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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.07.2024, RV/7102656/2024

Rückforderung der Familienbeihilfe - kein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3519/2024 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 01.2023-03.2023 SV-Nr. ***NR***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am erließ das Finanzamt folgenden beschwerdegegenständlichen Bescheid:
Rückforderungsbescheid Einzahlung
- Familienbeihilfe (FB)
- Kinderabsetzbetrag (KG)
für das Kind
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Art der Beihilfe Zeitraum
[Nachname w. Kindesmutter) ***A.*** … 07 20 FB Jan. 2023 - März 2023 KG Jan. 2023 - März 2023
Der Rückforderungsbetrag beträgt
Art der Beihilfe Summe in €
FB € 361,80
KG € 185,40
Rückforderungsbetrag gesamt: € 547,20
Sie sind verpflichtet, diesen Betrag nach § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen.
Die Rückzahlung hat bis auf Widerruf an das Finanzamt Österreich zu erfolgen. Die Fälligkeit des Rückforderungsbetrages entnehmen Sie der Buchungsmitteilung, die - falls Sie einer elektronischen Zustellung zugestimmt haben - in Ihre FinanzOnline-NACHRICHTEN, andernfalls gesondert per Post zugestellt wird.
Begründung:
Das Kind lebt nicht in Ihrem Haushalt und Sie leisten auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Der Bf. brachte Beschwerde ein wie folgt:
Ich hab den April schon zurückgezahlt und ich hab mich informiert das ich nicht
mehr zahlen muss da mein Sohn bei mir gemeldet war bis Ende März.
Der Beschwerde legte der Bf. eine Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister (Ausfertigung der zuletzt geänderten Meldedaten) bei (wiedergegeben im unten folgenden Erwägungsteil).

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, dies mit folgender Begründung:
Dem Finanzamt liegt seit ein Beschluss des Bezirksgericht Schwechat, betreffend der vorläufigen Pflege und Erziehung des mj. ***A.*** durch die Kindesmutter, vom vor. Aus diesem geht hervor, dass mit Dezember kein gemeinsamer Haushalt von ***A.*** und der Kindesmutter mit dem Kindesvater bestanden hat.
Am wurde die Familienbeihilfe für ***A.*** für den Zeitraum 01/2023-03/2023 rückgefordert. In diesem Zeitraum bestand kein gemeinsamer Haushalt.
Das Rechtsmittel der Beschwerde wurde mit über Finanz Online eingebracht. Das Ersuchen um Auskunft bzw. Vorlage von Unterlagen (Nachweis eines gemeinsamen Haushalts mit ***A.***) vom wurde am über Finanz Online beantwortet.
Beigelegt wurden die polizeiliche Meldung (Meldezettel) von ***A.*** und vom Antragsteller, sowie das Ergänzungsersuchen vom .
Anspruch auf Familienbeihilfe für ein (...) Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG 1967).
Im Schreiben vom wurden Sie aufgefordert einen Nachweis für das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes zwischen Ihnen und Ihrem Sohn ***A.*** zu erbringen. Im Rechtsmittel wurde ein Meldezettel (polizeiliche Meldung) von Ihnen und ***A.*** beigelegt, welcher als Indiz für einen gemeinsamen Haushalt gilt.
Im Antwortschreiben vom wurden wiederholt die Meldezettel von Ihnen und ***A.*** beigelegt. Weitere Unterlagen, die einen gemeinsamen Haushalt nachweisen können, wurden nicht übermittelt.
Der Obsorgebeschluss, sowie die Nichtvorlage von Unterlagen betreffend eines gemeinsamen Haushaltes im Zeitraum 01/2023-03/2023 bekräftigen die Annahme, dass für diesen Zeitraum kein gemeinsamer Haushalt mit ***A.*** bestanden hat und somit Familienbeihilfe nicht
zusteht.
Aufgrund der oben genannten gesetzlichen Bestimmungen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Vorlageantrag wurde eingebracht wie folgt:
Ich finde es nicht fair, dass meine Beschwerde abgelehnt wurde und noch Zahlungen verlangt werden für einen Zeitraum wo mein Sohn ***A.*** (Nachname) sehr wohl bei mir gemeldet war.
Mein Sohn hat genauso wie ich mit Einzug/Meldung der Wohnung 2021 dort gelebt. Ich hatte sowohl den Aufenthaltstitel sowohl auch das geteilte Sorgerecht für meinen Sohn. Als meine Ex Freundin und ich uns getrennt haben, war ein geregeltes Besuchsrecht für meinen Sohn vereinbart, genauso, dass Fr. (Nachname wie Sohn des Bf.) unseren Sohn übers Wochenende haben dürfe. Fr. (Nachname wie Sohn des Bf.) war diejenige die unsere Familie verlassen hat, mit Hund aber ohne Kind ! Mir wurde mein Sohn mutwillig von der Kindesmutter weggenommen. Fr. (Nachname wie Sohn des Bf.) kam nach Vereinbarung mit unserem Sohn nicht mehr zurück. Zu dem Zeitpunkt war immer noch die MELDUNG, den Aufenthaltstitel sowohl als auch das geteilte Sorgerecht bei mir. Mit der Jänner Auszahlung habe ich sogar angerufen und mich erkundigt wie es mit der Familienbeihilfe aussehen würde, ob ich die erhaltene Familienbeihilfe zurückzahlen müsse. Mir wurde gesagt, dass hierbei nur auf den Meldezettel gesehen wird und nicht auf den gerichtlichen Aspekt rund umerdum. Hier lag nach wie vor der Hauptwohnsitz meines Sohnes bei mir.
Im April habe ich erneut angerufen, da wurde mir von einem Herren mitgeteilt, dass ich die Familienbeihilfe vom April zurückzahlen müsse, da mein Sohn ohne mein Einverständnis oder Wissen am bei mir abgemeldet wurde. Meine Summe von April habe ich aber zur Gänze zurückgezahlt. Ich sehe nicht ein, für etwas verantwortlich gemacht zu werden, vor allem für etwas zu zahlen, wenn ich nichts unrechtmäßiges getan habe. Es lief alles über Gericht, bis zur Abmeldung meines Sohnes wurde nach wie vor über das zurückkommen von meinem Sohn diskutiert. Fr. (Nachname wie Sohn des Bf.) hat meinen Sohn eigensinnig nicht mehr zurückgebracht, dafür kann ich nichts. Ich habe mich informiert das ich nicht mehr zahlen muss da mein Sohn bei mir gemeldet war bis Ende März.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Der Beschwerdeführer bezog bis April 2023 die Familienbeihilfe für das Kind ***A.*** (… .7.2020). Ursprünglich wurde nur die Familienbeihilfe für April 2023 rückgefordert (der Bescheid wurde rechtskräftig und ist nicht Teil dieses Verfahrens).
Da sich lt. Beschluss des Bezirksgericht Schwechat vom das Kind bereits seit Mitte Dezember 2022 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit dem Kindesvater befand, wurde auch die Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner bis März 2023 mangels Haushaltszugehörigkeit rückgefordert. Dagegen wurde vom Beschwerdeführer mit Hinweis auf die Hauptwohnsitzmeldung bei ihm, gemeinsames Sorgerecht mit der Kindesmutter und unter Vorlage von Meldebestätigungen Beschwerde eingebracht.
Beweismittel:
Beschluss BG Schwechat
Vorhaltsbeantwortung
Vorlageantrag
Stellungnahme:
Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ist ausschließlich die Tatsache der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung. Es liegt in der Absicht des Gesetzgebers, die Familienbeihilfe dem Haushalt zuzuleiten, in dem das Kind lebt.
Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe ist derjenige verpflichtet, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückzahlung ist von subjektiven Momenten unabhängig.
Eine Haushaltszugehörigkeit seines Sohnes ***A.*** wurde vom Beschwerdeführer weder behauptet noch nachgewiesen, weshalb um Abweisung ersucht wird.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Gemäß der der Beschwerde beigelegten Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister (vom ) hatte der Sohn des Bf. vom bis an der (niederösterreichischen) Anschrift ***Anschr.NÖ***, seinen Wohnsitz, einen Hauptwohnsitz, gemeldet und hat er seit dem seinen Hauptwohnsitz an der Anschrift ***B.***, 1210 Wien, angemeldet.

Am langte beim Finanzamt der Antrag des Bf. auf Zuerkennung von Familienbeihilfe ein:
1.2 Derzeitige Wohnanschrift: ***B.***, 1210 Wien
Für nachstehendes Kind beantrage ich die Familienbeihilfe bzw. gebe ich Änderungen oder den Wegfall bekannt:
(den im beschwerdegegenständlichen Bescheid angeführten Sohn ***A.***)
Zuerkennung ab
Grund Trennung
1.3 Anschrift Familienwohnsitz (nur auszufüllen wenn nicht mit 1.2 Derzeitige Wohnanschrift ident) [blank ]
3.2 Derzeitige Wohnanschrift des Kindes
***B.***, 1210 Wien

Bis im November 2022 hat die Familie in 1210 Wien, ***1***, zusammengelebt (Obsorgebeschluss).

Am zog die Kindesmutter aus dem gemeinsamen Haushalt aus und übersiedelte nach ***Ort.NÖ***. Damals verweigerte der Kindesvater, ihr den Sohn mitzugeben. Sie ließ diesen in der Obhut des Kindesvaters zurück. Er brachte … zum damaligen Zeitpunkt den gemeinsamen Sohn jeweils um 8.30 Uhr in den Betriebskindergarten bei der Arbeitsstelle der Antragstellerin … Am war vor dem Wohnhaus der Schwester des Kindesvaters im 21. Bezirk die Übergabe des Kindes vereinbart, wobei die Schwester des Vaters die Übergabe vornahm, … Mit der einstweiligen Verfügung vom wurde dem Kindesvater aufgetragen, das Zusammentreffen und die Kontaktaufnahme mit der Kindesmutter durch Telefon, Brief, SMS, sämtliche Social-Media-Kanäle zu vermeiden, den Kontakt bezüglich des gemeinsamen Kindes ausschließlich über die Schwester des Kindesvaters oder über eine Sachbearbeiterin der MA11 in Wien Floridsdorf herzustellen. … Der Kindesvater beantragte sodann die Einräumung von Kontakten im Besuchercafe. (Obsorgebeschluss).

Am ersuchte das Finanzamt den Bf. um Stellungnahme:
Dem Rechtsmittel wurde als Nachweis eines gemeinsamen Haushaltes eine polizeiliche Meldung (Meldung Zentrales Melderegister) für Ihren Sohn ***A.*** beigelegt.
Eine polizeiliche Meldung ist ein Indiz für das Vorhandensein eines gemeinsamen Haushaltes, jedoch kein Nachweis.
Laut Beschluss über die Obsorge von ***A.*** vom befindet sich Ihr Sohn seit der Antragstellung auf alleinige Obsorge der Kindesmutter am im gemeinsamen Haushalt der Kindesmutter.
Bitte um Stellungnahme: Lag im Zeitraum 01/2023-03/2023 ein gemeinsamer Haushalt mit Ihrem Sohn vor? Wenn ja, legen Sie geeignete Nachweise für die von Ihnen gemachten Angaben bei.

Der Bf. übersendete zwei Meldezettel, einen betreffend den Sohn ***A.*** und einen betreffend ihn selbst:
1. Bestätigung der Meldung betreffend den Sohn ***A.*** vom :
1210 Wien, ***1***:
gemeldet von:
gemeldet bis:
gemeldet seit: : L…gasse …
2. Bestätigung der Meldung betreffend den Bf. vom :
1210 Wien, ***1***:
gemeldet von:
gemeldet bis:

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den im Einzelnen angeführten Grundlagen, die unbedenklich sind und daher dem Erkenntnis zugrunde gelegt werden können.
Weiterer Ausführungen zur Beweiswürdigung bedarf es daher nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört, Anspruch auf Familienbeihilfe. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.

§ 2a. FLAG 1967 bestimmt:
Abs. 1: Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.
Abs. 2: In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.

Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, so ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 ebenfalls § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

Das Gesetz räumt den Anspruch auf Familienbeihilfe primär demjenigen ein, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass das im Spruch des Rückforderungsbescheides angeführte Kind im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht dem Haushalt der Bf., sondern dem Haushalt des Kindesvaters angehörte (vgl. bspw. ).

Die Antwort auf die Frage, welcher Elternteil Anspruch auf die Familienbeihilfe hat, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 und 5 FLAG: bei welchem Elternteil die Kinder haushaltszugehörig sind ().

Die Bestimmung des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, ohne Rücksicht darauf, ob die bezogenen Beträge gutgläubig empfangen wurden oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutete. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist nur, ob der Empfänger die Beträge objektiv zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich. (vgl. dazu bspw. und ; ; ).

Im Erkenntnis vom , RV/7103246/2021, erwog das Bundesfinanzgericht:
Wird die gemeinsame Haushaltsführung aufgehoben, wie es im Streitfall ab Ende Jänner 2020 der Fall war, so ist dem Anwendungsbereich des oben zitierten § 2a FLAG 1967 der Boden entzogen und eine allenfalls abgegebene Verzichtserklärung verliert ihre Gültigkeit. Es ist quasi zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage gekommen, weil nicht mehr zwei Eltern mit den Kindern zusammen einen Haushalt führen, sondern die beiden Eltern zwei getrennte Haushalte führen. Die Frage, welcher Elternteil Anspruch auf die Familienbeihilfe hat, ist neu zu bewerten. Hiezu ist iSd § 2 Abs. 2 und 5 FLAG festzustellen, bei welchem Elternteil die Kinder haushaltszugehörig sind ().

Im Erkenntnis vom , RV/7101327/2022, erwog das Bundesfinanzgericht
Die Bf. vertritt die Ansicht, "das Kind (ist) bei mir gemeldet (daher) habe ich Anspruch (auf Familienbeihilfe)" bzw. "solange das Kind bei mir gemeldet ist habe ich Anspruch"; diese Meinung ist mit der zitierten Gesetzesbestimmung und den Rechtsausführungen in der Beschwerdevorentscheidung nicht in Einklang zu bringen. Die Bf. stützt ihre Ansicht auf die Äußerung einer nicht bekannt gegebenen Person: "mir wurde noch gesagt solange das Kind bei mir gemeldet ist habe ich Anspruch"; diese Äußerung kann einer Person mit einiger Kenntnis des Familienbeihilfenrechts nicht zugeordnet werden, für eine solche Person wäre sie eine unvertretbare Meinungsäußerung und kann demzufolge dahingestellt bleiben, um wen es sich handelte.

Gemäß § 167 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das Beweisverfahren wird vor allem u.a. beherrscht vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167). Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, BAO-Kommentar, Tz. 2 zu § 166, Tz. 6 und 8 zu § 167 mwN).

Wenn der Bf. für seinen Standpunkt ins Treffen führt, er sei zur Rückzahlung der Familienbeihilfe nicht verpflichtet, weil sein Sohn bei ihm "gemeldet war bis Ende März", setzt er sich mit dieser Rechtsmeinung in Widerspruch zu den zitierten Gesetzesbestimmungen und der einhelligen angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichtes.
Das Finanzamt hat bereits in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass den Wohnsitzmeldungen lediglich Indizcharakter beigemessen werden kann. Lassen die Ausführungen im Obsorgebeschluss keine Zweifel daran aufkommen, dass sich ***A.*** seit im gemeinsamen Haushalt der Kindesmutter befindet, und tritt hinzu, dass der Bf. auf das oben wiedergegebene Ersuchen des Finanzamtes vom bloß damit reagiert hat, nochmals die meldebehördlichen Bestätigungen vorzulegen, und bestätigte der Bf. im Übrigen mit seiner wenngleich nicht näher konkretisierten Angabe im Vorlageantrag: "mein Sohn mutwillig von der Kindesmutter weggenommen" die Auflösung des gemeinsamen Haushaltes, ist das Schicksal der Beschwerde, die Abweisung, entschieden.
Demgemäß ist festzustellen, dass der Bf. in den Monaten Jänner bis März 2023 keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe für seinen Sohn ***A.*** hat, weil er in diesen Monaten gemäß § 2 Abs. 2 und 5 FLAG 1967 nicht bei ihm haushaltszugehörig war.

Die Rückforderung gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967, die insofern auch für Kinderabsetzbeträge gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gilt, erfolgte daher zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102656.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at