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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.07.2024, RV/7103306/2021

Gemeiner Wert der anlässlich der Betriebsaufgabe ins Privatvermögen überführten betrieblich genutzten Gebäudeteile

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Helga Woschank in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Huber & Huber Steuerberatungs und Wirtschaftsprüfungs GmbH, Hauptstraße 57, 7033 Pöttsching, und Mag. Natascha Martha Ladics-Tichy, Eisenstädter Straße 29, 2491 Neufeld/Leitha,
über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des seinerzeitigen Finanzamtes faxy, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Einkommensteuer 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im eingeschränkten Umfang Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Einkommensteuer für 2016 wird mit Euro 42.240,00 festgesetzt, bisher war vorgeschrieben Euro 55.098,00.
Die Bemessungsgrundlagen und die Berechnung der Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig war die Höhe der Entnahmewerte des betrieblich genutzten Gebäudeteiles, des PKWs sowie eines Grillers und daraus resultierend die Höhe des Betriebaufgabegewinnes bzw. die Höhe des Eigenverbrauches.

I. Verfahrensgang

1.) Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz Bf.) unterhielt am Standort Adr1, einen Fleischereibetrieb.
Diesen gab der Bf. zum auf und überführte neben diversen beweglichen Wirtschaftsgütern (PKW, Griller und weitere ) auch die betrieblich genutzten Gebäudeteile in sein Privatvermögen.

2.) Neben einem laufenden Gewinn iHv Euro 80.645,91 erklärte der Bf. in der Einkommensteuererklärung ein Betriebsaufgabegewinn iHv Euro 17.147,78. Nach Abzug des Gewinnfreibetrages von 3.900,00 und des Freibetrages gemäß 24 Abs. 4 EStG 1988 von Euro 7.300,00 ergab sich ein steuerlicher Gewinn von Euro 86.593,69.
Laut beigefügter Berechnungsgrundlage des steuerlichen Vertreters (für 213,46m²) lag dem Betriebsaufgabegewinn ein für die betrieblich genutzten und ins Privatvermögen übernommenen Gebäudeteile errechneter Gebäudewert von Euro 48.787,81 zugrunde, welcher dem im Anlageverzeichnis ausgewiesenen Buchwert iHv Euro 41.344,66 gegenüber gestellt worden war (= steuerpflichtiger Entnahmewert: 7.443,25).

3.) Dem bekämpften Einkommensteuerbescheid legte die belangte Behörde den von ihr mit Euro 175.495,00 (minus BW von Euro 41.344,66 = steuerpflichtiger Entnahmewert: Euro 134.150,34) ermittelten Wert der ins Privatvermögen überführten betrieblich genutzten Gebäudeteile zugrunde.
Der erklärte Betriebsaufgabegewinn sowie der Eigenverbrauch [001] und die 20%igen Umsätze [022]) wurden zudem um die Buchwerte weiterer ins Privatvermögen überführter Wirtschaftsgüter sowie dem für den Mercedes Vito angesetzten Wert erhöht.

4.) Gegen den Umsatz- und Einkommensteuerbescheid 2016, beide vom , richtet sich die Beschwerdevom . Unter Bezug auf ein mitübermitteltes Gutachten wird begehrt, den in diesem ermittelten Wert für die betreiblich genutzten Gebäudeteile anzusetzen.
Laut Beschwerdeantrag errechnet sich nach Abzug des Buchwertes laut AVZ (41.344,66) ein Verlust aus der Entnahme des betrieblich genutzten Gebäudes iHv 599,89.

5.) In der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom legte die belangte Behörde den von ihr für das Objekt 1 mit Euro 100.900,00 und für das Objekt 2 (in Massivbauweise im Jahr 1971 errichtete Schlacht- und Kühlräumlichkeiten sowie Ställe mit einer Fläche von 201 m²) mit Euro 43.400 ermittelten gemeinen Wert (somit in Summe Euro Euro 144.300,00) zugrunde. Nach Abzug des Buchwertes ergab sich ein steuerpflichtiger Entnahmewert für Sondersteuersatz von Euro 102.955,66.

6.) Im fristgerecht gestellten Vorlageantrag bemängelte der steuerliche Vertreter diese Wertansätze. Auch wenn eine teilweise Vermietung nach der Betriebseinstellung erfolgt sei, erforderten die betrieblich genutzten Gebäudeteile, insbesondere die Kellerräumlichkeiten infolge deren desolaten Zustandes, einen hohen Sanierungsaufwand und sei die angesetzte Restnutzungsdauer des Objektes 1 viel zu hoch.
Zudem wiederholte er das Beschwerdevorbringen, dass das Objekt 2 infolge der Einstellung des Schlachtbetriebes (im Jahr 1992) seit Jahren nicht mehr betrieblich genutzt worden sei, was auch die Beschäftigung lediglich dreier Dienstnehmer in den letzten Betriebsjahren zeige.

7.) In Folge ersuchte die belangte Behörde um die Erstellung eines Gutachtens durch den Fachbereich KMU - Immobilienbewertung.
Den Wert des Objektes 1 ermittelte der beauftragte Organwalter wie folgt:

8.) In Vorbereitung auf den am anberaumten Erörterungstermin erfolgte eine umfangreiche telefonische Besprechung mit dem steuerlichen Vertreter.

Im Ergebnis nahm der steuerliche Vertreter mit Schriftsatz vom die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2016, den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, sowie die Beschwerdepunkte betreffend die Entnahmewerte der ins Privatvermögen überführten beweglichen Wirtschaftsgüter zurück. Laut beigefügter adaptierter Einkommensteuererklärung beantragte der steuerliche Vertreter bezüglich des Betriebsaufgewinnes den Ansatz des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988.

Den seitens des Beauftragten des Fachbereiches KMU - Immobilienbewertung für das Objekt 1 ermittelten Wert stellte er außer Streit und wiederholte, dass das Objekt 2 im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe keineswegs mehr betrieblich genutzt worden war.

Zu dieser der belangten Behörde unter Übermittlung des Schriftsatzes vom und der berichtigten Einkommensteuererklärung für 2016 bekanntgegebenen Vorgangsweise äußerte sich diese zustimmend, insbesondere dazu, dass das Objekt 2 im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe per nicht mehr betrieblich genutzt wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Per stellte der Bf. seinen am eingangs bezeichneten Standort betriebenen Fleischereibetrieb ein.
Der im Juli 1956 geborene Bf. hatte im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe das 60. Lebensjahr vollendet.
Neben beweglichen Wirtschaftsgütern überführte er im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe die betrieblich genutzten Gebäudeteile in das Privatvermögen und veräußerte vorhandenes Umlaufvermögen (Warenvorräte).
Bei den entnommenen Gebäudeteilen handelt es sich vornehmlich um die ehemaligen Verkaufs- und Lagerräumlichkeiten, bezeichnet und bewertet als Objekt 1.
Den vom "Amtssachverständigen" des Fachbereiches KMU - Immobilienbewertung hiefür ermittelteten Wert von Euro 105.900,00 [vgl. Punkt I.7.] stellte der steuerliche Vertreter ebenso außer Streit, wie die belangte Behörde den Umstand, dass das Objekt 2 im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nicht mehr betrieblich genutzt wurde. Die Einstellung des Schlachtbetriebes war bereits vor Jahren erfolgt.
Abzüglich des Buchwertes ergibt sich ein steuerpflichtiger Entnahmegewinn für das Objekt 1 iHv Euro 66.555,34. Auch die Entnahmewerte des Mercedes Vito (Euro 3.000,00) sowie des Grillers und weiterer entnommener Wirtschaftsgüter wurden außer Streit gestellt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den vorliegenden Akten des Finanzamtes, den einliegenden Schriftstücken und Dokumenten.
Außer Streit steht zwischen den Parteien der vom fachkundigen Organ des Fachbereiches KMU - Immobilienbewertung ermittelte gemeine Wert des Objektes 1 sowie
insbesondere auch infolge des Umstandes, dass der Bf. in den letzten Jahren vor Betriebsaufgabe nur mehr über drei Dienstnehmer verfügte - dass die in Objekt 2 gelegene Schlachthalle samt zugehörigen Räumlichkeiten nicht mehr betrieblich genutzt wurde, sodass dem diesbezüglichen Vorbringen des Bf., dass der Schlachtbetrieb bereits 1992 eingestellt worden war, als glaubwürdig gemacht gefolgt werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)


Rechtliche Grundlagen:

§ 24 EStG normiert:
"(1)Veräußerungsgewinne sind Gewinne, die erzielt werden bei
1. der Veräußerung des ganzen Betriebes,
- eines Teilbetriebes
- eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer)des Betriebes anzusehen ist
2. der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes).
.......

(4) Der Veräußerungsgewinn ist nur insoweit steuerpflichtig, als er bei der Veräußerung (Aufgabe) des ganzen Betriebes den Betrag von € 7.300,00 Euro und bei der Veräußerung (Aufgabe) eines Teilbetriebes oder eines Anteiles am Betriebsvermögen den entsprechenden Teil von € 7.300,00 übersteigt. Der Freibetrag steht nicht zu,
- wenn von der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 2 oder Abs. 3 EStG Gebrauch gemacht wird,
- wenn die Veräußerung unter § 37 Abs. 5 fällt oder.....
."

§ 37 EStG 1988 (id für das Streitjahr geltenden Fassung) lautet auszugsweise:
"(1) Der Steuersatz ermäßigt sich für
- außerordentliche Einkünfte (Abs. 5),
- Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (Abs. 6), soweit diese vorrangig den Verlust aus anderen Holznutzungen und sodann einen weiteren Verlust aus demselben forstwirtschaftlichen Betriebszweig, in dem die Einkünfte aus besonderer Waldnutzung angefallen sind, übersteigen,
- Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38)
auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

.....
(5) Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.
2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.
3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
.....
(7) Die Progressionsermäßigung nach Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 5 steht nicht zu, wenn Einkünfte nicht in einem Veranlagungszeitraum anfallen. Für Einkünfte, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 versteuert werden, steht keine Progressionsermäßigung zu
."

Streitgegenständlich folgt:

Als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurden sowohl der steuerpflichtige Entnahmewert des betrieblich genutzten Gebäudeteiles als auch jener hinsichtlich der in das Privatvermögen überführten beweglichen Wirtschaftsgüter wie festgestellt ermittelt und werden diese der Berechnung des zu ermittelnden Betriebsaufgabegewinnes zugrunde gelegt.

Wie weiters festgestellt, hat der Bf. nach Vollendung des 60. Lebensjahres seinen Betrieb aufgegeben und uno actu Umlaufvermögen veräußert bzw. bewegliche als auch unbewegliche Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen überführt, sodass hinsichtlich des ermittelten Betriebsaufgabegewinnes die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes iSd § 37 Abs. 5 EStG 1988 vorliegen.

Der Betriebsaufgabegewinn ermittelt sich wie folgt:

Wert des entnommenen "Objektes 1": 105.900,00
abzüglich Buchwert: - 41.344,66
steuerpflichtiger Entnahmewert Gebäude: 64.555,34

Ermittlung Betriebsaufgabegewinn:

Nachversteuerung FB 3.199,66
Verkauf Inventur 350,00
Verkauf Inventur 6.154,97
Entnahme Griller 2.413,04
Entnahme Mercedes Vito 3.000,00
Entnahme Gebäude 64,555,34
Betriebsaufgabegewinn 79.673,01


Die Einkommensteuer für 2016 ermittelt sich wie folgt:

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die Ermittlung des Entnahmewertes eine auf Sachverhaltsebene zu lösende Frage war, ist eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht zu beantworten und eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Betriebsaufgabe und Entnahmewert
Entnahmewert betrieblich genutzter Gebäudeteile
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103306.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at