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Maßnahmenbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 05.08.2024, RM/3100002/2024

Maßnahmenbeschwerde (FinPol) verspätet, zumal beim unzuständigen Gericht (BVwG) eingebracht

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RM/3100002/2024-RS1
Die Bestimmung des § 283 Abs. 2 letzter Satz BAO, wonach die bei einem anderen Verwaltungsgericht oder bei einer Abgabenbehörde rechtzeitig eingebrachte Maßnahmenbeschwerde als rechtzeitig eingebracht gilt, findet im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 Z 2 BFGG wegen des anzuwendenden Verfahrensrechtes des VwGVG (§ 24 Abs. 1 letzter Satz BFGG) keine Anwendung.

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht beschließt durch den Richter Mag. Kay Wrulich in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***, wegen behaupteter Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Finanzpolizei durch die am zwischen 11:30 Uhr und 14:00 Uhr erfolgten Befragung, insbesondere die Betretung der Wohnung samt Abführung über eine Wegstrecke von mehreren 100 m und die Anhaltung in einem PKW über die Dauer von mehr als zwei Stunden:

I.

1. Die für angesetzte mündliche Verhandlung wird abberaumt.

2. Die Maßnahmenbeschwerde vom wird als verspätet zurückgewiesen.

3. Ein Kostenausspruch unterbleibt.

II.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter beim Bundesverwaltungsgericht - postalisch eingelangt am - eine Maßnahmenbeschwerde ein und brachte vor, sie sei am von zwei Beamten der Finanzpolizei (Amt für Betrugsbekämpfung) in ihrer Wohnung aufgesucht worden. Die Beamten hätten sich Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft, sie sei angeschrien und in weiterer Folge aufgefordert worden, die Beamten zu begleiten. Es seien Drohungen ausgesprochen worden und sie habe sodann die Beamten dürftig bekleidet über eine Strecke von mehreren hundert Metern zu einem Parkplatz begleiten müssen, auf dem ein VW-Bus abgestellt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei dann mehr oder weniger zwei Stunden im Bus festgehalten und zu einer Aussage aufgefordert worden.
Die Beschwerdeführerin sei daher in ihrem Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß dem Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit verletzt worden. Der Tag der Befehls- und Zwangsgewalt sei der gewesen. Die Beschwerde erfolge daher innerhalb der gesetzlichen Frist von 6 Wochen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom die Beschwerde hinsichtlich der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen und die Maßnahmenbeschwerde zuständigkeitshalber an das Bundesfinanzgericht weitergeleitet.

Die Maßnahmenbeschwerde samt Beschluss ist am beim Bundesfinanzgericht eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorliegenden Urkunden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 1 Abs 1 BFGG obliegen dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Bundesfinanzgericht - BFG) Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.

Gemäß § 1 Abs 3 Z 2 leg cit gehören zu den sonstigen Aufgaben Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gegen Abgabenbehörden des Bundes oder das Amt für Betrugsbekämpfung, soweit nicht Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (Abs. 1) oder der Beiträge (Z 1) betroffen sind.

Gemäß § 24 Abs 1 BFGG ist das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht in der BAO, im Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG), BGBl. Nr. 659/1994, im Finanzstrafgesetz (FinStrG), BGBl. Nr. 129/1958, sowie in § 42 EU-BStbG geregelt. Für gemäß Art. 131 Abs. 5 B-VG dem Bundesfinanzgericht übertragene Rechtsmittel betreffend Verwaltungsübertretungen ist das Verfahren im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt. Die Vollstreckung diesbezüglicher Erkenntnisse und Beschlüsse hat nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 zu erfolgen. Für Beschwerden nach § 1 Abs. 3 Z 2 ist das Verfahren im VwGVG geregelt.

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG sechs Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBL 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984-DVG, BGBL. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen.

Die Beschwerdeführerin erlangte zweifelsfrei am Kenntnis von der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Die sechswöchige Frist endete am . Die Maßnahmenbeschwerde vom hätte nach angeführten Bestimmungen daher bis zu diesem Datum beim zuständigen Bundesfinanzgericht eingebracht werden müssen. Tatsächlich wurde die Beschwerde jedoch erst am durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts an das Bundesfinanzgericht weitergeleitet. Die Maßnahmenbeschwerde ist daher als verspätet zurückzuweisen (vgl. ).

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann eine beantragte mündliche Verhandlung, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist, entfallen. Die mündliche Verhandlung war daher abzuberaumen.
Ferner steht ein Ersatz der Aufwendungen der Beschwerdeführerin nicht zu, da die Beschwerde zurückgewiesen wurde und gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG die Behörde die obsiegende Partei ist.

Abschließend ist anzumerken, dass die "Schutzbestimmung" des § 283 Abs 2 BAO (fristwahrende Weiterleitung an das zuständige Gericht) im gegenständlichen Fall keine Anwendung findet. Dies ergibt sich daraus, dass, wie bereits ausgeführt, das VwGVG als Verfahrensordnung anzuwenden ist (vgl. Gleixner/Rzeszut in Rzeszut/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 (2023) § 283 BAO).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2 Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Gericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 24 Abs. 1 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 17 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 283 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RM.3100002.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at