Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.08.2024, RV/5100339/2024

Grundstückswert nach dem Immobilienpreisspiegel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer , Steuernummer ***BF-StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr***, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO dahingehend abgeändert, dass die Grunderwerbsteuer vom Grundstückswert in Höhe von 94.167,56 € berechnet und in Höhe von 471 € festgesetzt wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt betreffend den gegenständlichen Liegenschafts-Kaufvertrag vom die Grunderwerbsteuer (GrESt) von der Gegenleistung samt Vertragserrichtungskosten festgesetzt.

Dagegen hat ***BF***, nunmehriger Beschwerdeführer, =Bf., am Beschwerde erhoben.
Die Bemessungsgrundlage sei in der Abgabenerklärung irrtümlich in Höhe des anteiligen Kaufpreises bekannt gegeben worden. Es handle sich jedoch um einen Erwerbsvorgang gemäß § 26a Abs. 1 Z 1 GGG, da der Bf. der Bruder des Veräußerers sei, sodass hier der Stufentarif zur Anwendung komme. Weiters seien die Vertragserrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil allein die Käufer den Auftrag gegeben hätten. Der Beschwerde war eine Grundstückswertberechnung nach dem Pauschalwertmodell beigelegt.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom hat das Finanzamt stattgebend die GrESt vom bekannt gegebenen anteiligen Grundstückswert und nach dem Stufentarif berechnet.

Daraufhin hat der Bf. am eine neue Berechnung des Grundstückswertes vorgelegt und nunmehr die GrESt-Bemessung anhand des Grundstückswertes nach dem Immobilienpreisspiegel beantragt. Der diesbezügliche Schriftsatz war mit "Ergänzung zu obiger Beschwerde" bezeichnet. Am hat der Bf. überdies - mit inhaltsgleicher Begründung - einen "Vorlageantrag" gestellt.

Am hat das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Ehegatten ***Gattin*** und ***BF*** haben vom Bruder des Bf. ***Bruder*** mit Kaufvertrag vom die Liegenschaft ***EZ/KG***, samt dem Einfamilienhaus ***Adr***, je zur Hälfte um einen Gesamtkaufpreis von 208.000 € gekauft. Lt. Vertragspunkt 9. tragen im Innenverhältnis ausschließlich die Käufer die Kosten für die Errichtung und grundbücherliche Durchführung des Vertrages.
Die Schriftenverfasserin hat das Rechtsgeschäft mittels Abgabenerklärung beim Finanzamt angezeigt und die Vertragserrichtungskosten in Höhe von 2.496 € bekanntgegeben.

Das Finanzamt hat dem Bf. für den Kauf seines Hälfteanteiles an der Liegenschaft zunächst gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 3,5 % GrESt vom Hälfte-Kaufpreis und den anteiligen Vertragserrichtungskosten in Höhe von 3.661,84 € vorgeschrieben.
Mit der dagegen erhobenen Beschwerde hat der Bf. die Bemessung der GrESt anhand des Grundstückswertes auf Grundlage des Pauschalwertmodells in Höhe von insgesamt 247.905,51 € beantragt.
Dem hat das Finanzamt in seiner BVE stattgegeben und die GrESt gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 in Höhe von 619,76 € festgesetzt.

Nunmehr beantragt der Bf. in seinem Vorlageantrag die Bemessung der GrESt von einem anhand des Immobilienpreisspiegels berechneten Grundstückswert.

Für die Bestimmung dieses Grundstückswertes ist gegenständlich der Immobilienpreisspiegel der Statistik Austria, erstellt am auf Datenbasis 2017-2021, heranzuziehen und für die Einordnung in die dortigen Kategorien und Tabellen von einer Grundstücksfläche von 707 m², einer Wohnnutzfläche von 135 m² und 1981 als dem Jahr der Errichtung der Kaufliegenschaft auszugehen.
Daraus ergibt sich für den Bezirk ***Lage*** eine Grundstücksgrößenzuordnung der Kategorie A (kleine Grundstücke - weniger als 710 m²). Für Häuser der Kategorie A (110-150 m² Fläche, Baujahre zwischen 1961-1990) betragen die Durchschnittspreise 1.958 €.
Der Immobilienwert beträgt sohin 264.330 €. Lt. GrWV sind davon 71,25 % anzusetzen, sodass der Grundstückswert insgesamt 188.335,13 € und davon ein Hälfteanteil 94.167,56 € beträgt.

2. Rechtsgrundlagen

Die für das gegenständliche Beschwerdeverfahren entscheidungswesentlichen Bestimmungen des GrEStG 1987 in der maßgeblichen Fassung lauten:

§ 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987
Der GrESt unterliegen Kaufverträge, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen.

§ 4 Abs. 1 GrEStG 1987
Die Steuer ist zu berechnen vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert. Bei … Erwerben gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. b und c ist die Steuer immer vom Grundstückswert zu berechnen. Der Grundstückswert ist entweder
- als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 BewG und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes oder
- in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes
zu berechnen.
Der Bundesminister für Finanzen hat … durch Verordnung sowohl die näheren Umstände und Modalitäten für die Hochrechnung des Bodenwertes und die Ermittlung des Gebäudewertes als auch den anzuwendenden Immobilienpreisspiegel samt Höhe eines Abschlages festzulegen.
Weist ein Steuerschuldner nach, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als der nach der Verordnung ermittelte Grundstückswert, gilt der geringere gemeine Wert als Grundstückswert. …

§ 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987
lit b) Ein Erwerb gilt als unentgeltlich, wenn er durch Erbanfall, durch Vermächtnis, durch Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, oder gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 WEG erfolgt.
lit. c) Ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis gilt als unentgeltlich.

§ 7 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987
lit. a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken
- für die ersten 250 000 Euro 0,5%,
- für die nächsten 150 000 Euro 2%,
- darüber hinaus 3,5% des Grundstückswertes. …

§ 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987
In allen übrigen Fällen beträgt die Steuer 3,5%.

§ 1 GrWV (Grundstückswertverordnung) lautet:
Wird der Grundstückswert als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 BewG 1955 (Grundwert) und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes (Gebäudewert) ermittelt, ist nach § 2 vorzugehen. Wird der Grundstückswert in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes ermittelt, ist nach § 3 vorzugehen. Für jede wirtschaftliche Einheit gemäß § 2 BewG 1955 kann die Ermittlungsmethode frei gewählt werden.

Gemäß § 3 Abs. 2 GrWV sind für Erwerbsvorgänge, für die die Steuerschuld nach dem entsteht, ausschließlich die im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zuletzt veröffentlichten Immobiliendurchschnittspreise der Bundesanstalt Statistik Österreich heranzuziehen. Diese Immobiliendurchschnittspreise dürfen nur angewendet werden, wenn das Grundstück mit den für die Bewertung eines gleichartigen Grundstückes zugrunde liegenden Kategorien der Tabellen der Immobiliendurchschnittspreise übereinstimmt. Der Grundstückswert beträgt 71,25% des ermittelten Wertes.

Der im § 26a Abs. 1 Z 1 GGG angeführte begünstigte Personenkreis umfasst den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers.

3. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes Erfassungsnummer ***ErfNr***.

4. Rechtliche Würdigung

Thema des Beschwerdeverfahrens ist im Gegenstandsfall ausschließlich die GrESt-Bemessung.

Das Finanzamt ist in seiner BVE zutreffend und vom Bf. unbestritten bei der Berechnung der GrESt von einem Erwerb innerhalb des Familienverbandes des § 26a GGG ausgegangen und hat daher die Steuer gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 zuletzt nach dem Stufentarif bemessen. Als Bemessungsgrundlage hat das Finanzamt den vom Bf. bekannt gegebenen Grundstückswert nach dem Pauschalwertmodell zugrunde gelegt.

Nunmehr beantragt der Bf. die Berechnung des Grundstückswertes anhand des Immobilienpreisspiegels.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist der Grundstückswert wahlweise nach dem sogenannten Pauschalwertmodell (§ 2 GrWV) oder ausgehend von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel (§ 3 GrWV) zu berechnen (3.Satz).
Dem Steuerpflichtigen steht die Wahl der Berechnungsmethode für den Grundstückswert grundsätzlich frei (vgl. auch Denk in taxlex 2017, S. 201 f., Abschn. A) 1.). Das Bundesfinanzgericht erachtet die Ausübung der Wahlmöglichkeit iSd. § 4 Abs. 1 GrEStG auch noch im Vorlageantrag für zulässig (vgl. BFG RV/3100146/2018).

Gegenständlich hat der Bf. die Bemessung aufgrund des Immobilienpreisspiegels in seinem als "Ergänzung zur Beschwerde" bezeichneten Schriftsatz vom beantragt. Hierzu ist zu bemerken, dass die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels dessen Unzulässigkeit nicht zu begründen vermag. Für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe sind vielmehr ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend ().

Laut § 3 Abs. 2 GrWV sind ausschließlich die im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zuletzt veröffentlichten Immobiliendurchschnittspreise heranzuziehen. Betreffend den Kaufvertrag vom ist der Bf. zutreffend von den Daten der Statistik Austria, erstellt am , ausgegangen und hat daraus den Grundstückswert für Häuser in Höhe von insgesamt 264.330 € abgeleitet. Nach Vornahme des Abschlages von 28,75 % beträgt daher der Grundstückswert insgesamt 188.335,13 €, wovon die Hälfte in Höhe von 94.167,56 € dem Bf. zuzurechnen ist.

Bei bestimmten Vorgängen ist gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 die GrESt trotz höherer Gegenleistung immer vom (niedrigeren) Grundstückswert zu berechnen (2. Satz - Ersatzbemessungsgrundlage). Insbesondere sind durch den Verweis auf § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG 1987 Erwerbe durch Personen, welche zu dem in § 26a Abs. 1 Z 1 GGG angeführten, begünstigten Personenkreis zählen, immer vom Grundstückswert zu bemessen.

Im GGG sind im Wesentlichen die Verwandten in gerader Linie genannt und in der Seitenlinie Geschwister, Nichten oder Neffen. Der Bf. ist daher als Bruder des Verkäufers begünstigt, der Erwerb gilt von Gesetzes wegen als unentgeltlich und kommt der Stufentarif zur Anwendung. Die GrESt ist gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 mit 0,5 % vom Wert der Grundstücke in Höhe von 94.167,56 € zu berechnen. Die Steuer beträgt somit 471 €.

Im Hinblick auf die dargestellte Sach- und Rechtslage war daher der bekämpfte Bescheid spruchgemäß abzuändern.

5. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26a Abs. 1 Z 1 GGG, Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984
§ 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 7 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 1 GrWV, Grundstückswertverordnung, BGBl. II Nr. 442/2015
§ 3 Abs. 2 GrWV, Grundstückswertverordnung, BGBl. II Nr. 442/2015
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100339.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at