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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.07.2024, RV/7102551/2024

Ausschluss von Geldleistungen aus dem österreichischen Familienlastenausgleich aufgrund der Privilegierung für Diplomaten und der mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienmitglieder

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Maria Daniel über die Beschwerde von Bf***, geb. am ttmmjjjj, Wohnadresse unbekannt, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom (Ordnungsbegriff 123***) betreffend Abweisung des Antrags auf Familienbeihilfe für L*** (geboren am ttmmjjjj) zur Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrenslauf

Die Beschwerdeführerin teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom (eingelangt bei der belangten Behörde am ) mit, dass auf den Anspruch von Familienbeihilfe für L*** (geboren am ttmmjjjj) verzichtet werde, da dieser als Sohn eines Diplomaten in A*** "verankert" sei.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit bei der belangten Behörde am einlangendem Formular "Beih 100" die Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihren Sohn L*** und legte folgende Unterlagen bei: Geburtsurkunde des Kindes, Heiratsurkunde, Ausweiskopien, Bestätigung der Beschäftigung des Ehegatten als Diplomat in der Funktion Botschaftsrat bei der OSZE, Bestätigungen der ÖGK bzgl Anspruch auf Sachleistungen der Krankenbehandlung für die Beschwerdeführerin, den Ehegatten und den gemeinsamen Sohn, Kindergartenbesuchsbestätigung, Bestätigung vom der Sozialversicherung in A***, dass kein "Kindergeld" in A*** bezogen wurde (mit Übersetzung), Kopie des Mutter-Kind-Passes.

Der Antrag wurde mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen, da die Beschwerdeführerin als Ehegattin eines Mitarbeiters der OSZE keinen Anspruch auf Familienbeihilfe habe.

In der Beschwerde vom bringt die Beschwerdeführerin vor, dass ihr Ehemann kein Angestellter der OSZE, sondern Diplomat sei. Er arbeite als Botschaftsrat bei der OSZE. Ferner gibt die Beschwerdeführerin bekannt, dass sie gemeinsam mit der Familie ab in das Ausland verziehen werde und Schriftstücke ab diesem Zeitpunkt an die Adresse der Ständigen Vertretung A*** bei der OSZE in Wien zu übermitteln seien.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit Verweis auf das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen als unbegründet abgewiesen.

Im Vorlageantrag vom brachte die Beschwerdeführerin ergänzend vor, dass sie Kenntnis darüber erlangt habe, dass ein anderer Diplomat in derselben Situation einen positiven Bescheid zu seinem Familienbeihilfe-Antrag erhalten habe. Daher sei es unverständlich, warum der Antrag der Beschwerdeführerin abgelehnt worden sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch die von der belangten Behörde vorgelegten und im Verfahrensverlauf zitierten Dokumente und Unterlagen.

Demnach steht folgender Sachverhalt unstrittig fest:

Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist Diplomat und arbeitete von September 2018 bis August 2019 in der Funktion als Botschaftsrat bei der Ständigen Vertretung von A*** bei der OSZE in Wien. Die Beschwerdeführerin wohnte in dieser Zeit mit ihrem Ehemann und dem gemeinsamen Sohn in einem Haushalt in Österreich. Die Beschwerdeführerin und ihr Sohn sind nicht Angehörige des Empfangsstaates (Österreich) und ebenfalls A*** Staatsangehörige.

Seit wohnt die Familie nicht mehr in Österreich. Die neue Wohnadresse wurde nicht bekannt gegeben.

Es besteht Streit darüber, ob ein Anspruch auf Familienbeihilfe für den Sohn der Beschwerdeführerin besteht.

Rechtliche Würdigung

Gem Art 37 Abs 1 Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (BGBl. Nr. 66/1966), dessen Geltungsbereich sich auch auf A*** erstreckt, genießen die zum Haushalt eines Diplomaten gehörenden Familienmitglieder, wenn sie nicht Angehörige des Empfangsstaates sind, die in den Artikeln 29 bis 36 bezeichneten Vorrechte und Immunitäten.

Artikel 33 Abs 1 des Übereinkommens bestimmt:

"Vorbehaltlich des Absatzes 3 ist ein Diplomat in bezug auf seine Dienste für den Entsendestaat von den im Empfangsstaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit."

Artikel 33 Abs 3 des Übereinkommens bestimmt:

"Beschäftigt ein Diplomat Personen, auf welche die in Absatz 2 vorgesehene Befreiung keine Anwendung findet, so hat er die Vorschriften über soziale Sicherheit zu beachten, die im Empfangsstaat für Arbeitgeber gelten."

Gem Art 34 des Übereinkommens ist der Diplomat von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personen- und Realsteuern oder - abgaben befreit, ausgenommen die in den lit a bis f aufgezählten Fällen:

a) die normalerweise im Preis von Waren oder Dienstleistungen enthaltenen indirekten Steuern;

b) Steuern und sonstige Abgaben von privatem, im Hoheitsgebiet des Empfangsstaats gelegenem unbeweglichen Vermögen, es sei denn, daß der Diplomat es im Auftrag des Entsendestaats für die Zwecke der Mission benützt;

c) Erbschaftssteuern, die der Empfangsstaat erhebt, jedoch vorbehaltlich des Artikels 39 Absatz 4;

d) Steuern und sonstige Abgaben von privaten Einkünften, deren Quelle sich im Empfangsstaat befindet, sowie Vermögensteuern von Kapitalanlagen in gewerblichen Unternehmen, die im Empfangsstaat gelegen sind;

e) Steuern, Gebühren und sonstige Abgaben, die als Vergütung für bestimmte Dienstleistungen erhoben werden;

f) Eintragungs-, Gerichts-, Beurkundungs-, Beglaubigungs-, Hypotheken- und Stempelgebühren in bezug auf unbewegliches Vermögen, jedoch vorbehaltlich des Artikels 23.

Artikel 37 Abs 1 des Übereinkommens bestimmt:

"Die zum Haushalt eines Diplomaten gehörenden Familienmitglieder genießen, wenn sie nicht Angehörige des Empfangsstaats sind, die in den Artikeln 29 bis 36 bezeichneten Vorrechte und Immunitäten."

Das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (BGBl. Nr. 66/1966) sieht neben den Immunitäten und Privilegien jeweils auch eine Befreiung dieser Personen von der sozialen Sicherheit des Empfangsstaates vor, welche gleichzeitig aber auch den Ausschluss von den Familienleistungen, dh Geldleistungen aus dem österreichischen Familienlastenausgleich, nach sieht sich (vgl. Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2 Rz 4).

Durch die Privilegierung für Diplomaten und der mit ihnen im gemeinsam Haushalt lebenden Familienmitglieder nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen kommt es zu einer Entlastung der Haushaltsgemeinschaft. Eine weitere Entlastung in Form von Familienbeihilfen ist nach der Rechtsprechung des VwGH nicht mehr geboten und auch nicht verfassungswidrig (vgl ).

Der Anspruch für alle Sachleistungen der Krankenbehandlung durch die Österreichische Gesundheitskasse führt nicht zum Anspruch für den Bezug der Familienbeihilfe.

Da der Ehemann der Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Zeitraum als Diplomat bzw Botschaftsrat bei der Ständigen Vertretung von A*** bei der OSZE in Wien gearbeitet hat und weder seine Ehefrau noch der gemeinsame Sohn (als zum Haushalt des Diplomaten gehörende Familienmitglieder) Angehörige des Empfangsstaates (Österreich) sind, besteht nach den bereits zuvor zitierten Bestimmungen kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Eine allfällige rechtsunrichtige Zuerkennung der Familienbeihilfe für einen anderen Antragsteller kann den Anspruch auf Familienbeihilfe für die Beschwerdeführerin ebenfalls nicht begründen.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die Rechtsfrage bezüglich des Anspruches auf Familienbeihilfe aufgrund des im Erkenntnis zitierten Völkerrechtlichen Vertrages bereits eindeutig gelöst ist. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehender Sachverhaltsfragen ab, die einer ordentlichen Revision nicht zugänglich sind.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 37 Abs. 1 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102551.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at