Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.08.2024, RV/7102143/2024

Kein ernsthaft und zielstrebig betriebenes Studium

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung zu Unrecht für den Zeitraum April 2021 bis September 2023 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, Steuernummer ***Bf1StNr*** (SVNR ***Bf1SVNR***), zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am erließ das Finanzamt den beschwerdegegenständlichen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag wie folgt:

Rückforderungsbescheid Anrechnung
- Familienbeihilfe (FB)
- Kinderabsetzbetrag (KG)
für die Kinder


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des Kindes
VNR/Geb.dat.
Art der Beihilfe
Zeitraum
(Nachname wie Bf.) ***Kind2***
…..1099
FB
KG
Apr. 2021 - Sep. 2023
Apr. 2021 - Sep. 2023
(Nachname wie Bf.) ***Kind3***
[Geschwisterstaffel]
FB
Apr. 2021 - Sep. 2023
(Nachname wie Bf.) ***Kind1***
[Geschwisterstaffel]
FB
Apr. 2021 - Sep. 2023

Der Rückforderungsbetrag beträgt
Art der Beihilfe Summe in €
FB € 6.081,00
KG € 1.782,60
Rückforderungsbetrag gesamt: € 7.863,60
Sie sind verpflichtet, diesen Betrag nach § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 zurückzuzahlen.

Begründung
Zu (Nachname wie Bf.) ***Kind2***:
Familienbeihilfe steht bei einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung zu.
Wann gilt die Ausbildung als ernsthaft und zielstrebig?
• Das Kind verwendet die volle Zeit dafür
• Das Kind tritt in angemessener Zeit zu Prüfungen an
Bei Ihrem Kind trifft das nicht zu.
Die Rückforderung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 2020 bis März 2021
unterbleibt aufgrund gesetzlicher Vorgaben (§ 15 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Zu (Nachname wie Bf.) ***Kind3***:
Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Zu (Nachname wie Bf.) ***Kind1***:
[wie betreffend ***Kind3***]

Der Beschwerdeführer (Bf.) erhob (am ) Beschwerde wie folgt:
Begründet ist dieser Bescheid damit, dass sich mein Sohn, ***Kind2*** …, mit der Ausbildung (in diesem Falle Studium) nicht ernsthaft und zielstrebig auseinandergesetzt hat.
Laut der Familienbeihilfe gilt die Ausbildung als ernsthaft und zielstrebig, wenn diese Punkte erfüllt sind:
• Das Kind verwendet die volle Zeit dafür
• Das Kind tritt in angemessener Zeit zu Prüfungen an
Hiermit möchte ich Ihnen näher erläutern, warum diese Punkte tatsächlich erfüllt sind:
Mein Sohn inskribierte sich im Wintersemester (WS) 2019 im Bachelorstudium Astronomie an der Universität Wien. Bereits am Ende dieses Semesters trat er bei sieben Prüfungen an, die im Wert von 25 ECTS, darunter auch STEOPs, waren. Auch im Folgesemester Sommersemester (SS) 2020 trat er bei drei Prüfungen im Wert von 16 ECTS an, auch hier waren zwei davon STEOPs. In den folgenden zwei Semestern (WS 2020, SS 2021) trat er jeweils in einer Prüfung an. Mein Sohn hatte sich für das Studium angemeldet, aufgrund seines großen Interesses an der Astronomie, welche sich bereits im Gymnasium zeigte. Dementsprechend war die Leistung am Anfang des Studiums sehr hoch und senkte sich jedoch gegen das dritte und vierte Semester, denn die Erwartungen entsprachen nicht der Realität.
Er hatte mit sich zu kämpfen und mit seiner Entscheidung, das Studium fortzusetzen oder zu wechseln. Von Studienabbruch war nicht die Rede, denn das Studieren liegt ihm am Herzen. Nach dem vierten Semester fiel die Entscheidung ein anderes Studium zu beginnen, jedoch noch in Astronomie inskribiert zu bleiben. Im WS 2021 () inskribierte sich mein Sohn im Bachelorstudium Lebensmittel- und Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur (Boku) und schrieb kurz danach eine weitere Prüfung an der Universität Wien für Astronomie ().
Bereits im ersten Semester an der Boku trat mein Sohn, ***Kind2*** …, bei drei Prüfungen an, im Wert von acht ECTS und führte dies dann auch fort. Dementsprechend wurde das Studium an der Boku im WS 2021 zum Hauptstudium meines Sohnes und das Astronomie Studium an der Uni Wien zum Nebenstudium. Die endgültige Entscheidung das Astronomie Studium zu verlassen, wurde mit der Abmeldung ist im WS 2022 () gefallen, denn bis dorthin war mein Sohn noch der festen Überzeugung, sein Herzensstudium fortführen zu können. Nachdem sich das Kapitel geschlossen hat, ist mein Sohn nurmehr noch an der Boku mit einem neu gewonnenen Interesse für das Studium, aufgrund der hohen Zukunftschancen auf ein gutes Berufsleben hier in Wien. Auch der Inhalt des Studiums erweckte massive Interesse in meinem Sohn.
Nun geht mein Sohn das Studium ehrgeizig an, dementsprechend folgen weitere ECTS am Ende dieses Semesters (WS 2023).
Hoffentlich konnte ich Ihnen die Ernsthaftigkeit und die Zielstrebigkeit meines Sohnes, ***Kind2*** …, näherbringen und Ihnen zeigen, dass er tatsächlich die Ausbildung angemessen angegangen ist.
Hiermit ersuche ich Sie, die Rückforderung zu erlassen, aufgrund der oben angegeben Erläuterung.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung (vom ) wie folgt:
Begründung
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Erreicht der oder die Studierende im Nachweiszeitraum den erforderlichen Studienerfolg nicht, besteht zunächst für die weitere Studienzeit kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Wird der Studienerfolg dann erreicht, so kann die Beihilfe wieder ab Beginn des Monats, in dem der Studienerfolg erreicht wurde, zuerkannt werden. Die Prüfungen aus dem ersten Studienjahr werden dabei allerdings nicht mehr berücksichtigt.
Ihr Sohn ***Kind2*** hat im Studienjahr 2019/2020 das Bachelor Studium Astronomie an der Uni Wien betrieben. In diesem ersten Studienjahr konnte er aber nur 6 positive ECTS Punkte erreichen. Die Familienbeihilfe ab dem zweiten Studienjahr steht somit erst dann wieder zu, wenn er den Erfolgsnachweis im Ausmaß von 16 positive ECTS Pkte in einem neuen Studienjahr erreicht, was bis dato nicht stattgefunden hat.
Die Familienbeihilfe für den Zeitraum 10/2020 - 03/2021 wurde aufgrund von COVID Maßnahmen nicht rückgefordert.

Der Vorlageantrag (vom ) wurde mit folgender Begründung eingebracht:
Kürzlich erhielten wir eine Mitteilung, datiert , in der uns gesagt wurde, dass unsere Beschwerde zurückgewiesen wurde und ein Betrag von 7.863,60€ zurückzuzahlen ist. Dies erfolgte aufgrund der Feststellung, dass unser Sohn im ersten Studium nicht die erforderliche Anzahl von ECTS-Punkten, bzw. Semesterwochenstunden, erreicht hatte.
Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass unser Sohn trotz seines besten Bemühens und Einsatzes im ersten Studium nicht in der Lage war, die Anforderungen zu erfüllen. Er hat auch etliche Prüfungen abgelegt, die im Anhang zu sehen sind. Die Entscheidung, das Studienfeld zu wechseln, wurde nach reiflicher Überlegung getroffen, um seine Fähigkeiten und Interessen besser zu nutzen. Wir möchten betonen, dass wir davon ausgegangen sind, dass eine Meldung nur im Falle eines Studienabbruchs erforderlich sei. Unser Sohn hat jedoch weiter studiert, lediglich in einem anderen Studienbereich. Des Weiteren ist es wichtig zu betonen, dass unser Sohn nun im neuen Studium die erforderliche Anzahl von acht Semesterwochenstunden erreicht hat. Seine Anstrengungen und Erfolge in diesem Studiengang unterstreichen seine Entschlossenheit, eine erfolgreiche akademische Laufbahn zu verfolgen.
Aufgrund der Tatsache, dass dieser Fehler unter keinen Umständen beabsichtigt begangen wurde, möchten wir höflichst darum bitten, dass wir nur einen Teilbetrag der geforderten Rückzahlungssumme leisten müssen.
Anbei finden Sie alle relevanten Unterlagen, die unseren Fall unterstützen, einschließlich
• Studienblatt Universität Wien SS 2022
• Studienzeitbestätigung Universität Wien
• Sammelzeugnis Universität Wien
• Bestätigung des Studienerfolges Universität für Bodenkultur
• Studienblatt Universität für Bodenkultur 2024 SS.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Der Antwort des Beschwerdeführers (Bf.) vom (Dok.5) auf das Anspruchsüberprüfungsschreiben vom ist ein Sammelzeugnis des Sohnes des Bf. vom betreffend das Bachelorstudium Astronomie angeschlossen, demzufolge im ersten Studienjahr dieses Studiums lediglich Prüfungen im Ausmaß von 6 ECTS erfolgreich abgelegt wurden.
Mit Rückforderungsbescheid vom (Dok.1) wurden daraufhin vom Bf. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Sohn betreffend den Zeitraum April 2021 bis September 2023 sowie die Geschwisterstaffelbeträge für die beiden anderen Kinder im Zeitraum April 2021 bis September 2022 bzw. bis September 2023 zurückgefordert, da Familienbeihilfe für volljährige Kinder nur bei einer ernsthaft und zielstrebig betriebenen Ausbildung zustehe. Die Rückforderung für den Zeitraum Oktober 2020 bis März 2021 sei dabei lediglich aufgrund von § 15 FLAG 1967 unterblieben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Bf. vom (Dok.2). Darin bringt der Bf. vor, dass der Sohn bereits am Ende des Wintersemesters 2019 zu sieben Prüfungen im Ausmaß von 25 ECTS und im Sommersemester 2020 zu drei Prüfungen im Wert von 16 ECTS angetreten sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom (Dok.3) wurde die Beschwerde des Bf. als unbegründet abgewiesen, da der Sohn lediglich Prüfungen im Ausmaß von 6 ECTS positiv abgelegt habe und daher ein weiterer Familienbeihilfenanspruch für das Studium des Sohnes erst wieder nach Erreichen von 16 positiven ECTS bestehe.
Der Vorlageantrag des Bf. langte am (Dok.4) im Finanzamt ein.
Beweismittel:
insbesondere
Sammelzeugnis zum Bachelorstudium Astronomie vom (Dok.5, Seiten 13 und 14)
Stellungnahme:
Familienbeihilfenanspruch für ein volljähriges Kind besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, wenn eine Berufsausbildung bzw. ein Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.
Eine Berufsausbildung liegt somit nur dann vor, wenn der Studierende sich nach außen erkennbar ernstlich und zielstrebig um den Studienfortgang und den Studienabschluss bemüht. Ein derartiges Bemühen manifestiert sich nach der Rechtsprechung des VwGH nicht nur im laufenden Besuch der angebotenen Lehrveranstaltungen, sondern und insbesondere auch dadurch, dass die Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, abgelegt werden () bzw. zu diesen zumindest angetreten wird (). Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Hochschulstudium nach der jeweiligen Studienordnung vorgesehen sind, stellt einen essentiellen Bestandteil des Studiums und somit der Berufsausbildung selbst dar ().
Bei ordentlichen Studien an einer Einrichtung iSd § 3 Studienförderungsgesetzes ist es nicht ausreichend, dass lediglich die Absicht zur erfolgreichen Ablegung von Prüfungen besteht, sondern kommt es entscheidend darauf an, dass diese Prüfungen in einem gesetzlich normierten Mindestausmaß auch tatsächlich erfolgreich abgelegt werden ().
Dem vorgelegten Sammelzeugnis vom (Dok.5, Seiten 13 bis 14) betreffend das Bachelorstudium Astronomie sind zwar insgesamt 13 Prüfungsantritte des Sohnes des Bf. zu entnehmen, jedoch konnte er davon nur zwei Prüfungen im Ausmaß von 6 ECTS erfolgreich ablegen. Die in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 normierte Voraussetzung für den Weiterbezug von Familienbeihilfe ab dem zweiten Studienjahr ist somit nicht erfüllt, weshalb ab Oktober 2020 aus diesem Titel kein Familienbeihilfenanspruch besteht.
Für den Zeitraum Oktober 2020 bis März 2021 war die Familienbeihilfe jedoch aufgrund der Regelungen des § 15 FLAG 1967 nicht zurückzufordern.
Die Abweisung der Beschwerde wird beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am begann der Sohn des Bf. das Studium UA 033 661 Bachelorstudium Astronomie UG2002 (Studienblatt der Universität Wien Sommersemester 2022) und war in den Semestern: 2019W, 2020S, 2020W, 2021S, 2021W, 2022S gemeldet (Studienzeitbestätigung vom ).

Wintersemester 2019/20 - nicht beschwerdegegenständlicher Zeitraum:
Lehrveranstaltung ECTS Datum Beurteilung
Einf. in die physik. Rechenmethoden (… WiSe 2019) 3.00 5
UE Lineare Algebra f. Physik.- Übungen (WiSe 2019) 3.00 5
Modulprüfung Experimentalphysik I (WiSe 2019) 8.00 5
Experimentalphysik I; Klass. Mechanik … WiSe 2019) 3.00 5
Modulprüfung Einf. in die Astronomie (WiSe 2019) 4.00 5
UE Analysis f. Physik. I - Übungen (… WiSe 2019) 3.00 5
Einf. in d. physik. Rechenmethoden (… WiSe 2019) 2.00 4
Modulprüfung Experimentalphysik I (WiSe 2019) 8.00 5

Sommersemester 2020 - nicht beschwerdegegenständlicher Zeitraum:
Modulprüfung Einf. in die Astronomie (SoSe 2020) 4.00 4
VU Astrophysik I (Teil 1) (PI) (LV-Nr. … SoSe 2020) 4.00 5
Modulprüfung Experimentalphysik I (SoSe 2020) 8.00 5

Wintersemester 2020/21 - nicht beschwerdegegenständlicher Zeitraum:
VO Analysis f. Physikerinnen I (LV-Nr. …, WiSe 2020) 5.00 5

Sommersemester 2021 - beschwerdegegenständlicher Zeitraum:
VU Astrophysik I (Teil 1) (PI) (LV-Nr. …, SoSe 2021) 4.00 5

Am begann der Sohn des Bf. das Studium Bachelorstudium Lebensmittel- und Biotechnologie (Studienblatt der Universität für Bodenkultur Wien); laut Erklärung in der Beschwerde wurde das Boku- Studium im WS 2021 zum Hauptstudium.

Im Studium Bachelorstudium Lebensmittel- und Biotechnologie (als ordentlicher Studierender) legte der Sohn des Bf. Prüfungen ab wie folgt:

Wintersemester 2021/22 - beschwerdegegenständlicher Zeitraum:
21W Vorlesung Einf. in die Lebensmitteltechnologie,
Biotechnologie und Prozesstechnik 3.00 2
21W Vorlesung Einf. in die Zellbiologie und Genetik 4.00 5
21W Übung Einf. in die Zellbiologie und Genetik 1.00 1

Sommersemester 2022 - beschwerdegegenständlicher Zeitraum:
21W Übung Einführung in die Chemie 2.00 5
21W Vorlesung Mathematik (LBT) 3.00 2

Am erfolgte die Abmeldung des Studiums UA 033 661 Bachelorstudium Astronomie UG2002 des Sohnes des Bf. (Studienzeitbestätigung vom ).

Wintersemester 2022/23 - beschwerdegegenständlicher Zeitraum:
[zu keiner Prüfung angetreten]

Sommersemester 2023 - beschwerdegegenständlicher Zeitraum:
23S Vorlesung Einführung in die Chemie 3.00 5

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Detailfeststellungen beruhen auf den jeweils angeführten unbedenklichen Grundlagen und werden der rechtlichen Beurteilung unterzogen.
Weiterer Ausführungen zur Beweiswürdigung bedarf es daher nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Aus § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. Aufl. § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).

Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. Aufl. § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 bestimmt:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

§ 17 StudFG in der anzuwendenden Fassung bestimmt:
Abs. 1:
Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
Abs. 2:
Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.
Abs. 3:
Nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.
Abs. 4:
Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Gemäß § 15 Abs. 1 FLAG 1967 finden für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird.

Zum Zeitraum Astronomie- Studium:

Das Astronomie- Studium erstreckte sich über vier Semester und legte der Sohn des Bf. Prüfungen im Ausmaß von folgenden ECTS- Punkten ab:
- Wintersemester 2019/20 1 Prüfung 2 ECTS- Punkte
- Sommersemester 2020 1 Prüfung 4 ECTS- Punkte
- Wintersemester 2020/21 und 1 Prüfungsantritt 0 ECTS- Punkte (Note 5)
- Sommersemester 2021 1 Prüfungsantritt 0 ECTS- Punkte (Note 5)

Für den Zeitraum Oktober 2020 bis März 2021 forderte das Finanzamt - wie in der Beschwerdevorlage ausdrücklich angeführt - die Familienbeihilfe aufgrund der Regelungen des § 15 FLAG 1967 nicht zurück.
War im Sommersemester 2021 - wie bereits im vorangegangenen Wintersemester 2020/21 - lediglich ein (1) Prüfungsantritt erfolgt, der im Übrigen die Beurteilung mit der Note 5 endete, bedarf es betreffend den beschwerdegegenständlichen Zeitraum ab April 2021 keiner weiteren Begründung, dass von einem ernsthaft und zielstrebig betriebenen Astronomie- Studium in diesem Zeitraum (wie gesagt: ab April 2021 - im Sommersemester 2021) nicht die Rede sein kann.

Zum Zeitraum Lebensmittel- und Biotechnologie- Studium - erstes Studienjahr:

Im ersten Studienjahr dieses Studiums legte der Sohn des Bf. Prüfungen im Ausmaß von folgenden ECTS- Punkten ab:
- Wintersemester 2021/22 3 Prüfungsantritte 4 ECTS- Punkte positiv abgelegt
- Sommersemester 2022 2 Prüfungsantritte 3 ECTS- Punkte positiv abgelegt
gesamt: 5 Prüfungsantritte 7 ECTS- Punkte positiv abgelegt
Auch in diesem Zeitraum kann von einem ernsthaft und zielstrebig betriebenen Studium nicht gesprochen werden.

Zum Zeitraum Lebensmittel- und Biotechnologie- Studium - zweites Studienjahr:

Im zweiten Studienjahr dieses Studiums legte der Sohn des Bf. Prüfungen im Ausmaß von folgenden ECTS- Punkten ab:
- Wintersemester 2022/23 kein Prüfungsantritt
- Sommersemester 2023 1 Prüfungsantritt (3 ECTS- Pkte.): Note 5
gesamt: 1 Prüfungsantritt 0 ECTS- Punkte positiv abgelegt

Wie in den vorangegangenen Zeiträumen kann auch in diesem von einem ernsthaft und zielstrebig betriebenen Studium nicht gesprochen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102143.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at