Bestimmte Vertragsdauer bei Kündigungsmöglichkeiten der Verpächterin (nach § 30 MRG und weitere) und Vereinbarung von Weitergabe- und Präsentationsrechten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren 2017, Steuernummer ***BF-StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die ***BF***, nunmehr ***BF***, als Verpächterin und die ***Pächterin*** als Pächterin haben am den hier gegenständlichen, 61 Seiten umfassenden Bestandvertrag geschlossen.
Nach erfolgter Gebührenanzeige durch die Verpächterin und Beschwerdeführerin, hat das zuständige Finanzamt mit Bescheid vom hierfür die Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG - ausgehend von einer bestimmten Vertragsdauer von 10 Jahren - vorläufig festgesetzt und der Beschwerdeführerin vorgeschrieben. Der Bescheid wurde zugestellt am .
Dagegen hat die Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch ***RA***, =RA-GmbH, am rechtzeitig Beschwerde erhoben. Im Bestandvertrag seien alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG sowie ein Weitergabe- und ein Präsentationsrecht vereinbart worden, sodass eine unbestimmte Vertragsdauer und damit der dreifache Jahreswert als Bemessungsgrundlage zutreffend sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die gesonderte Bescheidbegründung vom wurde zu Handen der RA-GmbH am zugestellt. Darin führt das Finanzamt aus, die möglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG seien nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Bestandvertrages durch Ausübung des Kündigungsrechtes gegeben sei. Ebensowenig sei die Ausübung des Präsentationsrechtes wahrscheinlich, da der für die Namhaftmachung eines neuen Mieters zur Verfügung stehende Personenkreis auf Unternehmen des Konzerns stark eingeschränkt sei.
Aufgrund des rechtzeitigen Vorlageantrages der Beschwerdeführerin vom hat das Finanzamt die obige Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Pachtvertrag für Shop/EKZ
Zwischen ***BF*** als Verpächterin und
***Pächterin*** als Pächterin
In einer Präambel werden zunächst allgemein die Geschäftsgrundlage, welche im Betrieb eines Einkaufszentrums "EKZ" besteht, die Stellung der Verpächterin und die Pflichten der Pächter definiert. Sodann folgen in Teil A Vertragspunkte 1 bis 7 Bestimmungen hinsichtlich Pachtobjekt, Pachtzins, Bestandzweck und Pachtzeit, welche in Teil B noch im Detail ausgeführt werden.
Folgende Bestimmungen in Teil B sind hier von wesentlicher Bedeutung:
3. Pachtdauer
3.1. Das Pachtverhältnis ist auf bestimmte Zeit abgeschlossen und endet zu dem in Teil A 7.2 angeführten Termin (Anm. 10 Jahre nach Übergabe).
3.2. Während dieser bestimmten Dauer kann das Vertragsverhältnis nicht ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden und endet es zum in Teil A 7.2 angeführten Termin, ohne dass es einer gesonderten Aufkündigung seitens einer der Vertragsparteien bedarf.
12. Vorzeitige Vertragsauflösung
12.1. Die Verpächterin ist berechtigt das Pachtverhältnis auch vor Ablauf der bedungenen Zeit unter Setzung einer angemessenen, mindestens jedoch 4-wöchigen, Nachfrist schriftlich aufzulösen. Dies insbesondere bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe im Sinne und analog des § 30 MRGoder wenn: …
Es folgt eine Aufzählung von Vertragsverstößen und sonstigen beim Pächter gelegenen Umständen, welche die Beschwerdeführerin ebenfalls zur vorzeitigen Vertragsauflösung berechtigen:
1. Rückstand bei der Bezahlung;
2. Exekution des Pächters;
3. Verstöße hinsichtlich Vollsortiment/Warengruppen bzw. Shopbezeichnung;
6. kein Erlag einer Garantie;
7. Überlassung von Pachtflächen an Dritte;
8. Verstöße gegen den Nichtraucherschutz;
9. Verstöße in Zusammenhang mit Pachtzweck/Sortiment oder Betriebspflicht;
10. nachteiliger Gebrauch;
11. zweckwidrige Benutzung von Außenflächen;
12. Nichterfüllen von behördlichen Auflagen;
13. Nichtentfernen baulicher Veränderungen.
Punkt 12.3. Die Pächterin ist zur Kündigung jedenfalls erst nach 10 Jahren berechtigt.
13. Weitergabe von Rechten und Pflichten sowie Untervermietung
13.1. Der Pächter ist nicht berechtigt, das Pachtobjekt ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Verpächterin selbst in Pacht zu geben, Rechte oder Pflichten welcher Art immer, insbesondere solche aus diesem Vertrag, an Dritte zu übertragen oder Dritten einzuräumen oder auch nur die faktische Benützung zu überlassen. …
13.4. Der Pächter ist berechtigt, den Pachtgegenstand zur Gänze oder zum Teil ohne vorherige Zustimmung der Verpächterin an Unternehmen des Konzerns des Pächters unterzuvermieten bzw. unterzuverpachten, abzutreten (Vertragsübernahme) oder mit diesen gemeinsam zu nutzen, sofern diese dieselbe Bonität haben und der Pachtgegenstand weiterhin als ***FilialePächterin*** mit derselben Qualität wie bisher genutzt wird. Bei Änderungen oder einer Untervermietung oder Vertragsübernahme innerhalb des Konzerns wird der Pächter die Verpächterin davon in Kenntnis setzen.
36. Besondere Vereinbarungen
36.1. Im Falle der Beendigung oder Auflösung des Bestandverhältnisses zwischen der Verpächterin und der Liegenschaftseigentümerin wird der gegenständliche Vertrag zwischen dem Pächter und der Liegenschaftseigentümerin fortgesetzt.
36.5. Präsentationsrecht:
Der Pächter ist berechtigt einen neuen Pächter schriftlich namhaft zu machen. Die Verpächterin ist sodann verpflichtet binnen 14 Tagen mit einem vom Pächter namhaftgemachten Dritten einen Pachtvertrag mit demselben Inhalt und Konditionen abzuschließen, sofern es sich bei dem neuen Pächter um ein Unternehmen des Konzerns des Pächters handelt. Festzuhalten ist, dass die bereits abgelaufene Vertragsdauer im neu abzuschließenden Pachtvertrag zu berücksichtigen ist, sodass die Laufzeit des neu abzuschließenden Vertrages sich um die bereits abgelaufenen Pachtjahre verringert und die Gesamtlaufzeit beider Pachtverträge zusammen die Pachtdauer dieser Vereinbarung daher nicht übersteigt.
Vorläufige Gebührenfestsetzung
Das Finanzamt hat die hierfür anfallende Mietvertragsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG in Höhe von 67.439,88 € festgesetzt (siehe unten). Da gemäß Vertragspunkt 2. ein Umsatzpachtzins vereinbart wurde, ist die Gebührenfestsetzung gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erfolgt.
Die Bemessungsgrundlage hat sich entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen für die bestimmte Vertragsdauer von 10 Jahren aus den monatlich wiederkehrenden Leistungen (Mindestpacht, Betriebskosten, EKZ-Beitrag und Werbekosten pro m²) ergeben und ist von der Beschwerdeführerin der Höhe nach unbestritten geblieben.
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pro Monat | Anzahl der Monate | Bemessungsgrundlage | ||
Mindestpacht inkl. USt | erste 3 Jahre | 34.428 | 36 | 1,239.408,00 € |
weitere 7 Jahre | 39.348 | 84 | 3,305.232,00 € | |
Betriebskosten | 18.000 | 120 | 2,160.000,00 € | |
Summe | 6,743.988,00 € | |||
davon 1 % Gebühr | 67.439,88 € |
2. Beweiswürdigung
Zu den Sachverhaltsfeststellungen ist das Bundesfinanzgericht durch Einsicht in die vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile gelangt, wobei kein Hinweis dafür vorliegt, dass der Inhalt der Urkunde nicht dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entspricht.
3. Rechtliche Beurteilung
Rechtsgrundlagen
Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im Allgemeinen einer Gebühr von 1 vH nach dem Wert.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.
Das Mietrechtsgesetz (kurz MRG) bestimmt Folgendes:
§ 30 (1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.
(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn
1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;
2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;
3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;
4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;
5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;
6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses ... regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;
7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;
8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;
9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;
10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;
11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;
13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;
14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.
(3) Eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen soll, ist rechtsunwirksam. Überdies kann der Vermieter, der das Miethaus durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, aus dem Grund des Abs. 2 Z 8 nur kündigen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Erwerbung und dem Kündigungstermin mindestens zehn Jahre liegen. Ein Miteigentümer kann die Kündigungsgründe des Abs. 2 Z 8 bis 11 überdies nur geltend machen, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist.
Erwägungen
Strittig ist ausschließlich die Frage, ob das Finanzamt bei der Gebührenbemessung zutreffend von einer bestimmten Vertragsdauer von 10 Jahren ausgegangen ist.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin wäre von einer unbestimmten Vertragsdauer auszugehen gewesen
A) wegen ihrer vorzeitigen Kündigungsmöglichkeiten (nach § 30 MRG und sonstige) und
B) wegen der vereinbarten Weitergabe- bzw. Präsentationsrechte.
ad A) Kündigungsmöglichkeiten
Das Pachtverhältnis ist grundsätzlich auf bestimmte Zeit abgeschlossen und endet 10 Jahre nach Übergabe. Gemäß Vertragspunkt 12. kann die Beschwerdeführerin insbesondere bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe des § 30 MRG und aus bestimmten ausdrücklich angeführten Gründen vorzeitig kündigen, während die Pächterin für die gesamte vereinbarte Pachtdauer gebunden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages, sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich
(vgl. ).
Das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen besteht vielmehr darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss.
vgl. ; ; .
Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG
Hinsichtlich der vereinbarten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ist festzuhalten, dass sich das Bundesfinanzgericht immer wieder mit vergleichbaren Sachverhalten beschäftigt hat, in denen Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben, sich aus den übrigen Vertragsbestimmungen bzw. aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages jedoch ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe wenn überhaupt in Betracht kommen können. Solche Verträge wurden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt.
Siehe dazu insbesondere RV/7102968/2017, RV/7106536/2019,mit ausführlichen Judikaturverweisen.
In diesem Sinn können auch im Gegenstandsfall einer Verpachtung von Geschäftsräumlichkeiten die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG überwiegend nicht zur Anwendung kommen:
Z 5, 6, 8, und 16 stellen auf Wohnraummieten ab;
Z 2 kommt nur zur Anwendung, wenn die Gegenleistung in einer Dienstleistung besteht,
Z 10 greift nur, wenn der Pachtgegenstand zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten bestimmt ist,
Z 11 gilt nur für den Bund, ein Bundesland oder eine Gemeinde,
Z 12 ist nur auf Unterbestandverhältnisse anwendbar,
Z 14 und Z 15 kommen nur für Miethäuser in Betracht,
Z 1 (Pachtzinsrückstand), Z 3 (erheblich nachteiliger Gebrauch oder rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten), Z 4 (Unterbestand) und Z 7 (vertragswidrige Verwendung) setzen ein Fehlverhalten des anderen Vertragspartners - konkret der Pächterin - voraus, womit die Kündigungsrechte nicht nach Belieben ausgeübt werden können und jeglichem Einfluss der Verpächterin entzogen sind.
Dem Vertragswortlaut nach sind somit zwar alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart worden, allerdings kommt faktisch als einziger Kündigungsgrund, der auch ohne grobes Fehlverhalten der Pächterin zur Anwendung gelangen kann, bloß der Eigenbedarf nach § 30 Abs. 2 Z 9 MRG in Betracht. Eine frühzeitige Auflösung des Pachtvertrages aus diesem einzig anwendbaren Kündigungsgrund ist jedoch als äußerst unwahrscheinlich zu qualifizieren, da die Beschwerdeführerin als Betreiberin des Einkaufszentrums kaum für sich selbst (Geschäfts-) Räumlichkeiten benötigen wird.
Haben die Vertragsparteien die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart, ergibt sich jedoch aus dem Gegenstand des Bestandvertrages, dass von den genannten Kündigungsgründen nur einzelne überhaupt in Betracht kommen, bzw. deren Realisierung mangels Anwendbarkeit ohnehin nicht möglich ist, ist der Pachtvertrag als Bestandvertrag auf bestimmte Zeit zu beurteilen.
Weitere vertraglich vereinbarte Kündigungsgründe
Unter Punkt 12. des Vertrages finden sich weitere vertraglich vereinbarte Kündigungsgründe, die jedoch allesamt ein (grobes) Fehlverhalten der Pächterin voraussetzen. Diese Kündigungsrechte kann die Beschwerdeführerin somit nicht aus eigener freier Entscheidung für sich in Anspruch nehmen, vielmehr muss die Pächterin zunächst ein aktives Verhalten (oder Nichtverhalten) setzen, damit der Kündigungsgrund schlagend werden kann. Die Kündigungsgründe fallen daher eindeutig in die Sphäre der Pächterin und sind sie dem Einfluss der Beschwerdeführerin gänzlich entzogen, sodass auch dadurch keinesfalls eine uneingeschränkte Kündigungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin gegeben ist.
ad B) Weitergaberecht/Präsentationsrecht
Darüberhinaus beruft sich die Beschwerdeführerin auf das vereinbarte Weitergaberecht (Vertragspunkt 13.4.) bzw. Präsentationsrecht (Vertragspunkt 36.5.). Dadurch komme es trotz der bestimmten Vertragsdauer zu einer zeitlichen Ungewissheit, sodass der Vertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen zu beurteilen sei.
Werden Weitergabe- und Präsentationsrechte in Bestandverträgen auf bestimmte Dauer vereinbart, sind die Verträge gemäß der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ( Ro 2014/16/0072 und Ro 2015/16/0032) gebührenrechtlich wie folgt zu beurteilen:
Ein Weitergaberecht berechtigt zur Übertragung der Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis auf einen Dritten, ohne dass es einer (weiteren) Erklärung des Bestandnehmers bedarf. Mit Ausübung des Weitergaberechtes kommt es zur Vertragsübernahme durch den neuen Mieter; der Übergang der Rechte und Pflichten aus dem Bestandvertrag ist mit der Mitteilung an den Bestandgeber vollzogen. Sobald der Nachmieter dem Bestandgeber bekannt geworden ist, tritt er in den Bestandvertrag ein, ohne dass es des Abschlusses eines neuen Mietvertrages bedarf. Durch ein Weitergaberecht wird somit keine Auflösung des Vertrages bewirkt, weswegen es bei der bestimmten Dauer bleibt.
Ein Präsentationsrecht enthält die Verpflichtung des Vermieters unter gewissen Bedingungen mit einem vom Mieter vorgeschlagenen geeigneten Dritten einen Vertrag gleichen oder bestimmten anderen Inhaltes abzuschließen. Ein solches in einem Bestandvertrag eingeräumtes Präsentationsrecht bewirkt in der Regel, dass von einer unbestimmten Vertragsdauer im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG auszugehen ist. Im Falle eines Präsentationsrechtes kann der Mieter jederzeit den Vertrag auflösen, weshalb ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vorliegt. Der Einschub "in der Regel" impliziert jedoch bereits, dass es durchaus auch Konstellationen geben kann, bei denen trotz Präsentationsrecht ein Vertrag auf bestimmte Dauer vorliegt.
Zusammengefasst ist daher bei einem Weitergaberecht der Vertrag als auf bestimmte Dauer abgeschlossen zu qualifizieren, während bei einem Präsentationsrecht "in der Regel" anzunehmen ist, dass gebührenrechtlich eine unbestimmte Vertragsdauer vorliegt.
Im gegenständlichen Fall ist die Pächterin grundsätzlich nicht berechtigt, das Bestandobjekt an Dritte weiterzugeben. Allerdings steht es der Pächterin gemäß Vertragspunkt 13.4. zu, den Pachtgegenstand ohne vorherige Zustimmung der Beschwerdeführerin an ein Unternehmen des Konzerns der Pächterin mit gleicher Bonität weiterzugeben, unter der Bedingung einer gleichbleibenden Nutzung des Pachtgegenstandes mit derselben Qualität. Die Beschwerdeführerin ist lediglich von der Weitergabe in Kenntnis zu setzen. Damit tritt das Konzernunternehmen in den bestehenden Bestandvertrag ein, sodass dieses Weitergaberecht an der vereinbarten bestimmten Vertragsdauer jedenfalls nichts ändert.
Soweit im Vertragspunkt 36.5. dem Wortlaut nach ein Präsentationsrecht vereinbart wurde, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass für die gebührenrechtliche Beurteilung nicht die Bezeichnung, sondern der Inhalt der Vereinbarung entscheidend ist. Bei einer Gesamtbetrachtung des Bestandvertrages haben die Vertragspartner jedoch nach Ansicht des Gerichtes inhaltlich keinesfalls vereinbart, dass die Pächterin durch Namhaftmachung eines beliebigen Dritten den Vertrag jederzeit auflösen kann, was gebührenrechtlich eine unbestimmte Dauer zur Folge hätte.
Dies erschließt sich zunächst daraus, dass die Beschwerdeführerin nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen verpflichtet ist, einen Pachtvertrag mit einem von der Pächterin namhaftgemachten Dritten abzuschließen. Es muss sich bei dem neuen Pachtvertrag um einen Vertrag mit demselben Inhalt und zu denselben Konditionen handeln und der neue Pächter muss ein Unternehmen des Konzerns der Pächterin sein. Darüberhinaus soll sich an der vereinbarten Laufzeit insofern nichts ändern, als die bereits abgelaufene Vertragsdauer im neu abzuschließenden Pachtvertrag zu berücksichtigen ist. Vor allem diese Regelung des letzten Satzes, welche eine gleichbleibende Gesamtlaufzeit beider Verträge vorsieht, spricht vehement dafür, dass ein Vertrag mit bestimmter Dauer vorliegt.
Auch wenn ein Präsentationsrecht "in der Regel" auf einen Vertrag auf unbestimmte Dauer hindeutet, wird durch die gegenständliche Vertragsgestaltung kein derartiges Maß an Ungewissheit hinsichtlich der Vertragsdauer erreicht, dass von Anfang an von einer unbestimmten Dauer des Vertragsverhältnisses auszugehen ist. Vielmehr kommt die als Präsentationsrecht bezeichnete Vereinbarung hinsichtlich ihrer Wirkung einem Weitergaberecht gleich.
Dieser Beurteilung stehen auch die von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnisse , und , nicht entgegen. Im ersten Fall ist der Entscheidung schon ein Vertrag auf unbestimmte Dauer zugrunde gelegen und die Mieterin konnte irgendeinen Nachfolgemieter namhaft machen. Im zweiten Fall hatte die Verpächterin die Möglichkeit, den Pachtvertrag im Falle der Veräußerung der Liegenschaft aufzulösen (anders Punkt 36.1. des gegenständlichen Vertrages).
Nicht zuletzt spricht schon die Lebenserfahrung dafür, dass die Parteien im beiderseitigen Interesse grundsätzlich insgesamt 10 Jahre gebunden bleiben wollten, da die Beschwerdeführerin an einer Kontinuität der Geschäftslokale in ihrem Einkaufszentrum interessiert sein muss, gleichwohl der Pächterin eine gewisse konzerninterne Flexibilität zugestanden werden soll.
Bei vergleichbaren Fallkonstellationen hat das Bundesfinanzgericht bereits mehrfach entschieden, dass inhaltlich ein Vertrag auf bestimmte Dauer vorliegt und wird ausdrücklich auf die folgenden auch vom Verwaltungsgerichtshof bestätigten Entscheidungen verwiesen:
, Revision zurückgewiesen ;
, Vertretung ebenfalls die RA-GmbH;
; Revision zurückgewiesen ;
, Revision zurückgewiesen ;
und RV/7101347/2020; Revision zurückgewiesen bzw. ;
und weitere.
Aus all diesen Gründen war der Beschwerde der Erfolg zu versagen. Der Bescheid, der von einer bestimmten Dauer des Bestandverhältnisses ausgeht, bleibt aufrecht.
4. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig ist und das Erkenntnis auf die angeführte, umfangreiche Rechtsprechung des VwGH Bedacht genommen hat, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7106513.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at