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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.07.2024, RV/6100408/2023

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria Luise Wohlmayr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Verfahrensgang

A/1. Der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) beantragte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2022 lediglich Werbungskosten, die vom Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2022 vom erklärungsgemäß berücksichtigt wurden.

Dagegen erhob der Bf. Beschwerde und machte die Begräbniskosten für seinen Bruder in Höhe von EUR 4.067,86 als außergewöhnliche Belastung geltend. Gleichzeitig legte er die Sterbeurkunde seines Bruders, die Rechnungen des Bestattungsinstitutes und des Steinmetzes sowie die Überweisungsbelege vor. Über Vorhalt durch das Finanzamt reichte er den Beschluss des Bezirksgerichtes (samt Nachtragsbeschluss) vor, woraus ersichtlich ist, dass die Verlassenschaft nach dem Bruder des Bf. überschuldet war. Die vorhandenen Aktiva wurden infolge Überschuldung verteilt. Auf die vom Bf. getragenen Todesfallkosten entfiel ein Anteil von EUR 2.582,47.

A/2. In der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom wies das Finanzamt das Begehren des Bf. ab mit der Begründung, die Begräbniskosten seien aus dem Nachlassvermögen (Aktiva) zu tragen.

Dagegen richtet sich der Antrag des Bf. auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Das Begräbnis seines verstorbenen Bruders sei nicht durch Aktiva gedeckt gewesen, es sei aufgrund der langen Krankheit nichts mehr da gewesen. Die unmittelbare Familie seines Bruders habe auch nichts bezahlen können, daher habe er als Bruder sich moralisch verpflichtet gefühlt, diesen letzten Gang seines Bruders zu finanzieren. Er ersuche daher, die Ausgaben doch noch zu berücksichtigen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde samt elektronischem Akt am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

B. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht legt seiner Entscheidung den folgenden Sachverhalt zugrunde, der aus dem vom Finanzamt vorgelegten Akt hervorgeht und unstrittig ist:

Der Bf. bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und beantragte für 2022 die Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung. Er hat eine 2008 geborene Tochter, für die er 2022 die vollen Unterhaltszahlungen geleistet hat und daher den Unterhaltsabsetzbetrag für 12 Monate erhielt.

Im September 2022 starb der Bruder des Bf. und hinterließ zwei volljährige Töchter. Sein Nachlass war überschuldet, beinhaltete aber Aktiva von rund EUR 5.260. Der Bf. betrachtete sich als moralisch verpflichtet, die Begräbniskosten des Bruders zu bezahlen, weil seinen Aussagen zufolge die engste Familie des Bruders dazu nicht imstande war.

Er bezahlte daher die Kosten des Bestattungsinstitutes von EUR 3.323,86 und die Kosten des Steinmetzes für die Inschrift auf dem Grabstein von EUR 744. Diese Rechnungen wurden im Verlassenschaftsverfahren als Masseforderungen anerkannt. Der Gerichtsbeschluss in der Verlassenschaftssache des verstorbenen Bruders stellte somit fest, dass die Begräbniskosten mit (nach Nachtragsverteilung) insgesamt EUR 2.582,47 in den Aktiva Deckung finden.

Der Bf. hatte somit Anspruch auf einen Betrag in dieser Höhe aus dem Nachlassvermögen. Den übersteigenden Betrag für die Begräbniskosten (EUR 1.485,39) trug er daher endgültig aus eigenen Mitteln.

Die sittliche Verpflichtung des Bf. zur Tragung dieser Begräbniskosten und die damit verbundene Zwangsläufigkeit wurde vom Finanzamt nicht bestritten.

C. Rechtliche Würdigung

C/1. Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Abs 2: Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Abs 3: Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Abs 4: Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro 10% und vermindert sich um je einen Prozentpunkt für jedes Kind (§ 106).

Wenn im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten sind, dann sind gemäß § 34 Abs 5 EStG als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

C/2. Gemäß § 549 ABGB gehören zu den auf einer Verlassenschaft haftenden Lasten auch die Kosten für ein ortsübliches und den Lebensverhältnissen sowie dem Vermögen des Verstorbenen angemessenes Begräbnis.

Begräbniskosten stellen bevorrechtete Nachlassverbindlichkeiten dar und sind vorrangig aus dem Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten. Finden sie in den vorhandenen Nachlassaktiva Deckung, kommt eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht, da es an der Zwangsläufigkeit fehlt (vgl. ).

Begräbniskosten bilden somit insoweit keine außergewöhnliche Belastung, als sie in den Nachlassaktiva Deckung finden (; , 84/14/0040; ; , RV/2100553/2016).

C/3. Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass die Begräbniskosten die Nachlassaktiva, von denen die Verfahrenskosten abgezogen wurden, um den Betrag von EUR 1.485,39 übersteigen (siehe Beschluss des Bezirksgerichtes). Der restliche Betrag fand im Nachlassvermögen Deckung. Somit fehlt insoweit die Zwangsläufigkeit, auch diesen Betrag aus den eigenen Mitteln des Bf. zu begleichen.

Der übersteigende Betrag von EUR 1.485,39 kann grundsätzlich eine außergewöhnliche Belastung bilden. Das Finanzamt hat dazu in seinem Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht festgehalten, dass es die sittliche Verpflichtung des Bf. anerkennt, für ein angemessenes Begräbnis des verstorbenen Bruders zu sorgen.

Allerdings übersteigt der Betrag von EUR 1.485,39 nicht den gesetzlich geregelten Selbstbehalt des Bf. Dieser wird gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 nach dem Einkommen berechnet. Nach § 34 Abs 5 EStG 1988 ist dieses Einkommen für die Berechnung des Selbstbehalts dahingehend zu adaptieren, dass bei Vorliegen von sonstigen Bezügen nach § 67 EStG 1988 die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs 1 und 2 erhöht anzusetzen sind (Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 34 Tz 44).

Im vorliegenden Fall bezog der Bf. laut Einkommensteuerbescheid 2022 ein Einkommen von EUR 24.286,57. Seine begünstigt besteuerten Bezüge gemäß § 67 Abs und 2 betrugen laut Jahreslohnzettel nach Abzug der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge EUR 4.226,32. Somit betrug die Bemessungsgrundlage für den Selbstbehalt EUR 28.512,89.

Der für den Bf. anzuwendende Prozentsatz beträgt 9% (10% bei einem Einkommen zwischen 14 600 Euro und 36 400 Euro, abzüglich ein Prozentpunkt für das Kind M). Somit wird der vom Bf. zu tragende Selbstbehalt mit EUR 2.566,16 berechnet.

Damit liegen die vom Bf. zu tragenden Begräbniskosten aber unterhalb des Selbstbehaltes und können daher schon aus diesem Grund nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

Die Beschwerde musste deshalb als unbegründet abgewiesen werden.

D. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und stellt daher keine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100408.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at