Auskunftsbescheid nach § 118 BAO: Eine über den Antrag hinausgehende Auskunft ist rechtswidrig
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7102764/2023-RS1 | Ein Auskunftsbescheid gemäß § 118 BAO ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Spricht die Behörde über eine Rechtsfrage ab, die von der Antragstellerin im Antrag nicht gestellt wurde, erfolgt dies in rechtswidriger Weise. |
RV/7102764/2023-RS2 | Der Gegenstand des Auskunftsbescheides (Sache des erstinstanzlichen Verfahrens) ist durch die im Antrag zum geplanten Sachverhalt konkret formulierten Rechtsfragen determiniert. |
RV/7102764/2023-RS3 | Eine über den Antrag hinausgehende Auskunft kann schon deshalb nicht Spruchbestandteil sein, weil eine Abgabepflichtige, die einen Antrag nach § 118 BAO stellt, sonst durch eine über den Antragsumfang hinausgehende Auskunft gezwungen wäre, ein Rechtsmittel zu erheben, um zu verhindern, dass die überschießende Beauskunftung in Rechtskraft erwächst und sie diese ihr gegenüber gelten lassen müsse (Art 18 Abs 1 B-VG). |
RV/7102764/2023-RS4 | Dass im Zusammenhang mit Umgründungen eine ertragsteuerliche Beurteilung immer zwingend zu erfolgen hat, kann dem § 118 Abs 2 Z 1 BAO nicht entnommen werden. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende MMag. Elisabeth Brunner, den Richter Mag. Gerhard Konrad sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Petra Ibounig und Mag. Gertraud Lunzer in der Beschwerdesache BF, BF Adresse, vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Auskunftsbescheid gemäß § 118 Bundesabgabenordnung (BAO) des Finanzamtes Österreich vom betreffend, Steuernummer 09-XXX/0000, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Auskunftsbescheid wird im Spruch wie folgt abgeändert:
Punkt I. 1. bleibt unverändert.
Punkt I. 2. entfällt.
Punkt I. 3. bleibt unverändert.
Punkt II. wird insoweit abgeändert, als "" durch "" ersetzt wird.
Punkt III. wird insoweit abgeändert, als "" durch "" ersetzt wird.
II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensverlauf
Mit Antrag vom begehrte die niederländische BF (Beschwerdeführerin) die Bestätigung der grunderwerbsteuerlichen Auswirkungen eines geplanten, noch nicht verwirklichten Sachverhalts, nämlich die Umwandlung einer niederländischen Kapitalgesellschaft (Beschwerdeführerin) in eine niederländische Genossenschaft mit Haftungsausschluss in Form eines Auskunftsbescheides nach § 118 BAO.
Mit Auskunftsbescheid gemäß § 118 BAOvom wurde von der belangten Behörde über den Antrag wie folgt abgesprochen:
"I. Die im Antrag formulierte(n) Rechtsfrage(n) zu dem unter Punkt A. der Begründung dieses Bescheides antragsgemäß dargelegten Sachverhalt wird(werden) wie folgt abgabenrechtlich beurteilt:
1. Die geplante Umwandlung der niederländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung BF in die niederländische Genossenschaft BF NEU stellt keine übertragende Umwandlung dar und fällt daher nicht unter Art II UmgrStG.
2. Die geplante Umwandlung der niederländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung BF in eine niederländische Genossenschaft BF NEU kann für österreichische Zwecke nicht als rein rechtsformwechselnd angesehen werden. Das hat für Zwecke des Ertragsteuerrechts zur Folge, dass das Liegenschaftsvermögen nicht steuerneutral übertragen werden kann (§ 21 Abs. 1 KStG iVm § 98 EStG).
3. Wird anlässlich der geplanten "formwechselnden" Umwandlung der niederländischen BF gemäß den Vorschriften zur "formwechselnden" Umwandlung (dh ohne Übertragungsvorgang) einer Gesellschaft in den Niederlanden in die BF NEU. die rechtliche Existenz der juristischen Person nicht beendet und bleibt die Identität des Rechtsträgers erhalten, liegt eine rechtsformwandelnde Umwandlung vor, durch die kein der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang verwirklicht wird.
II. Der Auskunftsbescheid wirkt für die im Antrag angeführte(n) Umgründung(en), sofern dieser(n) ein Umgründungsstichtag im Zeitraum bis zugrunde gelegt wird.
III. Bis zum zu berichten, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt verwirklicht worden ist, wann und wie der Sachverhalt verwirklicht worden ist, und ob wesentliche Abweichungen des Sachverhalts erfolgten"
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Beschwerde am . Sie beantragte Punkt I.2. des Auskunftsbescheides abzuändern, sodass die geplante Umwandlung für ertragsteuerliche Zwecke als eine rein formwechselnde Umwandlung ohne ertragsteuerliche Folgen anzusehen sei. In eventu soll dieser Punkt wegen Erörterung einer im Ruling-Antrag nicht gestellten Rechtsfrage aufgehoben werden. Diesfalls sei die zusätzliche Rechtsfrage zu beantworten, ob die Umwandlung für ertragsteuerliche Zwecke als eine rein formwechselnde Umwandlung anzusehen sei. Zusätzlich soll der Zeitraum des Umgründungsstichtages, für den der Auskunftsbescheid wirke, bis zum ausgedehnt werden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde insoweit teilweise Folge gegeben, als der Auskunftsbescheid für Umgründungen mit Umgründungsstichtag vom bis wirken soll. Die Beschwerde gegen Punkt I.2. des Auskunftsbescheides wurde abgewiesen.
Mit Vorlageantrag vom verlangte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den Senat und begehrte in der Sache wie bereits in der Beschwerde ausgeführt. Ergänzend soll der Zeitraum, für den der Auskunftsbescheid wirken soll, bis zum ausgedehnt werden.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom mit dem Antrag auf Stattgabe hinsichtlich der Ausdehnung des Wirkungszeitraumes, ansonsten auf Abweisung der Beschwerde vor.
Vor dem Bundesfinanzgericht fand ein Erörterungstermin am statt. Die belangte Behörde führte aus, dass eine Anfrage hinsichtlich der Grunderwerbsteuer (GrESt) nicht ruling-fähig sei. Gegenstand könne nur sein, ob eine Umgründung nach innerstaatlichem Recht vorliegt oder nicht. Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin gab an, dass ursprünglich angefragt wurde, ob der dargestellte Vorgang Grunderwerbsteuerpflicht auslöse. Das FAÖ habe im Bescheid auch die Ertragsteuer hineingenommen, was eine über den Antrag hinausgehende Darlegung sei. Der Antrag wurde im Rahmen der Beschwerde aus Gründen der Rechtssicherheit ausgedehnt.
Hinsichtlich der ertragsteuerlichen Beurteilung wurde von beiden Parteien die Ansicht vertreten, dass die Prüfung des Sachverhaltes in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu erfolgen habe. Das Finanzamt brachte vor, dass eine Umwandlung von einer Kapitalgesellschaft in eine Genossenschaft im österreichischen Gesellschaftsrecht nicht vorkomme. Ein Transfer von einer Kapitalgesellschaft zu einer Genossenschaft sei nicht ausschließlich formwechselnd. Wesentlich sei, dass die Zielstruktur Genossenschaft vom Typ her keine Kapitalgesellschaft ist. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin liege eine formwechselnde Umwandlung vor und gäbe es selbst nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise keinen anderen Rechtsträger, auf den das Vermögen übergegangen ist. Eine konkrete Bestimmung im EStG bzw. KStG, die eine Gewinnrealisierung vorsieht, existiere nicht.
In der mündlichen Verhandlung vom hielten die Parteien ihr bisheriges Vorbringen aufrecht.
Die Vertreterin des Finanzamts vertrat weiterhin die Ansicht, dass aufgrund der Verneinung der Steuerneutralität des Vorganges das FAÖ die Ertragsteuer beauskunften musste. Artikel 2 des Umgründungsgesetzes spräche nur dann von einer formwandelnden Umwandlung, wenn die Umwandlungen auf gleichwertiger Ebene stattfinden, dh wenn eine Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird, zB eine AG in eine GesmbH oder eine Personengesellschaft in eine andere Personengesellschaft. Ein Wechsel der Ebenen, zB Kapitalgesellschaft auf Genossenschaft, sei nur dann möglich, wenn eine gesetzliche Sonderbestimmung vorliegt. Eine Anwendung von niederländischem Gesellschaftsrecht würde eine massive Einschränkung des Rechts der Republik Österreich bedeuten.
Die Beschwerdeführerin betonte, dass §§ 10 und 12 IPRG und damit niederländisches Recht anzuwenden seien. Das IPRG sehe vor, welche Rechtsordnung für bestimmte Sachverhalte anzuwenden ist. Dass das IPRG österreichisches Recht einschränke, sei naturgegeben. Nach niederländischem Recht sei bei einer Umwandlung von einer B.V. in eine Coöperatief Identitätswahrung gegeben und damit gehe auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise kein Vermögen über. Nach österreichischem Steuerrecht gelten beide als Körperschaften und dadurch komme das Intransparenzprinzip zur Anwendung. Vermögen und Einkünfte werden weiter der gleichen Gesellschaft zugerechnet. Es komme daher zu keiner Gewinnrealisierung. Österreich habe weiterhin das Besteuerungsrecht für die Liegenschaft und könne weiter auf die stillen Reserven dieser Liegenschaft zugreifen. Die Beschwerdeführerin sah des Weiteren einen Widerspruch zur Niederlassungsfreiheit.
Die Beschwerdeführerin beantragte, den Zeitraum, für den die Auskunft wirken soll, bis zum zu verlängern.
Erwägungen des Bundesfinanzgerichts
1. Sachverhalt
Die niederländische BF ist eine private Gesellschaft mit beschränkter Haftung ("GmbH") mit Sitz in Amsterdam, die nach niederländischem Recht gegründet wurde und eine Immobilie in Österreich besitzt. Die Gesellschaft wird zu 100% von der niederländischen Genossenschaft BF MUTTER gehalten.
Die steuerliche Vertretung beantragte am eine Bestätigung der grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen einer geplanten Umgründung in Bezug auf das inländische Grundstück.
Von der Beschwerdeführerin ist geplant, die aktuelle Unternehmensstruktur in den Niederlanden anzupassen. Sie soll als niederländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß den Vorschriften zur "formwechselnden" Umwandlung (dh ohne Übertragungsvorgang) einer Gesellschaft in den Niederlanden in eine Genossenschaft mit Haftungsausschluss ("BF NEU.") umgewandelt werden.
Die geplante Umgründung stellt sich wie folgt dar:
[...]
Im Hinblick auf die erheblichen abgabenrechtlichen Auswirkungen besteht ein besonderes Interesse an der abgabenrechtlichen Beurteilung.
Die im Antrag formulierten konkreten Rechtsfragen, das dargelegte Rechtsproblem und die begründete Rechtsansicht beziehen sich ausschließlich darauf, ob infolge der Beurteilung der geplanten Umgründung ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang verwirklicht bzw. eine Grunderwerbsteuerpflicht ausgelöst wird. Eine ertragsteuerliche Beurteilung der geplanten Umgründung ist vom Antrag nicht umfasst.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus den, mit dem Vorlagebericht vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus dem Antrag auf Erteilung eines Auskunftsbescheides vom .
Dass der gegenständliche Sachverhalt im Zeitpunkt des Antrages noch nicht verwirklicht war und seitens der Beschwerdeführerin ein besonderes Interesse an der abgabenrechtlichen Beurteilung besteht, ist unstrittig und begegnet dieses Vorbringen keinen Bedenken.
Aus dem Inhalt dieses Antrages ergibt sich eindeutig, dass bloß die grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen der in den Niederlanden geplanten Umwandlung auf ein im Inland gelegenes Grundstück bestätigt werden sollten.
Zunächst geht dies aus Punkt 1.2. letzter Satz Antrag hervor, wonach "fraglich und Gegenstand dieses Ruling-Antrages … die grunderwerbsteuerlichen Auswirkungen der formwechselnden Umwandlung in Österreich [sind]".
Des Weiteren ergibt sich diese Feststellung aus der unter Punkt 3. Antrag angeführten Fragestellung, die zwei sich ausschließende Rechtsfragen mit jeweiligem eindeutigen Bezug zur GrESt-Pflicht beinhaltet:
"Wir ersuchen um abgabenrechtliche Beurteilung, ob es sich bei der in Punkt 1.2. beschriebenen Umwandlung der niederländischen BF in eine niederländische Genossenschaft
um eine übertragende Umwandlung handelt, die bei Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen (insb. keine Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs und Vorliegen des Betriebserfordernisses) unter Artikel II Umgründungssteuergesetz fällt und damit aufgrund des Vorliegens einer Vermögensübertragung der Grunderwerbsteuer von 0,5% des Grundstückswertes unterliegt oder
entsprechend den Umgründungssteuerrichtlinien 2002 (Rz 407) eine rein rechtsformwechselnde Umwandlung ohne Vermögensübertragung vorliegt und daher kein Erwerbsvorgang gemäß § 1 GrEStG 1987 hinsichtlich der österreichischen Immobilie gegeben ist."
Die Frage, ob ein geplanter Sachverhalt unter Art II Umgründungssteuergesetz falle oder nach Rz 407 UmgrStR 2002 eine rechtsformwechselnde Umwandlung vorliege, ist lediglich als Vorfrage für allfällige ertrags-, umsatz-, gebühren- oder verkehrssteuerrechtliche Beurteilungen zu qualifizieren. Die Beschwerdeführerin wollte jedoch zur Vorfrage nach der Anwendbarkeit des UmgrStG auch die grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen beauskunftet haben. Da die Fragestellung nur auf die Grunderwerbsteuer abzielt, ergibt sich daraus kein direkter Bezug zur ertragsteuerlichen Beurteilung.
In Punkt 7. Antrag wird darüber hinaus explizit angegeben, dass die durch die Anfrage betroffene Abgabe die Grunderwerbsteuer ist.
Des Weiteren gab der steuerliche Vertreter beim Erörterungstermin an, dass ursprünglich angefragt wurde, ob der dargestellte Vorgang Grunderwerbsteuerpflicht auslöse und dass die ertragsteuerliche Beurteilung eine über den Antrag hinausgehende Darlegung sei.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Auskunft gemäß § 118 BAO (Spruchpunkt I.)
Gemäß § 118 Abs 1 BAO hat das Finanzamt auf schriftlichen Antrag mit Auskunftsbescheid über die abgabenrechtliche Beurteilung im Zeitpunkt des Antrages noch nicht verwirklichter Sachverhalte abzusprechen, wenn daran in Hinblick auf die erheblichen abgabenrechtlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht.
Die Antragstellung auf Erlassung eines Auskunftsbescheides steht - wie gegenständlich auch zutreffend - nach § 118 Abs 3 lit a BAO insbesondere dem Abgabepflichtigen selbst zu.
Im Beschwerdefall liegt ein schriftlicher Antrag der Beschwerdeführerin vom vor.
§ 118 Abs 4 BAO sieht als Inhaltserfordernisse des Antrages vor:
"a) eine umfassende und in sich abgeschlossene Darstellung des zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhaltes;
b) die Darlegung des besonderen Interesses des Antragstellers;
c) die Darlegung des Rechtsproblems;
d) die Formulierung konkreter Rechtsfragen;
e) die Darlegung einer eingehend begründeten Rechtsansicht zu den formulierten Rechtsfragen;
f) die für die Höhe des Verwaltungskostenbeitrages (Abs. 10 leg cit) maßgebenden Angaben."
Gemäß § 118 Abs 6 BAO hat der Auskunftsbescheid zu enthalten:
"a) den der abgabenrechtlichen Beurteilung zugrunde gelegten Sachverhalt,
b) die abgabenrechtliche Beurteilung,
c) die der Beurteilung zugrunde gelegten Abgabenvorschriften,
d) die Abgaben oder Feststellungen und die Zeiträume, für die er wirken soll,
e) den Umfang der Berichtspflichten, insbesondere darüber, ob und wann der dem Auskunftsbescheid zugrunde gelegte Sachverhalt verwirklicht wurde bzw. welche Abweichungen von dem dem Auskunftsbescheid zugrunde gelegten Sachverhalt erfolgt sind"
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die belangte Behörde berechtigt war, bescheidmäßig über die ertragsteuerliche Beurteilung des noch nicht verwirklichten Sachverhaltes abzusprechen (§ 118 Abs 4 lit d BAO) bzw. ob die vorgenommene ertragsteuerliche Beurteilung rechtskonform erteilt wurde (§ 118 Abs 6 lit b BAO).
Rechtsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen
Gegenstand eines Auskunftsbescheides sind gemäß § 118 Abs 2 Z 1 BAO unter anderem Rechtsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen.
Die belangte Behörde bringt hinsichtlich des Vorliegens einer Rechtsfrage im Zusammenhang mit Umgründungen vor, dass gegenständlich die ertragsteuerliche Beurteilung (zB mit Verweis auf Rz 407 UmgrStR) zwingend sei. Eine bloße Beurteilung der Grunderwerbsteuerpflicht im Zusammenhang mit der geplanten Umgründung sei rechtlich nicht möglich.
Eine solche Auslegung ist der Bundesabgabenordnung nicht zu entnehmen. § 118 Abs 2 Z 1 BAO spricht von Rechtsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen. Umgründungen iSd § 118 Abs 2 Z 1 BAO sind Umgründungen nach dem UmgrStG (Ritz/Koran, BAO7, § 118 Rz 2). Davon sind jedenfalls Vorgänge, die typenmäßig den im UmgrStG geregelten Maßnahmen entsprechen, erfasst. Dass der angefragte Sachverhalt in der Folge tatsächlich die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG erfüllt, kann naturgemäß keine Antragsvoraussetzung sein ().
Dass der Gesetzgeber mit § 118 Abs 2 Z 1 BAO lediglich die Auskunft hinsichtlich der Erfüllung eines Tatbestandes des Umgründungssteuergesetzes bezweckte und die Folgefrage der tatsächlichen abgabenrechtlichen Auswirkungen ausschließen wollte, kann diesem nicht unterstellt werden. Aufgrund der offenen Wortwahl in § 118 Abs 2 BAO ("im Zusammenhang mit") bzw. § 118 Abs 1 BAO ("abgabenrechtliche" Beurteilung) und der engen Verknüpfung des Umgründungssteuergesetzes als Begünstigungsnorm zu allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften, ist es zulässig, Rechtsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen auch im Hinblick auf eine oder mehrere Abgaben zu stellen. Dies wird hinsichtlich der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer auch von der belangten Behörde nicht bestritten. Dass im Zusammenhang mit Umgründungen eine ertragsteuerliche Beurteilung immer zwingend zu erfolgen hat, kann dem § 118 Abs 2 Z 1 BAO nicht entnommen werden. Eine bloße Auskunft im Hinblick auf die Grunderwerbsteuerpflicht ist (unter der Voraussetzung des Vorliegens eines Umgründungsvorganges) grundsätzlich nach dem Gesetzeswortlaut nicht ausgeschlossen.
Gegenstand des Auskunftsbescheides
Wie unter 1. festgestellt, ist aus dem Wortlaut des Antrages vom die Formulierung konkreter Rechtsfragen in Bezug auf die ertragsteuerliche Beurteilung des Sachverhaltes nicht ableitbar. Ein solcher Antrag wurde nicht gestellt. Die belangte Behörde hätte mit den Spruchbestandteilen, dass die geplante Umgründung nicht unter Art II UmgrStG falle (Punkt I 1. Auskunftsbescheid) und dadurch kein der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang verwirklicht werde (Punkt I 3. Auskunftsbescheid) dem Antrag entsprochen. Eine darüberhinausgehende ertragsteuerliche Beurteilung ist vom Antrag nicht umfasst.
Ein Auskunftsbescheid gemäß § 118 BAO ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt (ErlRV 662 BlgNR 24. GP 18). Das zuständige Finanzamt hat nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur über den schriftlichen Antrag abzusprechen. Antragsbedürftige Verwaltungsakte dürfen von der Behörde nicht von Amts wegen gesetzt werden; geschieht es dennoch, so ist der Verwaltungsakt rechtwidrig (). Nichts Anderes kann für einzelne Spruchpunkte gelten.
Das Finanzamt hat daher in seiner abgabenrechtlichen Beurteilung nur die im Antrag gestellten Rechtsfragen zu dem im Antrag dargestellten Sachverhalt zu beantworten (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO § 118 Rz 26 [Stand , rdb.at]).
Auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - zum allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht - der Ansatz zu entnehmen, dass die Sache des erstinstanzlichen Verfahrens nicht generell, sondern nur auf Grund der jeweiligen Verwaltungsvorschrift, die die konkrete Verwaltungssache bestimmt, eruiert werden kann. Sache ist zwar grundsätzlich die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides gebildet hat, jedoch nicht der verbale Inhalt des Spruches, sondern vielmehr die in Verhandlung stehende Angelegenheit, die der Spruch zu erledigen hat ( mit Verweis auf , Slg. 11237/A).
Gegenstand des Auskunftsbescheides und damit Sache des erstinstanzlichen Verfahrens ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts durch die im Antrag zum dargestellten geplanten Sachverhalt konkret formulierten Rechtsfragen determiniert. Somit ist folglich nur zu prüfen, ob der Sachverhalt den Tatbeständen des Umgründungssteuergesetzes bzw. Grunderwerbsteuergesetzes unterzuordnen ist. Die ertragsteuerliche Beurteilung des zwar identen Sachverhalts stellt aufgrund der Anwendung anderer Rechtsnormen eine wesentliche Abweichung vom ursprünglichen Antrag dar.
Gegenständlich hat die belangte Behörde hinsichtlich Punkt I.2. Auskunftsbescheid (ertragsteuerliche Beurteilung) ohne Antrag und damit rechtwidrig abgesprochen.
Zudem könne die vorgenommene ertragsteuerliche Beurteilung schon deshalb nicht Spruchbestandteil sein, weil eine Abgabepflichtige, die einen Antrag nach § 118 BAO stellt, sonst durch eine über den Antragsumfang hinausgehende Auskunft gezwungen wäre, ein Rechtsmittel zu erheben, um zu verhindern, dass die überschießende Beauskunftung in Rechtskraft erwächst und sie diese ihr gegenüber gelten lassen müsse (Art 18 Abs 1 B-VG).
Dass mittlerweile auch seitens der Beschwerdeführerin ein Interesse an der ertragsteuerlichen Beurteilung besteht, ist zwar aus Gründen der Rechtssicherheit nachvollziehbar. Einer Auskunft steht jedoch die Tatsache entgegen, dass ein solcher Antrag ursprünglich eben nicht gestellt wurde.
Erweiterung des Antrages im Beschwerdeverfahren
Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag ihren Antrag in eventu auf die ertragsteuerliche Beurteilung ausgedehnt.
Der ursprüngliche Antrag vom kann jedoch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens weder geändert noch erweitert werden.
Die abgabenrechtliche Beurteilung im Spruch des Auskunftsbescheides kann zweifellos mehrere Abgaben betreffen (vgl § 118 Abs 6 lit d BAO "die Abgaben" bzw. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO § 118 Rz 22 [Stand , rdb.at]).
Die Sache des erstinstanzlichen Verfahrens ist jedoch durch den Antrag determiniert und durch die umgründungs- bzw. grunderwerbsteuerliche Beurteilung des noch nicht verwirklichten Sachverhaltes begrenzt.
Die Sache wird, weil sie durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift bestimmt wird, jedenfalls durch Antragsänderungen verlassen, welche die Anwendbarkeit einer anderen Norm zur Folge haben (Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 47 mwN [Stand , rdb.at]).
Da die ertragsteuerlichen Folgen der geplanten Umgründung vom ursprünglichen Antrag nicht umfasst sind, ist es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, über eine erst im Beschwerdeverfahren gestellte wesentliche (im Sinne der Anwendung anderer Normen) Erweiterung des Antrages abzusprechen (). Dafür ist das Bundesfinanzgericht funktionell nicht zuständig ( bis 0138-9 Rn 23).
Da sich die Beschwerde nicht gegen die umgründungs- bzw. grunderwerbsteuerliche Beurteilung richtet und diesbezüglich keine Bedenken bestehen, bleiben diese Spruchpunkte unverändert.
Der Zeitraum, für den der Auskunftsbescheid wirken soll, wird antragsgemäß bis zum ausgedehnt.
Der Zeitpunkt, bis zu welchem über den eventuell verwirklichten Sachverhalt zu berichten ist (§ 118 Abs 6 lit e BAO), ist zweckmäßigerweise zu verlängern und mit festzulegen.
Im Auskunftsbescheid kann der zu beurteilende Sachverhalt auch abweichend von der Rechtsansicht des Antragstellers beurteilt werden. In diesem Fall liegt aber keine (teilweise) Abweisung und bei Bestätigung der Rechtsansicht auch keine Stattgabe des Antrages vor, da das Begehren auf die abgabenrechtliche Beurteilung des dargelegten Sachverhaltes, nicht jedoch auf die Bestätigung der im Antrag dargelegten Rechtsansicht gerichtet ist (Ritz/Koran BAO7, § 118 Rz 14 mwN).
Der Spruch war daher - der rechtlichen Beurteilung folgend - abzuändern.
3.2. Zulässigkeit einer ordentlichen Revision (Spruchpunkt II.)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfragen wurden entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe 3.1.) beantwortet. Da jedoch eine konkrete Rechtsprechung zu § 118 BAO, insbesondere zur Frage, ob über eine Erweiterung des Antrages nach § 118 BAO im Beschwerdeverfahren in der Sache abzusprechen ist, nicht vorliegt, ist eine ordentliche Revision zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 118 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 118 Abs. 2 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102764.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at