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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.08.2024, RV/5100052/2024

Zeitpunkt der Beendigung einer Berufsausbildung (Bachelorstudium)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Zeiträume April 2023 bis September 2023 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das Finanzamt unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) und § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Höhe von insgesamt 1.419,00 Euro (FB: 1.048,20 Euro, KG: 370,80 Euro) zurück, welche die Beschwerdeführerin (Bf.) für ihren Sohn, ***K.***, VNR: ***VNR***, in den Zeiträumen April 2023 bis September 2023 bezogen hatte.
Dies sinngemäß mit der Begründung, dass die Familienbeihilfe für ein volljähriges Kind während einer Berufsausbildung bzw. Berufsfortbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 zustehe und diese Voraussetzung beim Sohn der Bf. nicht zutreffe.

Dagegen richtet sich die über FinanzOnline eingebrachte Beschwerde vom , in der zur Begründung im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der Sohn der Bf. - wie aus den angehängten Dokumenten ersichtlich sei - Ende März 2023 sein Bachelorstudium erfolgreich abgeschlossen habe. Im Kalenderjahr 2023 liege sein Bruttoeinkommen zudem unter der Zuverdienstgrenze von 15.000,00 Euro.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Zur Begründung führte die Behörde unter Verweis auf die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 an, dass der Sohn der Bf. im März 2023 die Berufsausbildung beendet habe und daher ab April 2023 kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr bestehe. Die Zuverdienstgrenze in der Höhe von 15.000,00 Euro beziehe sich nur auf in Berufsausbildung stehende Kinder.

In der als Beschwerde bezeichneten und als Vorlageantrag zu wertenden Eingabe vom brachte die Bf. vor, dass sich ihr Sohn im Sommersemester 2023 weiterhin in Ausbildung befunden habe, wie aus einer beigefügten Inskriptionsbestätigung der Wirtschaftsuniversität Wien ersichtlich sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für ihren Sohn, ***K.***, VNR: ***VNR***, in den Zeiträumen April 2023 bis September 2023 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in der Höhe von insgesamt 1.419,00 Euro (FB: 1.048,20 Euro, KG: 370,80 Euro).
Dem Abschlusszeugnis der Wirtschaftsuniversität Wien vom zufolge schloss der am ***1*** geborene Sohn der Bf. am das Bachelorstudium "Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Studienzweig Wirtschaftsinformatik," mit Auszeichnung ab. Mit Bescheid der Wirtschaftsuniversität Wien vom wurde ihm der akademische Grad "Bachelor of Science (WU), BSc (WU)" gemäß § 87 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 verliehen. Laut einer vorgelegten Studienbestätigung der Wirtschaftsuniversität Wien vom war er im Sommersemester 2023 zum ordentlichen Studium im Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften rückgemeldet.

2. Beweiswürdigung

Der angeführte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

3. Rechtslage und rechtliche Beurteilung

Gem. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt (§ 10 Abs. 2 FLAG 1967).
Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist die Gewährung von Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sohin an die Voraussetzung gebunden, dass sich das Kind in Berufsausbildung befindet. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Familienbeihilfe nach dem Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt werden (siehe ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 223).

Im Beschwerdefall ist strittig, ob bereits mit dem Tag der Ablegung der letzten Prüfung am oder erst mit Ende des Sommersemesters 2023 der Besuch einer in § 3 StudFG genannten Einrichtung und damit die Berufsausbildung des Sohnes der Bf. geendet hat.

Die Zulassung zu einem Studium erlischt gemäß § 68 Abs. 1 Z. 6 Universitätsgesetz 2002 (UG), wenn die oder der Studierende das Studium durch die positive Beurteilung bei der letzten vorgeschriebenen Prüfung abgeschlossen hat. § 68 Abs. 1 Z. 6 UG stellt sohin für den Zeitpunkt des Abschlusses des Studiums und damit des Erlöschens zu dessen Zulassung auf die "positive Beurteilung bei der letzten vorgeschriebenen Prüfung" ab.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation ().

Im vorliegenden Fall lagen im März 2023 sowohl der vom Universitätsgesetz 2002 bezeichnete Zeitpunkt der positiven Beurteilung der letzten vorgeschriebenen Prüfung (am ) als auch der von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung angesprochene Qualifikationsnachweis (Abschlusszeugnis sowie Bescheid über die Verleihung des akademischen Grades vom ) vor.
Es ist daher nicht als rechtswidrig anzusehen, wenn das Finanzamt davon ausging, dass die Berufsausbildung des Sohnes der Bf. im März 2023 geendet hatte.

Daran ändert auch die im Zuge des Vorlageantrags vorgelegte Studienbestätigung vom über die Rückmeldung zum ordentlichen Studium im Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften im Sommersemester 2023 nichts, weil das Ablegen von Prüfungen und der Besuch von Lehrveranstaltungen essenzielle Bestandteile sind, um eine Berufsausbildung als Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung der Familienbeihilfe anzuerkennen (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG2, § 2 Rz 59 mwN).

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienbeihilfe, gutgläubiger Empfang oder gutgläubige Verwendung der Beihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG2, § 26 Rz 12 f und die dort angeführte Judikatur).

Daraus folgt, dass mangels Anspruchs auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge hinsichtlich der Zeiträume April 2023 bis September 2023 die entsprechenden Beträge bei der Bf. zurückzufordern waren.
Die Bf. behauptet auch nicht, dass der Rückforderungsbetrag unrichtig berechnet worden wäre.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

4. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Weder die im Rahmen der Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen noch die einzelfallbezogene rechtliche Beurteilung weisen eine Bedeutung auf, die über den Beschwerdefall hinausgeht. Da sohin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen war, ist eine Revision nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 68 Abs. 1 Z 6 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100052.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at