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Verfahrensleitender Beschluss, BFG vom 01.08.2024, AO/4100014/2024

Ablehnung aller Senatsmitglieder wegen Befangenheit

Entscheidungstext

BESCHLUSS


Das Bundesfinanzgericht hat durch die Außenstellenleiterin Dr. Helga Woschank

über den Antrag vom im Verfahren RV/XXX
der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch RA Mag. Anton Becker, Sechskrügelgasse 12, 1030 Wien,

betreffend die Ablehnung
des Senatsvorsitzenden SenV,
der beisitzenden Richterin und Berichterstatterin bRi,
sowie des beisitzenden Laienrichters Lai1 und der beisitzenden Laienrichterin Lai2
wegen Befangenheit (§ 268 der Bundesabgabenordnung) im Verfahren RV/XXX beschlossen:

I. Der Antrag vom wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang vor dem Bundesfinanzgericht

1.) Die hier antragstellende Partei ist die beschwerdeführende Partei im Verfahren zu RV/XXX, in welchem über die Beschwerden vom und vom der (hier) antragstellenden Partei gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2017 sowie gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für 2019 zu befinden ist.

2.) Voranzustellen ist, dass auf der Grundlage von Feststellungsbescheiden des FA Graz-Stadt vom betreffend die XYOG, St.Nr.2, am gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2016 an die antragstellende Partei ergingen.
In der gegen diese erhobenen - deren Aufhebung begehrenden - Beschwerde vom werden die Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit sowohl im hier in Streit stehenden Einkommensteuerverfahren sowie im vorgelagerten Feststellungsverfahren bemängelt:
U.a. seien die Feststellungsbescheide rechtswidrig an die Masseverwalterin und nicht an die beteiligten Gesellschafter zugestellt worden (und könnten deshalb keine Wirkung entfalten), die Feststellungsbescheide enthielten keine bzw. keine ausreichende Begründung, es gehe aus der zum Bericht der Außenprüfung verfassten Niederschrift nicht hervor, welchen Sachverhalt die Behörde annehme, jedenfalls seien die geschätzten Beträge unrichtig.
Die antragstellende Partei habe keine Einnahmen aus einer Vermietungstätigkeit lukriert.

3.) Auch gegen den Einkommensteuer(erst)bescheid für das Jahr 2017, in welchem die gemäß § 188 BAO festgestellten Einkünfte berücksichtigt wurden, sowie den Vorauszahlungsbescheid an Einkommensteuer 2019, beide vom , wurde mit im Wesentlichen gleicher Begründung am Beschwerde eingebracht.

4.) Infolge der diese Beschwerden gemäß § 252 BAO als unbegründet abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom , stellte die antragstellende Partei am den Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerden an das Bundesfinanzgericht.
Sind die Feststellungsbescheide nicht rechtskräftig, sei die Erlassung von Einkommensteuerbescheiden nicht rechtskonform. § 192 BAO sei verfassungswidrig und verstoße gegen die EU-GRC. § 192 BAO sei so auszulegen, dass diese Bestimmung nur für rechtskräftige Bescheide Anwendung zu finden habe.
Gemäß § 274 Abs. 1 BAO wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat (§ 272 Abs. 2 BAO) begehrt.

5.) Die Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht erfolgte am . Die Rechtsache RV/XXX wurde mittels Präsidialverfügung vom der Gerichtsabteilung 5010, Richterin bRi, zugeteilt.

6.) Aus dem Akt zum Beschwerdeverfahren RV/XXX ergibt sich:

Am wurde der Beschluss vom betreffend Ladung zur mündlichen Verhandlung am an die antragstellende Partei zugestellt.
Am langte beim Bundesfinanzgericht ein Antrag auf Akteneinsicht ein, welche eine Vertreterin der antragstellenden Partei am am Sitz des Bundesfinanzgerichtes vornahm.
Mit per Faxnachricht am um 21:40 eingelangtem Schriftstück übermittelte die antragstellende Partei ein ergänzendes Vorbringen.

7.) Die mündliche Verhandlung am wurde von SenV als Senatsvorsitzenden, im Beisein der beisitzenden Richterin und Berichterstatterin bRi sowie der Laienrichter Lai1 und Lai2 geleitet.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung am vor dem gesamten Senat, gab die antragstellende Partei die RA Mag. Anton Becker erteilte Bevollmächtigung bekannt, brachte weitere Beweisanträge ein und begehrte die Vertagung der mündlichen Verhandlung.
Der Vertagungsbitte entsprechend wurde noch während der mündlichen Verhandlung als nächster Verhandlungstermin der bekanntgegeben.

8.) Die beisitzende Richterin und Berichterstatterin veranlasste u.a. folgende Verfahrensschritte:
Am erging ein Vorhalteschreiben an das Finanzamt und am ein solches an den Masseverwalter. Die Ladung der Zeugen erfolgte am sowie am .
Die Verhandlungsniederschrift wurde der antragstellenden Partei am und nicht aber dem seit der mündlichen Verhandlung bekanntgegebenen nunmehr bevollmächtigten Rechtsanwalt zugestellt.
Den geladenen Zeugen wurde am mitgeteilt, dass von einer Zeugeneinvernahme Abstand genommen werde.
Die am beim Bundesfinanzgericht eingelangte Vorhaltsbeantwortung des Finanzamtes übermittelte die beisitzende Richterin und Berichterstatterin der antragstellenden Partei am . Die Verständigung über die Hinterlegung erfolgte am , die Abholung durch die antragstellende Partei am (= Freitag).
Die Übermittlung der am beim Bundesfinanzgericht eingelangten Vorhaltsbeantwortung des Masseverwalters an die antragstellende Partei veranlasste die beisitzende Richterin und Berichterstatterin am (Verständigung über Hinterlegung am ).

Weiters wurde die Ladung vom für die - wie bereits mündlich am bekanntgegeben - am anberaumte mündliche Verhandlung der antragstellenden Partei - und nicht dem bevollmächtigten Rechtsanwalt - am zugestellt.

9.) Per Faxnachricht vom , 21:59, brachte die antragstellende Partei persönlich, und nicht durch den im Beschwerdeverfahren bevollmächtigten Rechtsanwalt, einen Ablehnungsantrag betreffend alle Senatsmitglieder ein und beantragte zugleich die Vertagung der am anberaumten mündlichen Verhandlung.

10.) Am wurde die für anberaumte mündliche Verhandlung abberaumt, die Verfahrensparteien verständigt und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung an den bevollmächtigten Rechtsanwalt der antragstellende Partei übermittelt.

II. Antragsvorbringen

Die antragstellende Partei teilte mit Fax-Eingabe am um 21.59 Uhr mit, dass sie den erkennenden Senat des Bundesfinanzgerichtes unter Vorsitz von SenV, der beisitzenden Richterin und Berichterstatterin bRi, dem fachkundigen Laienrichter Lai1 und der fachkundigen Laienrichterin Lai2 wegen begründeter Zweifel an deren Befangenheit ablehne und beantragte diese vom Verfahren zu entbinden.

Sie begründete wie folgt:

1.) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege vor,
-- durch Zustellung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom und der Ladung für an die antragstellende Partei und nicht an die seit bestehende anwaltliche Vertretung der Bf im Verfahren RV/XXX;
-- durch fehlende Zustellung der "Aktenteile OZ 38 des OZ 115" (= Vorhaltsbeantwortung des Finanzamtes) "bzw. OZ 119" (= Vorhaltsbeantwortung Masseverwalter) an den bevollmächtigten Rechtsanwalt,
und sei dies nur aufgrund der Befangenheit des erkennenden Senates denkbar möglich;

2.) Nach am erfolgter Hinterlegung wurde die Sendung am (= Freitag) behoben. Weder die Sichtung noch die Vorbereitung von Dokumenten in einem 500 Seiten übersteigenden Umfang seien binnen zweier Werktagen (zwischen Abholung am (=Freitag) und der für (=Mittwoch) anberaumten Verhandlung) zu bewerkstelligen und sei zudem die Zustellung an den bevollmächtigten Rechtsanwalt unterblieben.

3.) Mit einem unbefangenen Gericht sei unvereinbar,
a) dass über die Gewährung der im Rahmen der mündlichen Verhandlung am geplante Akteneinsicht der Senat entscheide, weshalb der Senat, also alle Senatsmitglieder, als befangen abgelehnt werden;
Der antragstellenden Partei seien zur Einsichtnahme die nicht übermittelten OZ 116 (Aktenvermerk der belangten Behörde vom ) sowie OZ 117 (Aktenvermerk der belangten Behörde vom ) auszufolgen. Die Gewährung einer Akteneinsicht betreffend die Aktenteile OZ 116 und OZ 117 in der Verhandlung am sei mit einem unbefangenen Gericht nicht vereinbar;
b) dass Zeugeneinvernahmen anberaumt und wieder abgesagt werden, denn die Vorlage von Aktenbestandteilen könne eine persönliche Zeugeneinvernahme zu deren Wahrnehmungen nicht ersetzen.

III. Rechtliche Grundlagen

§ 268 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) normiert:
"(1) Den Parteien steht das Recht zu, den Einzelrichter oder ein Mitglied des Senates mit der Begründung abzulehnen, dass einer der im § 76 Abs. 1 BAO aufgezählten Befangenheitsgründe vorliegt.
(2) Den Parteien steht das Recht zu, den Einzelrichter oder ein Mitglied des Senates abzulehnen, wenn anzunehmen ist, dass die Bekanntgabe der zu erörternden Tatsachen an diese Person die Wettbewerbsfähigkeit der Partei (§ 78) gefährden könnte.
(3) Anträge nach Abs. 1 und 2 sind beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Gründe für die Ablehnung sind glaubhaft zu machen
."

§ 76 Abs. 1 BAO lautet:
"Organe der Abgabenbehörden und der Verwaltungsgerichte haben sich der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen,
a) wenn es sich um ihre eigenen Abgabenangelegenheiten oder um jene eines ihrer Angehörigen (§ 25), oder um jene einer Person unter ihrer gesetzlichen Vertretung handelt;
b) wenn sie als Vertreter einer Partei (§ 78) noch bestellt sind oder bestellt waren;
c) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
d) im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten überdies, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Beschwerdevorentscheidung (§ 262) mitgewirkt oder eine Weisung im betreffenden Verfahren erteilt haben oder wenn einer der in lit. a genannten Personen dem Beschwerdeverfahren beigetreten ist."

In § 272 Abs. 4 BAO wird bestimmt:
"Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegen auch zunächst die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen (§ 85 Abs. 2) und von Aufträgen gemäß § 86a Abs. 1 sowie Zurückweisungen (§ 260), Zurücknahmeerklärungen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1), Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3, § 261), Verfügungen der Aussetzung der Entscheidung (§ 271 Abs. 1) und Beschlüsse gemäß § 300 Abs. 1 lit. b."

Nach Punkt 3.3.6. der Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes für das Jahr 2024 (Stand ) entscheidet über Ablehnungsanträge in Abgabenverfahren (§ 268 BAO) gegen Richterinnen oder Richter sowie fachkundige Laienrichterinnen oder fachkundige Laienrichteran den Außenstellen die Leiterin oder der Leiter der Außenstelle, am Sitz die Präsidentin oder der Präsident.

IV. Zum Antragsvorbringen:

1. Wichtige Gründe im Sinne des § 76 Abs. 1 lit. c BAO sind Umstände, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, die volle Unbefangenheit des Organwalters in Zweifel zu ziehen (vgl. weitere Beispiele in Ritz, BAO6, § 76 Rz 8ff).
Maßgebend ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln (Ritz, aaO, mwH).

2. Auch wenn zur Annahme einer Befangenheit grundsätzlich schon der Anschein genügt, Organwalter könnten an die von ihnen zu entscheidende Sache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantreten, so setzt ein solcher Anschein jedenfalls voraus, dass konkrete Umstände dargetan werden, die aus Sicht eines objektiven Beurteilers bei diesem den Eindruck erwecken, der Abgelehnte könnte sich aus persönlichen Gründen bei einer Entscheidung von anderen als sachlichen Erwägungen leiten lassen; auf eine bloß subjektive Besorgnis einer Befangenheit kann eine Ablehnung nicht mit Erfolg gestützt werden. Befangenheit ist entweder eine tatsächliche Hemmung der unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive oder aber eine besondere Fallgestaltung, die einen unbefangenen Außenstehenden begründeter Weise an der unparteiischen Entscheidungsfindung zweifeln lassen könnten (, mwN).

3. Sachliche Differenzen führen für sich genommen nicht zur Befangenheit eines Organwalters. In dem Umstand, dass sich die Rechtsansicht eines Organwalters nicht mit jener der Partei oder der Fachexpertise eines Sachverständigen deckt, ist daher grundsätzlich keine Befangenheit zu erblicken. Dass ein Organwalter eine gewisse Rechtsmeinung vertritt, begründet sohin nicht den Anschein einer Befangenheit. Sinn und Zweck der Ablehnung wegen Besorgnis einer Befangenheit ist nämlich nicht die Abwehr einer unrichtigen Rechtsauffassung des Organwalters. Eine allfällige Unrichtigkeit seiner Entscheidung ist vielmehr durch die Rechtsmittelinstanzen zu überprüfen und grundsätzlich keine Angelegenheit des Ablehnungsverfahrens (vgl. hierzu , mwH).

4. Die Aufgabe des Berichterstatters im Senatsverfahren ist es, die im § 269 BAO eingeräumten Rechte (vor allem Ermittlungen vorzunehmen oder vornehmen zu lassen) auszuüben und entsprechende Verfahrensschritte zu setzen.

5. Wenn die antragstellende Partei das Vorliegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Beschwerdeverfahren RV/XXX infolge der nicht erfolgten Zustellung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom , der Ladung für sowie der "Aktenteile OZ 38 des OZ 115" (= Vorhaltsbeantwortung des Finanzamtes) "bzw. OZ 119" (= Vorhaltsbeantwortung Masseverwalter) an die seit bestehende anwaltliche Vertretung, ins Treffen führt und darin den Grund für die Befangenheit aller Senatsmitglieder erblickt, ist nicht zu übersehen, dass der Termin für die mündliche Verhandlung am der anwaltlichen Vertretung bereits im Zuge der mündlichen Verhandlung am bekanntgeben worden war (anwesender Vertreter Mag. Fischl).

6. Dass mangels nicht sogleich vorgenommener Anmerkung der Zustellvollmacht bzw. des in der Verhandlung am bekannt gegebenen Vollmachtverhältnisses im EDV System des Bundesfinanzgerichtes die Zustellung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom an die anwaltliche Vertretung, sowie der Aktenteile OZ 115 und OZ 119, unterblieben war, mag zwar (vorerst) einen durch die beisitzende Richterin und Berichterstatterin veranlassten Verfahrensfehler darstellen, welcher aber als ein durch die nachträgliche Zustellung sanierbarerer zu beurteilen ist.
Nach Darlegung der beisitzenden Richterin und Berichterstatterin war die postalische Zustellung der Aktenteile OZ 38 bis OZ 115 bzw. OZ 119 an die antragstellende Partei als Serviceleistung gedacht, um der antragstellenden Partei das persönliche Erscheinen am Gericht zu ersparen und wurde die antragstellende Partei per Mail am bzw. am persönlich vorab verständigt, dass die Aktenteile an sie persönlich abgefertigt wurden, wofür sich diese per Mail am für diese Information bedankte.

7. Dem Vorbringen, dass die Zeitspanne zwischen Abholung der Unterlagen am und der für anberaumten Verhandlung für die Durchsicht und Vorbereitung als zu kurz bemessen zu beurteilen ist, ist zuzustimmen und wurde daher der in Einem vorgebrachten Vertagungsbitte um Abberaumung der Verhandlung am entsprochen.

8. Soweit die antragstellende Partei moniert, es seien ihr zwei von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht übermittelte Aktenvermerke der belangten Behörde vom , OZ 116, sowie vom , OZ 117, zur Einsicht auszufolgen und sei die intendierte Gewährung einer Akteneinsicht im Rahmen der für anberaumten Verhandlung mit einem unbefangenen Gericht unvereinbar, muss ihr entgegnet werden, das es sich bei diesen Schriftstücken um solche iSd § 90 Abs. 2 BAO handelt. Für Aktenvermerke iZm Amtsvorträgen bzw. Beratungsprotokollen besteht ein absoluter Ausschließungsgrund von der Akteneinsicht ().
Weiters normiert § 94 BAO, dass Verfügungen (Beschlüsse), die nur das Verfahren betreffen, schriftlich oder mündlich erlassen werden können und auch nicht abgesondert mittels Rechtsmittel bekämpfbar sind.
Dafür, dass im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht eine Beschlussfassung über die Nichtgewährung einer Akteneinsicht erfolgen dürfte bzw. dass ein solcher Beschluss nicht von allen Senatsmitgliedern zu fassen sei, findet sich in den zu beachtenden Verfahrensvorschriften der Bundesabgabenordnung kein Hinweis.
Festzuhalten ist weiters, dass kein Rechtsanspruch auf die Übermittlung von Aktenkopien besteht.

Unter diesem Blickwinkel ist in der gewählten Vorgehensweise durch die beisitzende Richterin und Berichterstatterin ein Entgegenkommen zu erblicken und lässt sich daraus nach objektiven Maßstäben kein Befangenheitsgrund ableiten.

9. Die antragstellende Partei beantragte im Beschwerdeverfahren RV/XXX die Beischaffung der FA-Akten des Feststellungsverfahrens sowie die Einvernahme der benannten Zeugen zum Beweis dafür,
- dass im Außenprüfungsverfahren das Finanzamt davon Kenntnis gehabt habe, dass es keine ausreichende Kommunikation zwischen dem Masseverwalter und den Gesellschaftern der OG während der Außenprüfung gegeben habe,
- dass weder die Gesellschafter der OG, noch die OG selbst vom Finanzamt im Außenprüfungsverfahren beigezogen worden seien, und
- dass im Außenprüfungsverfahren das Finanzamt davon Kenntnis gehabt habe, dass das gesamte Verhältnis zwischen dem Masseverwalter und den OG-Gesellschaftern streitverfangen gewesen sei.
- Den OG-Gesellschaftern seien die Bescheide im Feststellungsverfahren nicht rechtzeitig bekannt gegeben worden (Niederschrift , Seite 11, vorletzter und letzter Absatz).

10. In Entsprechung dieser Anträge forderte die beisitzende Richterin und Berichterstatterin die Akten des Finanzamtes an und lud die genannten Zeugen vor, insbesondere auch um in den von Feststellungsbescheiden abgeleiteten Einkommensteuerverfahren zu erörtern, ob die Feststellungsbescheide wirksam erlassen wurden, da nach Ritz (Ritz, BAO6, § 252, Rz 3) für den Fall von erheblichen Streitigkeiten zwischen dem Masseverwalter und der OG die Zustellungsfiktion gemäß § 101 Abs. 3 BAO nicht anzuwenden sei und dasselbe sinngemäß für eine schlechte oder nicht ausreichende Kommunikation zwischen dem Masseverwalter und der OG gelten dürfte (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., § 101 Rz 10).

11. Wie aus den - auch der antragstellende Partei zugeleiteten - übermittelten Akten des Finanzamtes zu ersehen ist, betrifft das genannte Außenprüfungsverfahren das Feststellungsverfahren der XYOG, welches zur Erlassung der Feststellungsbescheide für die Jahre 2014 - 2017 vom führte.
Weiters ist den Akten zu entnehmen, dass eine Zustellung der Feststellungsbescheide für die Jahr 2014 bis 2017 an den Masseverwalter mit dem Hinweis auf die Zustellfiktion gemäß § 101 Abs. 3 BAO am sowie an jede/n einzelne/n Gesellschafter/in der OG, die nicht insolvent war, und an die Insolvenzverwalterin des einzigen insolventen Gesellschafters der OG per RSa erfolgt war, dass die Gesellschafter der OG in das Außenprüfungsverfahren nicht eingebunden waren und dass dem das Feststellungsverfahren abführenden Finanzamt die Divergenzen zwischen Masseverwalter und den Ogisten bekannt waren.
Die erfolgte Zustellung der Feststellungsbescheide an die Gesellschafter bestätigten diese selbst in ihrer gegen die Feststellungsbescheide erhobenen Beschwerde vom .

12. Beweisanträgen ist grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme eines begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (vgl. , , und , Ra 2015/08/0006).
Waren die das Beweisthema der beantragte Zeugenaussagen bildenden Sachverhaltselemente auf Basis der vorgelegten Finanzamtsakten klar dokumentiert und der diesbezügliche massgebliche Sachverhalt somit klar, so durfte die beisitzende Richterin und Berichterstatterin auf Basis dieser Erhebungsergebnisse davon ausgehen, dass zur Abklärung des so feststehenden Sachverhaltes die Einvernahme der Zeugen nicht mehr erforderlich ist.

12. Soweit "Fehler" im vorgelagerten Feststellungsverfahren bemängelt werden, sind diese im dortigen Beschwerdeverfahren zu behandeln, wozu den Gesellschaftern durch Einbringung ihrer Beschwerde vom vollumfänglich Gelegenheit eingeräumt wurde/wird.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH bietet der Umstand, dass eine Partei eine Entscheidung in materiellrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Hinsicht für unzutreffend erachtet, keine ausreichende Grundlage für die Annahme einer Befangenheit, wenn nicht in diesem Zusammenhang konkrete Umstände glaubhaft gemacht werden, die auf den Mangel einer objektiven Einstellung des Organwalters hindeuten (vgl. So 2024/03/0014; So 2021/02/003).

13. Solche konkreten Gründe, die geeignet sind, in der Person der beisitzenden Richterin und Berichterstatterin, des Senatvorsitzenden, der beisitzenden Laienrichterin bzw. des beisitzenden Laienrichters Einstellungen, Voreingenommenheiten, Hemmungen, Hindernisse oder überschießende Strebungen zu erzeugen, die einer unparteilichen Entschließung im Wege stehen können, führte die antragstellende Partei in ihren - im Wesentlichen die Verletzung von Verfahrensvorschriften monierenden - Vorbringen nicht an und liegen solche im Antragsfall keineswegs vor.

Noch viel weniger sind in den Antragsvorbringen im Hinblick auf die behauptete Befangenheit der weiteren Senatsmitglieder, nämlich des Senatsvorsitzenden, der beisitzenden Laienrichterin bzw. des beisitzenden Laienrichters solche konkreten Gründe zu erblicken, die geeignet wären, deren Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, zumal diese mit den vornehmlich von der beisitzenden Richterin und Berichterstatterin veranlassten dargestellten Verfahrensschritten noch nicht bzw. nicht befasst waren.

Der gestellte Antrag, den Senatsvorsitzenden, die beisitzende Richterin und Berichterstatterin, die beisitzende Laienrichterin bzw. den beisitzenden Laienrichter von diesem Verfahren aufgrund von Befangenheit zu entbinden, ist aufgrund der dargelegten Ausführungen nicht begründet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

V. Belehrung und Hinweise

Gegen Beschlüsse über Ablehnungsanträge, die verfahrensleitende Beschlüsse sind, ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig (§ 25a Abs. 3 VwGG), ebenso eine abgesonderte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§ 88a Abs. 3 VfGG).

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 268 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 76 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:AO.4100014.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at