, wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

Wie die beschwerdeführende Partei in Ihrem Schreiben vom selbst ausgeführt hat, wurde hinsichtlich der Jahre 2014 bis 2020 keine Beschwerdevorentscheidung erlassen. Ein Antrag auf Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat gemäß § 262 Abs. 2 BAO in der Bescheidbeschwerde zu erfolgen. Ein solcher Antrag kann daher nicht in einem die Bescheidbeschwerde ergänzenden Schriftsatz gestellt werden (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 262 Rn 6). Darüber hinaus wurde die Beschwerde, die am über FinanzOnline eingebracht wurde, auch nicht innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorgelegt. Die Vorlage der Beschwerde erfolgte erst am .

Da somit im Beschwerdefall kein Fall des § 262 Abs. 2 BAO vorliegt, hat die belangte Behörde über die Bescheidbeschwerde hinsichtlich der Feststellungsbescheide 2014 bis 2020 und Umsatzsteuerbescheid 2014 bis 2020 noch mit Beschwerdevorentscheidung abzusprechen.

Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

2. Zu Spruchpunkt II.

Bei der Verständigung und der Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht handelt es sich um einen verfahrensleitenden Beschluss (vgl , mwN). Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts ist nach § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig; sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

Belehrung und Hinweise

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).

Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei ) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen ().

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25a Abs. 3 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102426.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at