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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.07.2024, RV/7200093/2021

Einreihung einer Menstruationsunterwäsche in den Zolltarif

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7200093/2021-RS1
Bei der Frage der Einreihung einer konkreten Ware in den Zolltarif handelt es sich nach jüngster Rechtsprechung des VwGH dem Grunde nach nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , MRN ***1***, betreffend Einfuhrabgaben zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Festsetzung des Zolls wird zu Gunsten der Bf. abgeändert von € 12.162,32 auf € 10.642,03.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

III. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Mitteilung gem. Art. 102 Abs. 1 UZK vom setzte das Zollamt Österreich die Eingangsabgabenschuld zur Zollanmeldung MRN ***1*** vom fest. Diese Mitteilung gilt gem. § 59 ZollR-DG als Abgabenbescheid.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende mit datierte und am per FAX eingebrachte Beschwerde nunmehrigen Beschwerdeführerin (Bf.), ***Bf.***, die in der erwähnten Zollanmeldung als direkt Vertretene genannt ist.

Das Zollamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. ***3***, als unbegründet ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit dem mit datierten und am per FAX eingebrachten Schriftsatz den Vorlageantrag.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit der o.a. Zollanmeldung wurde Menstruationsunterwäsche in den zollrechtlich freien Verkehr überführt (Art. 5 Nr. 16 Buchstabe a UZK).

Laut den Angaben der Bf. als direkt Vertretene (und somit Anmelderin gem. Art. 5 Nr. 15 UZK) im Feld 33 der genannten Zollanmeldungen handelte es sich bei diesen Erzeugnissen um Waren der Position 6108 2200 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN). Das sind Slips und andere Unterhosen aus Chemiefasern, gewirkt oder gestrickt. Für diese Waren ist ein Zollsatz von 12.00 % vorgesehen.

Die vorliegende Beschwerde zielt darauf ab, eine Einreihung dieser Wirtschaftsgüter in die Position 9619 0040 10 der KN (das sind hygienische Binden (Einlagen), Tampons und ähnliche Waren) zu erreichen (Zollsatz 6,30 %).

2. Beweiswürdigung

Die Beweiserhebung seitens des Bundesfinanzgerichtes erfolgte durch Einsichtnahme in den vom Zollamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakt und unter Berücksichtigung der seitens der Bf. nachgereichten Unterlagen und Warenmuster.

Daraus ergibt sich der oben wiedergegebene Sachverhalt und der geschilderte Verfahrensgang.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Rechtslage:

Gem. Art. 56 Abs. 2 Buchstabe a UZK umfasst der Gemeinsame Zolltarif auch die Kombinierte Nomenklatur (KN) nach der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87.

Die Allgemeine Vorschriften (AV) zur Kombinierten Nomenklatur lauten auszugsweise:

Für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur gelten folgende Grundsätze:

AV 1

Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

AV 2

a. Jede Anführung einer Ware in einer Position gilt auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird.

b. Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehenden Waren werden nach den Grundsätzen der Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht.

AV 3

Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a. Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Waren-bezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b. Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c. Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.

AV 6

Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.

Die Überschrift zu Kapitel 61 der KN lautet:

"Kleidung und Bekleidungszubehör, aus Gewirken oder Gestricken".

Der Wortlaut der Position 6108 der KN lautet auszugsweise:


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6108
Unterkleider, Unterröcke, Slips und andere Unterhosen, Nachthemden, Schlafanzüge, Negligees, Bademäntel und -jacken, Hausmäntel und ähnliche Waren, aus Gewirken oder Gestricken, für Frauen oder Mädchen
-
Unterkleider und Unterröcke
-
Slips und andere Unterhosen
6108 2100 00
--
aus Baumwolle
6108 2200 00
--
aus Chemiefasern
6108 2900 00
--
aus anderen Spinnstoffen
-
Nachthemden und Schlafanzüge
-
andere

Der Wortlaut der Position 9619 der KN lautet auszugsweise:


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9619
Hygienische Binden (Einlagen) und Tampons, Windeln, Windeleinlagen und ähnliche Waren aus Stoffen aller Ar
9619 0030 00
-
aus Spinnstoffwatte
-
aus anderen Spinnstoffen
9619 0040
--
Hygienische Binden (Einlagen), Tampons und ähnliche Waren
9619 0040 10
---
aus Gewirken oder Gestricken
9619 0040 90
---
andere
9619 0050
--
Windeln und Windeleinlagen und ähnliche Waren
9619 0050 10
---
aus Gewirken oder Gestricken
9619 0050 90
---
andere
-
aus anderen Stoffen

Anmerkung 1 u) zum Abschnitt XI der KN (Spinnstoffe und Waren daraus) lautet:

Zum Abschnitt XI gehören nicht:

Waren des Kapitels 96 (z. B. Bürsten, Reisezusammenstellungen von Waren zum Nähen, Reißverschlüsse, Farbbänder für Schreibmaschinen, hygienische Binden (Einlagen) und Tampons, Windeln und Windeleinlagen).

Erwägungen:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in Sachverhalt und Rechtsfragen sowie in den Argumentationen der beiden Verfahrensparteien in allen entscheidungsmaßgeblichen Punkten jenem, der vom Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7200051/2020, entschieden wurde. Auf dieses Erkenntnis, das die selbe Beschwerdeführerin und ähnliche Wirtschaftsgüter betrifft, wird verwiesen.

Aus den dort angeführten Gründen ist auch hinsichtlich der hier verfahrensgegenständlichen Menstruationsunterwäsche festzustellen, dass sie unter die Position 9016 0050 10 der KN einzureihen ist (Zollsatz 10,50 %).

Dieses Einreihungsergebnis findet seine Deckung u.a. auch in der aktuellen Rechtsprechung des VwGH. Das Höchstgericht hat mit Beschluss vom die ordentliche Revision der Bf. gegen das o.a Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom zurückgewiesen und u.a. ausgesprochen ():

"Dass das Bundesfinanzgericht, ausgehend von seinen in der Revision unbestrittenenSachverhaltsfeststellungen, mit dem angefochtenen Erkenntnis - in dessen Erwägungen es sich ausdrücklich auf die hier genannten höchstgerichtlichen Vorgaben stützt - von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, bringt die Revisionswerberin zur Zulässigkeit ihrer Revision aber nicht vor.

Im Übrigen vermögen auch die sonstigen Ausführungen in der Revision nicht aufzuzeigen, dass das Bundesfinanzgericht, ausgehend von der eingangs wiedergegebenen Feststellung über die Ware (§ 41 VwGG), die zolltarifarische Einordnung im Revisionsfall nicht gemäß der dargestellten rechtlichen Vorgaben vorgenommen hätte.

Soweit die Revisionswerberin in den Revisionsgründen auf die Definition der "Windel" im "Duden" hinweist bzw. mit dem Verweis auf einen Eintrag in der freien Enzyklopädie Wikipedia ausführt, in die Position 9619 00 40 10 [wohl gemeint des TARIC] fielen alle Waren, die der Menstruationshygiene dienen, ist dem entgegen zu halten, dass beispielsweise - abhängig vom verwendeten Stoff - auch die Positionen KN-Code 9619 00 71, 9619 00 75 und 9619 00 79 hygienische Binden (Einlagen), Tampons und ähnliche Waren enthalten. Ebenso ermöglicht die Behauptung der Revisionswerberin, der günstigere Zollsatz für Damenhygieneartikel gegenüber Windeln und Windeleinlagen und ähnlichen Artikeln spiegle die gesellschaftliche Tendenz wieder, solche Artikel möglichst günstig anzubieten, um eine Ungleichbehandlung von Frauen gegenüber Männern soweit wie möglich zu reduzieren, keinen Rückschluss auf die oben genannten höchstgerichtlichen Einreihungskriterien für zolltarifliche Positionen. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch der Verweis auf eine nicht näher referierte Rechtsprechung, wonach "Warenmischungen danach beurteilt" würden, "was ihren wesentlichen Charakter ausmacht", zumal fallgegenständlich keine Warenmischung zu beurteilen ist und die Revision auch nicht begründet, warum der wesentliche Charakter der nicht spezifizierten Warenmischung "die weibliche Monatshygiene" sei."

Aus all diesen Feststellungen ergibt sich folgende Neuberechnung der Einfuhrabgaben:


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Pos
Warennummer
Zollwert
Zollsatz
Zoll
9619 0050 10
€ 101.352,67
10,50 %
€ 10.642,03

Gem. § 62 ZollR-DG hat die Abänderung der Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer im Rechtsbehelfsverfahren zu unterbleiben, soweit der Empfänger für diese Abgabe nach den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Die Bf. ist laut den Angaben in der Zollanmeldung hinsichtlich der hier anfallenden Einfuhrumsatzsteuer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Eine sich auf Grund der geänderten zolltarifarischen Einreihung ergebende Abänderung der Abgabenfestsetzung hinsichtlich dieser Abgabe hatte daher zu unterbleiben. Eine diesbezügliche Neuberechnung der Eingangsabgaben war somit entbehrlich.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der Frage der Einreihung einer konkreten Ware in den Zolltarif handelt es sich laut dem im vorliegenden Erkenntnis zitierten Beschluss des VwGH dem Grunde nach nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 62 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Verweise
UZK, Zollkodex Art. 5 Nr. 16 Buchstabe a
UZK, Zollkodex Art. 5 Nr. 15
UZK, Zollkodex Art. 56 Abs. 2 Buchstabe a

UZK, Zollkodex Art. 102 Abs. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200093.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at