Betrieblich veranlasste Haftungsübernahme stellt keine verdeckte Ausschüttung dar
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Aloisia Bergauer, die Richterin Mag. Andrea Ebner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Ulrike Richter und Mag. Markus Fischer, BA in der Beschwerdesache Mag. Ing. ***1***, ***2***, vertreten durch ***3***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2011, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Petra Rauherz zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2011 setzte das Finanzamt die Kapitalertragsteuer (steuerpflichtige Kapitalerträge: 95.699,17 Euro) in Höhe von 25 % gemäß § 95 Abs. 4 EStG 1988 mit 23.924,79 Euro fest. Begründend verwies das Finanzamt auf die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013 bei der St. Nr. ***4*** (***5*** Ges.m.b.H.).
Mit Schreiben vom erhob die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers Beschwerde gegen den Kapitalertragsteuerbescheid 2011 vom und verwies auf die Begründung der Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013 der ***5*** Ges.m.b.H. (St. Nr. ***4***).
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen und in der Bescheidbegründung (Verf 67) folgendes ausgeführt:
"Die ***5*** Ges.m.b.H. beteiligte sich im Rahmen einer stillen Beteiligung ab an der ***6*** GmbH mit einem Betrag von € 200.000. Diese Beteiligung diente gemeinsam mit der Finanzierung durch eine Bank der Anschaffung einer Mode-Boutique durch die ***6*** GmbH. In weiterer Folge geriet die Mode-Boutique in wirtschaftliche Schwierigkeiten, Anfang 2012 erfolgte die Liquidation der ***6*** GmbH. Dieser Liquidation vorangehend erfolgten Versuche das Unternehmen zu sanieren. Es wurde mit der Bank ein Vergleich abgeschlossen, diese verzichtete auf 50% des eingesetzten Kapitals, der Rest wurde durch eine Liegenschaft der ***5*** Ges.m.b.H. besichert. Weiters wurde eine Unternehmensberatungsgesellschaft hinzugezogen. Auf die Forderung der ***5*** Ges.m.b.H. aus der stillen Beteiligung über € 200.000 wurde seitens dieser in den Jahren vor 2011 verzichtet. Im Jahr 2011 bestand des Weiteren ein Verrechnungskonto zwischen der ***5*** Ges.m.b.H. und der ***6*** GmbH mit einem offenen Forderungsstand von € 95.699,17. 100%-Gesellschafter und Geschäftsführer war zum Zeitpunkt 2011 der Beschwerdeführer, ab 2014 trat als weitere Gesellschafterin ***7*** (ehemals ***6***) hinzu. 100%Gesellschafterin der ***6*** GmbH war bis zur Liquidation ***7*** (damals ***6***), die Abwicklung/Liquidation der ***6*** GmbH erfolgte durch den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer und ***7*** sind seit Juni 2012 verheiratet, es existiert ein gemeinsames Kind mit Geburtsdatum XX.07.2006, für welches der Beschwerdeführer von Jänner bis Juli 2009 Kindergeld bezog.
Die offene Forderung am Verrechnungskonto wurde im Erstverfahren als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert und Kapitalertragsteuer an den Gesellschafter vorgeschrieben. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Beschwerde mit dem Vorbringen die Vorgangsweise der ***5*** Ges.m.b.H. wäre wirtschaftlich geboten gewesen. Sowohl die Übernahme von Haftungen mit Besicherung durch eine der ***5*** Ges.m.b.H. gehörenden Liegenschaft sowie weitere Zahlungen durch die ***5*** Ges.m.b.H. seien aufgrund eines Sanierungskonzeptes erfolgt. Es hätte eine positive Fortbestandsprognose bestanden, die Sanierung sei unter Mitarbeit der ***5*** Ges.m.b.H., deren Unternehmenszweck auch Managementtraining sei, erfolgt Der gesamte Verlauf der Beteiligung der ***5*** Ges.m.b.H. an der ***6*** GmbH sei daher als fremdüblich zu bezeichnen.
Das Vorbringen der ***5*** Ges.m.b.H. stellt sich nicht als geeignet dar von der ursprünglichen Beurteilung im Erstbescheid abzuweichen. Die Nahebeziehung der jeweiligen Geschäftsführer ist offenkundig. Die Leistungen der ***5*** Ges.m.b.H. an die ***6*** GmbH sind gesellschaftsrechtlich bedingt. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch an eine dem Anteilsinhaber nahestehende Person erfolgen, dies kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein, an der solche nahestehende Personen beteiligt sind. Eine im Sinne der obigen Ausführungen fremde Dritte Person hätte beim Verlauf der Beteiligung einer weiteren Finanzierung auch im Rahmen eines Sanierungskonzeptes nicht zugestimmt. Die ***6*** GmbH war bereits, wie selbst im Schreiben vom vorgebracht, Ende des Jahres 2008 illiquid.
Die Festsetzung der Kapitalertragsteuer beim Gesellschafter ist eine unmittelbare Folge der Beurteilung als verdeckte Gewinnausschüttung gem. § 8 Abs. 2 KStG. Die Festsetzung erfolgte somit zu Recht."
Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers stellte mit Schreiben vom fristgerecht den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde vom am an das Bundesfinanzgericht vor und beantragte deren Abweisung als unbegründet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Der Beschwerdeführer war ab der Gründung (XX. Juli 1995) alleiniger Gesellschafter der ***5*** Ges.m.b.H. Mit Generalversammlungsbeschluss vom XX. Mai 2014 wurde das Stammkapital auf 160.442,00 Euro erhöht und ***7***, B.A. MLS, zu 32 % Gesellschafterin der ***5*** Ges.m.b.H. (***8***).
Die ***6*** GmbH wurde mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom XX. Dezember 2004 gegründet (***9***). Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin war ***6***. Mit Generalversammlungsbeschluss vom XX. September 2011 wurde die Gesellschaft aufgelöst.
Streitgegenständlich ist, ob die Zahlung eines Betrages in Höhe von 95.699,17 Euro im Jahr 2011 für die von der ***5*** Ges.m.b.H. im Jahr 2008 übernommene Haftung als Realschuldnerin für Verbindlichkeiten der ***6*** GmbH eine verdeckte Ausschüttung an den Beschwerdeführer darstellt.
Nach § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).
Zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträgen im Sinne des § 93 Abs. 2 EStG 1988 zählen auch verdeckte Ausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988.
Für die Zurechnung einer verdeckten Ausschüttung an den Gesellschafter ist entscheidend, ob, wann und in welcher Höhe ihm ein vermögenswerter Vorteil zugeflossen ist. An diesen nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 zu bestimmenden Zeitpunkt des Zuflusses knüpft auch der Kapitalertragsteuerabzug an (vgl. ).
Zur streitgegenständlichen Frage wird auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ RV/7100739/2017, verwiesen. Für das Bundesfinanzgericht ergab sich im Lichte der Beweiswürdigung, dass die Übernahme der Haftung der ***5*** Ges.m.b.H. als Realschuldnerin aus betrieblichen und nicht aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgte. Daraus folgt, dass die Zahlung eines Betrages in Höhe von 95.699,17 Euro im Jahr 2011 für die von der ***5*** Ges.m.b.H. im Jahr 2008 übernommene Haftung als Realschuldnerin für Verbindlichkeiten der ***6*** GmbH keine verdeckte Ausschüttung an den Beschwerdeführer darstellt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes steht im Einklang mit der dazu vom Verwaltungsgerichtshof ergangenen Judikatur. Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich.
Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs. 4 B-VG liegen somit nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 93 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100741.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at