Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.08.2024, RV/1100201/2024

Begründet ein dem Studium in Deutschland vorangehender Deutschkurs einen Familienbeihilfenanspruch?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***

in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

betreffend die Rückforderungsbescheide des ***FA*** vom und vom

hinsichtlich Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Zeiträume 09.2021-09.2022 und 10.2022-02.2023 für ***1***,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ***1***, die Tochter der Beschwerdeführerin, einschließlich Erhöhungsbetrag gemäß § 8 Abs. 3 FLAG ("Geschwisterstaffel") zurückgefordert. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Berufsausbildung dann nicht vorliege, wenn lediglich Allgemeinbildung, wie etwa im Rahmen eines Sprachkurses, erworben werde. ***1*** habe das Studium Deutsche Philologie erst im Wintersemester 2022/23 begonnen und davor lediglich einen Deutschkurs belegt. Da für zwei Kinder Familienbeihilfe bezogen worden sei, sei im Rückforderungsbetrag die anteilige Geschwisterstaffel enthalten.

Es langten Beschwerden ein, in denen die Beschwerdeführerin erläuterte: ***1*** habe keinen gewöhnlichen Deutschkurs besucht. Es habe dafür ein Semesterticket an der Universität ***2*** bezahlt werden müssen, um den Studentenstatus zu gewährleisten. Als Mutter sei sie verpflichtet, sicherzustellen, dass ihr Kind eine umfassende Bildung erwerbe. Mit Hilfe der erworbenen Deutschkenntnisse habe ihr Kind ohne Unterbrechungen sofort mit dem Studium Bachelor Deutsche Philologie und Öffentliches Recht an der Universität ***2*** beginnen können. Aus dieser nahtlosen Fortsetzung zeige sich die Relevanz der deutschen Philologie (Deutschkurs) für die akademische Laufbahn ihrer Tochter. Sie habe dem Finanzamt stets die erforderlichen Unterlagen vorgelegt, um Familienleistungen zu erhalten, etwa die Immatrikulationsbescheinigung und die Inskriptionsbestätigungen. Es sei nichts verborgen worden. Ihre Tochter habe seit dem Wintersemester 2021 in Deutschland mit Studentenstatus studiert. Sie ersuche, anzuerkennen, dass der Kurs "deutsche Philologie" ein wesentlicher Teil des Studiums ihrer Tochter war.

Die Beschwerdeführerin legte vor:

  • Studierendenausweis der Universität ***2*** betreffend ihre Tochter ***1*** ***3*** mit Gültigkeitsdatum bis (ein weiterer Studierendenausweis in Kopie ist nicht leserlich),

  • Immatrikulationsbescheinigungen für ***1*** für das Wintersemester 2021/22, das Sommersemester 2022 und das Wintersemester 2022/23 mit der jeweiligen Textierung: "1. Studiengang, kein Abschluss (Deutschkurs), deutsche Philologie",

  • Zahlungsnachweise für die Rechnungspositionen "Semesterticket, Studentenwerk, Deutschkurs" mit den Überweisungsdaten , und ,

  • Schulbesuchsbestätigungen der Mittelschule ***4*** betreffend den Sohn ***5***.

Es erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, in der ausgeführt wurde:

Gesetzliche Grundlage für den Familienbeihilfenbezug für volljährige Kinder sei § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Grundlage für eine Rückforderung der Familienbeihilfe § 26 Abs. 1 FLAG 1967.

Aufgrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verstehe man unter "Berufsausbildung" einen praktischen und theoretischen Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt werde, eine angemessene Unterrichtsdauer vorliege sowie eine verpflichtende Abschlussprüfung erforderlich sei. Die Ausbildung müsse ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Dies werde dann angenommen, wenn die Vorbereitung auf die Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nähmen und das Kind durch Prüfungsantritte innerhalb eines angemessenen Zeitraumes die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung erfülle. Der Besuch von allgemeinen, nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten Veranstaltungen, die dem Sammeln von Erfahrungen und/oder dem Aneignen eines bestimmten Wissensstandes dienten - wie etwa ein Sprachkurs -könne nicht als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 angesehen werden. Die Tochter der Beschwerdeführerin habe im Rückforderungszeitraum noch kein Studium, sondern lediglich einen Sprachkurs absolviert, es bestehe daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

In der Folge brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein und erläuterte:

Eine Sprachausbildung bzw. ein "Sprachkurs" stelle jedenfalls dann eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar, wenn die Ausbildung in einem später begonnenen Studium, in welchem die erlernte Sprache einen wesentlichen Schwerpunkt darstelle, im Wege der Anrechnung von ECTS -Punkten berücksichtigt werde. ***1***, die Tochter der Beschwerdeführerin, habe im Wintersemester 2021/22 das Studium der deutschen Philologie an der Universität ***2*** begonnen. Die Lehrveranstaltung "Grundlagen Deutsch als Fremdsprache Philologie" wurde positiv abgelegt und wurden dafür 7 ECTS-Punkte vergeben. In der Folge habe die Tochter der Beschwerdeführerin weitere Lehrveranstaltungen des Studiums Deutsche Philologie positiv abgeschlossen und insgesamt 36 ECTS-Punkte erworben. Außerdem habe sie das Basismodul "Einführung in das öffentliche Recht" mit 10 ECTS-Punkten positiv abgelegt.

Die Tochter habe daher die für ihr Studium notwendige Zusatzausbildung "Deutsch als Fremdsprache Philologie" positiv absolviert. Die Zusatzausbildung stehe im direkten Zusammenhang mit dem anschließenden Studiengang Deutsche Philologie, weshalb die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe vorlägen. Es werde daher um stattgebende Beschwerdeerledigung ersucht.

An Nachweisen reichte die Beschwerdeführerin ein:

  • Leistungsnachweis der Tochter ***1*** vom über die abgelegte Prüfung "Einführung in das öffentliche Recht" im Wintersemester 2023/24,

  • Leistungsnachweise vom über abgelegte Prüfungen im Studiengang Deutsche Philologie im Sommersemester 2023 und im Wintersemester 2023/24,

  • Leistungsnachweis vom über die studienbegleitende Zusatzausbildung Deutsch als Fremdsprachenphilologie im Wintersemester 2023/24 mit insgesamt 7 ECTS-Punkten,

  • Zeugnis der Tochter vom über den Aufbaukurs II im Rahmen der studienvorbereitenden Ausbildung am Lehrgebiet Deutsch als Fremdsprache des Zentrums der Sprache und Kommunikation an der Universität ***2***, Abschlussprüfung bestanden,

  • DSH-1-Zeugnis vom , "Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang" mit positivem Abschluss. Das Zeugnis enthält den Hinweis "ein Gesamtergebnis DSH-1 weist eine eingeschränkte sprachliche Studierfähigkeit aus. Nach Entscheidung der Hochschule ist damit die Zulassung oder Einschreibung für bestimmte Studiengänge oder Studienabschlüsse möglich",

  • Immatrikulationsbescheinigungen für das Sommersemester 2023, für das Wintersemester 2023/24 und für das Sommersemester 2024 betreffend Bachelor of Arts mit Bachelorfach Deutsche Philologie und zweitem Hauptfach Rechtswissenschaft sowie ab WS 23/24 zusätzlich Deutsch als Fremdsprache,

  • Semesterticket mit Gültigkeitsdauer bis .

II. Ermittlungen durch die Richterin:

Die Richterin übermittelte ein Ergänzungsersuchen nachstehenden Inhalts an die Beschwerdeführerin:

1. "Bitte teilen Sie mit, wieviele Wochenstunden die studienvorbereitenden Deutschkurse im WS 21/22, SS 22 und WS 22/23 (d. h. also, die Zeiträume vor der Aufnahme des regulären Studiums im SS 23) umfasst haben und legen Sie dazu Nachweise vor.

2. Wurden für die studienvorbereitenden Deutschkurse (WS 21/22 bis WS 22/23, d. h., Oktober 21 bis Februar 23) ECTS-Punkte vergeben? Falls "ja", wieviele? Wurden diese ECTS-Punkte auf das ab dem SS 23 betriebene, reguläre Studium angerechnet? Bitte auch diesbezüglich um Nachweise."

Es langte nachstehendes Antwortschreiben ein:

"In umseits rubrizierter Rechtssache wird mitgeteilt, dass das System für international Studierende in ***2*** vorsieht, dass Studierende, die nicht über hinreichende Deutschkenntnisse verfügen, verpflichtende Deutschkurse absolvieren müssen. Diese Deutschkurse stellen eine notwendige Voraussetzung für die spätere Berufsausbildung dar. Im Zeitraum von Oktober 2021 bis Februar 2023 wurde von der Beschwerdeführerin ein Deutschkurs absolviert, um das notwendige DSH-Zertifikat zu erwerben.

Die Universität ***2*** rechnet diese Deutschkurse jedoch nicht auf das Studium an. Parallel dazu gibt es eine online-Plattform namens ***6***, die ebenfalls mit der Universität ***2*** verbunden ist und werden über diese Plattform verpflichtende online-Deutschkurse angeboten, die neben dem Präsenzunterricht besucht werden müssen.

Diese online-Kurse sind obligatorisch und werden für den Erwerb des Zertifikats berücksichtigt. Im regulären Studium werden die durch die Deutschkurse erworbenen Credits nicht angerechnet, da das Vorliegen eines Deutschzertifikats DSH Voraussetzung für den Studienbeginn ist. Dieser umfassende Prozess, der durch die Deutschkurse geprägt ist, zielt darauf ab, international Studierende bestmöglich auf den Erwerb des Zertifikats vorzubereiten, sodass sie ihr Studium schnellstmöglich aufnehmen können.

Für die absolvierten Deutschkurse wurden im Wintersemester 2021/2022 120 Wochenstunden, im Sommersemester 2022 240 Wochenstunden und im Wintersemester 2022/23 240 Unterrichtseinheiten absolviert" (Anm.: Offensichtlich beziehen sich die angegebenen Stunden bzw. UE nicht auf die Woche, sondern auf das Gesamtsemester).

Beigelegt waren:

  • Bestätigung der Universität ***2***, Lehrgebiet Deutsch als Fremdsprache, vom über die Teilnahme der Tochter der Beschwerdeführerin am Aufbaukurs I B1+ von bis (WS 2021/2022), Gesamtumfang 240 Unterrichtseinheiten,

  • Zweimalige Bestätigung der Universität ***2***, Lehrgebiet Deutsch als Fremdsprache, vom über die Teilnahme der Tochter der Beschwerdeführerin am Hauptkurs B2+/C1 von bis (SS 2022), Gesamtumfang 240 Unterrichtseinheiten,

  • Bestätigung der Universität ***2***, Lehrgebiet Deutsch als Fremdsprache, vom über die Teilnahme der Tochter der Beschwerdeführerin am Kurs "Studieren und wissenschaftliches Arbeiten in Deutschland: Ein Studierstrategiekurs (B2-C2) - Online-Kurs (***6***)", SS 2022, Semesterwochenstunden 2, Leistungspunkte 3,

  • Zeugnis vom über die bestandene Abschlussprüfung zum Aufbaukurs II mit einem Umfang von 120 Unterrichtsstunden im Rahmen der studienvorbereitenden Ausbildung an der Universität ***2*** (bereits im Akt aufliegend),

  • Aufstellungen über erworbene Leistungspunkte im Sommersemester 2023, Wintersemester 2023/2024 und Sommersemester 2024 betreffend die Studiengebiete Deutsch als Fremdsprachenphilologie, Einführung in das öffentliche Recht, Verfassungsrecht Vertiefung, neuere deutsche Literaturwissenschaft und -geschichte, Literaturtheorie, ältere deutsche Literatur, Texterschließung, deutsche Sprachwissenschaft, Germanistik,

  • Teilnahmebestätigung der technischen Hochschule ***7*** betreffend den im Wintersemester 2022/23 durch die Tochter der Beschwerdeführerin absolvierten ***6*** E-Learningkurs "Fachsprache Wirtschaft - Deutsch als Fremdsprache Niveaustufe C1" mit einem Umfang von 24 Unterrichtseinheiten und 2 Leistungspunkten.

III. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

  • ***1***, die Tochter der Beschwerdeführerin, ist am ***8*** geboren.

  • Deutsch ist nicht ihre Muttersprache.

  • Sie belegte an der Universität ***2*** im Wintersemester 2021/22, im Sommersemester 2022 und im Wintersemester 2022/23 einen dem Studienfach Deutsche Philologie zugeordneten Deutschkurs sowie online-Deutschkurse.

  • Das Wintersemester 2021/22 dauerte von bis , das Sommersemester 2022 von bis und das Wintersemester 2022/23 von bis .

  • Der "studienvorbereitende Deutschkurs Aufbaukurs I B 1 +" dauerte von bis und hatte einen Gesamtumfang von 240 Unterrichtseinheiten.

  • Der "studienvorbereitende Deutschkurs Hauptkurs B 2+/C1" dauerte von bis und hatte einen Gesamtumfang von 240 Unterrichtseinheiten.

  • Der während des Sommersemesters 2022 absolvierte Kurs "Studieren und wissenschaftliches Arbeiten in Deutschland: Ein Studierstrategiekurs (B 2- C 2) -Onlinekurs (***6***)", umfasste 2 Semesterwochenstunden und brachte 3 ECTS-Leistungspunkte ein.

  • Im Wintersemester 2022/23 schloss die Tochter der Beschwerdeführerin den ***6*** E-Learning Kurs "Fachsprache Wirtschaft-Deutsch als Fremdsprache, Niveaustufe C 1" erfolgreich ab und erreichte 2 ECTS-Leistungspunkte.

  • ***1*** bestand am eine Abschlussprüfung betreffend den von bis absolvierten Aufbaukurs II mit 120 Unterrichtsstunden und legte entsprechend dem Zeugnis vom die "Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang" mit dem Gesamtergebnis DSH-1 ab.

  • Im Sommersemester 2023, beginnend mit , inskribierte sie einen Bachelor of Arts - Studiengang mit Deutscher Philologie als Bachelorfach und Rechtswissenschaft als zweitem Hauptfach.

  • Sie setzte diesen Studiengang im Wintersemester 2023/24 und im Sommersemester 2024 fort, wobei sie ab dem WS 23/24 als Zusatzangebot das Studienfach "Deutsch als Fremdsprache" wählte.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf unstrittigem Akteninhalt sowie auf den Unterlagen, die der Richterin im Zusammenhang mit ihrem Ergänzungsersuchen nachgereicht wurden.

3. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung:

3.1. Spruchpunkt 1 (Abweisung):

Gesetzliche Grundlagen sind die schon in der Beschwerdevorentscheidung explizit angeführten §§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 zur Anspruchsberechtigung und 26 Abs. 1 FLAG 1967 zur Rückzahlungsverpflichtung.

Strittig ist: Erfolgte die Rückforderung an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ***1*** einschließlich anteiliger Geschwisterstaffelbeträge (§ 8 Abs. 3 FLAG 1967) zu Recht?

Zum Begriff "Berufsausbildung" nach dem Verständnis des FLAG wird auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung stellt der Besuch eines Sprachkurses im Allgemeinen keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar. Hat der Besuch eines Sprachkurses seinen Grund darin, dass Kenntnisse der Landessprache für das Studium in einem fremden Land erforderlich sind, um den in der Landessprache gehaltenen Lehrveranstaltungen folgen zu können, so wird ein solcher Sprachkurs vom VwGH nicht als Berufsausbildung anerkannt. Der gegebene Zusammenhang reicht nicht aus, um einen mehrmonatigen Sprachkurs selbst zur "Berufsausbildung" werden zu lassen und für die Zeit seines Besuches den Anspruch auf Familienbeihilfe zu begründen (vgl. sowie ). Ein dem Studium vorangehender Sprachkurs zählt generell nicht zur Berufsausbildung im Sinne des FLAG.

Eine Sprachausbildung bzw. ein "Sprachkurs" stellt Berufsausbildung im Sinne des FLAG aber jedenfalls dann und insoweit dar, wenn diese Ausbildung in einem später begonnenen Studium, in dem die erlernte Sprache einen wesentlichen Schwerpunkt darstellt, im Wege der Anrechnung von ECTS-Punkten berücksichtigt wird, soweit die Ausbildung die überwiegende Zeit des Studenten in Anspruch nimmt (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 2 Rz 45).

Umgelegt auf den Streitfall ergibt sich:

Soweit die Beschwerdeführerin in Beantwortung des Ergänzungsersuchens der Richterin mitteilt, die an der Universität ***2*** verpflichtend vorgesehenen Deutschkurse hätten das Ziel, den Studierenden schnellstmöglich eine Aufnahme ihres Studiums in der Landessprache zu eröffnen, gibt sie damit exakt die Definition eines Sprachkurses, wie er im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht als Berufsausbildung anerkannt wird, wider (vgl. oben, Lenneis aaO).

Die vorliegenden Bestätigungen über den Aufbaukurs I B1+ und den Hauptkurs B2+/C1 mit einem Gesamtumfang von je 240 Unterrichtseinheiten weisen im Übrigen keine erworbenen ECTS aus, was jedoch unerheblich ist, weil die Beschwerdeführerin selbst mitteilt, dass diese Deutschkurse nicht auf das reguläre Studium angerechnet werden. Insofern ist auch die Zuerkennung von 3 ECTS-Punkten für den Onlinekurs im Sommersemester 2022 sowie von 2 ECTS-Punkten im Wintersemester 2022/23 nicht weiter von Relevanz (für den streitgegenständlichen Rückforderungszeitraum ebenfalls nicht von Bedeutung sind übrigens auch die bekanntgegebenen, ab dem Sommersemester 2023, dh, ab , im regulären Studium erlangten ECTS-Punkte).

Dem für eine Anerkennung als Berufsausbildung erforderlichen, die volle Zeit einer Auszubildenden in Anspruch nehmenden, wöchentlichen Zeitaufwand von mindestens 30 Stunden braucht daher nicht weiter nachgegangen zu werden. Soweit sich auf Grundlage der angegebenen Unterrichtseinheiten bzw. Unterrichtsstunden ein wöchentlicher Zeitaufwand von 16 ¾ bis 20 Stunden errechnen lässt, läge dieser aber ohnehin unter dem die volle Zeit einer Auszubildenden in Anspruch nehmenden Ausmaß (vgl. ***2*** ...sowie Lenneis aaO, § 2 Rz 39 ff).

Da somit die im Rückforderungszeitraum von ***1*** absolvierten Sprachkurse keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstellen, erfolgte die Rückforderung von Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag und anteiligen Geschwisterstaffelbeträgen zu Recht.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Subjektive Momente, wie Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Die Rückforderung gemäß § 26 Abs. 1 bis3 FLAG 1967 ist keine Ermessensentscheidung. Billigkeitsüberlegungen sind im Rückforderungsverfahren vom Finanzamt oder vom BFG nicht anzustellen (Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2, § 26 Rz 12-16).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der vorliegenden Rechtsfrage findet Deckung in der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100201.2024

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