Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.07.2024, RV/5200004/2023

1. Vorübergehende Verwendung eines Beförderungsmittels 2. Keine Entstehung der Einfuhrabgabenschuld nach Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a UZK bei Binnentransporten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zahl: ***1***, betreffend die Festsetzung von Eingangsabgaben zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom , Zahl: ***1***, teilte das Zollamt der Beschwerdeführerin (Bf.) für einen näher bezeichneten Kleintransporter der Marke "*******" gemäß Art. 102 Unionszollkodex (UZK) einen Eingangsabgabenbetrag in der Höhe von 9.280,00 Euro (4.400,00 Euro an Zoll und 4.880,00 Euro an Einfuhrumsatzsteuer) mit, da für das Fahrzeug im Zeitraum vom bis die in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union nicht erfüllt worden seien und daher gemäß Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a) und Abs. 3 UZK in Verbindung mit §2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) für die Bf. die Eingangsabgabenschuld entstanden sei.

Das Zollamt wies in der Folge - nach Stattgabe eines Wiedereinsetzungsantrages - die dagegen erhobene Beschwerde vom mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***2***, als unbegründet ab.
In sachverhaltsmäßiger Hinsicht stellte die belangte Behörde fest, dass das in Rede stehende Beförderungsmittel am (gemeint wohl: am ) durch eine konkludente Verhaltensweise in das Verfahren der vorübergehenden Verwendung überführt worden sei.
Der Fahrzeuglenker habe im Zuge einer Zollkontrolle am angegeben, das Fahrzeug am leer in das Zollgebiet verbracht zu haben. Im Zuge der Zollkontrolle sei festgestellt worden, dass das Fahrzeug seit der Verbringung in das Zollgebiet bis zum ausschließlich für 12 Transporte innerhalb der EU verwendet worden sei und keine Rückfahrt aus dem Zollgebiet erfolgt sei. Somit sei das Fahrzeug zu Unrecht formlos durch eine als Zollanmeldung geltende Handlung angemeldet worden. Auch sei der Zeitraum, der für die Durchführung der Beförderung notwendig gewesen sei, überschritten worden und folglich sei keine fristgerechte Beendigung des Verfahrens erfolgt.
Gem. Art. 217 Buchstabe b) UZK-DA sei bei gewerblich verwendeten Beförderungsmitteln - mit Ausnahme von Schienenbeförderungsmitteln - die Frist für die Beendigung des Verfahrens jener Zeitraum, der für die Durchführung der Beförderung notwendig sei, nämlich von der Verbringung des beladenen Beförderungsmittels in das Zollgebiet (Transportbeginn) bis zum Entladeort. Auch die Zeit für eine beladene oder leere Rückfahrt aus dem Zollgebiet werde als Teil des Transportes angesehen.
Gem. Art. 142 Buchstabe c) UZK-DA könnten Waren nicht mündlich oder gem. Artikel 141 UZK-DA angemeldet werden, die Verboten oder Beschränkungen unterliegen würden. Das Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG), BGBl. Nr. 593/1995 stelle eine solche Beschränkung dar. Die Ausnahmen von der güterbeförderungsrechtlichen Genehmigungspflicht für Transporte mit in Serbien zugelassenen Kraftfahrzeugen würden ausschließlich im grenzüberschreitenden Verkehr gelten und nicht auch im innerösterreichischen Verkehr (Kabotage). Für den Drittlandverkehr würden die Ausnahmen insoweit gelten, als nur die Genehmigungspflicht entfalle. Die Verpflichtung, den Heimatstaat zu durchfahren, werde dadurch nicht berührt.

Mit Eingabe vom beantragt die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Das Zollamt legte die Beschwerde sowie die Verwaltungsakten mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist ein in der Republik Serbien ansässiges Unternehmen. Am wurde der in Serbien für die ***X.***, zugelassene Kleintransporter mit dem amtlichen Kennzeichen ******** und einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen bei der Einfahrt (ohne Ladung) in das Zollgebiet der Union durch Passieren einer ungarischen Zollstelle in das der Bf. formlos nach Art. 212 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 139 Abs. 1 und 141 Abs. 1 Buchstabe c UZK-DA bewilligte Verfahren der vorübergehenden Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben übergeführt.
In der Folge wurde das Fahrzeug von der Bf. für gewerbliche Gütertransporte mit Be- und Entladeorten in der Europäischen Union eingesetzt.

2. Beweiswürdigung

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten, aus den niederschriftlich protokollierten Angaben des anlässlich der Zollkontrolle am einvernommenen Fahrzeuglenkers sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.
Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

3. Rechtslage

Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom , Unionszollkodex - UZK) lauten auszugsweise:

"Artikel 79 Entstehen der Zollschuld bei Verstößen

(1) Für einfuhrabgabenpflichtige Waren entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn Folgendes nicht erfüllt ist:

a) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, auf das Entziehen dieser Waren aus der zollamtlichen Überwachung oder auf die Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwahrung, vorübergehende Verwendung oder Verwertung dieser Waren in diesem Gebiet,

(2) Für das Entstehen der Zollschuld ist folgender Zeitpunkt maßgebend:

a) der Zeitpunkt, zu dem die Verpflichtung, deren Nichterfüllung die Zollschuld entstehen lässt, nicht oder nicht mehr erfüllt ist,
b …

(3) In den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben a und b ist Zollschuldner,

a) wer die betreffenden Verpflichtungen zu erfüllen hatte,
b) …
c) …"

"Artikel 215 Erledigung eines besonderen Verfahrens

(4) Das Verfahren wird innerhalb einer bestimmten Frist erledigt, sofern nichts anderes bestimmt ist."

"Artikel 250 Geltungsbereich

(1) In der vorübergehenden Verwendung können für die Wiederausfuhr bestimmte Nicht-Unionswaren im Zollgebiet der Union Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben sein, ohne dass sie Folgendem unterliegen:

a) sonstigen Abgaben nach anderen geltenden Vorschriften oder

b) handelspolitischen Maßnahmen, soweit diese nicht das Verbringen oder den Ausgang von Waren in das oder aus dem Zollgebiet der Union untersagen.

(2) Die vorübergehende Verwendung ist nur zulässig, wenn

a) keine Veränderungen der Waren beabsichtigt ist, außer der normalen Wertminderung aufgrund des von ihnen gemachten Gebrauchs,

b) die Nämlichkeit der in das Verfahren übergeführten Waren gewährleistet ist, außer wenn angesichts der Beschaffenheit der Waren oder der beabsichtigten Verwendung bei einem Verzicht auf Maßnahmen zur Nämlichkeitssicherung nicht mit einem Missbrauch des Verfahrens zu rechnen ist, oder im Falle des Artikels 223, wenn nachgeprüft werden kann, ob die für Ersatzwaren vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind,

c) der Inhaber des Verfahrens außerhalb des Zollgebiets der Union ansässig ist, es sei denn, anderweitig ist etwas anderes vorgesehen,

d) die in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Anforderungen für die vollständige oder teilweise Befreiung von Abgaben erfüllt sind.

"Artikel 251 Zeitraum des Verbleibs von Waren in der vorübergehenden Verwendung

(1) Die Zollbehörden setzen den Zeitraum fest, innerhalb dessen die in die vorübergehende Verwendung übergeführten Waren wiederausgeführt oder in ein anschließendes Zollverfahren übergeführt sein müssen. Dieser Zeitraum muss ausreichend lang sein, damit das Ziel der bewilligten Verwendung erreicht werden kann.

(2) Sofern nichts anderes bestimmt ist, darf der Zeitraum, während dessen Waren für denselben Zweck und unter der Verantwortung desselben Bewilligungsinhabers in der vorübergehenden Verwendung verbleiben können, auch bei Erledigung des Verfahrens durch Überführung der Waren in ein anderes besonderes Verfahren und anschließender erneuter Überführung in die vorübergehende Verwendung 24 Monate nicht überschreiten.

(3) Kann die bewilligte Verwendung aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht innerhalb des in den Absätzen 1 und 2 genannten Zeitraums erreicht werden, so können die Zollbehörden auf begründeten Antrag des Bewilligungsinhabers eine Verlängerung dieses Zeitraums um einen angemessenen Zeitraum gewähren.

(4) Der Zeitraum, während dessen Waren in der vorübergehenden Verwendung verbleiben können, darf insgesamt höchstens zehn Jahre betragen, außer im Falle eines unvorhersehbaren Ereignisses."

"Artikel 253 Befugnisübertragung

Die Kommission wird ermächtigt, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 284 zu erlassen, um Folgendes festzulegen:

a) die besondere Verwendung gemäß Artikel 250 Absatz 1,

b) die Anforderungen gemäß Artikel 250 Absatz 2 Buchstabe d."

Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union, ABl. L 343 vom , (UZK-DA) lauten auszugsweise:

"Artikel 136 Mündliche Zollanmeldung zur vorübergehenden Verwendung und Wiederausfuhr (Artikel 158 Absatz 2 des Zollkodex)

(1) Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung können für folgende Waren mündlich abgegeben werden:

a) Paletten, Container und Beförderungsmittel sowie Ersatzteile, Zubehör und Ausrüstung für diese Paletten, Container und Beförderungsmittel gemäß den Artikeln 208 bis 216;

…"

"Artikel 139 Waren, die gemäß Artikel 141 als zur vorübergehenden Verwendung, zur Durchfuhr oder zur Wiederausfuhr angemeldet gelten
(Artikel 158 Absatz 2 des Zollkodex)

(1) Die in Artikel 136 Absatz 1 Buchstaben a bis d sowie Buchstaben h, i und j genannten Waren gelten gemäß Artikel 141 als zur vorübergehenden Verwendung angemeldet, sofern sie nicht mit anderen Mitteln angemeldet werden.

…"

"Artikel 141 Als Zollanmeldung oder Wiederausfuhranmeldung geltende Handlungen
(Artikel 158 Absatz 2 des Zollkodex)

(1) Für die in Artikel 138 Buchstaben a bis d und h, Artikel 139 und Artikel 140 Absatz 1 genannten Waren gilt jede der folgenden Handlungen als Zoll- oder Wiederausfuhranmeldung:

a) …

b) Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge;"

"Artikel 142 Waren, die nicht mündlich oder gemäß Artikel 141 angemeldet werden können (Artikel 158 Absatz 2 des Zollkodex)

Die Artikel 135 bis 140 gelten nicht für

c) Waren, die Verboten oder Beschränkungen unterliegen, ausgenommen

i) Waren, die mit einem NATO-Vordruck 302 oder einem EU-Vordruck 302 befördert oder verwendet werden;

ii) Abfälle von Schiffen;

…"

"Artikel 207 Allgemeine Vorschriften
(Artikel 211 Absatz 3 des Zollkodex)

Wird in diesem Unterabschnitt auf eine gewerbliche Verwendung eines Beförderungsmittels verwiesen, so bezeichnet dies die Verwendung eines Beförderungsmittels zur Beförderung von Personen gegen Entgelt oder die Verwendung eines Beförderungsmittels zur gewerblichen Beförderung von Waren gegen oder ohne Entgelt. Eine Verwendung eines Beförderungsmittels zum eigenen Gebrauch bezeichnet die Verwendung eines Beförderungsmittels für andere als gewerbliche Zwecke."

"Artikel 212 Voraussetzungen für die Gewährung der vollständigen Befreiung von den Einfuhrabgaben für Beförderungsmittel
(Artikel 250 Absatz 2 Buchstabe d des Zollkodex)

(1) Für die Zwecke dieses Artikels schließt der Begriff "Beförderungsmittel" normale Ersatzteile, Zubehör und Ausrüstung für Beförderungsmittel ein.

(2) Erfolgt die Anmeldung der Beförderungsmittel zur vorübergehenden Verwendung gemäß Artikel 136 Absatz 1 mündlich oder mittels einer Handlung gemäß Artikel 139 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 141 Absatz 1, wird die Bewilligung zur vorübergehenden Verwendung der Person erteilt, in deren tatsächlicher Verfügungsgewalt sich die Waren zum Zeitpunkt ihrer Überführung in die vorübergehende Verwendung befinden, es sei denn, diese Person handelt für Rechnung einer anderen Person. In diesem Fall wird die Bewilligung dieser anderen Person erteilt.

(3) Die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel gewährt, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

a) Sie sind außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen oder gehören, falls sie nicht amtlich zugelassen sind, einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person;

b) sie werden unbeschadet der Artikel 214, 215 und 216 von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet.

Werden diese Beförderungsmittel von einer dritten, außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet, wird die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt, sofern diese Person durch den Bewilligungsinhaber schriftlich zur Verwendung des Beförderungsmittels ermächtigt wurde."

"Artikel 217 Fristen für die Erledigung der vorübergehenden Verwendung von Beförderungsmitteln und Containern
(Artikel 215 Absatz 4 des Zollkodex)

Die Erledigung der vorübergehenden Verwendung von Beförderungsmitteln und Containern muss innerhalb der folgenden Fristen ab dem Zeitpunkt der Überführung der Waren in das Verfahren erfolgen:

a) …

b) bei gewerblich verwendeten Beförderungsmitteln mit Ausnahme von Schienenbeförderungsmitteln: in dem Zeitraum, der für die Durchführung der Beförderung notwendig ist;

…"

Art. 218 Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der VO (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABlEU Nr. L 343 vom (UZK-IA) lautet auszugsweise:

"Artikel 218 Zollförmlichkeiten, die durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 141 Absätze 1, 2, 4, 4a, 5 und 6 bis 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 als erfüllt gelten
(Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a Zollkodex, Artikel 139 Zollkodex, Artikel 158 Absatz 2 Zollkodex, Artikel 172 Zollkodex, Artikel 194 Zollkodex und Artikel 267 des Zollkodex)

Für die Zwecke der Artikel 138, 139 und 140 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 gelten die folgenden Zollförmlichkeiten als durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 141 Absätze 1, 2, 4, 4a, 5 und 6 bis 8 Absätze 1, 2, 4, 4a, 5 und 6 bis 8 dieser Delegierten Verordnung erfüllt:

a) die Beförderung der Waren gemäß Artikel 135 des Zollkodex und die Gestellung der Waren gemäß Artikel 139 des Zollkodex;

b) die Gestellung der Waren gemäß Artikel 267 des Zollkodex;

c) die Annahme der Zollanmeldung durch die Zollbehörden gemäß Artikel 172 des Zollkodex;

d) die Überlassung der Waren durch die Zollbehörden gemäß Artikel 194 des Zollkodex."

Gemäß § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG, BGBl. Nr. 659/194 idF. BGBl. I Nr. 163/2015) gelten das im § 1 genannte Zollrecht sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf die Einfuhr oder Ausfuhr von Waren beziehen, weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.

Nach § 26 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) gelten für die Einfuhrumsatzsteuer - mit im Beschwerdefall nicht relevanten Ausnahmen - die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß.

§ 7 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) lautet:

"§ 7. (1) Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland ist außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1072/09,

2. Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom ,

3. Bewilligung der Bundesministerin/des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4. aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung der Bundesministerin/des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs. 4 ergangen ist.

(2) Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs liegt, durch Güterkraftverkehrsunternehmer mit Sitz im Ausland (Kabotage) ist - ausgenommen für die in Art. 8 Abs. 1, 5 und 6 Verordnung (EG) Nr. 1072/09 genannten Güterkraftverkehrsunternehmer - verboten; sie ist nur gestattet,

1. wenn mit dem Staat, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, eine diesbezügliche Vereinbarung besteht, sowie

2. im Rahmen des Vor- oder Nachlaufs im grenzüberschreitenden Kombinierten Verkehr mit einem in einem EWR-Staat zugelassenen Kraftfahrzeug; durch Verordnung der Bundesministerin/des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzulegen, unter welchen Voraussetzungen grenzüberschreitender Kombinierter Verkehr vorliegt und welche Nachweise mitzuführen sind.

(3) Die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann Kabotagevereinbarungen mit Drittländern aufgrund dieses Bundesgesetzes abschließen, wenn für österreichische Unternehmer in dem betreffenden Staat Gegenseitigkeit besteht und verkehrspolitische und volkswirtschaftliche Interessen dem nicht entgegenstehen. Die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat durch Verordnung festzusetzen:

1. die Staaten, mit denen Kabotagevereinbarungen bestehen,

2. die Voraussetzungen, unter denen Kabotage durchgeführt werden darf,

3. die Pflichten der Unternehmer und des Lenkpersonals und

4. etwaige Meldepflichten der Behörden.

(4) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann anordnen, dass die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern nach, durch oder aus Österreich durch ausländische Unternehmer ohne die in Abs. 1 vorgeschriebenen Berechtigungen gestattet ist, wenn und insoweit der betreffende ausländische Staat in dieser Hinsicht Gegenseitigkeit einräumt oder wenn wirtschaftliche Interessen Österreichs dies rechtfertigen.

(5) Die Bundesministerin/der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich des Mitführens und der ordnungsgemäßen Erfassung der Fahrten im Fahrtenberichtsheft gemäß Anhang 7 des Handbuches der Europäischen Verkehrsministerkonferenz festzulegen."

4. Rechtliche Beurteilung

Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK sieht das Entstehen einer Einfuhrzollschuld u.a. dann vor, wenn eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen etwa in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union oder etwa in Bezug auf die vorübergehende Verwendung dieser Waren in diesem Gebiet nicht erfüllt werden.

Im Spruch des angefochtenen Bescheides ist ausschließlich die Rede von Pflichtverletzungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union. Pflichtverletzungen in Bezug auf die vorübergehende Verwendung werden im Bescheidspruch nicht erwähnt.

Das besondere Verfahren der vorübergehenden Verwendung ist in den Art. 250 ff UZK sowie den auf Grundlage des Art. 253 UZK hierzu erlassenen delegierten Rechtsakten geregelt. Die Waren, die unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben in die vorübergehende Verwendung übergeführt werden können, sind in den Art. 207 ff UZK-DA abschließend aufgeführt (vgl. Art. 250 Abs. 2 Buchstabe d UZK). Hierzu gehören nach Art. 212-218 UZK-DA auch die Beförderungsmittel. Zentrale Vorschrift ist hierbei Art. 212 Abs. 3 UZK-DA. Danach wird die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben für Beförderungsmittel gewährt, wenn sie
a) außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sind oder, falls sie nicht amtlich zugelassen sind, einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person gehören und
b) unbeschadet der Art. 214, 215 und 216 UZK-DA von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet werden.

Die (konkludente) Anmeldung zum Verfahren der vorübergehenden Verwendung erfolgte im gegenständlichen Fall durch das mit dem (nicht beladenen) Beförderungsmittel am vorgenommene bloße Passieren einer (ungarischen) Zollstelle (vgl. Art. 141 Abs. 1 Buchstabe b i.V.m. Art. 139 Abs. 1, Art. 136 Abs. 1 Buchstabe a UZK-DA). Das in Rede stehende Beförderungsmittel war außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen, wurde von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet und unterlag im Einfuhrzeitpunkt keinen Verboten oder Beschränkungen iSd Art. 142 Buchstabe c UZK-DA. Die Gestellung sowie die Annahme der Zollanmeldung und die Überlassung galten damit nach Art. 218 UZK-IA als erfüllt, da im Einfuhrzeitpunkt die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 212 Abs. 3 UZK-DA unstrittig vorlagen.

Die bloße Absicht, eine in das Verfahren der vorübergehenden Verwendung übergeführte Ware anders als unter den Voraussetzungen zu nutzen, denen dieses Verfahren unterliegt, wäre für die Zwecke der Entstehung einer Zollschuld als solche noch keine Pflichtverletzung, solange sich diese Absicht nicht in einem Tun oder Unterlassen manifestiert, das objektiv einen Verstoß gegen die geltenden Vorschriften darstellt (vgl. , Laki DOOEL, Randnr. 35, mit Hinweis auf , D. Wandel, Randnr. 48).

Damit stellte im Beschwerdefall die Einreise mit dem in einem Drittland zugelassenen Fahrzeug durch eine außerhalb der Europäischen Union ansässige Person keine Verletzung der Verpflichtung in Bezug auf das Verbringen dar (Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK), wenn für das Fahrzeug keine ausdrückliche Zollanmeldung abgegeben wurde.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde habe das Fahrzeug bei der Vornahme der jeweiligen Binnentransporte nicht den Zulassungsstaat des Beförderungsmittels durchfahren, sodass ein nach den beförderungsrelevanten Vorschriften unerlaubter Drittlandsverkehr vorliege. In Ermangelung einer Rückfahrt aus dem Zollgebiet erblickt darin die Behörde - gestützt auf Art. 217 Buchstabe b UZK-DA - eine zur Entstehung einer Zollschuld nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK führende Überschreitung der Verwendungsfrist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind bei der Auslegung einer unionsrechtlichen Bestimmung nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Kontext und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. PPU, Randnr. 67, mwH).

Nach der bis zum geltenden Bestimmung des Art. 558 Abs. 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO) war eine weitere Voraussetzung für eine einfuhrabgabenfreie vorübergehende Verwendung, dass ein Beförderungsmittel nur für Beförderungen, die außerhalb des Zollgebiets begannen oder endeten, gewerblich verwendet werden durfte. Ein in Art. 555 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO definierter Binnenverkehr war demnach nur zulässig, wenn Verkehrsvorschriften dies vorsahen.

In Art. 212 Abs. 3 UZK-DA wurde diese weitere Voraussetzung für die Gewährung der vollständigen Befreiung von den Einfuhrabgaben für Beförderungsmittel im Rahmen der vorübergehenden Verwendung nicht übernommen. In das Durchführungsrecht zum UZK wurde auch keine dem Art. 555 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO entsprechende Definition des "Binnenverkehrs" aufgenommen.
Das bedeutet, dass der in Art. 555 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO definierte Binnenverkehr keine Einschränkung für die Inanspruchnahme des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung mehr darstellt und die Nichteinhaltung der Verkehrsvorschriften (etwa der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 oder des Güterbeförderungsgesetzes 1995) nicht zu einer Zollschuldentstehung nach Art. 79 UZK führt (vgl. Witte/Henke, UZK7, Art. 250 Rz. 70; Hölzle in Wolffgang/Jatzke, UZK, 2021, Art. 250 Rz 39; Leitlinien der Europäischen Kommission TAXUD/A2/SPE (2023) Besondere Verfahren - Titel VII UZK/ "Leitfaden für Mitgliedstaaten und für den Handel", Titel VII, Kapitel 4 Abschnitt 1, Art. 250; Quelle: https://taxation-customs.ec.europa.eu/document/download/1bdaa892-93fe-4809-93e7-7ead3ea5ebb0_de?filename=TAXUD-2022-00055-05-00-DE-TRA-00.pdf).

Im Gegensatz zu Art. 558 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO verknüpft Art. 212 Abs. 3 UZK-DA die Zulässigkeit der gewerblichen Verwendung eines Beförderungsmittels im Rahmen der vorübergehenden Verwendung nicht mehr mit ausschließlich grenzüberschreitenden Fahrten bzw. mit der Einhaltung der Verkehrsvorschriften. Die Voraussetzungen für den gewerblichen Marktzugang mit Beförderungsmitteln werden nicht durch die zollrechtlichen Bestimmungen der vorübergehenden Verwendung, sondern durch die Vorschriften aus dem Bereich des Verkehrswesens geregelt.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist der Bestimmung des Art. 217 Buchstabe b UZK-DA nicht das Verständnis beizumessen, dass allein die Nichteinhaltung der beförderungsrelevanten Vorschriften bei einer im Übrigen zollrechtlich zulässigen gewerblichen Verwendung des Beförderungsmittels im Zollgebiet eine Überschreitung der Verwendungsfrist bewirkt.

Die der Bf. vorgeworfene Pflichtverletzung in Bezug auf die vorübergehende Verwendung einer Nicht-Unionsware im Zollgebiet der Union im Sinne des Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK liegt daher nicht vor.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Aus der dargestellten unionsrechtlichen Rechtslage ergibt sich keine die Zulässigkeit einer Revision begründenden grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 212 Abs. 3 UZK-DA, DelVO 2015/2446, ABl. Nr. L 343 vom S. 1
Art. 217 Buchstabe b UZK-DA, DelVO 2015/2446, ABl. Nr. L 343 vom S. 1
Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5200004.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at