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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.08.2024, RV/5100228/2023

Zulässigkeit der Pfändung einer Geldforderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Pfändung einer Geldforderung 2022 Steuernummer ***123*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Pfändungsbescheid vom , der an die Dienstgeberin der Beschwerdeführerin (***XY***) als Drittschuldnerin erging, wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin Abgaben einschließlich Nebengebühren, Gebühren und Barauslagen in Höhe von € 4.524,54 € schuldet. Wegen dieses Gesamtbetrages wurden die der Beschwerdeführerin gegen die Drittschuldnerin zustehenden beschränkt pfändbaren Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis gemäß § 65 AbgEO gepfändet.

Mit weiterem Bescheid vom (Verfügungsverbot) wurde der Beschwerdeführerin eine Ausfertigung des Pfändungsbescheides übermittelt. Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO wurde ihr jede Verfügung über die gepfändeten Forderungen sowie die Einziehung der Forderungen untersagt.

Die Beschwerdeführerin erhob mit Eingabe vom Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid und brachte darin vor:

"Sehr geehrter Herr ***1***, am teilten Sie mir mit, dass ich eine Rückforderung von 4.524,54 Euro zurückbezahlen soll.

Diesbezüglich werde ich einen Einspruch bzw. Beschwerde gegen diese Forderung einlegen, gleichzeitig lege ich auch Einspruch gegen den Pfändungsbeschluss meines Arbeitgebers ein.

Gründe: Nachdem unser Sohn ***Z*** zum von der Familienkasse abgemeldet wurde, weil er dann 18 Jahre war, wurde dennoch bis einschließlich Sept. 2017 die Familienbeihilfe wegen AMS Kurs ausbezahlt.

Da unser Sohn eine Behinderung von 80 % hat und dafür Pflegegeld seit bezogen hat, in Höhe von 157,30 Euro, und unser Sohn auch die erhöhte Familienbeihilfe erhalten hat, besteht auch Anspruch für die Familienbeihilfe, das von der Familienbeihilfe angeblich auch bis Sept. 2018 ausbezahlt worden ist.

Ich bitte daher den Vorgang sorgfältig zu prüfen, und mir dann die Entscheidung mitzuteilen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dieser Bescheid wie folgt:

"Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben.

Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Gemäß § 65 Abs. 3 AbgEO ist die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

Im Einbringungsverfahren ist die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht zu prüfen. Diesbezügliche Einwendungen sind daher im Pfändungsverfahren irrelevant. Prüfungsgegenstand ist nunmehr lediglich die Rechtmäßigkeit der Pfändung und Überweisung der Geldforderung.

Gemäß § 229 BAO ist als Grundlage für die Einbringung über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis auszufertigen. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren. Unbestritten ist, dass die gegenständliche Pfändung aufgrund des Rückstandsausweises vom erfolgte. Da zum Zeitpunkt der Pfändung somit ein gültiger Exekutionstitel vorlag, erfolgte die Pfändung zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Hinweis:

Die Lohnpfändung bei Ihrem Arbeitgeber ist derzeit rangwahrend ruhend gestellt."

Mit Schreiben vom wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Mit Vorlagebericht vom wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bescheid vom wurde die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag von der Beschwerdeführerin für ihren Sohn ***Z***, SVNr. ***124***, für den Zeitraum Oktober 2017 bis September 2018 in Höhe von insgesamt € 4.417,70 zurückgefordert. Die Rückforderungsbetrag setzt sich wie folgt zusammen:

Die zurückgeforderten Beträge wurden trotz Fälligkeit von der Beschwerdeführerin nicht entrichtet.

Am setzte die belangte Behörde einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 56,84 (2% von 2.841,80 - Familienbeihilfe 2018) fest.

Im Rückstandsausweis vom wurden vollstreckbare Abgabenschuldigkeiten wie folgt ausgewiesen:

Im Pfändungsbescheid vom , der an die Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin (***XY***) als Drittschuldnerin erging, wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin Abgaben einschließlich Nebengebühren, Gebühren und Barauslagen in Höhe von € 4.524,54 € schuldet. Die der Beschwerdeführerin gegen die Drittschuldnerin zustehenden beschränkt pfändbaren Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis wurden gemäß § 65 AbgEO gepfändet.

Mit weiterem Bescheid vom (Verfügungsverbot) wurde der Beschwerdeführerin eine Ausfertigung des Pfändungsbescheides übermittelt. Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO wurde ihr jede Verfügung über die gepfändeten Forderungen sowie die Einziehung der Forderungen untersagt.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

Gemäß § 226 BAO sind Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar.

Gemäß § 229 BAO ist als Grundlage für die Einbringung über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.

Die § 4 AbgEO, § 12 AbgEO und § 65 AbgEO lauten:

§ 4: Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

§ 12 (1) Gegen den Anspruch können im Zuge des abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind. […]

§ 65. (1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.

(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei mitzuteilen, daß die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.

(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

(4) Der Drittschuldner kann das Zahlungsverbot anfechten oder bei der Abgabenbehörde die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

(5) Ein für die gepfändete Forderung bestelltes Handpfand kann in Verwahrung genommen werden.

Erwägungen

Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen gemäß § 4 AbgEO die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

Im gegenständlichen Fall lag ein Rückstandsausweis vom vor, in dem die von der Forderungspfändung betroffenen Abgaben in Höhe von insgesamt 4.474,54 € zuzüglich Pfändungsgebühr gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO in Höhe von 1 % vom einzubringenden Abgabenbetrag und der Barauslagenersatz gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO (insgesamt € 50,00) enthalten waren, sodass sich die im angefochtenen Bescheid ausgewiesene Summe von 4.524,54 € ergibt.

Soweit die Beschwerdeführerin die Richtigkeit des Rückforderungsbescheides bestritten hat (insb. durch die 80%ige Behinderung ihres Sohnes und des vermeintlichen Anspruches auf Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrages zur Familienbeihile), ist auf die Bestimmung des § 12 Abs. 1 AbgEO zu verweisen. Demnach können gegen den Abgabenanspruch im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Solche Tatsachen wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht. Einwendungen, die sich gegen den Abgabenanspruch oder gegen die Höhe der Abgabe richten, sind im Verfahren mit Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid, und nicht gemäß § 12 Abs. 1 AbgEO geltend zu machen. Im Vollstreckungsverfahren können somit keine Einwendungen gegen die Richtigkeit des Rückforderungsbescheides (mehr) erhoben werden (Liebeg, AbgEO, § 12 Tz 3; = ÖStZB 1998, 319; ; ; ; ; Stoll III 2380; vgl auch § 65 Rz 33).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 12 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100228.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at