Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.08.2024, RV/7102766/2019

Arbeitskräfteüberlassung versus Werkvertrag - Haftungsbescheide betreffend Abzugsteuer nach § 99 EStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Maria Daniel über die Beschwerde der Bf***, Bf-Adr*** vertreten durch AUSTRIA TREUHAND Holding SteuerberatungsgmbH, Mariahilfer Straße 1c/Top 4a, 1060 Wien, vom gegen die Haftungsbescheide betreffend Einkommensteuer gem § 99 EStG 1988 des Finanzamtes Bruck Eisenstadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom für die Jahre 2015 und 2016 zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Im Zuge einer GPLA-Prüfung für den Zeitraum 2014 bis 2016 wurde iZm Fremdleistungen eines ungarischen Unternehmens Abzugsteuer gem § 99 EStG 1988 festgesetzt und im Haftungswege der Beschwerdeführerin vorgeschrieben.

Es seien von der ungarischen Firma MN*** für die Beschwerdeführerin Eisenverlegearbeiten durchgeführt worden. Nach Ansicht der belangten Behörde habe es sich dabei nicht um eine Entsendung, sondern um eine Arbeitskräfteüberlassung gehandelt. Laut Entsendemeldungen seien ausschließlich Hilfsarbeiter entsendet worden. Die Fakturierung sei jeweils mit dem Text "Eisenbieger" und dem jeweiligen Betrag erfolgt. Auf den Rechnungen seien keine detaillierten Angaben gemacht worden. Anbote seien der GPLA nicht vorgelegt worden. Von dem ungarischen Unternehmen seien keine Lohnsteuerzahlungen in Österreich getätigt worden. Im Zuge der GPLA-Prüfung wurde von den gebuchten Aufwendungen Abzugsteuer gem § 99 EStG 1988 festgesetzt.

In der fristgerechten Beschwerde wird die ersatzlose Aufhebung der Haftungsbescheide betreffend Einkommensteuer gem § 99 EStG 1988 beantragt. In der Begründung wird auf das bei einem Parallelfall erstatte Vorbringen verwiesen.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Der Vorlageantrag vom verweist inhaltlich auf einen Parallelfall. Es wird zudem die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Beschluss vom wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, den Mangel der fehlenden Beschwerdebegründung zu beheben, da es nicht ausreiche, in der Begründung pauschal auf die Beschwerde eines anderen Steuersubjekts bzw Beschwerdeführers zu verweisen.

Mit Eingabe vom gibt die nunmehrige steuerliche Vertretung bekannt, dass die Beschwerdeführerin keine Haftungsbescheide erhalten habe.

Ob die Haftungsbescheide tatsächlich vorliegend waren, sei aus dem Akt nicht mehr nachvollziehbar. "Denkbar wäre auch, dass auf Basis des FinanzOnline Auszuges unter Verbuchung die Beschwerdeschrift erstellt wurde."

Ferner seien die konkreten sich aus der Niederschrift ergebenden Schlussfolgerungen nicht nachvollziehbar.

In Beantwortung der mittels Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom an die Beschwerdeführerin gerichteten Fragen gibt die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom an, dass die Abnahme der Arbeiten des ungarischen Unternehmens MN*** jeweils vom Autraggeber an die Bf*** (meistens Firma S***) durchgeführt worden seien. Bei der Abnahme sei auch der Vorarbeiter der Beschwerdeführererin anwesend gewesen.

Es habe keine Zeitaufzeichnungen der ungarischen Arbeiter gegeben. Es seien jeweils pauschale Werkverträge vereinbart worden. Dies sei auch aus den Rechnungen ersichtlich.

Die Arbeiten (der ungarischen Arbeiter) seien nicht gemeinsam mit Arbeitern der Beschwerdeführerin durchgeführt worden. Eine Abnahme sei ausschließlich durch den Auftraggeber an die Beschwerdeführerin erfolgt.

Die Kunden seien nicht mehr detailliert je Baustelle erinnerlich, es sei aber aufgrund der Rechnungen anzunehmen, dass es sich um die Firma S*** gehandelt habe. Mit dieser Firma seien Werkverträge abgeschlossen worden.

Auch mit dem ungarischen Unternehmen seien Verträge abgeschlossen worden. Diese Werkverträge seien jeweils im Rahmen der Erbringung von Pauschalleistungen geregelt gewesen. Eine diesbezügliche Korrespondenz existiere nicht mehr.

Werkzeuge und Arbeitsmittel seien jeweils vom ungarischen Unternehmen mitgebracht worden. Das Eisen sei jeweils vom Auftraggeber (erinnerlich S***) bereitgestellt worden.

Nach Ansicht der steuerlichen Vertretung liege zwischen dem ungarischen Unternehmen und der Beschwerdeführerin keine Arbeitskräftegestellung vor. Hier werde auf die umfangreichen rechtlichen Darstellungen im parallelen Beschwerdeverfahren betreffend die G*** KG verwiesen. Diese Gründe werden als integrierter Bestandteil dieses Vorhaltbeantwortungsverfahrens angeführt.

Der schriftlichen Eingabe vom sind folgende Beilagen zu entnehmen:

  • Eingabe vom von Dr. K*** betreffend Haftung gem § 99 EStG "Ergänzendes Vorbringen" zu RV/7100638/2017 (G*** KG - Parallelfall)

  • Beilage 132 - 137 inhaltlich gleichlautende schriftliche Zeugenaussagen vom

  • Eingabe vom von Dr. K*** betreffend RV/7102683/2019 "Mängelbehebungsauftrag" (nur eine Seite ohne Ausführungen)

  • Eingabe vom von Dr. K*** betreffend RV/7102683/2019 "Vorbringen" (Dieses Vorbringen bezieht sich nicht auf die Haftungsbescheide gem § 99 EStG)

  • "Beilage 1" - 6 Schriftliche Zeugenaussagen vom von diversen Mitarbeitern zum Thema "Schwarzarbeiter" (nicht im Zusammenhang mit § 99 EStG)

  • "Beilage 7" - Firmenbuchauszug der Beschwerdeführerin vom

  • "Beilage 8" - Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom zum Thema Schätzung der Höhe von hinterzogenen Abgaben (nicht im Zusammenhang mit § 99 EStG)

  • Eingabe vom von Dr. K*** betreffend RV/7102683/2019 "Vorbringen" (wie bereits oben - doppelt)

  • "Beilage 1 - 6" Schriftliche Zeugenaussagen vom von diversen Mitarbeitern zum Thema "Schwarzarbeit" (wie bereits oben - doppelt)

  • "Beilage 7" - Firmenbuchauszug der Beschwerdeführerin vom (wie bereits oben - doppelt)

  • "Beilage 8" - Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom (wie bereits oben - doppelt)

  • Auftragsschreiben der Firma S*** vom an die Beschwerdeführerin für das Bauvorhaben "BV Adr1***, 1170 Wien und BV Adr2***, 1210 Wien"

  • 10 Rechnungen aus dem Jahr 2015 von MN*** an die Beschwerdeführerin betreffend Bauvorhaben Wien-Adr1***, bzw Wien-Adr2*** "Eisenbieger", "PA", mit Angabe des jeweiligen Gesamtpreises und Hinweis auf Übergang der Steuerschuld nach § 19 Abs 1a UStG.

  • 7 Überweisungsbelege der Beschwerdeführerin an MN***

Im Vorbringen vom des Parallelfalles zu GZ RV/7100638/2017 wurde eingewendet, dass es zu keiner Zeit eine "gemischte Baustelle" gegeben habe. Vielmehr habe jede Subfirma ein konkretes Bauvorhaben eigenständig - auf eigene Verantwortung und mit eigenem Personal - erledigt. Solcherart habe sie den im Vorhinein gemeinsam festgelegten Erfolg geschuldet - die Erledigung des Bauauftrages X oder Y in der vorgegebenen Zeit und in der vereinbarten Qualität. Eine Arbeitskräfteüberlassung sei ausgeschlossen. Dies ginge auch aus den beiliegenden Erklärungen (./132 bis ./137) von Mitarbeitern hervor, wonach diese Mitarbeiter bestätigten, dass es weder "gemischte Baustellen" noch "gemischte Arbeitspartien" gegeben habe.

Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin gibt in ihrer Eingabe vom an, es seien mit dem ungarischen Unternehmen Verträge (Werkverträge) abgeschlossen worden, die dem Schriftsatz beigelegt seien.

Mit beim Bundesfinanzgericht am einlangendem Schriftsatz zieht die Beschwerdeführerin den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Es besteht einerseits Streit darüber, ob die Haftungsbescheide betreffend Einkommensteuer gem § 99 EStG 1988 zugestellt worden sind und andererseits, ob Arbeitskräftegestellung oder ein Werkvertrag iZm Fremdleistungen eines in Ungarn ansässigen Unternehmens vorliegt.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist eine im Baugewerbe tätige Gesellschaft mit beschränkter Haftung und im gegenständlichen Streitzeitraum keine FON-Teilnehmerin.

Mit Buchungsdatum wurden am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin unter der Abgabenart "BE" 5.788 Euro für den Zeitraum 12/15, sowie 960 Euro für den Zeitraum 12/16 gebucht.

Die beschwerdegegenständlichen Haftungsbescheide liegen dem Bundesfinanzgericht vor. Sie wurden der Beschwerdeführerin (nicht mit Rsb) zugestellt.

In den Jahren 2015 und 2016 wurden sowohl von Arbeitern der Beschwerdeführerin als auch von Arbeitern eines ungarischen Unternehmens Eisenverlegearbeiten durchgeführt. Laut vorliegender Entsendemeldungen gem § 7b Abs 3 und 4 AVRAG wurde die Art der Tätigkeit und Verwendung der Arbeitnehmer mit "Eisenverleger" und die Höhe des Entgelts mit jeweils 11,45 Euro pro Stunde angegeben.

Das ungarische Unternehmen stellte der Beschwerdeführerin Rechnungen mit der Leistungsbeschreibung "Eisenbieger" unter Ausweis eines Gesamtbetrages ohne Umsatzsteuer mit Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld nach § 19 Abs 1a UStG aus.

Das ungarische Unternehmen unterhielt im beschwerdegegenständlichen Zeitraum keine Betriebsstätte in Österreich und stellte der Beschwerdeführerin in den gegenständlichen Streitjahren ausländische Arbeitskräfte im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung zur Verfügung. Es gibt keine Zeitaufzeichnungen der ungarischen Arbeiter. Es existieren keine schriftlichen Werkverträge mit dem ungarischen Unternehmen.

Die Abnahme der Arbeiten des ungarischen Unternehmens wurde jeweils vom Auftraggeber der Beschwerdeführerin durchgeführt. Bei dieser Abnahme war auch der ehemalige Vorarbeiter der Beschwerdeführerin anwesend.

Die Arbeiter des ungarischen Unternehmens waren organisatorisch in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingegliedert.

Die Arbeiter des ungarischen Unternehmens wurden nicht gemeinsam mit den Arbeitern der Beschwerdeführerin eingesetzt.

Die für Eisenbieger- und Eisenverlegearbeiten notwendigen Werkzeuge und Utensilien wurden von der ungarischen Firma selbst mitgebracht. Das zu verlegende Eisen wurde von der Beschwerdeführerin bzw von deren Auftraggebern beigestellt.

Die Beschwerdeführerin war durch ihren Auftraggeber für "Eisenverlegung" an bestimmten Baustellen vertraglich verpflichtet.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den im Verfahrensverlauf zitierten vorgelegten Akten der belangten Behörde und den Eingaben der beschwerdeführenden Partei. Es wurde Einsicht in die Grunddaten und historischen Kontodaten der Beschwerdeführerin genommen.

Das Bundesfinanzgericht geht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Haftungsbescheide betreffend Einkommensteuer gem § 99 EStG 1988 ordnungsgemäß zugestellt worden sind.

Dafür spricht, dass der damalige steuerliche Vertreter gegen diese Haftungsbescheide mit Eingabe vom Bescheidbeschwerde erhoben und zudem einen an die Beschwerdeführerin gerichteten Mängelbehebungsauftrag des Bundesfinanzgerichts vom zu RV/7102683/2019 beantwortet hat.

Zwar gab die für den Beschwerdefall RV/7102683/2019 zuständige Richterin mit Unzuständigkeitsanzeige vom bekannt, dass die Bescheide gem § 99 EStG 1988 nicht in ihre Zuteilungsgruppe fallen, jedoch bezog sich der Mängelbehebungsauftrag vom explizit auch auf die hg Bescheide des damaligen Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Haftung für Einkommensteuer (Abzugssteuer) für die Jahre 2015 und 2016.

In Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages gab der damalige steuerliche Vertreter mit Eingabe vom an, dass "die Bescheidformulare" keine Begründung enthielten, sondern nur auf den GPLA-Bericht bzw die Niederschrift über die Schlussbesprechung verweisen. Der steuerliche Vertreter führte zu den Bescheiden Folgendes aus: "Sie haben in einem unergiebigen Detail Unterhaltungswert: Sie tragen "ganz oben" das Ausfertigungsdatum und "ganz unten" das Druckdatum ." Der damalige steuerliche Vertreter hat in diesem Schreiben nicht behauptet, dass die Haftungsbescheide betreffend Abzugsteuer gem § 99 EStG 1988 nicht zugestellt worden wären.

Mit Eingabe vom wird nunmehr von der neuen steuerlichen Vertretung darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin die Haftungsbescheide betreffend Einkommensteuer gem § 99 EStG 1988 nicht erhalten habe.

Die Beschwerdeführerin ist keine FON-Teilnehmerin. Die jeweiligen Buchungen am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin enthalten keinen expliziten Hinweis, dass es sich hierbei um Haftungsbescheide betreffend Einkommensteuer gem § 99 EStG 1988 handelt, sondern lediglich die Bezeichnung "BE". Die Vermutung der nunmehrigen steuerlichen Vertretung, dass auf Basis des "FinanzOnline Auszuges" die Beschwerdeschrift erstellt worden wäre, kann mangels FON-Teilnahme daher nicht gefolgt werden.

Gegen einen nicht zugestellten Bescheid wird durch einen sorgfältig agierenden steuerlichen Vertreter in der Regel kein Rechtsmittel erhoben, da dieser Bescheid mangels Zustellung keine Rechtswirkungen entfalten kann.

Im gegenständlichen Beschwerdefall handelt es sich gerade um die im Mängelbehebungsauftrag zu RV/7102683/2019 unter anderem angeführten und an die Beschwerdeführerin ausgestellten Haftungsbescheide betreffend Einkommensteuer gem § 99 EStG 1988 vom . Diese dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Haftungsbescheide enthalten oben rechts das Datum "" und ganz unten den Hinweis "Gedruckt im Bundesrechenzentrum am ".

Nachdem der damalige Steuerberater die im Mängelbehebungsauftrag zu RV/7102683/2019 genannten Bescheide (darunter auch die gegenständlichen Haftungsbescheide) sogar hinsichtlich Positionierung des Ausstellungs- und Druckdatums beschrieben hat, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass diese Bescheide ihm vorlagen und daher ordnungsgemäß zugestellt worden sind.

Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass die ungarischen Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin im Wege einer Arbeitskräftegestellung zur Verfügung standen und organisatorisch in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingegliedert waren.

Dafür spricht, dass die in den Rechnungen und Entsendemeldungen angegebene Leistungsbeschreibung neben der Angabe der Baustelle lediglich die Formulierung "Eisenbieger" enthalten. Das für einen Werkvertrag typische Element der genauen Beschreibung des bedungenen Erfolges bzw der genaue Leistungsumfang, ist den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen.

Da dem Bundesfinanzgericht trotz Aufforderung keine Verträge mit dem ungarischen Unternehmen vorgelegt wurden, ist davon auszugehen, dass keine Werkverträge existieren. Der Schriftsatz vom enthielt entgegen den Ausführungen der steuerlichen Vertretung keine Werkverträge mit dem ungarischen Unternehmen. Es waren lediglich Rechnungen des ungarischen Unternehmens beigefügt.

Die Anwesenheit des Vorarbeiters der Beschwerdeführerin bei der Abnahme durch den Auftraggeber der Beschwerdeführerin spricht ebenfalls dafür, dass die Arbeiten der ungarischen Mitarbeiter der Kontrolle der Beschwerdeführerin unterlagen und somit organisatorisch in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingegliedert waren.

Die dem Schriftsatz vom beigefügten schriftlichen Zeugenaussagen (Beilage 132 bis 137) enthielten Bestätigungen, wonach es weder gemischte Baustellen noch gemischte Arbeitspartien mit JH*** gegeben habe. Diese Zeugenaussagen sind für den hg Beschwerdefall irrelevant, da es sich um ein anderes ungarisches Unternehmen handelt. Darüber hinaus besteht kein Streit darüber, ob es mit den Arbeitern der Beschwerdeführerin und den Arbeitern des ungarischen Unternehmens gemischte Baustellen gegeben hat.

Die dem Schriftsatz beigefügte Eingabe vom des ehemaligen Steuerberaters betreffend RV/7102683/2019 enthält ferner keine Aussagen zum Thema der Haftungsbescheide bzw Arbeitskräfteüberlassung.

Die doppelt vorgelegten schriftlichen Zeugenaussagen vom (Beilage 1 bis 6) von diversen Mitarbeitern der Beschwerdeführerin sind ebenfalls irrelevant für das hg Beschwerdethema. Diese Dokumente beinhalten ausnahmslos Aussagen betreffend "Schwarzlohn" und treffen keine Aussagen zum Thema "Arbeitskräfteüberlassung".

Auch die weiteren vorgelegten Unterlagen enthalten keine relevanten Aussagen bzw Einwendungen betreffend dem hg Beschwerdethema.

Bei Eisenbiegearbeiten handelt es sich um einfache Hilfsarbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden müssen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellen solche Hilfsarbeiten kein selbständiges Werk dar (vgl ), insb dann nicht, wenn eine Abgrenzung der Arbeitsergebnisse zwischen den ausländischen Mitarbeitern und jenen der Beschwerdeführerin nicht möglich ist.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts liegt daher im vorliegenden Fall eine Arbeitskräfteüberlassung vor. Dies ergibt sich neben der fehlenden Werkbeschreibung auch daraus, dass kein abweichendes unterscheidbares Werk zur Beschwerdeführerin vorliegt. Die ausländischen Arbeiter waren mit Eisenbiegearbeiten beauftragt, zu deren Leistung die Beschwerdeführerin von ihrem Auftraggeber laut vorgelegtem Auftragsschreiben vom vertraglich verpflichtet war. Es handelt sich um einfache Arbeiten, die im unmittelbarem zeitlichen Arbeitsablauf bei einem Bauvorhaben erbracht werden müssen und der Erfüllung einer von der Beschwerdeführerin übernommenen vertraglichen Verpflichtung dienen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt Arbeitskräfteüberlassung auch dann vor, wenn Arbeitskräfte Arbeitsleistungen im Betrieb eines Werkherstellers in Erfüllung eines Werkvertrages erbringen (vgl zB VwGH 97/09/0311; 2001/09/0236; 2007/09/0358).

Rechtliche Würdigung:

Die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger wird gem § 99 Abs 1 EStG 1988 durch Steuerabzug (Abzugsteuer) erhoben.

Gem § 98 Abs 1 Z 3 EStG 1988 unterliegen der beschränkten Einkommensteuerpflicht (unter anderem) Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung und zwar auch dann, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird und kein ständiger Vertreter im Inland bestellt ist.

Nach § 99 Abs 2 Z 1 EStG 1988 unterliegt der Abzugsteuer der volle Betrag der Einnahmen (Betriebseinnahmen) oder Gewinnanteile. Vom Schuldner übernommene Abzugsteuer unterliegt als weiterer Vorteil dem Steuerabzug.

Die Abzugsteuer beträgt gem § 100 EStG 1988 im hg Beschwerdefall 20% der iZm den Eisenverlegearbeiten vereinnahmten Beträgen des ungarischen Unternehmens (= Zahlungen der Beschwerdeführerin an das in Ungarn ansässige Unternehmen).

Ist nach innerstaatlichem Recht eine Abfuhrpflicht gegeben, kann eine Abzugsteuer nach § 99 EStG 1988 nur bei Vorliegen aller Voraussetzungen der DBA-Entlastungsverordnung unterbleiben (vgl ).

Die DBA-Entlastungsverordnung lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1. Sind Einkünfte von im Ausland ansässigen Personen auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen ganz oder teilweise von einer inländischen Abzugsbesteuerung zu entlasten, kann diese Entlastung in unmittelbarer Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen vom Vergütungsschuldner (vom Abfuhrpflichtigen) herbeigeführt werden (Entlastung an der Quelle).

Der Vergütungsschuldner ist in diesem Fall verpflichtet, die Richtigkeit der Unterlassung oder Einschränkung des Steuerabzuges zu beweisen oder nach Maßgabe des § 238 BAO glaubhaft zu machen

(…)

§ 5 (1) Eine Entlastung an der Quelle ist in folgenden Fällen unzulässig:

(…)

4. wenn Vergütungen für die Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung gezahlt werden (ausgenommen konzerninterne Personenüberlassung von Angestellten).

(3) Das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart kann über Antrag eines abkommensberechtigten Arbeitskräfteüberlassungsunternehmens bei Vergütungen für die Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung zeitlich befristet durch Bescheid eine Entlastung an der Quelle zulassen, wenn sichergestellt ist, dass keine Umgehungsgestaltung vorliegt und das ausländische Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen oder der inländische Gestellungsnehmer (Beschäftiger) für die überlassenen Arbeitskräfte die Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der §§ 76, 78, 79, 80, 82, 84 und 87 EStG 1988 wahrnimmt. Gestellungsnehmer können die Arbeitskräftegestellungsvergütungen von der Besteuerung für jene Zeiträume entlasten, für die ihnen eine Kopie des Bescheides vorliegt.

§ 6 (1) Die Verordnung tritt am in Kraft und ist auf alle Einkünfte anzuwenden, die ab diesem Zeitpunkt zufließen."

Eine Gestellung von Arbeitskräften liegt vor, wenn ein Unternehmer (Gesteller) seine Dienstnehmer einem anderen Unternehmer (Gestellungsnehmer) zur Verfügung stellt, ohne dass zwischen dem Gestellungsnehmer und den Arbeitnehmern des Gestellers ein Dienstverhältnis begründet wird. Beim Gestellungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag eigener Art.

Entscheidend für die Arbeitskräftegestellung ist, dass der Gesteller Arbeitgeber bleibt. Er trägt den Lohnaufwand und die Arbeitnehmer stehen zu ihm in einem Arbeitsverhältnis. Es bleibt das Dienstverhältnis zu demjenigen aufrecht, der die Dienste verschafft. Im Unterschied zum Werkvertrag schuldet er jedoch kein Werk, sondern lediglich die Bereitstellung von Arbeitnehmern. Bei einem Werkvertrag hingegen verpflichtet sich der Unternehmer zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges.

Im Gegensatz zum Werkvertrag liegt das Gefahrenrisiko beim Gestellungsvertrag ausschließlich beim Gestellungsnehmer. Der Gesteller haftet sohin nicht für die tatsächlichen Leistungen der von ihm gestellten Arbeitnehmer, sondern nur für ihre grundsätzliche Qualifizierung (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 98 Rz 8.7).

Im gegenständlichen Fall wurden Arbeitskräfte eines ungarischen Unternehmens im Rahmen einer Arbeitskräftegestellung einem inländischen Unternehmen (der Beschwerdeführerin) zur Dienstverrichtung im Inland überlassen.

Daher unterliegt der Gesteller mit seinen für diese Arbeitskräftegestellung erhaltenen Vergütungen der Abzugsteuerpflicht im Inland. Nach § 5 Abs 1 Z 4 DBA-Entlastungsverordnung ist eine Entlastung an der Quelle für Gestellungsvergütungen nicht möglich.

Schuldner der Abzugsteuer ist gem § 100 Abs 2 EStG 1988 der Empfänger der Einkünfte gem § 99 Abs 1 EStG 1988. Der Schuldner der Einkünfte haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge.

Im gegenständlichen Beschwerdefall ist Empfänger der Einkünfte das in Ungarn ansässige Unternehmen. Schuldner der Einkünfte ist die Beschwerdeführerin.

Aus den Bestimmungen des § 98 Abs 1 Z 3 EStG 1988 folgt, dass Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung auch ohne inländische Betriebsstätte bzw ohne ständigen Vertreter im Inland, steuerpflichtig sind.

Nach § 99 Abs 1 Z 5 EStG 1988 besteht Abzugsteuerpflicht bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung. Der Gestellungsnehmer haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzüge iSd § 99 EStG 1988.

Die Beschwerdeführerin haftet somit für die Einbehaltung und Abfuhr dieser Abgaben. Die Haftungsbescheide betreffend Einkommensteuer gem § 99 EStG 1988 für die Jahre 2015 und 2016 ergingen daher zu Recht.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die Lösung der Rechtsfragen sich einerseits aus dem Gesetz ergibt und andererseits im Einklang mit der im Erkenntnis zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht. Überdies sind Tatfragen kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102766.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at