Zwangsstrafe WiEReG - Androhung der Strafe trotz bestehender Zustellvollmacht nicht dem Bevollmächtigten zugestellt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Monika Ahorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***2*** Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., ***Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zwangsstrafen 11.2023 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Erinnerungsschreiben vom , gerichtet an die beschwerdeführende Partei (in Folge: Bf.) zH ***1*** GmbH, forderte die Abgabenbehörde die Bf. unter Setzung einer Nachfrist bis längstens auf, die fehlende Meldung entsprechend den Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) nachzuholen, andernfalls eine Zwangsstrafe iHv 1.000,- Euro festgesetzt werde.
Weil keine Meldung vorgenommen wurde, setzte die Abgabenbehörde die angekündigte Zwangsstrafe mit Bescheid vom , gerichtet an die Bf. zH ***2*** Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., fest.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde machte die Bf. einen Zustellmangel geltend. Am sei die Zustellvollmacht der steuerlichen Vertretung elektronisch beantragt worden, weshalb das Erinnerungsschreiben richtigerweise an die steuerliche Vertretung zu richten gewesen wäre. Die Bf. legte gemeinsam mit der Beschwerde einen Auszug aus dem Datenkorb aus Finanzonline vom über die Anmeldung der Personengesellschaft vor.
Die Abgabenbehörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, da die Zustellvollmacht der steuerlichen Vertretung betreffend WiEReG erst am bekanntgegeben worden sei, weshalb das Erinnerungsschreiben rechtsrichtig adressiert worden sei.
Im Vorlageantrag beantragte die steuerliche Vertretung namens der Bf. die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und führte nochmals aus, dass die Steuerberatungskanzlei am im Rahmen der Anmeldung der Bf. zur steuerlichen Erfassung dem Finanzamt die voll umfänglich erteilte Vertretungs- und Zustellungsvollmacht elektronisch übermittelt habe. Somit sei die Zustellvollmacht der Behörde bereits mit und nicht erst mit der erneuten Bekanntgabe vom vorgelegen. Die Anmeldung zur steuerlichen Erfassung samt übermittelter Vollmachten wurden dem Vorlageantrag beigelegt. Das Erinnerungsschreiben samt Androhung der Zwangsstrafe sei der Kanzlei als Zustellbevollmächtigten nie zugestellt worden.
Mit Schreiben vom zog die Bf. den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. beauftragte die ***2*** SteuerberatungsgesmbH mit Vollmacht vom zur Vertretung in allen steuerlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden […]. Davon umfasst war auch eine Vertretung in Angelegenheiten des Registers der wirtschaftlichen Eigentümer und allgemein eine Vollmacht zum Empfang von Schriftstücken, insbesondere der Abgabenbehörden.
Am nahm die steuerliche Vertretung die elektronische Anmeldung der Bf. beim Finanzamt mittels Formular "Anmeldung einer Personengesellschaft/-gemeinschaft, Verf16" vor. Dieser Anmeldung beigeschlossen waren folgende Unterlagen: Gesellschaftsvertrag, Eröffnungsbilanz, Formular Verf26, Formular U12, Auftragsverhältnis, Vollmacht samt Zustellvollmacht und Beschluss des HG Wien.
Die Androhung der Zwangsstrafe vom war adressiert an ***Bf1***, zH ***1*** GmbH.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den übermittelten Akteninhalt und die Einsichtnahme in den elektronischen Steuerakt sowie das Register der wirtschaftlichen Eigentümer.
Der Abgabenbehörde ist grundsätzlich zuzustimmen, dass im elektronischen Steuerakt die erste Zustellvollmacht mit vermerkt ist. Allerdings finden sich im elektronischen Steuerakt auch die Unterlagen der Finanzamtsmeldung/Gründungsverfahren (Verf16) - Fragebogen für Personengesellschaften bzw -gemeinschaften vom . Eines dieser Dokumente ist die der steuerlichen Vertretung von der Bf. erteilte Vollmacht über die allgemeine Vertretung und über den Empfang von Schriftstücken, erteilt am (siehe auch BFG-Akt, OZ 5 als Beilage zum Vorlageantrag).
Die Zustellvollmacht wurde der Abgabenbehörde somit bereits am mit Meldung der Personengesellschaft (Gründungsverfahren) bekanntgegeben.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung)
Gemäß § 5 Abs. 1 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) haben Rechtsträger bestimmte Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer innerhalb von vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister an die Bundesanstalt Statistik Österreich zu melden.
Wird diese Meldung nicht erstattet, kann das Finanzamt Österreich deren Vornahme gemäß
§ 16 Abs. 1 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen.
Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete gemäß § 111 Abs. 2 BAO unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist (schriftlich) zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Eine solche Androhung (sowie später Verhängung) einer Zwangsstrafe ist gemäß § 16 Abs. 3 WiEReG an einen dem Finanzamt in einem Verfahren betreffend Abgaben gemäß § 213 Abs. 1 BAO (= bei derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebende Abgaben) bekannt gegebenen Zustellungsbevollmächtigten zuzustellen.
Dem Finanzamt wurde im Zuge des Gründungsverfahrens das Vorliegen der Zustellvollmacht durch Übermittlung der Vollmachtsurkunde bereits am und nicht erst am bekanntgegeben, weshalb auch schon die Androhung der Zwangsstrafe vom gemäß § 16 Abs. 3 WiEReG an den Zustellbevollmächtigten zuzustellen gewesen wäre.
Mangels ordnungsgemäßer Androhung einer Zwangsstrafe erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Weil eine solche Rechtsfrage im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 3 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101152.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at