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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.07.2024, RV/7101920/2022

DBA Schweiz, Einkünfte aus öffentlichen Kassen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch gkr Wirtschaft-Steuer-Recht Steuerberatungsgesellschaft mbH, Lehmanngasse 7, 1230 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Einkommensteuer 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zum Verfahrensgang (verwaltungsbehördliches und verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) wird auf das Erkenntnis verwiesen.
Die dortigen Ausführungen bilden einen integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses.

Gegenstand dieses Verfahrens war in der Hauptsache, ob nur der Entgeltsteil der nichtselbständigen Einkünfte des Bf. der österreichischen Besteuerung (mit Anrechnungsverfahren) zu unterwerfen sei, welcher auf die in der Schweiz ausgeübte Tätigkeit entfalle. Der Bf. vertrat die Ansicht, dass Österreich hinsichtlich seiner in Österreich ausgeübten Tätigkeit (Tätigkeit des Bf. im Homeoffice bzw. in Büroräumlichkeiten in Österreich) kein Besteuerungsrecht zustehe. Das DBA Österreich/Schweiz schreibe (laut dem steuerlichen Vertreter des Bf. im Vorlageantrag) eindeutig die Befreiungsmethode und nicht die Anrechnungsmethode für die in Österreich erbrachte Tätigkeit des Bf. vor. Weiters brachte der Bf. im Vorlageantrag vor, dass nur die vollen Werbungskosten zum Abzug zugelassen werden könnten. Das Finanzamt argumentierte hingegen, dass Österreich hinsichtlich der gesamten Einkünfte des Bf. das Besteuerungsrecht zustehe.

In genannten Erkenntnis gelangte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen zur Beurteilung, dass im gegenständlichen Fall sämtliche Arbeitseinkünfte des Beschwerdeführers (Bf.) - als für die Schweizer Justiz tätiger Richter bzw. Staatsanwalt - der österreichischen Besteuerung unterliegen.

Mit Eingabe vom (eingelangt am ) erhob der Beschwerdeführer (Bf.) gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (BFG) außerordentliche Revision.

Mit Erkenntnis vom , Ra 2021/13/0039, 0051 bis 0053, erklärte der Verwaltungsgerichtshof die Revision als zulässig sowie begründet und hob die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom als rechtswidrig auf.

Aufgrund des Verweises in Rz. 8 des genannten VwGH-Erkenntnisses auf das VwGH-Erkenntnis betreffend die Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2011 des Bf. hatte das BFG daher im gegenständlichen fortgesetzten Verfahren - in Bezug auf die Höhe der anzurechnenden Schweizer Steuer - zu ermitteln, ob der Bf. die Möglichkeit einer Antragsveranlagung hatte, welche zu einer Herabsetzung der von Bruttobeträgen vorgenommenen Abzugssteuer geführt hätte.

Daher wurde der Bf. mit Vorhalt vom mit Bezug auf das VwGH- Erkenntnis Ra. 2021/13/0042 vom , Rz. 46 (betreffend die Einkommensteuer des Bf. für die Jahre 2007 bis 2011) aufgefordert, für das Streitjahr 2014 bekanntzugeben, welche Steuervorteile (Werbungskosten etc.) in welcher Höhe im Rahmen einer möglichen Antragsveranlagung in der Schweiz zu welcher betragsmäßigen Reduktion der in der Schweiz zu entrichtenden Steuer geführt hätten. SFR-Beträge seien dabei jeweils (unter Angabe des Umrechnungskurses) in Euro umzurechnen.

Darauf hat der Bf. am (per Mail) Folgendes geantwortet:

"unser Klient hat nun von der Steuerverwaltung des Kantons Bern erfahren:

1. Bis und mit Steuerjahr 2020 wäre es nicht möglich gewesen, eine ordentliche Veranlagung durchzuführen, sondern Sie hätten einen Antrag auf Tarifkorrektur stellen können (bis 31. März des Folgejahres). Ab Steuerjahr 2021 gab es eine Gesetzesrevision, die Tarifkorrektur wurde durch die nachträglich ordentliche Veranlagung «NOV» (für Quasi-Ansässige) abgelöst. Sie können folglich einen Antrag auf NOV für Quasi-Ansässige stellen, wenn die Kriterien erfüllt sind. Bitte beachten Sie hierzu die entsprechenden Fristen.

2. Unter den von Ihnen angegebenen Werbungskosten wird in der Schweiz von Berufskosten gesprochen. Falls die Kriterien der Quasiansässigkeit erfüllt sind, können die Abzüge gem. Wegleitung deklariert werden. Welche gewährt werden, wird jeweils im Veranlagungsverfahren geprüft.

Ein eingereichter Antrag kann nicht mehr zurückgezogen werden. Bei Wegzug muss zudem zwingend ein Vertreter angegeben werden. Mit dem Antrag beantragen Sie die Steuererklärung, welche vollständig auszufüllen ist und mit welcher Sie zusätzliche Abzüge geltend machen können. Es ist zu beachten, dass im Quellensteuertarif bereits Pauschalabzüge berechnet sind. Im NOV-Verfahren wird die quellensteuerpflichtige Person aufgrund der effektiven Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuersätze besteuert. Dies kann im Vergleich zur bisherigen Quellensteuerbelastung zu einer effektiv tieferen oder höheren Steuerbelastung führen."

Herr ***Bf1*** hat in eigener Recherche noch herausgefunden, dass bei unbeschränkter Schweizer Steuerpflicht nur ein sehr enger Kostenkatalog berücksichtigt werden könnte: "Schuldzinsen, Beiträge in die Säule 2b und 3a, berufliche Weiterbildungskosten, bezahlte Alimente, Unterstützungsbeiträge" und bei beschränkter Steuerpflicht lediglich "Beiträge an die Säule 2b und 3a sowie Wochenaufenthaltskosten". Wir gehen daher davon aus, dass eine Tarifkorrektur und dadurch eine betragsmäßige Reduktion der Schweizer Steuer nicht möglich gewesen wäre."

In weiterer Folge räumte das BFG mit Vorhalt vom dem Bf. die Möglichkeit ein, zu nachstehenden Feststellungen Stellung zu beziehen:

"In Ihrer Beschwerdesache werden Sie aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu nachstehenden Feststellungen eine allfällige Stellungnahme abzugeben.

1) Werbungskosten und Umrechnungskurs:

Laut Rz. 13 des VwGH-Erkenntnisses Ra 2021/13/0039, 0051 bis 0053 vom ist keine fiktive Aufspaltung der Werbungskosten vorzunehmen.

Seitens des Bundesfinanzgerichts (BFG) ist beabsichtigt, in der Entscheidung für das Streitjahr 2013 (gemeint 2014) die Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von € 3.280,80 anzusetzen. Dieser Betrag stimmt überein mit den beantragten Werbungskosten aufgrund Ihrer "Aufstellung der Werbungskosten 2014". Der von Ihnen angewandte Umrechnungskurs war der Steuerwert lt. L17b: 0,800097. Da dieser Kurs mit dem gemäß BFG anzuwendenden Umrechnungskurs (gemäß Umrechnungstabelle in Euro-Beträge L17b für 2013; vgl. dazu auch BFG-Vorhalt vom betr. ESt 2007-2011) übereinstimmt, waren hier keine Korrekturen vorzunehmen.

2) Anrechenbare Quellensteuer aus der Schweiz:

Seitens des Bundesfinanzgerichts ist beabsichtigt, in der Entscheidung für das Streitjahr 2014 die anrechenbare Quellensteuer (ausländische Steuer laut ESt-Bescheid) in der gleichen Höhe wie im Erstbescheid, somit mit Euro € 3.435,26) festzusetzen.

3) Ausnützung von Steuervorteilen in der Schweiz:

Gemäß VwGH-Erkenntnis Ra 2021/13/0042 vom (auf das der VwGH im Erkenntnis betreffend u.a. 2012 verweist), liegt bei Ihren Tätigkeiten für Einrichtungen der Schweiz, die sich in der Schweiz befinden, zur Gänze eine iSd Art. 23 Abs. 2 erster Satz DBA in der Schweiz ausgeübte Arbeit vor. Die daraus erzielten Einkünfte sind daher in Österreich unter Anrechnung der in der Schweiz gezahlten Steuer zu besteuern.

In Übereinstimmung mit Ihren Informationen (vom ) wurde vom BFG im Rahmen der Ermittlungen (im fortgesetzten Verfahren) festgestellt, dass eine Tarifkorrektur und dadurch eine betragsmäßige Reduktion der Schweizer Steuer (wie im VwGH-Erkenntnis Ra 2021/13/0042 vom , vgl. Rz. 46, 48 und 49, als Rechtswidrigkeit des Inhalts angeführt) nicht möglich gewesen wäre."

II. Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Hinsichtlich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensganges wird auf die ausführliche Darstellung im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7101639/2018 verwiesen.

Der gegenständliche Sachverhalt ist auch der Revision vom sowie den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes , 0051 bis 0053 (betreffend die Einkommensteuer 2012, 2013, 2014 und 2015 des Bf.) und (betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2011 des Bf.) klar zu entnehmen.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Das Bundesfinanzgericht ist verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln, den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 63 Abs. 1 VwGG).
Gegenständlich hat der Verwaltungsgerichtshof im (bereits zitierten) Erkenntnis vom , Ra 2021/13/0039, 0051 bis 0053 (vgl. Rz. 13) klar dargestellt, dass die Einnahmen aus der Tätigkeit des Bf. als Richter oder Staatsanwalt in Österreich nicht von der Besteuerung ausgenommen sind, auch wenn diese Einnahmen (oder ein Teil dieser Einnahmen) auch der Besteuerung in der Schweiz unterliegen. Es sei lediglich die Steuer aus der Schweiz anzurechnen. Weiters sei keine Aufspaltung der Werbungskosten vorzunehmen.

Somit hat der VwGH die weitere Vorgangsweise betreffend die Einkommensteuer des Bf. in den Streitjahren (und danach) vorgegeben, welcher zu folgen ist.

Daraus ergibt sich für die gegenständliche Einkommensteuerberechnung für das Jahr 2014 Folgendes:

1)Werbungskosten

Laut Rz. 13 des VwGH-Erkenntnisses vom , Ra 2021/13/0039, 0051 bis 0053 (betr. u.a. das Jahr 2012) ist betreffend den Bf. keine fiktive Aufspaltung der Werbungskosten vorzunehmen. Bei Ermittlung der österreichischen Steuer wurden vom BFG die Werbungskosten (ebenso wie in der BVE) jedoch nur anteilig berücksichtigt. Dieser Fehler des BFG ist daher nunmehr richtig zu stellen.

Somit werden nunmehr bei der Ermittlung der zur Gänze der Besteuerung in Österreich unterliegenden Einkünfte die Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in voller Höhe, d.h. in Höhe von € 3.280,80 angesetzt.

Bezüglich des anzuwendenden Umrechnungskurses (gemäß Umrechnungstabelle in Euro-Beträge L17b für 2012) wird nochmals auf den BFG-Vorhalt vom (betr. ESt 2007-2011) verwiesen, gegen den der Bf. (im fortgesetzten Verfahren) keine Einwände vorgebracht hat. Außerdem hat der Bf. in den Folgejahren 2013, 2014 und 2015 selbst die Kurse lt. L17b verwendet, sodass das BFG davon ausgeht, dass dieser Punkt zwischen den Parteien unstrittig ist.

2) Anrechenbare Quellensteuer

Für das Jahr 2014 wird die anrechenbare Quellensteuer aus der Schweiz (im Berechnungsblatt als "ausländische Steuer" bezeichnet) in der (abgesehen vom Umrechnungskurs) gleichen Höhe - wie in der BVE - festgesetzt.

3) Ausnützung von Steuervorteilen in der Schweiz:

Gemäß VwGH-Erkenntnis Ra 2021/13/0042 vom , vgl. Rz. 23 (auf das der VwGH im zitierten Erkenntnis betreffend u.a. 2012 verweist), liegt bei den Tätigkeiten des Bf. für Einrichtungen der Schweiz, die sich in der Schweiz befinden (Gerichte und Staatsanwaltschaften in der Schweiz), insoweit unabhängig von der jeweiligen physischen Anwesenheit des Bf. bei Erbringung dieser Tätigkeiten zur Gänze eine iSd Art. 23 Abs. 2 erster Satz DBA in der Schweiz ausgeübte Arbeit vor. Die daraus erzielten Einkünfte sind daher in Österreich unter Anrechnung der in der Schweiz gezahlten Steuer zu besteuern.

Weiters hat der VwGH in seinem Erkenntnis betreffend die Einkommensteuer des Bf. für die Jahre 2007 bis 2011 (vgl. Rz. 46, 48 und 49) festgehalten, dass weder im angefochtenen Erkenntnis noch in der BVE dargelegt worden sei, dass eine Berücksichtigung von Werbungskosten im Rahmen einer möglichen Veranlagung in der Schweiz zu einer entsprechenden Reduktion der Steuer in der Schweiz geführt hätte. Daher hob der VwGH das BFG-Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf, ohne auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.

In Übereinstimmung mit den Angaben des Bf. in der Vorhaltsbeantwortung vom wurde jedoch vom BFG nunmehr im Rahmen der Ermittlungen (im fortgesetzten Verfahren) festgestellt, dass eine Tarifkorrektur und dadurch eine betragsmäßige Reduktion der Schweizer Steuer nicht möglich gewesen wäre. Dagegen wurden auch von der Abgabenbehörde keine Einwände erhoben.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung den oben zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes folgt, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 23 Abs. 2 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101920.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at