TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.08.2024, RV/7500639/2023

Parkometer - Täterschaft nicht mit für Strafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellbar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerden des A***J***, vom gegen die Straferkenntnisse des Magistrates der Stadt Wien vom
1) MA67/236700121832/2023 sowie
2) MA67/236700200030/2023
jeweils wegen der Übertretung des § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl der Stadt Wien Nr 51/2005 iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz, LGBl für Wien Nr 9/2006 zu Recht:

Den Beschwerden wird Folge gegeben.

Die Straferkenntnisse werden aufgehoben und die Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG erster Fall iVm § 38 VwGVG eingestellt.

Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Beiträge zu den Kosten der Beschwerdeverfahren zu leisten.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG durch die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit den angefochtenen Straferkenntnissen wird dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, das näher bezeichnete Kraftfahrzeug zu den zwei näher bezeichneten Tatzeiten an den näher bezeichneten Tatorten in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Er habe demnach jeweils die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Dadurch habe er § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung Stadt Wien iVm § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006 verletzt.

Gegen den Beschwerdeführer wurde jeweils eine Geldstrafe von 60,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden) verhängt. Ferner wurden jeweils 10,00 Euro an Kosten des Strafverfahrens festgesetzt.

Seine wortgleichen Beschwerden gegen diese beiden Straferkenntnisse begründet der Beschwerdeführer wie folgt: "Ich habe keine Taxischein. Ich habe diesen Tag … nicht gefahren mit ***1***. Die Firma hat falsche Angaben gemacht, die Polizei hat bereits alle Strafen von mir eingestellt, weil ich keine Wiener Taxischein habe und darf nicht Taxi in Wien fahren, daher mache Einspruch gegen dieses Schreiben."

Nach Lenkererhebung durch den Magistrat der Stadt Wien war der Beschwerdeführer von der Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Kraftfahrzeuges, der *** als Lenker genannt worden.

Der Beschwerdeführer hat aber in beiden Fällen bestritten, das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zu den Tatzeitpunkten in der angegebenen Kurzparkzone abgestellt und somit die Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Daher wurde die Zulassungsbesitzerin vom Magistrat aufgefordert, geeignetes Beweismaterial (zB Kopie des Mietvertrages, Auszug aus dem Fahrtenbuch, Namhaftmachung von Zeugen) dafür vorzulegen, dass dem Beschwerdeführer das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zu den jeweiligen Tatzeitpunkten überlassen gewesen sei.

Die Zulassungsbesitzerin legte darauf eine Auftragsliste und eine Abrechnungsliste vor, aus denen hervorgehe, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug zu den Tatzeitpunkten dem Beschwerdeführer überlassen gewesen sei.

Aus diesen Listen ist weder der Name des Fahrers ersichtlich noch um welches Kraftfahrzeug es sich handelt hat ("Liste zu Abrechnung Nr 23900132", Fahrzeug: "MN***1"). Daher wurde die Zulassungsbesitzerin vom Bundesfinanzgericht aufgefordert darzulegen, wie auf Grund dieser Aufzeichnungen, auch ohne Einblick in die Firmenunterlagen (Buchhaltung) erkennbar ist, dass im angefragten Zeitraum genau das gegenständliche Kraftfahrzeug dem Beschwerdeführer überlassen war. Auf diese Aufforderung erfolgte keine Reaktion der Zulassungsbesitzerin.

Im Rahmen des Parteiengehörs hat der Beschwerdeführer zu diesem Aufforderungsschreiben (Vorhalt an die Zulassungsbesitzerin) Stellung genommen und ausgeführt, er habe keinen Wohnsitz, sei derzeit in der Caritas gemeldet und habe kein Einkommen. Gleichzeitig übermittelte er eine Bestätigung der Caritas darüber, dass dem Beschwerdeführer die Postadresse*** zur Verfügung stehe.

Nach Vorhalt durch das Bundesfinanzgericht legte der Beschwerdeführer seinen von der Bezirkshauptmannschaft Baden ausgestellten "Ausweis für das Personenbeförderungsgewerbe mit Pkw (Taxi)" vor.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Nachstehender Sachverhalt wird festgestellt:

Es ist unstrittig, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug zu den Beanstandungszeitpunkten an den in den Straferkenntnissen bezeichneten Orten, ohne eine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein, abgestellt war.

Die Zulassungsbesitzerin ist ein Unternehmen mit der Geschäftsanschrift am Flughafen Wien; Geschäftszweig laut Firmenbuch ist "Taxi und Arbeitskräfteüberlassung".

Die Lenkererhebungen beantwortete die Zulassungsbesitzerin indem sie den Beschwerdeführer jeweils als Lenker namhaft machte.

Der Beschwerdeführer war bei der Zulassungsbesitzerin von 1.1. bis mit Bruttobezügen iHv € 1.987,56 angemeldet (Lohnzettelauskunft).

Der Beschwerdeführer verfügt über einen "Ausweis für das Personenbeförderungsgewerbe mit Pkw (Taxi)", ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Baden am , gültig bis (Kopie des Taxischeins).

Die vorgelegte Auftragsliste umfasst den Zeitraum bis mit insgesamt 80 Aufträgen. Das Fahrzeug wird auf dieser Liste mit "***3***" bezeichnet.

Die vorgelegte Abrechnungsliste trägt die Überschrift: ***3*** (E PKW) für den Zeitraum 2.2. bis und umfasst insgesamt 146 Fahrten.

(M***) MN*** ist der Familienname des Kommanditisten und Komplementärs der Zulassungsbesitzerin.

Ausgangsort ist bei nahezu allen auf beiden Listen ausgewerteten Fahrten Flughafen Schwechat, bzw nur ausnahmsweise nicht in Niederösterreich.

Der konkrete Fahrzeuglenker ist den beiden Listen nicht zu entnehmen.

Die Feststellungen gründen sich auf die angeführten Unterlagen, insbesondere die Auftrags- und Abrechnungslisten und die nachstehende Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer bestritt gegenüber dem Bundesfinanzgericht neuerlich, dass er das gegenständliche Kraftfahrzeug zu den gegenständlichen Zeitpunkten an den Tatorten abgestellt hat.

Er bringt vor, dass er keinen Wiener Taxischein habe und daher nicht in Wien mit einem Taxi fahren könne. Dem ist zu entgegnen, dass auch mit einem niederösterreichischen Taxischein, jedenfalls mit Ausgangsort in Niederösterreich (Flughafen Schwechat) Fahrten nach Wien zulässig sind. Darüber hinaus ist nicht alles, was nicht zulässig ist, nicht trotzdem möglich.

Der Beschwerdeführer verfügt über einen (niederösterreichischen) Taxischein. Taxifahrten mit dem Beschwerdeführer als Lenker nach Wien und in deren Folge das Abstellen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone durch den Beschwerdeführer sind daher nicht nur möglich, sondern auch zulässig.

Der Beschwerdeführer war zu den Tatzeitpunkten bei der Zulassungsbesitzerin angemeldet. Es kann daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer für die Zulassungsbesitzerin tätig war.
Der Bruttobezug mit dem der Beschwerdeführer angemeldet war betrug lediglich € 1.987,56 für vier Monate (Jänner bis April 2023).
Folgte man den Angaben der Zulassungsbesitzerin, dann hat der Beschwerdeführer dafür allein in den Monaten Jänner und Februar 226 Fahrten durchgeführt (80 im Jänner laut Auftragsliste und 146 im Februar laut Abrechnungsliste).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer für die Zulassungsbesitzerin überhaupt nicht Taxi gefahren ist, sondern im Rahmen des weiteren Geschäftszweiges der Zulassungsbesitzerin, der Arbeitskräfteüberlassung, angemeldet war.

Die Fahrzeugbezeichnung auf den Listen lautet "***3***", eine Fahrzeuglenkerbezeichnung ist nicht erkennbar. Dass es sich bei der Fahrzeugbezeichnung um den Namen des Kommanditisten der Zulassungsbesitzerin handelt, ergibt sich aus dem Firmenbuch. Auch die E--Mail Adresse mit der auf die Lenkererhebungen geantwortet wurde, lautet "M*** MN*** …" und die Antwort ist mit "M*** MN***, XY***KG***" gezeichnet. Auf den Listen ist der Platz neben "Fahrer:" jeweils freigelassen, bzw uU abgeschnitten, was ein schwarzer Strich auf den Kopien vermuten ließe. Ein Vorhalt des Bundesfinanzgerichts mit der Aufforderung der Konkretisierung blieb unbeantwortet.

Die Lenkerauskunft erscheint jedenfalls unvollständig, wenn nicht sogar falsch. Das ist aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Diesbezügliche weitere Ermittlungsschritte, die dem Magistrat vorbehalten sind, werden diesem seitens des Bundesfinanzgerichts angeraten.

Es ist daher (trotz starker gegen den Beschwerdeführer sprechender Indizien) für das Bundesfinanzgericht nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellbar, dass die beanstandeten Übertretungen tatsächlich vom Beschwerdeführer begangen wurden.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 45 Abs 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens ua dann abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Es ist, wie ausgeführt, nicht mit Sicherheit feststellbar, dass der Beschwerdeführer die vorgeworfenen Übertretungen begangen hat.

Das Strafverfahren ist daher gemäß § 45 Abs 1 Z1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision für die belangte Behörde ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Beschwerde ist daher gemäß § 50 VwGVG Folge zu geben.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 45 Abs. 1 Z 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500639.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at