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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.07.2024, RV/7500266/2024

Zurückweisung eines nicht existierenden Einspruchs gegen eine Strafverfügung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Barbara Straka über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom , GZ. MA67/XXX/2023, mit dem der Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom , mit derselben Geschäftszahl, gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde, zu Recht:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Zurückweisungsbescheid vom ersatzlos aufgehoben.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Magistrat der Stadt Wien lastete der Beschwerdeführerin mit Strafverfügung vom , GZ. MA67/XXX/2023, an, sie habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-111 (A) am um 09:52 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1190 Wien, ***, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe die Beschwerdeführerin die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro verhängt bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

Da der in der Strafverfügung vom festgesetzte Gesamtbetrag in Höhe von 60 Euro nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist getilgt wurde und auch kein fristgerechter Einspruch erfolgte, erinnerte die belangte Behörde mit Mahnung vom die Beschwerdeführerin, dass sie mit der rechtskräftigen Strafverfügung vom , GZ. MA67/XXX/2023, zu folgender Geldleistung verpflichtet worden sei: Strafbetrag in der Höhe von 60 Euro, sonstige Kosten (Mahngebühr) 5 Euro, offene Forderung inklusive Mahngebühr per daher insgesamt 65 Euro. Da der Bescheid nunmehr vollstreckbar sei, wurde die Beschwerdeführerin noch einmal aufgefordert, den Gesamtbetrag unverzüglich einzuzahlen.

Da die mit der Strafverfügung vom verhängte rechtskräftige Strafe bis dato nicht bezahlt wurde, erließ die belangte Behörde in weiterer Folge eine Vollstreckungsverfügung vom , GZ. MA67/XXX/2023. Der Strafbetrag in der Höhe von 60 Euro, sonstige Kosten (Mahngebühr) in der Höhe von 5 Euro, also offene Forderung inklusive Mahngebühr 65 Euro, sei innerhalb von zwei Wochen fällig.

Begründend wurde ausgeführt, da der Bescheid inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr) vollstreckbar sei, werde zur Einbringung des Geldbetrages gemäß §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) die Zwangsvollstreckung verfügt und die Fahrnisexekution im Sinne des § 27 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) auf bewegliche körperliche Sachen der verpflichteten Partei angeordnet.

Zusätzlich fertigte die belangte Behörde einen Rückstandsausweis nach § 54b Abs. 1b VStG über 5 Euro Mahngebühr aus (vollstreckbar mit ).

Mit E-Mail vom erstattete die Beschwerdeführerin eine von der Behörde als Einspruch gegen die Strafverfügung vom gewertete Eingabe mit folgendem Inhalt: "Sehr geehrte Damen Herren hiermit möchte ich sie in Zukunft nicht bei mir melden,Ich bin nur Angestellte diese Firma,Auto ist von der Firma,Ich kann mir nicht eure Luxus an strafen mit gemeine Strategie nicht leisten,Bin kein Burger dieses Land,Sonst hätte viel dagegen getan,In viele eure Magistrat,Bei mir zuhause in Brasilien wird solche Magistrate nicht lang in Luxus leben,Ich weiß nicht was falsch war,Es wird viel Geld an Geldschein bezahltUnd trotzdem bekommen man Strafe?Nein mit mir nicht,Bitte an der Firma,Sonst bleibe Arbeitslos,muss kein straf bezahlenUnd bekomme genau soviel wie wenn Arbeit gehen,Firma kann mich kündigen oder ich mich selbst,Bin nicht für solche Stress geboren."

Dem Schreiben war eine Kopie der Vollstreckungsverfügung vom , GZ. MA67/XXX/2023, beigelegt.

Mit Verfahrensanordnung (Verspätungsvorhalt) vom forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin nach Darstellung der Sachlage (die Strafverfügung sei am von einem Mitbewohner an der Abgabestelle übernommen worden) hinsichtlich der offensichtlich verspäteten Erhebung des Rechtsmittels auf, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine allfällige Abwesenheit von der Abgabestelle bekannt zu geben und mit geeigneten Bescheinigungsmitteln zu belegen.

Die Beschwerdeführerin brachte auf diesen Verspätungsvorhalt mit E-Mail vom vor, sie habe die Strafverfügung vom nicht bekommen und ersuchte die Behörde zugleich um Bekanntgabe von jener Person (Name mit Türnummer), der die Strafverfügung übergeben worden sei.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom wurde der Beschwerdeführerin die Sach- und Rechtslage mitgeteilt und eine Kopie der Übernahmebestätigung der Strafverfügung mit Unterschrift eines Mitbewohners vom beigelegt. Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin auf, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben und geeignete Beweise anzuführen.

Die Zustellung des Schreibens vom wurde ohne Zustellnachweis angeordnet (§ 26 Zustellgesetz). Das Schreiben blieb unbeantwortet.

Mit hier angefochtenem Bescheid vom (Zurückweisungsbescheid) wies die belangte Behörde den Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom (gem. § 49 Abs. 1 VStG 1991) als verspätet zurück.

Die Beschwerdeführerin erhob mit E-Mail vom fristgerecht Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom und brachte das Folgende vor:

"To: AB.; arbeitsrecht@akwien.at; CD.@CD.-EF..at; MA 67 Rechtsmittelverfahren

Sehr geehrte Frau CD.,
Hiermit sende ich Ihnen noch einmal diese Strafe
Dabei möchte ich sagen,
Das ich keine richtige Schulungen bei Ihr Firma bekommen haben,
Noch weniger Uber die Gelbe sonst anderen Parkscheinen,
Wegen mangelhafter Schulungen und nötige ein Informationen für Mitarbeiter,
Sind sie verantwortlich für die dazu kommenden Strafe
Sonst was,
Ich war Anfängerin bei Ihnen sie haben gewusst,
Wichtig für sie war schnell in die Arbeit,
Und kein Rücksicht was dazu kommen,
Wie sie wissen die Sachen wegen Ausnutzen meine Leistung unter anderem Bezahlung die es fehlt ist bei AK und den Gericht!
Ich bitte sie so rasch wie möglich diese Situation mit MA67 zu erledigen,
Sonst bitte ich MA67, zu Gericht zu schicken
Damit ich dem Richter Schildern was und wie
Alles bei Ihr Firma waren.
Außerdem ich verstehe nicht alles was auf dem Brief ist,
Weiß auch nicht was ich tun soll,
Brauche Hilfe dabei?
Bin Migrantine, aus Brasilien.
An MA67:

Bitte wenn sie kein Bezahlung von der Firma
CD., Bekommen die nächsten 14tage, Senden sie Bitte ans Gericht Weiter, Vielen Dank für die verständnisvolle Arbeit und Geduldige."

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Strafverfügung vom wurde der Beschwerdeführerin durch die Übernahme von einem Mitbewohner (***) am zugestellt.

Da die mit dieser Strafverfügung verhängte rechtskräftige Strafe bis dato nicht bezahlt wurde, erließ die belangte Behörde am eine Vollstreckungsverfügung, GZ. MA67/XXX/2023. Begründend wurde ausgeführt, dass die mit der Strafverfügung vom verhängte rechtskräftige Geldstrafe bis dato nicht bezahlt worden sei. Da der Bescheid inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr) vollstreckbar sei, werde zur Einbringung des Gesamtbetrages von € 65,00 (inklusive € 5,00 Mahngebühren gemäß § 54b Abs. 1a VStG) gemäß §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) die Zwangsvollstreckung verfügt.

Innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist erstattete die Beschwerdeführerin am per E-Mail eine Eingabe, die von der Behörde als Einspruch gegen die Strafverfügung vom angesehen wurde.

Die Eingabe vom wurde im zeitlichen Zusammenhang mit der Vollstreckungsverfügung vom , also innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebracht. Die Beschwerdeführerin bringt darin zum Ausdruck, dass sie die verhängte Geldstrafe nicht bezahlen will. Dem Schreiben war eine Kopie der Vollstreckungsverfügung vom beigelegt. Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe die Strafverfügung vom nicht bekommen.

Aus all diesen Gründen wertet das Bundesfinanzgericht die per E- Mail eingebrachte Eingabe vom als Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung vom .

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Auslegung von Parteianbringen auf das aus diesem erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist es der Behörde verwehrt, diesem eine abweichende, eigene Deutung zu geben, selbst wenn das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig wäre. Wenn jedoch der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens unklar ist, ist die Behörde entsprechend den ihr gemäß § 37 iVm § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern (, mwN).

Durch die Beilage der Vollstreckungsverfügung vom hat die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe den Bescheid, gegen den sich die Eingabe richtet, eindeutig bestimmt.

Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die "Rechtmäßigkeit der Zurückweisung" (vgl. das Erkenntnis des Zlen. Ra 2014/07/0002, 0003).

Einen Einspruch gegen die Strafverfügung hat die Beschwerdeführerin nicht erhoben. Die belangte Behörde hätte daher nicht bescheidmäßig über einen Einspruch gegen die Strafverfügung absprechen dürfen. Der hier angefochtene Zurückweisungsbescheid vom , GZ. MA67/XXX/2023, war somit rechtswidrig und aufzuheben.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500266.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at