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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.08.2024, RV/5100491/2024

Beweislast des Abgabepflichtigen betreffend die medizinische Notwendigkeit der Inanspruchnahme der Sonderklasse

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Mag, R. *** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die Einkommensteuer 2021 wird wie folgt festgesetzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2021
Einkommen
zu versteuerndes Einkommen
42.556,20 €
Einkommensteuer
10.801,82 €
anrechenbare LohnsteuerRundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988
-11.017,86 €0,04 €
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift)
- 216,00 €

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In der am beim Finanzamt Österreich (im Folgenden: Finanzamt) eingelangten in Papierform eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 machte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) als Werbungskosten Aufwendungen für digitale Arbeitsmittel in Höhe von € 355,92 sowie für andere Arbeitsmittel in Höhe von € 67,98 geltend. In der Beilage "L 1ab" zu dieser Erklärung wurden außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt unter der Kennziffer 730 in Höhe von € 9.211,40 angesetzt.

Mit Vorhalt vom wurde die Bf. betreffend die eingereichte Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2011 mit Fristsetzung bis ersucht folgende Ergänzungen vorzunehmen:

Die Bf. habe außergewöhnliche Belastungen wie Krankheitskosten, Kurkosten oder sonstige Kosten beantragt. Es werde ersucht dazu die Belege und eine Kostenaufstellung, wie sich die Gesamtsumme zusammensetzt (Datum, Bezeichnung, Betrag) zu übermitteln.

Falls die Krankenkasse, das Sozialministeriumservice in Form eines Zuschusses oder eine private Versicherung die Kosten ganz oder teilweise Kosten ersetzt hat, wären diese Ersätze bekanntzugeben.

Hinweis: Bei einem Krankenhaus- oder Kuraufenthalt wären 5,23 Euro pro Tag als Haushaltsersparnis abzuziehen und in der Kostenaufstellung anzuführen.

Am langten beim Finanzamt in Beantwortung des Vorhaltes vom folgende Unterlagen ein:

Aufstellung der Arzt- und Apothekenrechnungen 2021, aus der sich unter Abzug von Erstattungen durch die ***1*** von € 949,73 ein Gesamtbetrag von € 9.211,40 ergibt.
Apothekenrechnungen des Jahres 2021
Honorarnoten von die Bf. im Jahr 2021 behandelnden Ärzten
Rechnung der ***2*** vom betreffend drei Einfahrten in den Heilstollen sowie eine Teilmassage mit einer Dauer von 25 Minuten sowie Kosten eines Arztes in Gesamthöhe von € 250,20
Rechnung der ***3*** vom über Sonderklassegebühren in Höhe von € 2.336,99 für den Aufenthalt vom bis sowie Arzthonorare in Höhe von € 993,31
Leistungsblatt der ***1*** betreffend die Bf. für 2021 aus dem die geleisteten Kostenerstattungen und Kostenzuschüsse der ***1*** hervorgehen

Im am ergangenen Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für 2021 wurden vom Finanzamt die unter Kennzahl 730 erklärten außergewöhnliche Belastungen nur mit € 5.647,40 berücksichtigt, die auf die geltend gemachten Rezeptgebühren bei Apothekenrechnungen, Zahnarzt sowie Massagen und Physiotherapie unter Abzug von Zuschüssen der Krankenkasse entfallen sind. Infolge Unterschreitens des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 hatte die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von € 5.647,40 aber keine steuerlichen Auswirkungen.

Die Nichtgewährung der erklärten Kosten für die Behandlung des Knochenmarködems in der ***Klinik X *** wurde damit begründet, dass die Mehrleistungen bei Inanspruchnahme der Sonderklasse bei Krankenhausaufenthalten mangels Zwangsläufigkeit keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen würden.

Weiters wurden die von der Bf. geltend gemachten Werbungskosten auf € 336,90 gekürzt, weil Werbungskosten für digitale Arbeitsmittel um ein bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigtes Home-Office-Pauschale und Werbungskosten für das Homeoffice-Pauschale zu kürzen wären.
Daneben wurde zusätzlich als Werbungskosten ein Homeoffice-Pauschale in Höhe von
€ 87,00 berücksichtigt. Im vom Arbeitgeber der Bf. für 2021 übermittelten Lohnzettel scheinen 29 Home-Office-Tage auf.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 7 zweiter Satz EStG 1988 idF BGBl I Nr. 52/2021 sind Ausgaben für digitale Arbeitsmittel zur Verwendung eines in der Wohnung eingerichteten Arbeitsplatzes um ein Homeoffice-Pauschale gemäß § 26 Z 9 und Werbungskosten gemäß Z 7a lit. b zu kürzen. In § 16 Abs. 1 Z 7a lit. b EStG 1988 ist geregelt, dass soweit das Homeoffice-Pauschale gemäß § 26 Z 9 lit. a den Höchstbetrag von drei Euro pro Homeoffice-Tag nicht erreicht, die Differenz auf drei Euro Werbungskosten darstellen. Da die Bf. keine Zahlungen vom Arbeitgeber für die Tätigkeit im Homeoffice erhalten hat, stehen ihr je Homeoffice-Tag € 3,00 als Werbungskosten zu, dh. für 2021 in Summe € 87,00 und ist die Kürzung der geltend gemachten Aufwendungen für digitale Arbeitsmittel daher zu Recht erfolgt. Da diese Änderung gegenüber der von der Bf. eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 auch in der Beschwerde nicht bekämpft wird, folgen in dieser Entscheidung keine weiteren Ausführungen zu diesem Punkt.

Mittels fristgerechter Beschwerde vom , die am beim Finanzamt eingegangen ist, finden sich zunächst Ausführungen dazu, dass der angefochtene Bescheid am erstellt wurde, aber erst am an die Bf. zugestellt worden wäre. Da auch dann, wenn der angefochtene Bescheid früher als von der Bf. in der Beschwerde angeführt an sie zugestellt worden wäre, die Beschwerde jedenfalls rechtzeitig eingebracht wurde, war auf das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde nicht einzugehen.

Inhaltlich hat sich die Beschwerde gegen die Nichterkennung der Kosten der Behandlung im ***Klinik X *** gewendet und wurde dazu von der Bf. wie folgt vorgebracht:
Die Diagnose Knochenmarksödem im rechten Kniegelenk hätte ein massives Gesundheitsrisiko dargestellt. Bei fehlender Behandlung hätte der Knochen mangels ausreichender Durchblutung abzusterben gedroht. Dies hätte fatale Folgewirkungen. Die ausdrücklich empfohlene Behandlung des Arztes wäre der Bf. trotz Nachfrage in anderen Krankenhäusern nur in diesem Krankenhaus angeboten worden. Die Zwangsläufigkeit wäre somit gegeben.
Daher würde auch die Begründung der Nichtberücksichtigung der anderen Belastungen wegen fehlender Überschreitung des Selbstbehalts wegfallen.
Die Bf. würde daher um neuerliche Feststellung des Einkommensteuerbescheides für 2021 unter Berücksichtigung der o.a. Tatsachen ersuchen. Falls erforderlich, wäre die Bf. auch bereit das Diagnoseschreiben zu übermitteln.

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt die Bf. betreffend die eingebrachte Beschwerde Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 um Folgendes wobei für die Vorlage eine Frist bis gesetzt wurde:

In der eingebrachten Beschwerde werde folgendes angeführt:
"Die Diagnose Knochenmarksödem im rechten Kniegelenk stellte ein massives Gesundheitsrisiko dar. Bei fehlender Behandlung droht der Knochen mangels ausreichender Durchblutung abzusterben. Dies hätte fatalen Folgewirkungen. Die ausdrücklich empfohlene Behandlung des Arztes wurde mir trotz Nachfrage in anderen Krankenhäusern nur in diesem Krankenhaus angeboten".

Dazu werde festgestellt:
Dem Charakter von § 34 EStG 1988 als Begünstigungsbestimmung würde es entsprechen, dass der Beweis des behaupteten Vorbringens demjenigen, der die Begünstigung für sich beansprucht, obliegen würde.

Demnach wäre als Beweis für eine triftige medizinische Indikation eine ärztliche Bestätigung einzubringen, die die Zwangsläufigkeit der mit Mehrkosten verbundenen medizinischen Maßnahmen bescheinigt.

In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass der Abgabenbehörde bislang kein entsprechender Nachweis vorliegen würde.

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt am , eingelangt, übermittelte die Bf. ein Schreiben von ***Arzt Dr. A *** von der ***Klinik X *** vom , wobei in diesem Schreiben auf einen ebenfalls übermittelten ärztlichen Bericht vom verwiesen wird.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

Nach der Wiedergabe des Vorbringens in der Beschwerde sowie dem Hinweis auf das Ergänzungsersuchen vom wurde zunächst die in § 34 Abs. 1 EStG 1988 enthaltene Regelung betreffend Voraussetzung für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung wiedergegeben.

Sodann wurde in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass die Belastung gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 dann außergewöhnlich ist, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Zwangsläufig erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Nach ständiger Judikatur des VwGH (vgl. etwa , 85/14/0181) könnten Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung erwachsen, auch dann zwangsläufig im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 sein, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden.

Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung würden aber bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen darstellen, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssten vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

Dem Charakter von § 34 EStG 1988 als Begünstigungsbestimmung würde es entsprechen, dass der Beweis des behaupteten Vorbringens demjenigen, der die Begünstigung für sich beansprucht, obliegen würde.

Entscheidungsgrund:
Die Bf. hätte in Ihrem Antwortschreiben vom lediglich Unterlagen über eine medizinische Aufnahmediagnose und einem ärztlichen Bericht der ***Klinik X *** beigelegt.

Im gegenständlichen Fall hätte die Bf. diesen von der Rechtsprechung geforderten konkreten Nachweis im Verfahren nicht erbracht.

Aus (Anmerkung: zu ergänzen wohl: den) dargelegten Gründen kännten die strittigen, als Krankheitskosten geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie über die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten hinausgingen, nicht als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden.

Diese Beschwerdevorentscheidung wurde mit Zustellnachweis (Rsb) an die Bf. übermittelt wobei der Beginn der Abholfrist der gewesen ist und die Übernahme dieser Beschwerdevorentscheidung durch die Bf. nachweislich am gewesen ist.

Mit Schreiben vom - und sohin fristgerecht - wurde von der Bf. ein Vorlageantrag gestellt und wurde in diesem folgendes vorgebracht:

Die Bf. wäre mit der erhaltenen Beschwerdevorentscheidung nicht einverstanden und würde daher um Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht ersuchen.

Die Gründe für die Notwendigkeit der dargestellten Behandlung hätte die Bf. bereits dargelegt. Da diese offensichtlich auch von den behandelnden Ärzten dargelegt gebraucht würden, hätte die Bf. unmittelbar nach Erhalt Ihrer Beschwerdevorentscheidung die entsprechenden Unterlagen angefordert. Nach Erhalt würden diese nachgereicht werden.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, wobei in der Stellungnahme zur Beschwerde umfangreiche rechtliche Ausführungen zum Standpunkt des Finanzamtes gemacht wurden.

Mit Beschluss vom wurde die Bf. unter anderem ersucht die im Vorlageantrag vom angekündigten Unterlagen der behandelnden Ärzte betreffend die medizinische Notwendigkeit der Behandlung des lateralen Knochenmarksödems im rechten Kniegelenk in der ***Klinik X *** im Jahr 2021 vorzulegen.

Außerdem wurde die Bf. darauf hingewiesen, dass bei den übrigen als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen die Rechnung von ***4*** [Anmerkung: richtig: ***5***] (pyhsiotherapeutische Einzelanwendungen) vom RE ***6*** über € 450,00 doppelt berücksichtigt wurde.

Schließlich wurde festgehalten, dass betreffend die Einfahrten in den ***7*** Heilstollen samt einer Teilmassage (Rechnung der ***2*** vom über € 250,20) bis dato keine Nachweise vorgelegt wurden, dass es sich um ärztlich verordnete Heilbehandlungen gehandelt hat (vgl. zB ).

Dieser Beschluss wurde von der Bf. mit Schreiben vom wie folgt beantwortet:

Die dem Bundesfinanzgericht vom ***Finanzamt ***, übermittelten Unterlagen würden teilweise falsche Informationen enthalten.

Die angeführten Kosten wären NICHT durch einen operativen Eingriff entstanden. Es hätte sich bei der Behandlung um KEINE Operation gehandelt, wie dies immer wieder im Text des ***Finanzamt*** angeführt werden würde. Bei den von der Bf. geltend gemachten Kosten gemäß dem Schreiben des ***Finanzamt*** über € 3.564,-- würde es sich um eine Infusionstherapie handeln. Das Ziel der Infusionstherapie würde in der Behandlung des Knochenmarködems bestehen. Wenn diese Behandlung nicht stattfindet oder nicht erfolgreich wäre, würde dies zu massiven Schäden am Knochen - bis zu einem Absterben des betreffenden Knochenbereichs - führen.
Die Behandlung hätte stationär zu erfolgen, da die Nebenwirkung des Medikaments extrem hoch sind und nur durch gleichzeitige Gabe von starken schmerzlindernden Infusionen und entsprechender medizinischer Überwachung erfolgen könne. Weiters wären die Infusionen in einem genauen und fixen Zeitschema erfolgt und hätten für einen Durchgang (pro Tag waren es i.d.R zumindest 2 Durchgänge) ca. 6 Stunden gedauert.

Diese Therapie wäre zu diesem Zeitpunkt ausschließlich im angeführten Krankenhaus angeboten worden. Ein Nachweis, dass diese Therapie in öffentlichen Krankenhäusern nicht möglich ist, könne die Bf. nicht vorlegen, da sie die betreffenden Erkundigungen im Jahr 2021 nicht schriftlich dokumentiert hätte. Auch wäre es um eine zeitnahe Entscheidung gegangen um Folgeschäden (siehe oben) zu vermeiden.

Zu der im Beschluss unter Punkt 3. gemachten Feststellung möchte die Bf. mitteilen, dass ihr hier ein Fehler passiert wäre und diese Rechnung doppelt (Original und Kopie) eingereicht worden wäre. Die Bf. ersuche dieses Versehen zu entschuldigen. Beim Aussteller der Rechnung würde es sich aber nicht um ***4***, sondern um ***5*** handeln.

Zu den von Ihnen unter 4. gemachten Ausführungen dürfe die Bf. mitteilen, dass diese Einfahrten aus medizinischen Gründen nur nach ärztlicher Verordnung hätten erfolgen können. Dies Verordnung wäre direkt beim Heilstollen vom Arzt ausgestellt worden und würde der Bf. daher auch in Kopie nicht vorliegen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. hat im Zeitraum bis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen.

In der am eingelangten Einkommensteuererklärung wurden als außergewöhnliche Belastung Kosten für Medikamente und ärztliche Behandlungen insgesamt in Höhe von
€ 9.211,40 geltend gemacht.

Von diesen Aufwendungen entfällt - nach Abzug von durch die ***1*** geleistete Kostenersätze - ein Betrag € 5.197,40 (nach Abzug der doppelt berücksichtigten Rechnung - siehe den nachstehenden Absatz) auf medizinische Heilbehandlungen sowie in der Apotheke von der Bf. bezogene Medikamente, die für Heilbehandlungen erforderlich sind, und handelt es sich daher zwischen den Parteien unstrittig um Aufwendungen die die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG 1988 erfüllen.

Die Kosten für die pschotherapeutischen Einzelanwendungen durch ***5*** haben um
€ 450,00 weniger als in der am von der Bf. übermittelten Aufstellung betragen, weil die Rechnung von ***5*** vom RE ***6*** über € 450,00 doppelt berücksichtigt wurde.

Von den als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen ist ein Betrag von € 3.564,00 auf eine Behandlung eines Knochemarködems im rechten Kniegelenk im Zeitraum bis entfallen, wobei diese Behandlung in der Sonderklasse der ***Klinik X *** durch ***Arzt Dr, A *** erfolgt ist.

Bei dieser Behandlung hat es sich nicht um eine Operation, sondern um eine Schmerztherapie gehandelt.

Einen Nachweis der medizinischen Notwendigkeit dieser Behandlung bzw. dass eine Behandlung des Knochenmarksödems im rechten Kniegelenk nicht in einem öffentlichen Krankenhaus möglich gewesen wäre, hat die Bf. trotz Aufforderung nicht erbracht.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vom Finanzamt mit Vorlagebericht vom vorgelegten Unterlagen.

Der Umstand, dass die Bf. einen Nachweis der medizinischen Notwendigkeit der in der ***Klinik X *** im September 2021 erfolgten Behandlung des Knochenmarksödems im rechten Kniegelenk bzw. dass eine Behandlung nicht in einem öffentlichen Krankenhaus möglich gewesen wäre, trotz Aufforderung nicht erbracht hat, ergibt sich daraus, dass sich in dem diesbezüglich als Nachweis mit Schreiben vom vorgelegten Schreiben von ***Arzt Dr, A *** vom lediglich folgende Ausführungen finden:

"Frau ***Bf1***, geb. am ***8***, war von 20.9. bis stationär in unserer Klinik zur Behandlung von "Ausgedehntes Knochenmarksödem lateraler Femurcondyl re. "aufgenommen. Näheres ist dem Arztbrief zu entnehmen.

Medizinische Aufnahmediagnose It. ICDIO-Katalog: M87.9

Wie Sie dem Arztbrief entnehmen können, handelt es sich um die Behandlung einer medizinischen Diagnose und um keine Aufwendung für Vorbeugung von Krankheiten, für die Erhaltung der Gesundheit, für Verhütungsmittel, für eine Verjüngungskur, für eine Frischzellenbehandlung oder für eine Schönheitsoperation.

Die ***Klinik X *** ist eine reine Privatkrankenanstalt und verfügt ausschließlich über eine Sonderklasse. Zudem ist ***Arzt Dr. A *** ausschließlich an unserer Klinik tätig. Sofern keine Versicherung für Sonderklasse besteht, welche die Kosten für die Behandlung übernimmt, ist eine vollständige Übernahme der Aufzahlungskosten durch den Patienten gemäß ausgestellter Rechnung unumgänglich.

Des Weiteren bestätigen wir hiermit, dass im Zuge der Abrechnung des Aufenthaltes der Sozialversicherungsanteil bereits direkt zwischen der Klinik und der gesetzlichen Sozialversicherung abgerechnet wurde. Eine Einreichung der vorliegenden Rechnung zur Kostenrückerstattung bei der Sozialversicherung ist daher nicht möglich."

Es finden sich sohin lediglich allgemeine Ausführungen in diesem Schreiben, dass es sich bei der erfolgten Behandlung nicht um eine Aufwendung für die Verbeugung von Krankheiten, für die Erhaltung der Gesundheit, für Verhütungsmittel, für eine Verjüngungskur, für eine Frischzellenbehandlung oder für eine Schönheitsoperation handelt.

Auch im Schreiben vom hat die Bf. lediglich die Art der durchgeführten Behandlung geschildert ohne nachweisen, dass eine Behandlung des Knochenmarködems im rechten Kniegelenk nicht auch in einem öffentlichen Krankenhaus möglich wäre.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 34 EStG 1988 lautet auszugsweise:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(...)
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. (...)

Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Aufwandes als außergewöhnliche Belastung ist, dass die in § 34 Abs. 1 Punkt 1 bis 3 genannten Tatbildmerkmale (Außergewöhnlichkeit, Zwangsläufigkeit, wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) kumulativ vorliegen. Fehlt - abgesehen von der wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in den Fällen des § 34 Abs. 6 EStG 1988 - nur eines dieser Merkmale, kommt eine Anerkennung des Aufwandes unter dem Titel einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht.

§ 34 Abs. 3 EStG 1988 macht den Anspruch auf Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung davon abhängig, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst; dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Dabei ist die Zwangsläufigkeit des Aufwands stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen. Solche tatsächlichen Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (vgl. , mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH führt nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (vgl. zB ).

Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit sind nach einhelliger Rechtsmeinung jedenfalls nicht abzugsfähig (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 34 Rz 78 "Krankheitskosten") und beziehen sich die diesbezüglichen Ausführungen von ***Arzt X *** im Schreiben vom nur auf diesen Umstand.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss das Merkmal der Zwangsläufigkeit auch der Höhe nach gegeben sein (vgl, , mwN). Zwar können im Einzelfall auch höhere Aufwendungen als die von Sozialversicherungsträgern finanzierten zwangsläufig erscheinen (; ). Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass triftige medizinische Gründe dafür vorliegen, wobei die triftigen medizinischen Gründe in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen müssen, die ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (; ).

Die Beweislast dafür, dass Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind, trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann (vgl. , Rn 24; , Rn 16; , mwN). Zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich (vgl, , mwN).

Die medizinische Notwendigkeit einer in einer Privatklinik durchgeführten Behandlung ist grundsätzlich durch ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten nachzuweisen (vgl. VwGH 13.3.3023, Ra 2020/13/0057) und lag es an der Bf. den Nachweis zu erbringen, dass ausschließlich der behandelnde Arzt in der ***Klinik X ***, die als Privatkrankenanstalt nur über eine Sonderklasse verfügt, über das notwendige Fachwissen und die Erfahrung verfügt hat, eine entsprechende Behandlung des Knochenmarködems im rechten Kniegelenk durchzuführen bzw. nur die spezielle, ausschließlich in dieser Klinik angewandte Behandlungsmethode den erhofften medizinischen Erfolg gebracht hätte.

Das Vorbringen der Bf. im Schreiben vom die von der ***Klinik X *** angewandte Therapie wäre zu diesem Zeitpunkt nur in diesem Krankenhaus angeboten worden, kann nicht als eine von der Rechtsprechung des VwGH geforderte Nachweisführung der medizinischen Notwendigkeit gerade dieser Behandlungsmethode angesehen werden.

Die Kosten der Behandlung des Knochenmarködems im rechten Kniegelenk im September 2021 in der ***Klinik X *** können daher nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob triftige medizinische Gründe vorliegen, die auch höhere Aufwendungen des Steuerpflichtigen als die von Sozialversicherungsträgern finanzierten zwangsläufig erscheinen lassen oder nicht, ist eine Frage der Beweiswürdigung, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht berufen ist (vgl , Rn 13). Im Übrigen folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100491.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at