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Verfahrensleitender Beschluss, BFG vom 05.09.2024, RV/5100049/2024

Weiterleitung Beschwerde gem. § 281a BAO

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter Mag. Günter Narat in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer: ***BF1StNr1***, vertreten durch den Steuerberater Herrn Martin Friedl, Marktplatz 2, 4650 Lambach, zur Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2020 den Beschluss:

I. Die Beschwerde wird an das vorlegende Finanzamt Österreich weiter- bzw. rückgeleitet.

II. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 262 Abs 1 BAO ist - im Allgemeinen - nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid über Bescheidbeschwerden abzusprechen.

Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann nach § 264 Abs 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden.

Zuständig zu einer Entscheidung (in der Sache) ist das Bundesfinanzgericht daher im Regelfall nur dann, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde (vgl ; , Ro 2021/13/0009).

Im gegenständlichen Fall wurde von der belangten Behörde am laut dem Bescheidspruch eine abweisende Beschwerdevorentscheidung bezüglich der Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2020 vom erlassen.

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung wurden folgende Ausführungen getroffen:

"Sachverhalt:

Aufgrund der Feststellungen im Rahmen einer Betriebsprüfung erging am , zugestellt am , ein Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2020. Dagegen wurde von der Beschwerdeführerin am Beschwerde erhoben. Am erging von der Abgabenbehörde ein Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO und ein "neuer" Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2020. Beide Bescheide wurden nachweislich am an die Beschwerdeführerin zugestellt.

Gegen den Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO wurde von der Beschwerdeführerin am Beschwerde eingebracht.

Rechtliche Beurteilung:

Gem. § 253 Bundesabgabenordnung (BAO) gilt die Bescheidbeschwerde, wenn ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihm ersetzende Bescheid umfasst."

Der Spruch eines Bescheides ist im Zweifel im Sinne des angewendeten Gesetzes auszulegen. Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruches, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl ; , 0102). Die Begründung eines Bescheides kann daher als Auslegungsbehelf herangezogen werden, wenn der Spruch eines Bescheides für sich allein betrachtet Zweifel an seinem Inhalt offenlässt (vgl etwa ; ; ).

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde am den Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2020 vom gem. § 299 BAO aufgehoben und durch einen neuen Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2020 vom ersetzt.

Aus dem Bescheidspruch der Beschwerdevorentscheidung vom und der oben dargelegten Begründung der Beschwerdevorentscheidung ergibt sich zweifelsfrei, dass die belangte Behörde mit der Beschwerdevorentscheidung vom über die Beschwerde vom betreffend den Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2020 vom absprechen wollte. Eine andere Auslegung ist aufgrund des Hinweises in der Bescheidbegründung, wonach gem. § 253 BAO die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet gilt, wenn ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, nicht geboten.

Aufgrund des Umstandes, dass das Bundesfinanzgericht mit Entscheidung vom , GZ RV/5100624/2023, den Bescheid gem. § 299 BAO vom aufgehoben hat, ist der neue Sachbescheid betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2020 vom aus dem Rechtsbestand ausgeschieden.

Die belangte Behörde hat somit noch keine Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2020 vom erlassen.

Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (190 BlgNR 26. GP 56) wurde zu dieser Bestimmung auszugsweise wie folgt ausgeführt: "Wenn wegen einer fehlenden Beschwerdevorentscheidung oder wegen eines fehlenden Vorlageantrages eine Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde oder des Vorlageantrages trotz erfolgter Vorlage (§ 265) nicht auf das Verwaltungsgericht übergehen konnte, besteht kein Erfordernis, dass das Verwaltungsgericht darüber einen Unzuständigkeitsbeschluss fasst (vgl. Ro 2015/15/0001). Auch aus Gründen des Rechtsschutzes ist es nicht erforderlich, über eine Unzuständigkeit durch das Verwaltungsgericht mittels eines Feststellungsbeschlusses abzusprechen. Im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens soll das Verwaltungsgericht eine ihm von der Abgabenbehörde (zumeist nur irrtümlich) vorgelegte Beschwerde, über die es seiner Ansicht nach in Ermangelung einer Beschwerdevorentscheidung oder eines Vorlageantrages nicht zu entscheiden hat, der Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken und den Beschwerdeführer davon verständigen. Die neue Verständigungspflicht gemäß § 281a BAO soll, insbesondere im Hinblick auf die Verständigung des Beschwerdeführers vom Zeitpunkt und Inhalt der zunächst erfolgten Vorlage, gewährleisten, dass beide Parteien rasch und einfach mittels formloser Mitteilung des Verwaltungsgerichtes davon Kenntnis erlangen, dass sich das Verwaltungsgericht für unzuständig hält."

Der Gesetzgeber geht somit davon aus, dass in den genannten Fällen das Verwaltungsgericht die vorgelegte Beschwerde an die Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken soll, was der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge bereits kraft eines Größenschlusses aus § 53 BAO iVm § 2a BAO folgt. § 281a BAO sieht in diesem Zusammenhang (lediglich) die ausdrückliche Verpflichtung des Verwaltungsgerichts vor, die Parteien über diese Weiterleitung zu verständigen (vgl , mwN).

Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen. Wenn § 281a BAO vorsieht, dass die Verständigung "formlos" erfolgen soll, so ist dies dahin zu verstehen, dass eine bestimmte Form hiefür nicht vorgesehen ist. Zweckmäßig erfolgt diese Verständigung dadurch, dass eine Ausfertigung des verfahrensleitenden Beschlusses (samt Begründung, in der die Ansicht des Bundesfinanzgerichts dargelegt wird) den Parteien zugestellt wird (vgl , mwN).

2. Zu Spruchpunkt II.

Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen (vgl , mwN). Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (vgl auch - zur Abgrenzung von sofort anfechtbaren Beschlüssen - , mwN) ist nach § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig; sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

Gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist demnach eine abgesonderte Revision nicht zulässig (vgl zB ; , Ra 2018/03/0072, mwN). Gleiches gilt auch für die "formlose" Verständigung über die Weiterleitung (Rückleitung) samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichts, die der Bekanntgabe des Inhalts des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht ().

Belehrung und Hinweise

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).

Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei ) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen ().

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25a Abs. 3 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 262 Abs. 2 bis 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 88a Abs. 3 VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 53 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise












ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100049.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at