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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.08.2024, RV/5100338/2024

Besteuerungsgrundsatz des § 4 Abs. 1 GrEStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer , Steuernummer***BF-StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr***, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO dahingehend abgeändert, dass die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung in Höhe von 104.000 € berechnet und in Höhe von 3.640 € festgesetzt wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt betreffend den gegenständlichen Liegenschafts-Kaufvertrag vom die Grunderwerbsteuer (GrESt) von der Gegenleistung samt Vertragserrichtungskosten festgesetzt.

Dagegen haben die Käufer am Beschwerde erhoben, weil die Vertragserrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Den Beschwerden war eine Grundstückswert-Berechnung auf Grundlage des Pauschalwertmodells angefügt.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom hat das Finanzamt der Beschwerde der Käuferin des einen Hälfteanteiles, ***BF***, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., teilweise (hinsichtlich der Vertragserrichtungskosten) stattgegeben; die Steuer war jedoch nunmehr vom höheren Grundstückswert zu bemessen.

Am ist beim Finanzamt ein Vorlageantrag der Bf. eingelangt. Gemäß GrEStG sei der Grundstückswert entweder nach dem Pauschalwertmodell oder in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes zu berechnen. Es werde daher der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Neufestsetzung der GrESt gemäß Bemessungsgrundlage nach dem Immobilienpreisspiegel gestellt.

Am hat das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ***BF*** und ihr Ehegatte ***Gatte*** haben von ***Schwager***, dem Bruder des ***Gatte***, mit Kaufvertrag vom die Liegenschaft ***EZ/KG***, samt dem Einfamilienhaus ***Adr***, je zur Hälfte um einen Gesamtkaufpreis von 208.000 € gekauft. Lt. Vertragspunkt 9. tragen im Innenverhältnis ausschließlich die Käufer die Kosten für die Errichtung und grundbücherliche Durchführung des Vertrages.
Die Schriftenverfasserin hat das Rechtsgeschäft mittels Abgabenerklärung beim Finanzamt angezeigt und die Vertragserrichtungskosten in Höhe von 2.496 € bekanntgegeben.

Das Finanzamt hat der Bf. für den Kauf ihres Hälfteanteiles an der Liegenschaft gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG von der Gegenleistung 3,5 % GrESt in Höhe von 3.661,84 € vorgeschrieben. Die Bemessungsgrundlage in Höhe von 104.624 € hat sich aus dem Hälfte-Kaufpreis und den anteiligen (1/4) Vertragserrichtungskosten ergeben.

Mit der vorrangig gegen die Einbeziehung der Vertragserrichtungskosten erhobenen Beschwerde hat die Bf. auch eine Berechnung des Grundstückswertes auf Grundlage des Pauschalwertmodells vorgelegt. Für die Kauf-Liegenschaft beträgt demnach der Grundstückswert 247.905,51 €.

Aufgrund der Beschwerde hat das Finanzamt mit BVE die GrESt in Höhe von 4.338,35 € festgesetzt. Hinsichtlich der Vertragserrichtungskosten hat das Finanzamt der Beschwerde Folge gegeben, jedoch war die GrESt gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 mindestens vom Grundstückswert auf Grundlage des Pauschalwertmodells gemäß § 2 GrWV in Höhe von (anteilig) 123.952,76 € zu berechnen.

In ihrem Vorlageantrag stellt die Bf. nunmehr einen Antrag auf Neufestsetzung der GrESt gemäß der Bemessungsgrundlage nach dem Immobilienpreisspiegel von Statistik Austria (erstellt am auf Datenbasis 2017-2021) in Höhe von 94.167,56 €.

2. Rechtsgrundlagen

Die für das gegenständliche Beschwerdeverfahren entscheidungswesentlichen Bestimmungen des GrEStG 1987 in der maßgeblichen Fassung lauten:

§ 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987
Der GrESt unterliegen Kaufverträge, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen.

§ 4 Abs. 1 GrEStG 1987
Die Steuer ist zu berechnen vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert. Bei Vorgängen gemäß § 1 Abs. 2a und 3, bei Vorgängen nach dem Umgründungssteuergesetz sowie bei Erwerben gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. b und c ist die Steuer immer vom Grundstückswert zu berechnen. Der Grundstückswert ist entweder
- als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 BewG 1955 und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes oder
- in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes
zu berechnen.
Der Bundesminister für Finanzen hat … durch Verordnung sowohl die näheren Umstände und Modalitäten für die Hochrechnung des Bodenwertes und die Ermittlung des Gebäudewertes als auch den anzuwendenden Immobilienpreisspiegel samt Höhe eines Abschlages festzulegen.
Weist ein Steuerschuldner nach, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als der nach der Verordnung ermittelte Grundstückswert, gilt der geringere gemeine Wert als Grundstückswert. …

§ 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987
lit b) Ein Erwerb gilt als unentgeltlich, wenn er durch Erbanfall, durch Vermächtnis, durch Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, oder gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 WEG erfolgt.
lit. c) Ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis gilt als unentgeltlich.

§ 7 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987
lit. a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken …

§ 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987
In allen übrigen Fällen beträgt die Steuer 3,5%.

Der im § 26a Abs. 1 Z 1 GGG angeführte begünstigte Personenkreis umfasst den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers.

§ 1 GrWV (Grundstückswertverordnung) lautet:
Wird der Grundstückswert als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 BewG 1955 (Grundwert) und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes (Gebäudewert) ermittelt, ist nach § 2 vorzugehen. Wird der Grundstückswert in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes ermittelt, ist nach § 3 vorzugehen. Für jede wirtschaftliche Einheit gemäß § 2 BewG 1955 kann die Ermittlungsmethode frei gewählt werden.

Gemäß § 3 Abs. 2 GrWV sind für Erwerbsvorgänge, für die die Steuerschuld nach dem entsteht, ausschließlich die im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zuletzt veröffentlichten Immobiliendurchschnittspreise der Bundesanstalt Statistik Österreich heranzuziehen. Diese Immobiliendurchschnittspreise dürfen nur angewendet werden, wenn das Grundstück mit den für die Bewertung eines gleichartigen Grundstückes zugrunde liegenden Kategorien der Tabellen der Immobiliendurchschnittspreise übereinstimmt. Der Grundstückswert beträgt 71,25% des ermittelten Wertes.

3. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfassungsNr. ***ErfNr***.

4. Rechtliche Beurteilung

Thema des Beschwerdeverfahrens ist im Gegenstandsfall ausschließlich die Bemessung der GrESt.

Das Finanzamt ist zutreffend und von der Bf. unbestritten bei der Berechnung der GrESt von einer entgeltlichen Grundstücksübertragung unter Lebenden außerhalb des Familienverbandes des § 26a GGG ausgegangen und hat daher die Steuer gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 iVm. § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 mit 3,5% bemessen. Als Bemessungsgrundlage hat das Finanzamt den von der Bf. bekannt gegebenen Grundstückswert nach dem Pauschalwertmodell zugrunde gelegt. Die ursprünglich strittigen Vertragserrichtungskosten sind der Bemessungsgrundlage nicht hinzuzurechnen.

Nunmehr hat die Bf. jedoch in ihrem Vorlageantrag vom neu die Berechnung der Bemessungsgrundlage anhand des Immobilienpreisspiegels beantragt.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist der Grundstückswert wahlweise nach dem sogenannten Pauschalwertmodell (§ 2 GrWV) oder ausgehend von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel (§ 3 GrWV) zu berechnen (3. Satz).
Dem Steuerpflichtigen steht die Wahl der Berechnungsmethode für den Grundstückswert grundsätzlich frei (vgl. auch Denk in taxlex 2017, S. 201 f., Abschn. A) 1.). Das Bundesfinanzgericht erachtet die Ausübung der Wahlmöglichkeit iSd. § 4 Abs. 1 GrEStG auch noch im Vorlageantrag für zulässig (vgl. BFG RV/3100146/2018).

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Gegenleistung mit dem halben Kaufpreis von 104.000 € anzusetzen ist. Demgegenüber beträgt der halbe Grundstückswert ausgehend vom wahlweise heranzuziehenden Immobilienpreisspiegel der Statistik Austria 94.167,56 €.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen, mindestens aber vom (höheren) Grundstückswert.
Grundsätzlich ist daher bei Vorhandensein einer Gegenleistung diese als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Die Berechnung der GrESt von der Gegenleistung ist Besteuerungsgrundsatz. Nur wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder geringer als der Grundstückswert ist, dann ist der Grundstückswert als Mindestbemessungsgrundlage heranzuziehen.

Da gegenständlich die Gegenleistung höher als der Grundstückswert nach dem Immobilienpreisspiegel ist, erschließt sich für diese Sachverhaltskonstellation, dass die GrESt nach dem Besteuerungsgrundsatz des § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 vom Wert der Gegenleistung zu berechnen ist. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 beträgt daher die Steuer 3,5 % von 104.000 €, das sind 3.640 €.

Im Hinblick auf die dargestellte Sach- und Rechtslage war daher der bekämpfte Bescheid spruchgemäß abzuändern.

5. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 7 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 1 GrWV, Grundstückswertverordnung, BGBl. II Nr. 442/2015
§ 3 Abs. 2 GrWV, Grundstückswertverordnung, BGBl. II Nr. 442/2015
§ 26a Abs. 1 Z 1 GGG, Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984
§ 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100338.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at