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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.08.2024, RV/7102943/2024

Wenn zweimal bescheidmäßig über den identen Antrag abgesprochen wird, liegt res iudicata vor.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten des Finanzamtes Österreich vom , ***2***, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) hat am beim Landesverwaltungsgericht ***3*** einen Wiederaufnahmeantrag im Revisionsverfahren betreffend Forstgesetz überreicht, wofür eine Eingabegebühr in Höhe von 240,00 Euro zu entrichten gewesen wäre. Der Bf erhielt vom Landesverwaltungsgericht ***3*** die Mitteilung, dass die Entrichtung der Gebühr dem Landesverwaltungsgericht binnen 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens nachzuweisen sei. Erfolge innerhalb dieser Frist kein Nachweis, werde der gebührenpflichtige Sachverhalt dem Finanzamt Österreich mitgeteilt.

Mit Eingabe vom - beim Finanzamt eingelangt am - stellte Herr ***Bf1*** einen Antrag auf Aufhebung bzw. Nachsicht von Eingabegebühren gemäß § 24a VwGG in Höhe von EUR 240,00 "wegen Härte u.a.".

Der Bf. bringt vor, er lebe laufend unter dem Existenzminimum, die vom Bf bereits in anderen Verfahren gemachten Angaben zur Befreiung von der Eingabegebühr würden auch für dieses Verfahren zum Gegenstand gemacht.

Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten vom wurde der Antrag abgewiesen. Dagegen hat der Bf. Beschwerde eingebracht, welche letztendlich mit Erkenntnis des GZ. RV/7104192/2023, als unbegründet abgewiesen wurde.

Am entschied das Finanzamt Österreich erneut mit Bescheid über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten, über den identen Antrag des Bf. vom .

Dagegen hat der Bf. wiederum - hier streitgegenständlich - Beschwerde eingebracht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dagegen hat der Bf. wiederum einen Vorlageantrag an das BFG eingebracht und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

II. Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die auf elektronischem Wege vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes sowie das Erkenntnis BFG GZ. RV/7104192/2023 vom .

III. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

III.1. Sachverhalt

Der Sachverhalt wird wie unter I. dargestellt angenommen.

III.2. Beweiswürdigung

Der vom Bundesfinanzgericht der Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

III.3. Rechtliche Beurteilung

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist nach dem Grundsatz "ne bis in idem" über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden. Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. "Sache" einer rechtskräftigen Entscheidung ist dabei stets der im Bescheid enthaltene Ausspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die durch den Bescheid ihre Erledigung erfahren hat.

Ein später ergangener Bescheid derogiert einem früher in dieser Sache ergangenen Bescheid (zB , 0079; , Ro 2014/15/0008). Bis zur Aufhebung des wegen entschiedener Sache rechtswidrigen Bescheides verdrängt er den früheren Bescheid; der verdrängte Bescheid lebt bei Aufhebung des späteren Bescheides wieder auf (zB ).

Bei der Rechtskraft wird in der Literatur (zB Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3, 579 ff; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11, Rz 453 ff) zwischen formeller und materieller Rechtskraft unterschieden. Ein Bescheid ist formell rechtskräftig, wenn er durch ordentliche Rechtsmittel (Beschwerde) nicht oder nicht mehr anfechtbar ist (zB , 0275). Siehe auch Ritz, taxlex 2015, 204.

Unter Rechtskraft im materiellen Sinn ist die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides zu verstehen ( ). Die materielle Rechtskraft tritt mit der wirksamen Bekanntgabe (§ 97) des Bescheides ein (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 92 Anm 5). Die BAO (zB § 302 Abs 2 lit a) verwendet den Begriff der Rechtskraft im formellen Sinn (vgl zB Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 92 Anm 6) [Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 92, I. Bescheidbegriff, Bescheidwirkungen [Rz 1 - 5]].

Das Erkenntnis des , ist rechtskräftig. Ein weiterer Bescheid war nach dem oben Gesagten in derselben Sache nicht zu erlassen.

Wie das Finanzamt in seinem Vorlagebericht zutreffend ausführt, ist bei der Beschwerdeerledigung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeerledigung maßgebend. Ändern sich die für § 236 BAO maßgebenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nach Abspruch über den Nachsichtsantrag - was auf gegenständlichen Fall ohnehin nicht zutrifft -, so wäre ein neuerlicher Antrag zulässig (vgl. z.B. Stoll, BAO-Kommentar, 944f und 2448f, mwN).

Der Bf. hat in diversen Verfahren eine Vielzahl ähnlicher Anträge eingebracht. In vorliegendem Fall hat der Bf. aber offensichtlich keinen neuerlichen Antrag um Nachsicht gestellt, sondern die Behörde hat zweimal über denselben Antrag abgesprochen.

Somit war gegenständlicher Bescheid wegen bereits entschiedener Sache aufzuheben.

In gegenständlichem Fall konnte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, da die Behörde auch bei ihrer Durchführung zu keinem anderen Ergebnis gelangen hätte können, insbesondere als es sich um die Beurteilung einer reinen Rechtsfrage handelt. [Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 274, II. Mündliche Verhandlung auf Antrag [Rz 2 - 10a]]

IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In gegenständlichem Fall liegt weder eine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, noch eine uneinheitliche oder fehlende Rechtsprechung des VwGH.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at