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AWG 2002 § 29. Genehmigung von Sammel- und Verwertungssystemen, BGBl. I Nr. 200/2021, gültig von 01.01.2022 bis 17.07.2024

5. Abschnitt Regime der erweiterten Herstellerverantwortung

§ 29. Genehmigung von Sammel- und Verwertungssystemen

(1) Die Einrichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Sammel- und Verwertungssystemen bedarf nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 36 einer Genehmigung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.

(2) Dem Antrag auf Genehmigung sind insbesondere anzuschließen:

1. Angaben über den Rechtsträger und über die Eigentümerstruktur, einschließlich der Vorlage des die Gesellschaft begründenden Vertrages in der gültigen Fassung und einer Darstellung der Unternehmensstruktur (Aufbau und Ablauforganisation);

2. Angaben über die Produkte und die zu übernehmenden Abfälle;

3. Angaben über Art, Zweck, Umfang und Dauer des Sammel- und Verwertungssystems, einschließlich der Geschäftsfelder (zB produkts-, branchen-, abfallspezifisch, Sammlung von in privaten Haushalten oder gewerblich anfallenden Abfällen);

4. die gewerberechtliche Berechtigung, soweit erforderlich;

5. eine Beschreibung der Vorkehrungen zur Sammlung und Verwertung, einschließlich den Nachweis, die übernommenen Leistungen in technischer Hinsicht erbringen zu können (ausreichende Sammelkapazitäten, Sammeldichte und Verwertungsmöglichkeiten);

6. der Nachweis des ausreichenden räumlichen und sachlichen Tätigkeitsbereiches zur Erfüllung der Verpflichtungen;

7. Angaben über die Grundlagen zur Berechnung der vorgesehenen Tarife für die Sammlung und Verwertung, wie insbesondere die Kostenfaktoren und die zu erwartenden Aufwendungen der Sammlung, Sortierung, Verwertung und Verwaltung; Ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers über die Einhaltung der Tarifgrundsätze gemäß § 28c Abs. 3 und über die Einhaltung des Verbots der Quersubventionierung gemäß § 32 Abs. 3 ist anzuschließen.

7a. ein Konzept zur getrennten Aufschlüsselung der Kosten, sofern mehrere Geschäftsfelder im Sinne des § 32 Abs. 3 betrieben werden;

7b. ein Konzept über die Eigenkontrolle gemäß § 28c Abs. 2 Z 7 betreffend die Erhebung und Übermittlung von Daten sowie betreffend die Anforderungen an die EG-VerbringungsV;

8. der Nachweis der Kostendeckung der Finanzierung für die zu übernehmenden Verpflichtungen einschließlich der ausreichenden Sicherstellung der Finanzierung der übernommenen Leistungen; Die Sicherstellung hat insolvenzfest zu sein und insbesondere durch eine Bankgarantie, eine Versicherung oder durch die Verpfändung eines Bank- oder Wertpapierkontos zu erfolgen. Die Höhe hat den durchschnittlichen Kosten und Erlösen zu entsprechen, die für die Leistungen des Sammel- und Verwertungssystems in einem Zeitraum von drei Monaten, auf Basis eines Jahresdurchschnitts, erwartet werden. Ein Gutachten des Wirtschaftsprüfers über diese Sicherstellung unter Angabe der Höhe und Art der Sicherstellung ist anzuschließen. Die Sicherstellung hat im Falle einer Beendigung der Systemtätigkeit oder im Fall der Insolvenz eines Sammel- und Verwertungssystems den jeweiligen Gläubigern des Sammel- und Verwertungssystems zur Bedeckung noch zu erbringender oder nicht bezahlter Leistungen zur Verfügung zu stehen. Zur Abwicklung derartiger Forderungen kann die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie eine geeignete Stelle betrauen.

8a. ein effektives Kontrollkonzept betreffend die Teilnehmer, das zumindest 80% der unter Vertrag genommenen Massen bezogen auf die jeweilige Sammelkategorie einbezieht und die Überprüfung von Teilnehmern nach dem Zufallsprinzip binnen drei Jahren vorsieht; dabei sind die entrichteten Teilnahmeentgelte je Tarifkategorie einzubeziehen; zum dem der Kundmachung folgenden Tag genehmigte Sammel- und Verwertungssysteme haben der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dieses Kontrollkonzept bis spätestens vorzulegen;

9. Angaben über die Art der Nachweisführung der Sammel- und Verwertungsquoten;

10. allgemeine Geschäftsbedingungen;

11. Maßnahmen zur Förderung der Abfallvermeidung.

Die Haftung des Wirtschaftsprüfers für Gutachten gemäß § 29 Abs. 2 Z 7 und 8 ist auf Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, im Falle grober Fahrlässigkeit mit der zehnfachen Mindestversicherungssumme gemäß § 11 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes 2017, BGBl. I Nr. 137/2017, begrenzt.

(3) Parteistellung in diesem Verfahren hat der Antragsteller. Anhörungsrechte in diesem Verfahren hat eine zur Beratung der sich aus der Vollziehung einer Verordnung nach § 14 Abs. 1 ergebenden Fragen eingerichtete Kommission. Zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist gemäß § 7 des Umweltinformationsgesetzes, BGBl. Nr. 495/1993, vorzugehen.

(4) Die Einrichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung eines Sammel- und Verwertungssystems ist zu genehmigen, wenn zu erwarten ist, dass

1. die Sammlung und Verwertung von Abfällen, für die eine Verpflichtung übernommen werden soll, dem Stand der Technik entspricht und die öffentlichen Interessen nicht beeinträchtigt werden,

2. eine kostendeckende Finanzierung einschließlich einer ausreichenden Sicherstellung der Finanzierung der übernommenen Leistungen gegeben ist,

3. die Mittelverwendung nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit erfolgt und

4. das Sammel- und Verwertungssystem die Vermeidung von Abfällen durch Aufwendung von zumindest 0,5 Prozent der Summe der jährlich für die Entpflichtung eingenommenen Entgelte für Abfallvermeidungsprojekte fördert. Sofern es sich um ein Sammel- und Verwertungssysteme für Elektro- und Elektronik-Altgeräte handelt, hat die Förderung auch die Vorbereitung zur Wiederverwendung und die Wiederverwendung ganzer Geräte zu umfassen, wobei ab dem Jahr 20242,5 Prozent und ab dem Jahr 20264,5 Prozent der Summe der jährlich für die Entpflichtung eingenommenen Entgelte dafür zu verwenden sind.

Weiters muss das Sammel- und Verwertungssystem gesamthaft für zumindest eine Sammel- und Behandlungskategorie gemäß einer Verordnung nach § 14 Abs. 1 errichtet und betrieben werden und nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 14 Abs. 1 eine Vereinbarung mit der Koordinierungsstelle über die Abholung der zu übernehmenden Abfälle von Sammelstellen (Abgabestellen), über die Sammelinfrastruktur, über die Information der Letztverbraucher und über die Festlegung einer Schlichtungsstelle, sowie über die Finanzierung der Sammelinfrastruktur und der Information der Letztverbraucher, abschließen. Die genehmigten Sammel- und Verwertungssysteme sind auf der Internetseite des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zu veröffentlichen.

(4a) Gegenstand der im Abs. 4 genannten Abfallvermeidungsprojekte sind insbesondere:

1. Maßnahmen zur Vermeidung von Einsatzstoffen und Betriebsmitteln, die sich auf die Abfallqualität des Produkts oder allfälliger Nebenprodukte auswirken,

2. Maßnahmen, die zu einer Reduktion von Produktionsabfällen führen,

3. Maßnahmen, die zu einer Reduktion von Verpackungsabfällen führen, wie insbesondere die Einführung von Mehrwegverpackungen,

4. Maßnahmen, die durch Optimierung der Logistik zur Abfallvermeidung beitragen,

5. Maßnahmen, die durch Bewusstseinsbildung, Weiterbildungsmaßnahmen oder durch den Aufbau von geeigneten Netzwerken eine Abfallvermeidung bewirken oder

6. Maßnahmen des Abfallvermeidungsprogramms gemäß § 9a.

Nicht förderungsfähig sind Anti-Littering-Maßnahmen und Maßnahmen, die ausschließlich der Abfalltrennung oder -verwertung dienen, zB Trenninseln, Sammelbehälter, Zerlegung oder Aufbereitung von Altgeräten.

(4b) Sammel- und Verwertungssysteme haben die Liste der geförderten Projekte samt einer Beschreibung an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zu übermitteln. Die Gesamtliste der geförderten Projekte samt Beschreibung ist auf der Internetseite des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zu veröffentlichen. Ein Bericht über die Abfallvermeidungsprojekte ist im Bundes-Abfallwirtschaftsplan aufzunehmen.

(4c) Sammel- und Verwertungssysteme für Haushaltsverpackungen und Sammel- und Verwertungssysteme für gewerbliche Verpackungen haben die gemäß § 29 Abs. 4 Z 4 aufzuwendenden Mittel gemeinsam entsprechend den Vorgaben des § 29 Abs. 4a zu vergeben; dabei haben sie sich eines unabhängigen Dritten zu bedienen, der erstmals innerhalb einer angemessenen Frist ab und in der Folge zumindest alle 5 Jahre neu zu bestellen ist. Sofern sich die Sammel- und Verwertungssysteme nicht auf einen gemeinsamen unabhängigen Dritten einigen, hat die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie einen solchen namhaft zu machen. Richtlinien der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend die Förderung der Abfallvermeidung sind zu berücksichtigen.

(4d) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat im Genehmigungsbescheid ergänzend zu Abs. 4 weitere Auflagen, wie insbesondere

1. Vorgaben über die Art der Sammlung sowie der technischen Spezifikationen, zB die Anzahl, Volumina und Entleerungsfrequenz der aufgestellten Sammeleinrichtungen, und

2. Festlegung von bestimmten Abfällen, die jedenfalls getrennt zu sammeln sind,

vorzusehen, sofern dies zur Sicherung der Erfüllung der Verpflichtungen des Sammel- und Verwertungssystems erforderlich ist oder die Art des Abfalls dies bedingt. Weiters hat die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erforderlichenfalls im Genehmigungsbescheid ergänzend zu Abs. 4 weitere Auflagen zur Erreichung oder Sicherung eines wettbewerbsorientierten Marktes vorzusehen.

(5) Der Betrieb darf jeweils nur für einen Zeitraum von zehn Jahren genehmigt werden. Eine kürzere Frist ist vorzusehen, wenn

1. sie vom Antragsteller beantragt wird oder

2. ein kürzerer Betriebszeitraum wegen der wirtschaftlichen oder technischen Rahmenbedingungen oder der Besonderheiten des Sammel- und Verwertungssystems zweckmäßig ist oder

3. das Sammel- und Verwertungssystem oder die Änderung einer Erprobung bedarf.

(6) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat im Genehmigungsbescheid Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorzusehen, sofern dies zur Sicherung der Erfüllung der Verpflichtungen des Sammel- und Verwertungssystems erforderlich ist. Ergibt sich nach Erteilung der Genehmigung, dass zusätzliche oder geänderte Auflagen, Bedingungen oder Befristungen zur Wahrung der im Abs. 4 wahrzunehmenden Interessen oder ergänzende Auflagen gemäß Abs. 4d erforderlich sind, so sind diese nachträglich vorzuschreiben.

(7) Nach Ablauf des Genehmigungszeitraumes ist eine neuerliche Genehmigung durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erforderlich. Wenn ein Antrag auf neuerliche Genehmigung spätestens sechs Monate vor Ablauf des bestehenden Genehmigungszeitraums gestellt wird, darf das Sammel- und Verwertungssystem bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf neuerliche Genehmigung im bisherigen Umfang weiter betrieben werden.

(8) Die Genehmigung geht auf einen Rechtsnachfolger über, sofern das Sammel- und Verwertungssystem ohne wesentliche Änderung weiterbetrieben wird. Der Wechsel des Betreibers ist vom nunmehrigen Betreiber der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie unter Angabe des Rechtsträgers und der Eigentümerstruktur, einschließlich der Vorlage des die Gesellschaft begründenden Vertrages in der gültigen Fassung und einer Darstellung der Unternehmensstruktur, zu melden.

(9) Sammel- und Verwertungssysteme haben

1. ihre Eigentumsverhältnisse,

2. die jeweils gültigen Tarife,

3. das Verfahren für die Auswahl der operativ tätigen Unternehmen für die Sammlung und Verwertung und

4. Informationen zur Erfüllung der Zielvorgaben für die Abfallbewirtschaftung

auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen und erforderlichenfalls zu aktualisieren.

(10) Sammel- und Verwertungssysteme haben eine Liste der Systemteilnehmer und gegebenenfalls ihres Bevollmächtigten, gegliedert nach den Produktbereichen und aufgeteilt nach den Geschäftsfeldern, auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen und monatlich zu aktualisieren. Diese Verpflichtung entfällt,

1. wenn sich die jeweiligen Hersteller im Register gemäß § 22 registrieren müssen und

2. bei Sammel- und Verwertungssystemen für Verpackungen; diese haben die entsprechenden Daten an die Verpackungskoordinierungsstelle gemäß § 30a monatlich für die Veröffentlichung auf deren Internetseite zu übermitteln.

(11) Genehmigte Sammel- und Verwertungssysteme haben die finanzielle Sicherstellung erstmals spätestens bis zum an die Kriterien des Abs. 2 Z 8 anzupassen.

(12) Sammel- und Verwertungssysteme haben die finanzielle Sicherstellung gemäß Abs. 2 Z 8 jährlich anzupassen. Im Falle einer Beendigung der Systemtätigkeit oder im Fall der Insolvenz eines Sammel- und Verwertungssystems hat die Sicherstellung den jeweiligen Gläubigern des Sammel- und Verwertungssystems zur Bedeckung nicht bezahlter Leistungen zur Verfügung zu stehen. Als Begünstigter und zur Abwicklung derartiger Forderungen kann die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie eine geeignete Stelle betrauen.

(13) Sammel- und Verwertungssysteme haben vertraglich sicherzustellen, dass Koordinierungsstellen, denen eine Prüfkompetenz gemäß § 13 Abs. 1 Z 10 oder § 30a Abs. 1 Z 4 bzw. Abs. 2 Z 4 übertragen wurde, befugt sind, Prüfungen bei ihren Teilnehmern vorzunehmen und dass diesen alle dafür erforderliche Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.

(14) Sammel- und Verwertungssysteme haben im Fall, dass bei der Kontrolle eines Systemteilnehmers um über 5% der jeweiligen Gesamtjahresmasse je Tarifkategorie zu wenig angegeben wurde, eine Pönale von 20% des Fehlbetrags aufzuschlagen. Diese Pönale ist unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Systemteilnehmers zusätzlich zur Nachzahlung der Teilnahmegebühren einzufordern und kann nicht durch einen Richter gemäßigt werden. Die Sammel- und Verwertungssysteme haben entsprechende Aufzeichnungen über Pönalezahlungen zu führen und dies in ihrem Jahresbericht festzuhalten. Eingehobene Pönalen sind der jeweiligen Koordinierungsstelle unverzüglich zu überweisen, sie sind für deren Kontrollaufgaben zu verwenden.

Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)

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