Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.07.2024, RV/5100097/2023

Keine Entscheidungspflicht bei Fehlen einer Beschwerdevorentscheidung

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***2***, vertreten durch Stb., zur Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Umsatzsteuer 2018 beschlossen:

I.
Zur Beschwerde vom gegen den Umsatzsteuerbescheid 2018 ist die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung unterblieben und es erfolgt daher die Rückleitung der Beschwerde an die belangte Behörde zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung.

II.
Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensablauf

Am erging der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2018, wobei die Umsatzsteuer mit 0,00 € festgesetzt worden ist.

Mit Schreiben vom wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt, wobei darauf verwiesen wurde, dass keine Beschwerdevorentscheidung ergangen und die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes zurückzuweisen sei.

Sachverhalt

Nach Ergehen des gegenständlichen Bescheides wurde Beschwerde gegen diesen eingereicht.
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung unterblieb.
Ein Antrag auf Unterbleiben der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung iSd § 262 Abs. 2 BAO wurde nicht gestellt.
Die Beschwerde wurde durch die Amtspartei dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den übermittelten Aktenteilen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Zu Spruchpunkt I.

Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen der BAO lauten wie folgt:

§ 262 BAO
Abs. 1
Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Abs. 2
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
Abs. 3
Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
Abs. 4
Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

§ 263 BAO
Abs. 1
Ist in der Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde
a) weder als unzulässig oder als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so ist der angefochtene Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Abs. 2
In der Beschwerdevorentscheidung ist auf das Recht zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) hinzuweisen.
Abs. 3
Eine Beschwerdevorentscheidung wirkt wie ein Beschluss (§ 278) bzw. ein Erkenntnis (§ 279) über die Beschwerde.
Abs. 4
§ 281 gilt sinngemäß für Beschwerdevorentscheidungen; § 281 Abs. 2 allerdings nur, soweit sich aus der in § 278 Abs. 3 oder in § 279 Abs. 3 angeordneten Bindung nichts anderes ergibt.

§ 264 BAO
Abs. 1
Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
Abs. 2
Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.
Abs. 3
Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hierzu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.
Abs. 4
Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:
a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),
b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),
c) § 255 (Verzicht),
d) § 256 (Zurücknahme),
e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).
Abs. 5
Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.

§ 281a BAO
Wenn das Verwaltungsgericht nach einer Vorlage (§ 265) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, hat es die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

Die Entscheidungspflicht des Bundesfinanzgerichts - abgesehen von den Fällen des § 262 Abs. 2, 3 und 4 BAO - tritt nur ein, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde (; ).

Im gegenständlichen Fall wurde keine Beschwerdevorentscheidung erlassen.

Demnach trifft das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Bescheidbeschwerdeverfahren keine Entscheidungspflicht.

Die Beschwerde war daher der belangten Behörde zurückzuleiten.

Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen. Wenn § 281a BAO vorsieht, dass die Verständigung "formlos" erfolgen soll, so ist dies dahin zu verstehen, dass eine bestimmte Form hierfür nicht vorgesehen ist. Zweckmäßig erfolgt diese Verständigung dadurch, dass eine Ausfertigung des verfahrensleitenden Beschlusses (samt Begründung, in der die Ansicht des Bundesfinanzgerichts dargelegt wird) den Parteien zugestellt wird (, mwN).

Zu Spruchpunkt II.

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (, mwN) ist nach § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

Gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist demnach eine abgesonderte Revision nicht zulässig (; , Ra 2018/03/0072, mwN). Gleiches gilt auch für die "formlose" Verständigung (§ 281a BAO) über die Weiterleitung (Rückleitung) samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichts, die der Bekanntgabe des Inhalts des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht ().

Belehrung und Hinweise

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).

Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei ) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen ().

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 263 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100097.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at