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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 19.08.2024, RV/4100305/2023

Zurückweisung einer Bescheidbeschwerde wegen Verspätung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***RA1***, ***AdrRA1***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich, dieses vertreten durch ***AV1***, vom betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 01.2023 und Umsatzsteuerfestsetzung 02.2023 (ergangen zu Steuernummer ***BF1StNr1*** ) den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung erließ das Finanzamt per Datum Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01/2023 und 02/2023. Diese Bescheide wurden an den damaligen Vertreter der Bf, StB Mag. ***Name*** ***STB1***, im elektronischen Wege durch Einspeisung in die Databox des Vertreters per Datum zugestellt. Die elektronische Signatur weist als Zeitpunkt der Bescheiderlassung den , 18:54 Uhr (Festsetzungsbescheid 2022) bzw. den , 18:55 Uhr (Festsetzungsbescheid 2023) aus. Die Einspeisung erfolge jeweils am selben Tage und zum selben Zeitpunkt (laut der im Akt einliegende Auskunft des Bundesminsteriums für Finanzen, Zentrale Service, Verfahrensbetreuung).

Der Bp-Bericht, welcher einen integrativen Teil der beiden Festsetzungsbescheide bildet, erging am und wurde am , 05:16 Uhr, in die Databox des steuerlichen Vertreters Mag. ***STB1*** eingespeist.

Damit wurden die beiden nunmehr angefochtenen Bescheide am rechtswirksam zugestellt und begann die Frist für die Einbringung einer Bescheidbeschwerde mit diesem Tag zu laufen.

Aktenkundig ist, dass der steuerliche Vertreter Mag. ***STB1*** mit Datum , somit nach Zustellung der beiden Festsetzungsbescheide, seine Vertretungsvollmacht für die Bf zurücklegte. Dies erfolgte im elektronischen Wege (via FON); als Zeitpunkt der Zurücklegung der Vollmacht scheint 09.33 Uhr auf.

Mit Datum erhob die neue steuerliche Vertretung (***RA1***) Bescheidbeschwerde gegen die beiden Festsetzungsbescheide. Die Beschwerde wurde im Postwege (rekommandiert zu RQ *xxx* AT) eingebracht und langte beim Finanzamt am ein. Zudem wurde dieselbe Beschwerde am per Telefax eingebracht. Der am Schreiben angebrachte Stempel des Telefax weist als Übermittlungsdatum den , 13:10 Uhr, aus. Das Beschwerdeschreiben selbst trägt das Datum .

In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass die beiden Bescheide einer rechtlichen Grundlage entbehren würden. So fehle eine nachvollziehbare Begründung, weshalb es zu einer Abgabennachforderung gekommen sei. In der Bescheidbegründung selbst werde lediglich auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die darüber aufgenommene Niederschrift bzw. den Prüfungsbericht verwiesen. Derartige Unterlagen seien dem Bescheid nicht zu entnehmen. Es fehle auch ein Hinweis auf das Datum bzw. den Zeitpunkt der abgabenbehördlichen Prüfung sowie des Berichtes.

Mit den jeweils am erlassenen Beschwerdevorentscheidungen wies das Finanzamt die beiden Bescheidbeschwerden gemäß § 260 BAO als verspätet zurück.

Im Begründungsteil führte die Behörde aus:

"Der Bescheid zur Festsetzung der Umsatzsteuer 1/2023 (Anm.: "2/2023" betreffend Festsetzung Umsatzsteuer 2/2023) erging am und wurde an diesem Tag in die Databox des Zustellbevollmächtigten zugestellt. Der Prüfbericht wurde am in die Databox des Zustellbevollmächtigten zugestellt und gilt daher der als Fristende für die Einbringung einer Beschwerde.

Ihre Beschwerde vom war daher verspätet und ist zurückzuweisen."

Mit Eingabe vom beantragte die neue steuerliche Vertreterin die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht.

In ihrem Vorlagebericht vom führte die Behörde zum Punkt "Stellungnahme" aus:

"Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde. Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Für den Beginn der Beschwerdefrist ist der Tag maßgebend, an dem der Bescheid bekannt gegeben worden ist. Bei schriftlichen Bescheiden beginnt die Frist daher in der Regel am Tag von dessen Zustellung zu laufen. Nach § 5b Abs. 1 FOnV haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von Finanz Online sind, elektronisch vorzunehmen. Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei Finanz Online der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat.

Dies gilt auch, wenn die Daten am Freitag nach Ende der Kanzleiöffnungszeit des zustellungsbevollmächtigten Parteienvertreters einlangen. Auf das tatsächliche Einsehen der in der Databox befindlichen elektronischen Dokumente durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Schriftstückes kommt es nicht an (vgl Ritz, BAO6, § 98 BAO, Tz 4 und die dortigen Judikaturhinweise).

Nach § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Die einmonatige Frist zur Einbringung der Beschwerde begann mit Zustellung der gesonderten Bescheidbegründung (Prüfungsbericht vom ), somit am zu laufen, weil an diesem Tag der Prüfungsbericht nachweislich in den elektronischen Verfügungsbereich des steuerlichen Vertreters, Herrn Mag. ***STB1*** ***Name***, gelangt ist. Sämtliche Vertretungsbefugnisse legte Herr Mag. ***STB1*** erst am zurück, womit eine rechtswirksame Zustellung erfolgt ist. Die Frist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde endete somit am .

Die Bescheidbeschwerden sind jedoch erst am , ein Mal per Einschreiben und ein Mal per Fax, somit nicht rechtzeitig, eingebracht worden.

Seitens der belangten Behörde wird daher die Zurückweisung der Beschwerden als verspätet beantragt."

Zum vorliegenden Sachverhalt ist in rechtlicher Hinsicht festzuhalten:

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150 BAO) verweist (§ 245 Abs. 1 letzter Satz BAO). In diesem Fall beginnt der Fristenlauf mit Zustellung des Betriebsprüfungsberichtes.

Der Fristenlauf bestimmt sich nach Maßgabe der Bestimmung des § 108 BAO. Abs. 2 dieser Bestimmung ordnet an, dass nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats der durch seine Benennung oder Zahl dem Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden behördliche Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt a) bei schriftlichen Erledigungen in der Regel durch Zustellung; bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung. Nun ordnet § 97 Abs. 3 leg.cit. an, dass durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhaltes einer Erledigung u.a. auch im Wege der automatisationsunterstützten Datenverarbeitung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden kann. Auf Grundlage dieser Bestimmung wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automatisationsunterstützter Form (FinanzOnline -Verordnung 2006 - FOnV 2006) erlassen. Diese Verordnung bildet die rechtliche Grundlage für eine rechtswirksame Bescheidzustellung durch Einstellen in die Databox des jeweiligen FON Teilnehmers.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald diese in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Die beiden Feststellungsbescheide wurden demnach am , der BP-Bericht samt Anhang zu Tz 1 bis 4 am zugestellt. Die Frist für die Einbringung eines Rechtsmittels gegen die beiden angefochtenen Bescheide endete demnach am (Montag).

Da im vorliegenden Fall die Bescheidbeschwerde erst am abgefasst und postalisch bzw. per Fax eingebracht wurde, liegt eine Fristversäumnis vor, welche letztlich einem meritorischen Abspruch entgegensteht.

Angemerkt wird, dass die Möglichkeit der Einbringung einer Beschwerde gegen einen zu ergehenden Jahresbescheid unberührt bleibt.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die genannten Gründe für eine ordentliche Revision liegen gegenständlich allesamt nicht vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100305.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at