Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.08.2024, RV/5100465/2024

Direktvorschreibung von KEST nach Betriebsprüfung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***8***, vertreten durch ***9***, Steuerberater, nunmehr in ***10***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** , nunmehr FAÖ DS ***1***, vom betreffend Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer für Dezember 2009, Dezember 2010 und Dezember 2011 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen KEST-Bescheide v. werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Tz 4. des Betriebsprüfungsberichtes v., ABNr. 122005/2013, Verrechnungskonto Gesellschafter):

"Auf Konto 3650 "Verrechnungskonto ***4***" wurde per ein Saldo iHv 30.120,20 € lt. E-Bilanz erfasst. Dieser Betrag erhöhte sich bis um 19.448,34 € auf 49.578,54 €, bedingt durch Entnahmen iHv 63.177,07 € und Einlagen iHv 43.728,73 €. Im Jahr 2011 wurden Entnahmen iHv 192.017,2 € und Einlagen iHv 40.312,17 € (ohne Umbuchung der nicht gebundenen Kapitalrücklage zur Abdeckung iHv 201.283,57 €) erfasst. Der Saldo stieg daher um € 151.705,03. Da diesen Entnahmen kein Rechtsgrund im Sinne der Angehörigenjudikatur (Darlehensvereinbarung) im Zeitpunkt der jeweiligen Entnahmen zugrunde gelegen sind, wurde von der Betriebsprüfung von einer verdeckten Ausschüttung dieser Entnahmen ausgegangen und die Kapitalertragsteuer dem Beschwerdeführer als Gesellschafter direkt vorgeschrieben und zwar für die Jahre 2009 bis 2011 (Anmerkung des Gerichtes: jeweils für 1 Monat, nämlich Dezember eines Jahres!).

KEST-Bescheide v. (Direktvorschreibung):

Für den Beschwerdeführer (Bf.) wurde mit Bescheiden datiert vom Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 11/ 2009, 11/2010, und 12 /2011 ("Direkt -Vorschreibung") festgesetzt, welche sich nach Ansicht des Finanzamtes aus den Ergebnissen der Außenprüfung bei der ***2*** GmbH zu FBNr. ***3*** und der darüber verfassten Niederschrift Tz 4 ergaben. Die Zustellung der KEST- Bescheide erfolgte am zu Handen der zustellungsbevollmächtigten stl. Vertretung.

Diese Direktvorschreibung an den Gf(=Bf.) erfolgte vom Finanzamt DS ***1***, obwohl nach der Aktenlage keine Hinweise auf eine Insolvenz der GmbH bzw. eine in Liquidation befindliche Gesellschaft vorlagen.

Mit datierter Eingabe, die per Fax am erfolgt ist, wurde von der stl. Vertretung ersucht, die Beschwerdefrist gegen die angefochtenen KESt-Bescheide bis zu verlängern, sodass bis zu diesem Zeitpunkt gemäß § 245 Abs. 4 zweiter Satz BAO die Verlängerung der Beschwerdefrist bis eintrat.

Beschwerde v. :

Mit Fax vom wurde von der stl. Vertretung gegen die Kapitalertragsteuer-Festsetzungsbescheide 12/2009 bis 12/2011 vom Beschwerde erhoben und beantragt diese Bescheide ersatzlos aufzuheben.

In der rechtzeitig erhobenen Beschwerde wurde von der steuerlichen Vertretung folgendes zusammengefasst ausgeführt:

"Beschwerde gegen die nachfolgend angeführten Bescheide:

-Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer f0r den Zeitraum 12/2009,

-Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer for den Zeitraum 12/2010

-Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum

- alle zugestellt am

Innerhalb offener Frist wird gegen die im Rubrum bezeichneten Bescheide das ordentliche Rechtmittel der Beschwerde eingebracht.Die Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 12/2009, 12/2010 und 12/2011.Es wird beantragt die Bescheide über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 12/2009, 12/2010 und 12/2011 ersatzlos aufzuheben.Gegenständliche Beschwerde wird, wie folgt, begründet:

In der Begründung zu den angefochtenen Bescheiden wird auf die Niederschrift bzw. den Bericht zur Außenprüfung vom insbesondere auf die Tz. 4 des Berichtes über die Außenprüfung verwiesen. Darin heißt es unter anderem:

"Nach Ansicht der BP handelt es sich um eíne verdeckte Ausschüttung, da eine fremdübliche Vereinbarung über eventuelle Darlehensgewåhrungen erst 2012 getroffen wurde, als der buchhalterische Stand des Verrechnungskontos bereits auf Null gesetzt war. Es ist richtig, dass mit Umlaufbeschluss vom die Möglichkeit von Ausleihungen an Anteilsinhaber formell eingeräumt wurde. Wie das Prüfungsorgan treffend festgestellt hat, lag eine buchhalterisch ausgewiesene Ausleihung zum nicht vor. Auch davor kam es nicht zu einem vermögensmäßígen Vorteil für den Gesellschafter, der eine verdeckte Ausschüttung vermuten lässt, zumal es anlässlich der Einbringung seines Mitunternehmeranteiles nicht zu einer Kapitalerhöhung kam, stand der Einbringungswert, welcher auf versteuerte Gewinne der Vorperioden zurückzuführen war, zur Verfügung. Dieser Einbringungswert entsprach seinem variablen Kapitalkonto in der eingebrachten ***2*** KEG. Übertragen auf die GmbH kommt es einem Gesellschafterverechnungskonto gleich. Somit kam es auch nicht zu einer Vermögensverschiebung zu Gunsten des Gesellschafters, wenn davor Auszahlungen erfolgten. Für darüberhinausgehende Ausleihungen wurden rechtzeitig die Regeln über Verzinsung und Rückzahlbarkeit im Gesellschafterbeschluss vom aufgestellt. Es wird daher gebeten, die angefochtenen Bescheide über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 12/2009, 12/2010 und 12/2011 ersatzlos aufzuheben."

Mit Beschwerdevorentscheidung v. wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Kern der Begründung (nach Wiederholung der Verfahrensergebnisse der Betriebsprüfung) lautete: " Daraus folgt, dass in die Gesellschaft vom Gesellschafter eingelegte Vermögenswerte - wie im gegenständlichen Fall durch die Einbringung des Mitunternehmeranteiles, die ertragsteuerlich einen Tauschvorgang darstellen, nicht "entnommen" werden können, sondern die rechtsgrundlose Entnahme eine verdeckte Ausschüttung zur Folge hat und sohin der Umstand, dass eine Einlage erfolgt ist, noch keinen zivilrechtlich tragenden Rechtsgrund für künftige Entnahmen darstellt. Vielmehr hätte es im Entnahmezeitpunkt des Abschlusses einer dem Fremdvergleich standhaltenden Darlehensvereinbarung mit der ***2*** GmbH bedurft. Die Inanspruchnahme des Empfängers der Kapitalerträge erfolgte in Anwendung der Bestimmung des § 95 Abs. 5 (Anmerkung des Gerichtes: gemeint offenbar Abs. 4) EStG 1988 idF vor BudgetbegleitG 2011, BGBI I 2010/111 und zwar von dessen Ziffer 1. Bei verdeckten Ausschüttungen kann automatisch unterstellt werden, dass es sich um nicht vorschriftsmäßig gekürzte Kapitalerträge handelt, weswegen keine weitere Begründung zur Direktinanspruchnahme des Beschwerdeführers erforderlich ist (vgl. Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, Tz 11 zu § 95; Dora/t/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG16, Tz 69 zu § 95). Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Vorlageantrag v.

Im rechtzeitigen Antrag auf Entscheidung v. über die Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung vom (Vorlageantrag) wurde von der stl. Vertretung ausgeführt:

"Innerhalb offener Frist wird gegen die Beschwerdevorentscheidung vom die Vorlage der Beschwerde vom gegen die Bescheide über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 12/2009, 12/2010 und 12/2011 vom zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht und gleichzeitig die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragt. Mit freundlichen Grüßen…"

Am wurde von der steuerlichen Vertretung der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Erstverfahren zurückgezogen. Diese Verfahrensrechtslage galt auch für das fortgesetzte Beschwerdeverfahren.

Erkenntnis des -8, zugestellt am zu RV/5100960/2015:

Die Frage der Zustellvollmacht im Finanzonline konnte vom Verwaltungsgerichtshof geklärt werden. Die rechtliche Ansicht des BFG zu RV/5100960/2015 (Nichtbescheide) wurde mangels Nachvollziehbarkeit vom VwGH - nach Einholung einer Revisionsbeantwortung durch den VwGH - nicht geteilt.

Es war daher - nach ergänzenden Ermittlungen (E-Mail des BFG v. sowie Telefonat v. bzw. E-Mail v. mit dem FAÖ DS ***1***) von einer aktuellen Zustellvollmacht auch im diesem fortgesetzten Verfahren für die steuerliche Vertretung im Finanzonline auszugehen, welche bis zum Tage dieser Entscheidung auch nicht widerrufen wurde. Weiters wurde dies auch vom im VwGH-Verfahren bevollmächtigten Rechtsanwalt mit E-Mail v. bestätigt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Nunmehr war der Beschwerdefall im fortgesetzten Verfahren (-8- bejahende Zustellvollmacht der stl. Vertretung im Finanzonline) zu beurteilen.

Unter Zugrundelegung des Ergebnisses einer Außenprüfung bei der F- GmbH (siehe Verfahrensabschnitt zu TZ 4 des Betriebsprüfungsberichtes v.) erfolgte im Streitzeitraum seitens der belangten Behörde aus dem Titel der verdeckten Gewinnausschüttung eine Direktvorschreibung von Kapitalertragsteuer an den Bf.

Die ***2*** KEG wurde am im Firmenbuch des Landesgerichts Linz zu FN ***5*** eingetragen. Persönlich haftender Gesellschafter ist der Beschwerdeführer ***Bf1*** und einzige Kommanditistin Frau ***6*** mit einer Vermögenseinlage von € 400.Mit Gesellschaftsvertrag vom wurde die ***2*** GmbH gegründet, die am im Firmenbuch des Landesgerichts Linz zu FN ***3*** eingetragen wurde. Geschäftsführer der ***2*** GmbH ist der Beschwerdeführer, wobei an dieser Gesellschaft der Beschwerdeführer und Frau ***6*** jeweils zu 50% beteiligt sind. Es hat sich um eine Bargründung gehandelt. Mit Schreiben vom wurde dem ***FA*** namens der ***2*** KEG als auch der ***2*** GmbH mitgeteilt, dass rückwirkend zum der gesamte Betrieb der ***2*** KEG in die ***2*** GmbH eingebracht worden sei und zwar aufgrund eines Einbringungsvertrages vom . In der Bilanz der ***2*** GmbH zum wurde auf der Passivseite aufgrund dieser dargestellten Einbringung eine nicht gebundene Kapitalrücklage iHv € 239.239,72 gebildet. Im Firmenbuch wurde die ***2*** KEG am gelöscht (FN ***5*** des LG Linz) und zwar infolge Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB durch die ***2*** GmbH. Zu AB.Nr. 122005/13 fand bei der ***2*** GmbH im Zeitraum bis (Datum der Schlussbesprechung) eine Außenprüfung gem. § 147 Abs. 1 BAO statt, die sich unter anderem auch auf die Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer für die Zeiträume 2009 bis 2011 erstreckt hat. Mit dieser Konstellation hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt befasst. Er hat in seiner Judikatur mehrfach klargestellt, dass an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern, zumal im Falle eines die Gesellschaft beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers ebenso strenge Maßstäbe wie an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen anzulegen sind. Solche Abmachungen müssen von vornherein ausreichend klar sein und einem Fremdvergleich standhalten, widrigenfalls die Rückzahlbarkeit der von den Gesellschaftern von der Gesellschaft empfangenen Geldbeträge nicht als erwiesen angenommen werden kann, sodass von einer verdeckten Ausschüttung ausgegangen werden muss. Der Gerichtshof hat im angegebenen Zusammenhang auch schon ausgesprochen, dass die bloße Verbuchung von Zuwendungen an den Gesellschafter eine Urkunde über den Rechtsgrund der Zuwendung nicht ersetzen kann, weil ein solcher Buchungsvorgang weder nach außen zum Ausdruck kommt noch daraus der Rechtsgrund für die tatsächliche Zahlung hervorgeht. Im vorgelegten Umlaufbeschluss vom wurden Vereinbarungen über die Möglichkeit der Darlehensaufnahme durch die Gesellschafter getroffen. Der Stand des Verrechnungskontos zum betrug Null, da das Verrechnungskonto durch eine Umbuchung von der Kapitalrücklage (das ursprüngliche Einbringungskapital) buchhalterisch abgedeckt wurde. Laut Steuerberater war eine Einlagenrückzahlung nie gewollt und handelt es sich dabei um eine Fehlbuchung. Seiner Meinung nach müsste eine Bilanzberichtigung vorgenommen werden und eine Forderung der GmbH an Herrn ***4*** eingestellt werden. Nach Auskunft von Herrn ***4*** dienten die entnommenen Beträge zum Ankauf einer Liegenschaft, die zu Vermietungszwecken erworben wurde. Nach Ansicht der BP handelt es sich um eine verdeckte Ausschüttung, da eine fremdübliche Vereinbarung über eventuelle Darlehensgewährungen erst 2012 getroffen wurde, als der buchhalterische Stand des Verrechnungskontos bereits auf Null gesetzt war. Aus diesem Grund sind die erfassten jährlichen Entnahmen, saldiert um die Einlagen und den Geschäftsführerbezug als verdeckte Ausschüttungen zu erfassen. Gem. § 95 Abs. 4 EStG ist die Kapitalertragsteuer dem Empfänger der Kapitalerträge ausnahmeweise vorzuschreiben, wenn der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder der Empfänger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt. Die Kapitalertragsteuer wurde daher dem Bf.direkt vorgeschrieben.

Mit den angefochtenen Bescheiden erfolgten für den Streitzeitraum diese entsprechenden Festsetzungen der Kapitalertragsteuer gegenüber dem Beschwerdeführer und wurde in diesen Bescheiden auf die diesbezüglichen Feststellungen verwiesen. Die Zustellung dieser Bescheide ist am erfolgt.

Aus dem Sachverhalt ergaben sich keine Anhaltspunkte, wonach die GmbH selbst insolvent gewesen wäre oder Zweifel an der Einbringlichkeit bezüglich eins Haftungsbescheides gegeben gewesen wären (siehe auch den Punkt fehlendes Auswahlermessen bzw. die nicht nachvollziehbare Begründung des FA zur "Automatik" der Direktvorschreibung der KEST in der BVE v. ).

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Betriebsprüfungsbericht v. (Tz 4 -VRK Gesellschafter) sowie dem Parteienvorbringen und den dem BFG vorliegenden elektronisch übermittelten Aktenteilen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Verjährungsproblematik ?

§ 209a BAO:

(1) Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, steht der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Beschwerde oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt, wenn ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs 1 vor Ablauf der Jahres­frist des § 302 Abs 1 oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinn des § 304 eingebracht wurde.

(3) Sofern nicht Abs 1 oder 2 anzuwenden ist, darf in einem an die Stelle eines früheren Bescheides tretenden Abgaben­bescheid, soweit für einen Teil der festzusetzenden Abgabe bereits Verjährung eingetreten ist, vom früheren Bescheid nicht abgewichen werden.

(4) Abgabenerklärungen gelten als Anträge im Sinn des Abs 2, wenn die nach Eintritt der Verjährung vorzunehmende Abgabenfestsetzung zu einer Gutschrift führen würde.

(5) Soweit die Verjährung der Festsetzung einer Abgabe in einem Erkenntnis (§ 279) nicht entgegenstehen würde, steht sie auch nicht der Abgabenfestsetzung in dem Bescheid der Abgabenbehörde entgegen, der den gemäß § 278 oder § 300 aufgehobenen Bescheid ersetzt, wenn dieser Bescheid binnen einem Jahr ab Bekanntgabe (§ 97) des aufhebenden Beschlusses bzw. innerhalb der Frist des § 300 Abs 1 lit. b ergeht.

(6) Wird eine Bescheidbeschwerde oder ein Vorlageantrag nach Eintritt der Verjährung gemäß § 209 Abs 3 erster Satz zurückgenommen, so steht der Eintritt der Verjährung der Festsetzung einer Abgabe, soweit sie hinterzogen ist, nicht entgegen, wenn diese Festsetzung innerhalb eines Jahres ab Zurücknahme der Bescheidbeschwerde oder des Vorlageantrages erfolgt.

Die Bestimmungen betreffend absoluter Verjährung sind in Zukunft vom FAÖ DS ***1*** (Spannungsverhältnis zu § 209 a Abs 5 BAO) im Falle eines Ersatzbescheides noch gesondert zu prüfen.

§ 95 EStG 1988 (idF. vor BGBl I 2010/111 bzw. idF. BGBl I 2010/111- soweit für den Streitzeitraum relevant) normiert Folgendes:

(1) …

(2) Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. Bei Kapitalerträgen gemäß § 93 Abs. 3 Z 5, bei denen die Kapitalertragsteuer auf Grundlage von Meldungen gemäß § 40 Abs. 2 Z 2 vierter Satz des Investmentfondsgesetzes 1993 und gemäß § 40 Abs. 2 Z 2 dritter Satz des Immobilien-Investmentfondsgesetzes einbehalten wird, geht die Haftung für die Richtigkeit der gemeldeten Beträge auf den Rechtsträger des ausländischen Kapitalanlagefonds über. Wird Kapitalertragsteuer auf Grundlage von Meldungen gemäß § 40 Abs. 2 Z 2 fünfter Satz des Investmentfondsgesetzes 1993 und gemäß § 40 Abs. 2 Z 2 vierter Satz des Immobilien-Investmentfondsgesetzes einbehalten, haften für die Richtigkeit der gemeldeten Beträge der Rechtsträger des ausländischen Kapitalanlagefonds und der steuerliche Vertreter zur ungeteilten Hand.

(3) Zum Abzug der Kapitalertragsteuer ist verpflichtet:

1.Bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2) der Schuldner der Kapitalerträge.

2.Bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (§ 93 Abs. 3) die kuponauszahlende Stelle. Kuponauszahlende Stelle ist

-das Kreditinstitut, das an den Kuponinhaber Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anläßlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt,

-der inländische Emittent, der an den Kuponinhaber solche Kapitalerträge auszahlt,

-die Zweigstelle eines Dienstleisters mit Sitz in einem Mitgliedstaat, der auf Grund der Richtlinie 2006/48/EG, ABl. Nr. L 177 vom , oder auf Grund der Richtlinie 2004/39/EG, ABl. Nr. L 145 vom , in der Fassung der Richtlinie 2006/31/EG, ABl. Nr. L 114 vom , zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen im Inland berechtigt ist.

3. Ein Dritter, der Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 4 gewährt

4.Bei ausländischen Kapitalerträgen im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a bis c das Kreditinstitut, das die Kapitalerträge auszahlt.

(4) Derzum Abzug Verpflichtete hat die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Kapitalerträge gelten für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer als zugeflossen:

1.Bei Kapitalerträgen, deren Ausschüttung von einer Körperschaft oder deren Zuwendung durch eine nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallende Privatstiftung beschlossen wird, an jenem Tag, der im Beschluss als Tag der Auszahlung bestimmt ist. Wird im Beschluss kein Tag der Auszahlung bestimmt, so gilt der Tag nach der Beschlussfassung als Zeitpunkt des Zufließens.

2.Bei Einkünften aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter in jenem Zeitpunkt, der im Beteiligungsvertrag als Zeitpunkt der Ausschüttung bestimmt ist. Wird im Beteiligungsvertrag darüber keine Vereinbarung getroffen, so gilt als Zeitpunkt des Zufließens der Tag nach Aufstellung des Jahresabschlusses oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteiles des stillen Gesellschafters.

3.Bei Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge und im Zeitpunkt des Zufließens (§ 19) anteiliger Kapitalerträge anläßlich der Veräußerung des Wertpapiers oder des Wertpapierkupons. Die Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht beenden oder begründen (insbesondere Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung), die Zustellung eines Bescheides im Sinne des § 94 Z 5 letzter Satz, die Entnahme aus dem Depot oder die Übertragung auf ein anderes Depot, ausgenommen auf ein inländisches Depot desselben Steuerpflichtigen beim selben Kreditinstitut gilt als Veräußerung.

4.Bei anderen Kapitalerträgen, insbesondere bei Zinserträgen aus Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten, nach Maßgabe des § 19. Bei Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht beenden oder begründen (insbesondere Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung), oder bei Zustellung eines Bescheides im Sinne des § 94 Z 5 letzter Satz gilt der Zinsertrag, der auf den Zeitraum vom letzten Zufließen gemäß § 19 bis zur Meldung oder Zustellung entfällt, als zugeflossen.

5.Bei Kapitalerträgen im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. e im Zeitpunkt des Zufließens nach Maßgabe des § 19.

(5) Dem Empfänger der Kapitalerträge ist die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1.der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder

2.der Empfänger weiß, daß der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

Aus diesem Gesetzestext folgt daher:

Zur Direktvorschreibung von Kapitalertragsteuer (als ausnahmsweise Maßnahme) gibt es eine Fülle von BFG -Judikaten bzw. auch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weswegen eine ordentliche Revision auch nicht zugelassen wurde (siehe Punkt II zur Nichtzulassung der Revision).

Schon die Gesetzesdiktion des § 95 Abs. 4 EStG 1988, demgemäß die Kapitalertragsteuer dem Empfänger der Kapitalerträge "ausnahmsweise" vorzuschreiben ist, erhellt, dass die Direktvorschreibung vom Gesetzgeber als nachrangiges Instrument zur Geltendmachung der Haftung gegenüber der ausschüttenden Körperschaft konzipiert wurde. Mit anderen Worten kommt angesichts vorstehend angeführter Subsidiarität eine Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer nur dann zum Tragen, wenn die Einbringung der Kapitalertragsteuer bei der ausschüttenden Gesellschaft, wie etwa im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bzw. einer bereits - ob Vermögenslosigkeit - erfolgten Löschung der Körperschaft im Firmenbuch als erschwert, wenn nicht als gänzlich ausgeschlossen zu betrachten ist. Handelt es sich bei der ausschüttenden Gesellschaft jedoch um ein "finanzkräftiges" Unternehmen, entbehrt die Direktvorschreibung jeglicher Rechtsgrundlage und ergo dessen sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben (siehe auch die Entscheidung des zu RV/7103906/2015).

Letzteres war bei der GmbH der Fall. Dies hatte die belangte Behörde übersehen, weswegen auch die Stattgabe gemäß § 279 BAO (und die darauf gestützte Aufhebung der angefochtenen KEST-Bescheide v.) erfolgte.

Fehlendes Auswahlermessen in den KEST-Bescheiden bzw. in der BVE v.:

Aus dem Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte, wonach die GmbH selbst insolvent gewesen wäre oder sich in Liquidation befunden hätte oder Zweifel an der Einbringlichkeit von Abgaben im Haftungswege gegeben gewesen wären. Dies hätte damals im Jahre 2015 bedeutet, dass auch die gesetzliche primäre Maßnahme eines Haftungsbescheides betreffend KEST für die GmbH hätte erfolgen können (und keine Direktvorschreibung an den GF=Bf.). Zur Frage des Auswahlermessens wird auch auf die Rechtsprechung des VwGH v. Ra 2021/15/0093 hingewiesen (siehe auch fortgesetztes Verfahren des BFG v. zu RV/3100144/2023-Revision anhängig bei VwGH zu Ro 2023/15/0024 -Verbindungsgebot gemäß § 299 Abs. 2 BAO).

Der Richter ist der Ansicht, dass die richtige Ermessensübung (das Auswahlermessen) im Zeitpunkt seiner Entscheidung v. nicht selbständig nachzuholen ist [(keine Verlagerung einer unterlassenen Ermessungsübung der belangten Behörde aufgrund deren Säumnis in einem Zeitraum von beinahe 6 Jahren (12/2009 bis )]. Ebenso wird die in der Literatur geäußerte Ansicht einer "Automatik" ohne weiteren Begründung bezüglich Auswahlermessen nicht geteilt (siehe aber die Begründung in der BVE v. ).

Folgende weitere (hier aber nicht mehr relevante) Rechtswidrigkeiten lagen bei der Bescheidgestaltung des FA DS ***1*** v. vor:

a) Begründungsmangel der KEST-Bescheide jeweils v. bzw. (unrichtige) monatsweise Festsetzung von KEST jeweils für Dezember eines Jahres:

Die belangte Behörde verabsäumte es, Ermittlungen bzw. Feststellungen über einen Zufluss gemäß § 19 EStG 1988 für die jeweiligen Monatszeiträume an den Geschäftsführer (=Bf.) bei der Direktvorschreibung der KEST vorzunehmen (siehe dazu auch BFG v., RV/5101652/2016- "bei der KEST handelt es sich - anders als bei der UST oder der Lohnsteuer- um keine monatsweise, sondern tageweise bzw. zeitpunktweise zu berechnende und abzuführende Steuer").

b) Die zwischenzeitliche Judikatur des BFG zu RV/5100083/2013 (abweichend von der herrschenden Ansicht in der Literatur) von einer sogenannten "zwingenden (primären) Vorschreibung der Kapitalertragsteuer bei verdeckten Ausschüttungen" teilte der Verwaltungsgerichtshof nicht (VwGH v. -siehe auch Rauscher in SWK 2015/7, S. 381 zu § 95 EStG 1988).

Die Bestimmungen betreffend absoluter Verjährung sind in Zukunft vom FAÖ DS ***1*** (Spannungsverhältnis zu § 209 a Abs 5 BAO) im Falle von Ersatzbescheiden noch gesondert zu prüfen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung folgt der Entscheidung des -8 (zur Zustellvollmacht), zugestellt am , sowie jener des zu RV/7103906/2015 bzw. v. zu RV/5101652/2016 in den Fragen der Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor, weswegen die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Von einer Zurückverweisung des Beschwerdefalles (§ 278 BAO) an die Abgabenbehörde machte das Gericht keinen Gebrauch.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Direktvorschreibung KEST an Bf.
ausnahmsweise Vorschreibung (hier mangels Insolvenz der GmbH nicht vorliegend)
unterlassenes Auswahlermessen
Verweise

BFG, RV/5100083/2013

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100465.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at