Alleinerzieherabsetzbetrag mangels Familienbeihilfe Abweisung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Richter*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Am hat die Beschwerdeführerin die Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung elektronisch eingebracht. Die Veranlagung der Einkommensteuer des Jahres 2021 erfolgte durch die belangte Behörde am . Im gegenständlichen Bescheid führte die belangte Behörde aus, dass der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt worden ist, weil die beschwerdeführende Partei im Veranlagungsjahr mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit einem Ehepartner oder Partner gelebt hätte. In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde vom führte die beschwerdeführende Partei aus, dass bei einer Scheidung ein Trennungsjahr erforderlich sei. Die Trennung habe im Dezember 2020 stattgefunden und die definitive Scheidung vor Gericht am . In ihrem Haus gäbe es insgesamt vier Wohnungen. Ihr Ex-Mann habe noch immer die gleiche Adresse wie sie selbst, weil er in einer dieser vier Wohnungen seit Dezember 2020 wohne. Somit stehe ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Ihr Ex-Mann zahle auch seit Januar 2021 Alimente. Sie und ihr Ex-Mann würden seit Dezember 2020 getrennt wohnen. Die belangte Behörde wies die Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung vom ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass ein Alleinerzieher ein Steuerpflichtiger sei, der mit mindestens einem Kind mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)-Partner lebe. Das Tatbestandsmerkmal einer eheähnlichen Gemeinschaft stelle auf das Zusammenleben in einer Lebensgemeinschaft ab, wozu im Allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und/oder Wirtschaftsgemeinschaft gehöre. Für die Annahme einer Lebensgemeinschaft sei nicht erforderlich, dass die Merkmale kumulativ vorlägen. Weitere Voraussetzung für die Berücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrages sei, dass die Alleinerzieherin im Kalenderjahr mehr als sechs Monate für mindestens ein Kind Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag bzw. Familienbeihilfe habe. Laut den amtlich aufliegenden Daten sei die antragstellende Person und somit auch der Familienbeihilfebezieher für die gemeinsame Tochter ihr Ex-Gatte, Herr ****Ex***** Karl. Da somit diese Voraussetzungen auch nicht gegeben seien, konnte weder der Alleinerzieherabsetzbetrag noch ein Kinderzuschlag berücksichtigt werden. Die Beschwerde sei aus diesen Gründen abzuweisen gewesen. In der als Vorlageantrag gewerteten Beschwerde vom erklärte die beschwerdeführende Partei, dass sie mit der Zurückweisung der Beschwerde nicht einverstanden sei. Im Scheidungsurteil sei eindeutig geregelt, dass ihre Tochter bei ihrer wohne. Die Trennung erfolgte im Dezember 2020. Nach dem Trennungsjahr erfolgte dann die Scheidung. Somit sei sie im ganzen Jahr 2021 Alleinerzieherin gewesen. Bezüglich der Familienbeihilfe übermittle sie ihren Kontoauszug. Die Familienbeihilfe ginge immer auf ihr Konto. Ihr Ex-Gatte sei nur der Familienbeihilfen-Empfänger, weil er dadurch eine Kinderzulage beim Gehalt von der Bank bekomme. Fakt sei, dass sie seit Dezember 2020 getrennt seien. Sie würden auch in getrennten Wohnungen leben und die Tochter bei ihr leben. Sonst müsste sie ja Alimente an ihren Ex-Mann zahlen. Im Vorlagebericht führte die belangte Behörde aus, dass im Zuge eines Vorhalteverfahrens festgestellt worden sei, dass die behauptete Tatsache, dass verschiedene Wohnungen im selben Haus bewohnt würden, zuträfe, da sich in diesem Haus vier im Grundbuch parifizierte Eigentumswohnungen befänden. Hinsichtlich des Bezuges der Familienbeihilfe sei festgestellt worden, dass nicht die Beschwerdeführerin, sondern der Ex-Ehepartner und Kindesvater im strittigen Kalenderjahr 2021 als Bezieher der Familienbeihilfe im Familienbeihilfenakt (aufscheine).
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sachverhalt ergab sich aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, den übermittelten Unterlagen, den Vorlagen der belangten Behörde sowie den Erwägungen des erkennenden Gerichts.
Die Beschwerdeführerin lebt seit Dezember 2020 von ihrem Ex-Gatten getrennt. Die Scheidung erfolgte am . Der Ex-Gatte wohnt noch an derselben Adresse, jedoch in einer anderen Wohnung. Das Zusammenleben in einer Lebensgemeinschaft war somit im Jahr 2021 nicht mehr gegeben.
Bezieher der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für das gemeinsame Kind der Beschwerdeführerin und ihres Ex-Gatten im Jahr 2021 war der Ex-Gatte der Beschwerdeführerin. Das gemeinsame Kind wohnt hauptsächlich im Haushalt der Mutter.
2. Beweiswürdigung
Wie von der Beschwerdeführerin, sowie vom Ex-Gatten der Beschwerdeführerin, Herrn ****Ex*****, mittels schriftlicher Stellungnahme ausgeführt und von der belangten Behörde bestätigt, befinden sich im gemeinsam bewohnten Haus vier Wohnungen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin und des Herrn ****Ex*****, dass der Scheidung ein Trennungsjahr vorausgegangen ist und die räumliche Trennung im Dezember 2020 stattgefunden hat, war für das erkennende Gericht nachvollziehbar und glaublich. Ein familiäres Zusammenleben war daher im Jahr 2021 nicht mehr gegeben.
Wie aus der Bestätigung über den Bezug der Familienbeihilfe ersichtlich, hat Herr ****Ex***** Karl die Familienbeihilfe für das Kind **** Kind**** im Kalenderjahr 2021 beantragt und bezogen. Dies wurde von der beschwerdeführenden Partei auch bestätigt, die ausführte, dass ihr Ex-Mann der Familienbeihilfen Empfänger ist, weil er dadurch eine Kinderzulage beim Gehalt beziehe.
Wenn, wie aus der Vergleichsausfertigung des Bezirksgerichts Hermagor ersichtlich, festgehalten wird, dass die Beschwerdeführerin bereits im Bezug der Familienbeihilfe stehe, ist dies aus Sicht des erkennenden Gerichts so zu verstehen, dass diese wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, faktisch auf ihr Konto überwiesen wird. Dies ändert jedoch nichts daran, dass gegenüber der Finanzverwaltung der Ex-Mann als Bezieher der Familienbeihilfe aufscheint und diese auch beantragt haben muss, gegenteiliger Weise diese nicht an ihm zuerkannt worden wäre. Auch ist anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin dieser Vorgangsweise selbst zugestimmt hat, da sie sonst wohl die Familienbeihilfe für sich beantragt hätte.
Wenn die Beschwerdeführerin ausführt, dass sie die Bezieherin der Familienbeihilfe sei, da diese auf ihr Konto überwiesen werde, unterliegt sie einem Rechtsirrtum. Es ist zu unterscheiden zwischen der Geltendmachung des Rechts auf Bezug der Familienbeihilfe und somit deren Beantragung auf der einen Seite und der Verwendung dieser Geldleistung auf der anderen Seite. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts handelt es sich bei der Überweisung des Geldes vom Ex-Gatten an die Beschwerdeführerin um eine steuerlich unbeachtliche Verwendung durch den Ex-Gatten, der, da er die Familienbeihilfe beantragt hat und nicht die Beschwerdeführerin, als Anspruchsberechtigter der Familienbeihilfe zu sehen ist.
Zu dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin ist auszuführen:
Es ist der Beschwerdeführerin glaublich und verständlich, dass es für sie höchst unzufrieden stellend ist, 20 Mal beim Finanzamt anzurufen um sich über die Änderung der Familienbeihilfe zu erkundigen und hierbei ständig in der Warteschleife zu landen. Bei Reformen und Umgestaltungen der Finanzverwaltung handelt es sich jedoch um politische Entscheidungen, die weder von der Abgabenbehörde noch vom erkennenden Gericht beeinflusst werden können.
Es ist der Beschwerdeführerin auch zuzustimmen, dass ein gewisser bürokratischer Aufwand notwendig ist. Auf Grund der unten angeführten gesetzlichen Bestimmungen und aufgrund der Tatsache, dass der Ex-Mann Bezieher der Familienbeihilfe ist, obwohl die Tochter größtenteils in der Wohnung der Mutter wohnt, ist allerdings eine solche Vorgangsweise, wie bereits die belangte Behörde ausgeführt hat, geboten, wenn die Beschwerdeführerin in Zukunft für sich die Familienbeihilfe beziehen möchte.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 279 BAO hat das Bundesfinanzgericht in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauungen an die Stelle der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG steht Steuerpflichtigen, denen aufgrund des Familienlastenausgleichgesetzes Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu. Gemäß Abs. 4 leg.cit. steht darüber hinaus Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu.
Der Alleinerzieherabsetzbetrag steht einem Alleinerzieher zu. Ein Alleinerzieher ist gemäß § 33 Abs. 4 Z. 2 EStG ein Steuerpflichtiger, der mit mindestens einem Kind (gem. § 106 Abs. 1 EStG) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt. Alleinverdienerabsetzbetrag und Alleinerzieherabsetzbetrag schließen einander dem Grunde nach aus. Für die Zuerkennung des Alleinerzieherabsatzbetrages muss ein Kind im steuerrechtlichen Sinne vorhanden sein (siehe unter anderem: Verwaltungsgerichtshof (VwGH), , 99/14/0307) und die Sechsmonatsfrist erfüllt sein. Als Kind im Sinne des Einkommensteuergesetzes gilt in diesem Zusammenhang ein Kind, für das dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach Abs. 3 leg.cit. zusteht. Als negatives Anspruchskriterium ist normiert, dass der Alleinerzieher nicht in einer Ehe, eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft leben darf.
Laut § 106 EStG 1988 gelten Kinder als Kinder im Sinne des Bundesgesetzes, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG zusteht. § 33 Abs. 3 EStG stellt wiederum auf die Gewährung von Familienbeihilfe aufgrund des Familienlastenausgleichgesetzes ab. Als Kind im Sinne des Einkommensteuergesetzes gilt folglich eine Person, für die der Steuerpflichtige Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichgesetz bezieht (siehe dazu auch , , 2007/15/0150). Wird die Familienbeihilfe nicht beantragt und somit nicht bezogen, ist der Tatbestand des § 106 Abs. 1 EStG nicht erfüllt (siehe ). Anspruch auf bzw. Höhe des Alleinerzieherabsetzbetrages sowie Anspruch auf den Kinderabsetz- bzw. Unterhaltsabsetzbetrag nach dem § 33 Abs. 3 und Abs. 4 EStG beziehen sich somit auf § 106 EStG (siehe Jakom, EStG Kommentar, 7. Auflage, § 106 Rz 6.)
Für den vorliegenden Fall ergibt sich somit, dass die Beschwerdeführerin nicht die soeben angeführten Voraussetzungen für den Bezug des Alleinerzieherabsetzbetrages erfüllt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag und das Erkenntnis im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 106 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100031.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at