Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.07.2024, RV/7200058/2023

Festsetzung des Altlastenbeitrags für das konsenslose Ablagern von Abfällen

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7200058/2023-RS1
Kommt ein Deponiebetreiber seiner in § 9 Abs. 2 AlSAG normierten Verpflichtung zur Abgabe einer Abgabenerklärung nicht nach und verletzt er darüber hinaus die Aufzeichnungs- und Nachweispflichten des § 8 AlSAG ist das Zollamt zweifellos berechtigt, die für die Abgabenerhebung relevanten Grundlagen und die damit in Zusammenhang stehenden sonstigen bedeutsamen Umstände im Wege der Schätzung gem. § 184 BAO zu ermitteln. Die Schätzungsbefugnis erstreckt sich dabei neben dem Sachverhalt der Höhe nach auf den Sachverhalt dem Grunde nach ().

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, ***AdrBf***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom gegen den Sammelbescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. ***1***, betreffend Altlastenbeitrag und Säumniszuschläge zu Recht erkannt:

I. Der Spruch des angefochtene Bescheids I (Bescheid über die Festsetzung Altlastenbeitrags) wird wie folgt abgeändert:
Der Wortlaut "im Zeitraum bis (Kalendervierteljahre 1/2009 bis IV/2009)" wird ersetzt durch den Wortlaut "im Zeitraum bis (Kalendervierteljahr 1/2009)".

II. Die Höhe des festgesetzten Altlastenbeitrags wird geändert von € 295.200,00 auf € 90.832,00.

III. Der Spruch des angefochtenen Bescheids II (Bescheid über die Festsetzung von Säumniszuschlägen) wird wie folgt abgeändert:
Der Wortlaut "für die Ablagerung von Abfällen am Standort ***2***" wird ersetzt durch den Wortlaut "am Standort "***3***" auf den Grundstücken ***11***, alle KG ***5***, sowie ***6***, KG ***7***".
Der Wortlaut "der Kalendervierteljahre I des Jahres 2009 bis IV des Jahres 2016" wird ersetzt durch den Wortlaut "des Kalendervierteljahres I des Jahres 2009".

IV. Die Höhe des festgesetzten Säumniszuschlags wird geändert von € 5.904,00 auf € 1.816,64.

V. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

VI. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

VII. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem o.a. Bescheid vom setzte das damalige Zollamt St. Pölten Krems ***7*** dem nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf.), Herrn ***Bf.***, ***AdrBf*** für das Ablagern von Abfällen am Standort "***3***" auf den Grundstücken ***11***, alle KG ***5*** sowie Grundstück ***6***, KG ***7***, im Zeitraum bis Altlastenbeitrag fest.

Gleichzeitig brachte das Zollamt mit diesem Sammelbescheid Säumniszuschläge zur Vorschreibung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom .

Das Zollamt entschied über diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. ***8***. Dabei wurde der Wortlaut des Spruchs des Bescheids betreffend die Säumniszuschläge abgeändert und im Übrigen die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Am fand in Wien auf Antrag des Bf. die mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am Standort "***3***" erfolgten nach vollständiger Verfüllung einer wasserrechtlich genehmigten Mischdeponie für Bodenaushub und Bauschutt ab dem Jahr 2006 unzulässige Ablagerungen.

Für diese Überfüllungen lagen keine behördlichen Bewilligungen vor. Auch den eine Entfernung der unzulässigen Ablagerungen anordnenden Maßnahmenbescheiden leistete der Bf. keine Folge.

2. Beweiswürdigung

Die sachverhaltsrelevanten Feststellungen wurden seitens des Bundesfinanzgerichts im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen angenommen. Das Bundesfinanzgericht konnte sich dabei auf die durch Einsichtnahme in die vom Zollamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakte und auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen Erkenntnisse stützen. Darüber hinaus wurde auch auf die Bauaufsichtsberichte des amtlich bestellten Bauaufsichtsorgans Bedacht genommen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Rechtslage:

Die relevanten Bestimmungen des Altlastensanierungsgesetzes in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung lauten (auszugsweise):

§ 3 Gegenstand des Beitrags

(1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen

1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

a. das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- und Stützwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),

b. das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung,

c. das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen,

§ 8 Aufzeichnungs- und Nachweispflichten

Der Beitragsschuldner hat fortlaufend Aufzeichnungen zu führen, aus denen die Bemessungsgrundlage, getrennt nach den Beitragssätzen gemäß § 6 Abs. 1 bis 4b, sowie Umfang und Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld zu ersehen sind. Die Aufzeichnungen und Belege, die für die Beitragserhebung von Bedeutung sind, wie insbesondere die Wiegebelege (§ 20 Abs. 1), müssen sieben Jahre aufbewahrt werden.

§ 9 Erhebung des Beitrags

(2) Der Beitragschuldner hat spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr (Anmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Anmeldung bei dem für die Einhebung zuständigen Zollamt einzureichen, in der er den für den Anmeldungszeitraum zu entrichtenden Beitrag selbst zu berechnen hat. Die Anmeldung gilt als Abgabenerklärung. Der Beitragschuldner hat den Beitrag spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Dazu wurde erwogen:

Einleitend ist festzuhalten, dass das Verhalten des Bf. im Zusammenhang mit den abgabenrechtlich relevanten Vorgängen rund um die konsenslose Ablagerung von Abfall in der gegenständlichen Anlage dadurch geprägt war, dass er einerseits wiederholt den seitens der Abfallrechtsbehörden gesetzten Fristen bzw. Anordnungen nicht entsprach und andererseits auch den mehrmaligen Aufforderungen des Zollamts auf Vorlage aussagekräftiger Nachweise über den Zeitpunkt und den Umfang der Ablagerungen keine Folge leistete.

Auch die im Rahmen der mündlichen Verhandlung seitens des Richters an ihn gerichtete Frage, ob er in der Lage ist, zum Beweis für die Richtigkeit seines Vorbringens, wonach er das gesamte in Rede stehende Material bereits vor dem Jahr 2009 in die Deponie verbracht habe, entsprechende Unterlagen (z.B. Wiegeprotokolle, Lieferscheine, Deponiebuch etc.) vorzulegen, musste der Bf. verneinen. Er kam somit seiner Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht nicht nach.

Das Bundesfinanzgericht hatte daher (so wie auch das Zollamt im Zuge der Erlassung des angefochtenen Bescheides) mangels entsprechender Nachweisführung durch den Bf. den zeitlichen Ablauf des Geschehens und die Fragen wann genau welche konkreten Materialien konsenslos abgelagert wurden an Hand der Aktenlage (Beschwerdevorbringen und Bescheide der Abfallrechtsbehörden etc.) im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen.

Zu den einzelnen Einwänden des Bf. wird festgestellt:

Zur Abfalleigenschaft:

Abfall liegt vor, wenn entweder der objektive oder subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl. ). Für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 reicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. aus. Es kommt nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (vgl. , mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof wies die mit der gegenständlichen Anlage in Zusammenhang stehende Beschwerde des Bf. betreffend die Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme und die Anordnung einer Ersatzvornahme ab und ging dabei von Abfall aus ().

Dem nachstehend noch näher besprochenen Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom , ***10***, ist zu entnehmen, dass auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken diverse Aushubmaterialien, durchsetzt mit Störstoffen, abgelagert worden waren.

An der Abfallqualifikation der in Rede stehenden Materialien kann damit kein ernsthafter Zweifel bestehen.

Zwischenzeitlich räumt sogar der Bf. selbst ein, dass es sich damals um Abfälle handelte (siehe seine Antwort zur zweiten Frage auf Seite 3 der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Verhandlung vom ).

Zur Schätzung und Mengenermittlung:

Können die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermittelt (berechnet) werden, so sind sie zu schätzen (Ritz, BAO, 6. Auflage, § 284 Tz 1).

Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent (). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen ( bis 0122).

Die Berechtigung zur Schätzung besteht regelmäßig u.a. dann, wenn der Abgabepflichtige seiner Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen nicht nachkommt (vgl. ).

Im Beschwerdefall steht unstrittig fest, dass der Bf. seiner in § 9 Abs. 2 AlSAG normierten Verpflichtung, zur Abgabe einer Abgabeerklärung nicht entsprochen hat. Der Bf. hat darüber hinaus die Aufzeichnungs- und Nachweispflichten des § 8 AlSAG verletzt und weder dem Zollamt noch dem Bundesfinanzgericht fortlaufende Aufzeichnungen vorgelegt, aus denen die Bemessungsgrundlagen, getrennt nach den Beitragssätzen sowie Umfang und Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld zu ersehen sind.

Auf Grund dieser Umstände ergibt sich zweifellos die Berechtigung zur Schätzung gem. § 184 BAO. Die Schätzungsbefugnis erstreckt sich dabei neben dem Sachverhalt der Höhe nach auf den Sachverhalt dem Grunde nach ().

Der Bf. behauptet, die Schätzung sei willkürlich. Er stützt sich dabei vor allem auf seinen Einwand, er habe seit 2008 kein Material mehr zugeführt und verweist dazu auf den o.a. Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom , ***10***.

In diesem Bescheid heißt es u.a.:

"Am wurde durch die Gewässeraufsicht des Amtes der NÖ Landesregierung eine Istzustandsüberprüfung bei der gegenständlichen Anlage durchgeführt und festgestellt, dass über Geländeoberkante 214.290 m³ an diversen Aushubmaterialen, durchsetzt mit diversen Störstoffen, Holzabfällen bzw. Holzrecycling und Asbestfaserzementprodukten abgelagert wurden."

Im Zuge einer am gemeinsam von der Abteilung RU4 sowie der Gewerberechtsabteilung der BH ***7*** abgeführten Verhandlung wurde durch eine amtliche Vermessung das konsenslos angeschüttete Abfallvolumen auf dem gegenständlichen Areal mit ca. 128.000 m³ über Geländeoberkante ermittelt.

Aus dem im Zuge eines Ortaugenscheines vom erstellten Aktenvermerk der Abteilung RU4, ***7***, geht hervor, dass die oberirdischen Ablagerungen zu diesem Zeitpunkt ein Ausmaß von ca. 210.000 m³ hatten.

Das Zollamt erachtete es auf Grund dieser Ermittlungsergebnisse als erwiesen, dass in den Jahren 2006 bis 2009 (das sind 16 Quartale) mindestens 82.000 m³ (Differenz zwischen 210.000 m³ und 128.000 m³) Material zugeführt wurden. Da der Bf. nicht bereit war, dem Zollamt Aufzeichnungen über Datum und Menge dieser Einbringungen vorzulegen, nahm das Zollamt eine über 16 Kalendervierteljahre gleichmäßig verteilte Aufteilung vor und kam zum Schluss, dass als Bemessungsgrundlage ein quartalsmäßiger Anteil von 5.125 m³ (82.000 m³ dividiert durch 16) vorzunehmen sei.

Dass am Ablagerungen im Ausmaß von 214.290 m³ und am nur mehr eine Abfallmenge von 210.000 m³ festgestellt wurde, erklären der Bf. und das Zollamt übereinstimmend damit, dass es sich bei der sich daraus ergebenden Differenzmenge von 4.290 m³ um die o.a. Störstoffe (wie z.B. Holzabfälle) gehandelt habe. Diese Störstoffe sind aber unstrittig nicht Gegenstand des vorliegenden Abgabenverfahrens.

Wenn man nun auf Grund dieser Umstände davon ausgeht, dass bereits am eine Menge von 210.000 m³ an Aushubmaterial und Bauschutt auf der Anlage vorhanden war, erscheint die Argumentation des Bf., wonach es denkunmöglich sei, dass es ab diesem Tag zu den vom Zollamt angenommenen zusätzlichen Ablagerungen gekommen sei, durchaus plausibel.

Da - wie bereits mehrmals angeführt - keine Aufzeichnungen über den genauen Zeitpunkt und die konkreten Mengen der jeweils abgelagerten Abfälle vorhanden sind, erachtet es das Bundesfinanzgericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung mit der für die Vornahme einer Abgabennachforderung erforderlichen Sicherheit nicht als erwiesen, dass es auf der gegenständlichen Anlage im Jahr 2009 ab zur weiteren Einbringung von Abfällen durch den Bf. kam.

Es ist daher im Zweifel davon auszugehen, dass sich auf Grund des per März 2009 errechneten Abfallvolumens von 210.000 m³ und der bereits im November 2005 erhobenen Menge von 128.000 m³ eine Differenz von 82.000 m³ ergibt, die auf Ablagerungen zurückzuführen ist, die sich ausschließlich in den 13 Quartalen zwischen Jänner 2006 und März 2009 zugetragen haben. Für die Annahme des Zollamtes, dass es auch in den 3 weiteren Kalendervierteljahren des Jahres 2009 (April bis Dezember) zu Ablagerungen gekommen sei, liegen hingegen keine gesicherten Erkenntnisse vor.

Geht man von einer über diesen Zeitraum erfolgten gleichmäßige Aufteilung aus, ergibt sich eine Menge von rund 6.307,69 m³ (82.000 dividiert durch 13) pro Quartal.

Die Abgabenansprüche betreffend die im Zeitraum zwischen Jänner 2006 und Dezember 2008 gelegenen 12 Kalendervierteljahre sind - wie das Zollamt zutreffend feststellt - bereits verjährt. Es waren daher nur die Abgaben für das 13. Quartal vorzuschreiben.

Zur Frage der Verjährung:

Das Zollamt führt in der o.a. Beschwerdevorentscheidung vom aus:

"Gemäß § 207 Bundesabgobenordnung (BAO) beträgt die Verjährungsfrist zur Festsetzung von Abgaben grundsätzlich 5 Jahre. Die Verjährung beginnt gem. § 208 BAO grundsätzlich mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Der § 209 Abs. 1 BAO besagt: Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr.

Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Eine solche Unterbrechungshandlung ist u.a. die Durchführung einer Betriebsprüfung. Im Jahr 2014 erfolgte die Unterbrechungshandlung mit Beginn der Prüfung am sowie einer Besprechung mit der Abteilung RU4 am und Ermittlungen und Erhebungen beim Unternehmen am , im Jahr 2015 mit Ermittlungen und Erhebungen beim Unternehmen am und am , im Jahr 2016 mit Ermittlungen und Erhebungen beim Unternehmen am und im Jahr 2017 mit Ermittlungen und Erhebungen beim Unternehmen am .

Die Übernahme der NS am selbst entspricht ebenfalls einer nach außen hin erkennbaren Amtshandlung mit Verlängerungswirkung, gemäß § 209 BAO allerdings für die jeweiligen Kalendervierteljahre 2009 nur bis zum Ablauf der zehnjährigen absoluten Verjährungsfrist nach Entstehung der entsprechenden Abgabenansprüche, nämlich gemäß § 7 Abs. 1 AISAG mit Ablauf des Quartals, in dem die Beitragsschuld entstanden ist.

Der beeinspruchte Bescheid wurde am zugestellt, somit erfolgte die Beitragsschuldfestsetzung des 1. Quartals 2009 (und der weiteren Quartale) innerhalb der zehnjährigen Verjährungsfrist nach § 209 Abs. 3 BAO."

Substantiierte Einwände gegen diese Feststellungen trägt der Bf. nicht vor. Dass die eben angesprochenen Verlängerungshandlungen seitens des Zollamtes zu den angeführten Zeiten vorgenommen wurden ergibt sich aus der Aktenlage. Nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichts spricht alles dafür, dass es sich dabei um nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches handelt. Gegenteiliges behauptet auch der Bf. nicht. Er meint vielmehr weiterhin, die Abgabenschuld sei bereits im Jahr 2008 entstanden und die Ansprüche somit verjährt. Dies mit der Begründung, dass nach dem Jahr 2008 kein Material mehr zugeführt bzw. abgelagert worden sei.

Dem ist zu entgegnen, dass das Bundesfinanzgericht wie oben einleitend festgehalten, auf Grund der Verletzung der Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht des Bf., der - trotz der bereits im Jahr 2014 begonnenen abgabenbehördlichen Außenprüfung - bislang nicht bereit war, auch nur eine einzige Unterlage (wie z.B. Lieferscheine, Wiegeprotokolle etc.) vorzulegen, den zeitlichen Ablauf des Geschehens und die Fragen wann genau welche konkreten Materialien konsenslos abgelagert wurden an Hand der Aktenlage im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen hatte.

Angesichts der Tatsache, dass amtliche Vermessungen über das konsenslos abgelagerte Abfallvolumen vom bis zum aktenkundig sind, kann dem Zollamt nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn es annimmt, dass es auch noch im Jahr 2009 zu Ablagerungen gekommen ist.

Gegen die Richtigkeit der Behauptung, es sei seit 2008 überhaupt kein Material mehr in die Anlage verbracht worden, spricht überdies der Umstand, dass sogar noch im Jahr 2011 Ablagerungen festgestellt wurden.

Wenn der Bf. meint, im Winter sei die Anlage geschlossen gewesen, steht dies im Widerspruch zu den Feststellungen in der Verhandlungsschrift vom , ***9***, über einen Ortsaugenschein auf dem in Rede stehenden Gelände. Dort heißt es u.a.:

"Die örtliche Situation hat sich seit dem letzten Ortsaugenschein vom zumindest nicht positiv verändert. … Im Zentralteil erfolgten augenscheinlich laufend weitere Anschüttungen. Anhand der vorhandenen leichten Schneedecke konnte eindeutig festgestellt werden, dass noch am heutigen Tag eine Fuhre Aushubmaterial (stark durchsetzt mit Baurestmassen, vor allem Ziegel) in Kopfschüttung angeliefert worden ist."

Das Bundesfinanzgericht erachtet es daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen, dass es auch nach dem Jahr 2008 (insbesondere auch im Winter und Frühjahr 2009) noch zu wiederholten Anschüttungen gekommen ist.

Zum Wiederholungsverbot (Grundsatz "ne bis in idem"):

Der Bf. meint, durch ein von ihm näher bezeichnetes Verfahren vor der Finanzprokuratur seien nicht nur die Kosten der Ersatzvornahme, sondern auch die Abgabenbeträge abgedeckt worden.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung räumte er allerdings ein, dass ihm vor dem nunmehr angefochtenen Abgabenbescheid seitens des Zollamtes keine Altlastenbeiträge vorgeschrieben worden sind.

Alleine aus dieser Feststellung folgt, dass es zu keiner unzulässigen doppelten Abgabenfestsetzung gekommen ist.

Zu den Auswirkungen des Insolvenzverfahrens:

Der Bf. trägt dazu vor, über sein Vermögen sei seitens des Landesgerichts ***7*** mit Beschluss vom ***ttmmjj*** zur GZ ***12*** ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. In diesem Verfahren sei mit Beschluss vom ***TTMMJJ*** der Sanierungsplan, der in der Tagsatzung am ***TTMMJJJJ*** angenommenen worden sei, bestätigt worden. Mit Beschluss vom ***ttmmjjjj*** sei das Sanierungsverfahren aufgehoben worden.

Die Festsetzung der Altlastenbeiträge nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (in voller Höhe) sei unzulässig, da - sollten die Ausführungen zu der Verjährung verworfen werden - richtigerweise höchstens die 20%-ige Quote gebühre und eine höhere Vorschreibung daher rechtswidrig sei.

Dazu genügt der Hinweis, dass - wie auch das Zollamt bereits zutreffend in seiner o.a. Beschwerdevorentscheidung festgestellt hat - das Recht bzw. die Pflicht der Abgabenbehörde, Abgabenansprüche im Abgabenfestsetzungsverfahren bescheidmäßig geltend zu machen, durch ein Insolvenzverfahren nicht berührt wird. Die Abgabenbehörde wird sich daher mit den eben angesprochenen Einwänden des Bf. im Rahmen des Abgabeneinhebungsverfahrens auseinander zu setzen haben.

Zur Neuberechnung des Altlastenbeitrags:

Aus dem oben Gesagten ergibt sich folgende Neuberechnung des Altlastenbeitrags:

6.307,69 m³ x 1,8 = 11.353,84 Tonnen

11.354,00 x 8 = € 90.832,00

Zum Säumniszuschlag:

Mit der Begründung, dass kein Altlastenbeitrag vorzuschreiben sei, bekämpft der Bf. auch die Festsetzung der Säumniszuschläge.

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Säumniszuschläge gem. § 3 Abs. 2 lit. d BAO zu den Nebenansprüchen gehören und zur festgesetzten Abgabe formell akzessorisch sind (vgl. ).

Da - wie oben ausführlich dargelegt - im Streitfall der Altlastenbeitrag in der erwähnten Höhe festzusetzen war und dieser nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurde, erfolgte auch die Vorschreibung der Säumniszuschläge grundsätzlich zu Recht.

Allerdings war auf Grund der obigen Feststellungen zum Altlastenbeitrag die Höhe der Vorschreibung wie folgt anzupassen:

2 % von € 90.832,00 = € 1.816,64

Die Berichtigung des Spruchs des Bescheids II des o.a. Sammelbescheids dient bloß der Klarstellung. Sie entspricht im Wesentlichen den bereits durch das Zollamt in der o.a. Beschwerdevorentscheidung vorgenommenen Änderungen des Spruchs des angefochtenen Bescheids. Substantiierte Einwendungen dagegen hat der Bf. nicht vorgetragen. Auf Grund der eben angesprochenen Akzessorietät war darüber hinaus die Festsetzung des Säumniszuschlags zu Gunsten des Bf. abzuändern.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden und der Beschwerde zum Teil statt zu geben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte Rechtsprechung stützen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu klären. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
§ 3 Abs. 2 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200058.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at