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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.06.2024, RV/6100694/2016

Rückforderung der Familienbeihilfe bei Abbruch der Schulausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom über die Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Bescheides betreffend die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Februar bis Juli 2015 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang/Sachverhalt

Das Finanzamt erließ am den Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Februar bis Juli 2015. Begründend wurde ausgeführt, dass der Sohn die Schulausbildung im Jänner 2015 beendet habe und deshalb von Februar bis Juli 2015 kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge bestehe.

In einer Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des oben genannten Bescheides gemäß § 299 BAO und begründete dies damit, dass sein Sohn im Sommer 2015 ein verpflichtendes Praktikum an der Sommerakademie Salzburg absolviert habe. Dieses Praktikum sei eine Voraussetzung, um die Ausbildung an der HTL Hallein abschließen zu können.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß §299 BAO ab und begründete dies damit, dass der Sohn des Beschwerdeführers laut Bestätigung der HTL Hallein die Schule am vorzeitig abgebrochen habe.

In seiner Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer vor, dass sein Sohn die Schule nicht im Jänner 2015 abgebrochen habe, sondern sich aus persönlichen Gründen von der Schule abgemeldet habe. Ab September 2015 habe sein Sohn die Ausbildung weitergeführt. Vom 2. bis wurde von ihm erfolgreich ein verpflichtendes Praktikum an der Sommerakademie Salzburg absolviert.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, weil das Praktikum im August 2015 absolviert worden sei, der Beschwerdezeitraum jedoch Februar bis Juli 2015 betreffe.

Der Beschwerdeführer beantragte am die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und legte ein Abschlussprüfungszeugnis des Schuljahres 2015/2016 vor. Die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge begehrte er ab August 2015 zu gewähren.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Rechtliche Beurteilung und Erwägungen

§ 299 BAO lautet:

"(1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;

b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat."

Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist (Satz eins).

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988, in der Fassung des Beschwerdezeitraumes steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wenn Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen worden sind, ist nach der obigen Bestimmung § 26 des FLAG 1967 anzuwenden.

Der vom Finanzamt herangezogene § 45 Schulunterrichtsgesetz, BGBl Nr. 472/1986, in der hier geltenden Fassung sieht bezüglich des Fernbleibens von der Schule vor:

"…(1) Das Fernbleiben vom Unterricht ist nur zulässig:

a) bei gerechtfertigter Verhinderung (Abs. 2 und 3),

b) bei Erlaubnis zum Fernbleiben (Abs. 4),

c) bei Befreiung von der Teilnahme an einzelnen Unterrichtsgegenständen (§ 11 Abs. 6).

(2) Eine gerechtfertigte Verhinderung ist insbesondere: Krankheit des Schülers; mit der Gefahr der Übertragung verbundene Krankheit von Hausangehörigen des Schülers; Krankheit der Eltern oder anderer Angehöriger, wenn sie vorübergehend der Hilfe des Schülers unbedingt bedürfen; außergewöhnliche Ereignisse im Leben des Schülers oder in der Familie des Schülers; Ungangbarkeit des Schulweges oder schlechte Witterung, wenn die Gesundheit des Schülers dadurch gefährdet ist; Dauer der Beschäftigungsverbote im Sinne der Bestimmungen über den Mutterschutz.

(3) Der Schüler hat den Klassenvorstand oder den Schulleiter von jeder Verhinderung ohne Aufschub mündlich oder schriftlich unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen. Auf Verlangen des Klassenvorstandes oder des Schulleiters hat die Benachrichtigung jedenfalls schriftlich zu erfolgen. Bei einer länger als eine Woche dauernden Erkrankung oder Erholungsbedürftigkeit oder bei häufigerem krankheitsbedingtem kürzerem Fernbleiben kann der Klassenvorstand oder der Schulleiter die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verlangen, sofern Zweifel darüber bestehen, ob eine Krankheit oder Erholungsbedürftigkeit gegeben war.

(4) Auf Ansuchen des Schülers kann für einzelne Stunden bis zu einem Tag der Klassenvorstand, darüber hinaus der Schulleiter (der Abteilungsvorstand) die Erlaubnis zum Fernbleiben aus wichtigen Gründen erteilen. Als wichtige Gründe sind jedenfalls Tätigkeiten im Rahmen der Schülervertretung zu verstehen.

(5) Wenn ein Schüler einer mittleren oder höheren Schule länger als eine Woche dem Unterricht fernbleibt, ohne das Fernbleiben zu rechtfertigen (Abs. 3) und auch auf schriftliche Aufforderung hin eine Mitteilung binnen einer weiteren Woche nicht eintrifft, so gilt der Schüler als vom Schulbesuch abgemeldet (§ 33 Abs. 2 lit. c). Die Wiederaufnahme des Schülers ist nur mit Bewilligung des Schulleiters zulässig, die nur dann zu erteilen ist, wenn das Fernbleiben nachträglich gerechtfertigt wird und die Unterlassung der Mitteilung an die Schule aus rücksichtswürdigen Gründen unterblieben ist.

(6) Für die der Schulpflicht unterliegenden Schüler sind anstelle der vorhergehenden Absätze § 9, § 22 Abs. 3 und § 23 des Schulpflichtgesetzes 1985 anzuwenden.

(7) Das Fernbleiben vom Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen ist nur zulässig:

a) bei gerechtfertigter Verhinderung (Abs. 2 und 3),

b) bei Erlaubnis zum Fernbleiben, die aus vertretbaren Gründen vom Schulleiter oder Leiter des Betreuungsteiles zu erteilen ist."

Nach § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Gesetzgeber knüpft den Anspruch auf Familienbeihilfe und in weiterer Folge jenen auf Kinderabsetzbetrag grundsätzlich an das Vorliegen einer Berufsausbildung. Im Zeitraum zwischen aufeinanderfolgenden Berufsausbildungen bleibt der Anspruch auf Familienbeihilfe dann erhalten, wenn eine weitere Berufsausbildung frühestmöglich nach dem Abschluss der vorherigen begonnen wird. Unabdingbare Voraussetzung für die zwischenzeitliche Weitergewährung der Familienbeihilfe ist daher nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut der Abschluss einer vorhergehenden Berufsausbildung.

Dass diese Tatbestandsvoraussetzungen im Beschwerdefall gegeben waren, trifft aber nicht zu.

Einleitend ist festzuhalten, dass die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten ist. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein. (Vgl ).

Für volljährige Kinder wird Familienbeihilfe grundsätzlich nur für die Monate gewährt, in denen sich das Kind in Berufsausbildung befindet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. (Vgl ).

Der Besuch der HTL stellt eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 dar. Wird die Tätigkeit, durch die ein Kind für einen Beruf ausgebildet wird, allerdings abgebrochen, kann ab deren Beendigung nicht mehr von einer Berufsausbildung gesprochen werden.

Strittig ist im gegenständlichen Fall lediglich ob die erfolgreiche Absolvierung eines verpflichtenden Praktikums an der Sommerakademie Salzburg vom 2. bis für die Gewährung von Familienbeihilfe und eines Kinderabsetzbetrages berechtigt. Zu beurteilen wäre somit, ob sich der Sohn im August 2015 in Berufsausbildung befand.

Die Schulausbildung des Sohnes wurde im Jänner 2015 abgebrochen. Damit steht aber fest, dass Sohn im Beschwerdezeitraum jedenfalls nicht mehr als Schüler der HTL galt und damit in keiner Berufsausbildung stand. Wird nämlich die Tätigkeit, durch die ein Kind "für einen Beruf ausgebildet" wird, abgebrochen, kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab der Beendigung nicht mehr von einer Berufsausbildung des Kindes und einem danach fortbestehenden Anspruch auf Familienbeihilfe gesprochen werden (vgl. ).

Dass eine solcherart vorzeitig erfolgte Beendigung des Lehrganges auch nicht als Abschluss einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 gesehen werden kann, liegt auf der Hand und wurde dies auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Im Übrigen vertritt auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der Frage, ob unter "Abschluss der Berufsausbildung" auch deren vorzeitiger Abbruch zu verstehen ist, die Auffassung, dass § 2 Abs. 1 lit. d FLAG bei einem vorzeitigen Abbruch der Berufsausbildung nicht zur Anwendung kommt (vgl. , diesfalls noch zur vor dem geltenden Fassung).

Die Argumentation des Beschwerdeführers im Vorlageantrag, wonach die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag im August 2015 zu gewähren sei, geht ins Leere, da die Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Bescheides über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Februar bis Juli 2015 nur diesen Zeitraum betrifft und nicht die Monate ab August 2015.

Es liegt somit kein Anspruchsgrund vor, nach dem im genannten Zeitraum Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zustehen würden. Daraus folgt, dass im Zeitraum Februar 2015 bis Juli 2015 ein unrechtmäßiger Bezug von Familienbeihilfe gegeben war.

§ 26 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe für das Kind, sind nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob die Beträge zu Unrecht erhalten wurden (vgl zB ), weil es an einer Anspruchsvoraussetzung für den Leistungsbezug fehlte (vgl , oder ).

Da im vorliegenden Fall, wie oben dargestellt, kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat, wurde diese vom Finanzamt auf Basis der bestehenden gesetzlichen Vorschriften rechtmäßig zurückgefordert. Der zusammen mit der Familienbeihilfe ausbezahlte Kinderabsetzbetrag teilt das Schicksal der Familienbeihilfe.

Insgesamt sind im Beschwerdeverfahren keine Umstände zutage getreten, die darauf hindeuten würden, dass der Spruch des Bescheides betreffend die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Februar bis Juli 2015 nicht richtig wäre. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall schon deshalb nicht erfüllt, weil im Rahmen der Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG thematisiert und im Übrigen nicht von der zitierten Rechtsprechung des VwGH abgewichen worden ist.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100694.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at