Aufhebung eines Bescheids über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens wegen eines Einspruchs im Finanzstrafverfahren
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** über die Beschwerde des ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch fh-wirtschaftstreuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft, Linzer Straße 26, 3100 St.Pölten, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***FA*** als Finanzstrafbehörde vom über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens, zu Strafkontonummer ***BfStrNr***, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Mit Strafverfügung vom wurde der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) schuldig gesprochen, eine Finanzordnungswidrigkeit gem. § 49 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz (FinStrG) begangen zu haben, und wurden über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 2.500,00 bzw. für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt und die Kosten des Strafverfahrens mit € 250,00 festgesetzt.
Gegen diese Strafverfügung wurde durch die ***Stb*** Steuerberatungsgesellschaft am Einspruch erhoben.
Da sich jedoch die Steuerberatungsgesellschaft weder im Einspruch noch davor auf eine seitens des Bf. für dieses Finanzstrafverfahren erteilte Vollmacht berufen hatte, erließ das Finanzamt ***FA*** am einen Mängelbehebungsauftrag an den Bf., mit welchem es diesen aufforderte den Mangel des Fehlens der schriftlichen (Original-)Vollmacht zu beheben.
Nach Ablauf der Frist zur Mängelbehebung erließ das Finanzamt ***FA*** als Finanzstrafbehörde am einen Bescheid gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG iVm § 85 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) über die Gegenstandsloserklärung des Einspruchs vom , weil die Mängel der Eingabe bis zum nicht behoben worden seien, und verbuchte die aufgrund des Einspruchs abgeschriebene Geldstrafe und Kosten des Strafverfahrens wieder am Strafkonto.
Gegen den Bescheid über die Gegenstandsloserklärung brachte die ***Stb*** Steuerberatungsgesellschaft am Beschwerde ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung hinsichtlich eines Betrages von € 2.750,00.
Am legte die Steuerberatungsgesellschaft eine schriftliche, vom Bf. unterfertigte Vollmacht vor, die auch "Verfahren in Steuerstrafsachen als Verteidiger" und "die Ermächtigung zum Empfang von Schriftstücken" umfasste.
Am erließ das Finanzamt ***FA*** als Finanzstrafbehörde einen Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens, mit welchem die im Vollstreckungsverfahren angefallenen Gebühren für die Amtshandlung vom und die Auslagenersätze gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG, § 185 Abs. 5 FinStrG iVm § 26 der Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) wie folgt festgesetzt wurden:
Pfändungsgebühr Summe 1% von 2.750,00 27,50
Auslagenersätze 1,25
Summe 28,75
Gegen diesen Bescheid erhob der Verteidiger am fristgerecht Beschwerde und führte darin im Wesentlichen Folgendes aus:
Aufgrund mehrerer Beschwerden bzw. mehrerer Aussetzungsanträge gäbe es bis dato keinen vollstreckbaren Rückstand. Trotz aufrechter Vollmachtsverhältnisse erfolge auch weiterhin eine Zustellung zu Händen des Abgabenpflichtigen, was § 9 ZustellG klar widerspreche. Mangels Zustellung gäbe es auch keine Nebengebührenbescheide. Es werde darauf hingewiesen, dass trotz Verkürzungszuschlagbescheid vom mehrere Strafverfahren eingeleitet worden seien, was eigentlich denkunmöglich sei. Aufgrund von Rechtswidrigkeit (Missachtung einer Zustellvollmacht, Nichtbearbeitung von Aussetzungsanträgen bzw. auch dem Umstand, dass vor Zustellung des gegenständlichen Bescheides ein Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungsansuchen erlassen worden sei) bestehe derzeit kein vollstreckbarer Rückstand. Es werde daher der Antrag gestellt, den oben genannten Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und nahm zur Beschwerde wie folgt Stellung:
"Hier handelt es sich um einen Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens. Es handelt sich um einen Bescheid im Einhebungsverfahren einer bereits vollstreckbar gewordenen Strafe inkl. Kosten des Finanzstrafverfahrens. Da das FinStrG hier nichts anderes bestimmt, gilt gem § 172 FinStrG die Bundesabgabenordnung. Gem § 103 Abs 2 zweiter Satz BAO können im Einhebungsverfahren ergehende Erledigungen aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, trotz Vorliegens einer Zustellungsbevollmächtigung wirksam dem Vollmachtgeber unmittelbar zugestellt werden.
Hier wurde eine Pfändungsgebühr und Auslagenersätze in Gesamthöhe von € 28,75 bescheidmäßig festgesetzt und dem Bestraften direkt zugestellt. Die direkte Zustellung erfolgte, aus Gründen der Zweckmäßigkeit, um die rasche Begleichung des Betrages zu erwirken.
Zur Aussage, dass kein vollstreckbarer Rückstand vorliegt, ist anzumerken, dass gegen die Strafverfügung vom (siehe Beilage Dok.Nr. 3) Einspruch (Beilage Dok.Nr. 4), ausgefertigt von der steuerlichen Vertreterin (Beilage Dok.Nr. 8), erhoben wurde. Da sich die steuerliche Vertreterin, die ***Stb*** Steuerberatungsgesellschaft, auf keine für dieses Finanzstrafverfahren erteilte Vollmacht berief, erging am ein Mängelbehebungsauftrag gem § 56(2) FinStrG iVm § 85 (2) BAO (Beilage Dok.Nr. 5). Dieser Mängelbehebungsauftrag wurde am ordnungsgemäß mit Hinterlegung zugestellt. In weiterer Folge wurde dieser von Herrn ***Bf*** nicht behoben und gelangte zurück an die Finanzstrafbehörde. Der beanstandete Mangel wurde nicht behoben. Die Vollmacht langte nicht ein. Daher wurde mit Bescheid vom der Einspruch als zurückgenommen erklärt (Beilage Dok.Nr. 6). Darauf erhob die steuerliche Vertreterin rechtzeitig mit Schreiben von Beschwerde (Beilage Dok.Nr. 7), wiederum ohne sich auf eine erteilte Vollmacht zu berufen oder eine solche vorzulegen. Im Zuge einer Akteneinsicht in einem anderen Strafverfahren am legte der Vertreter der steuerlichen Vertreterin, Herr Mag. ***Stb***, eine Vollmacht (Beilage Dok.Nr. 8) vor. Mit dieser Vollmachtsvorlage wurde der Mangel der Beschwerde behoben und diese Beschwerde gegen den Zurücknahmebescheid des Einspruches wurde dem BFG vorgelegt und dort unter RV/5300013/2017 erfasst. Die Strafe ist in Rechtskraft erwachsen. Die Beschwerde gegen den Zurücknahmebescheid hat keine aufschiebende Wirkung.
Es wird daher beantragt die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens abzuweisen."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Festgestellter Sachverhalt:
In Folge des gegen Bf. geführten Finanzstrafverfahrens wurden am Vollstreckungsmaßnahmen gesetzt und dafür mit (an den Bf. adressiertem) Bescheid vom eine Pfändungsgebühr in Höhe von € 27,50 und Auslagenersätze in Höhe von € 1,25 festgesetzt. Die Pfändungsgebühr entspricht 1% des aufgrund der Gegenstandsloserklärung des Einspruchs ab wieder am Strafkonto aufscheinenden Rückstands, der sich aus der mit Strafverfügung vom verhängten Geldstrafe in Höhe von € 2.500,00 zzgl. der Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 250,00 zusammensetzt.
Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom wurde der Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Gegenstandsloserklärung des Einspruchs stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus den vom Finanzamt vorgelegten Unterlagen sowie dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5300013/2017. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.
Rechtslage:
Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 56 Abs. 3 FinStrG gelten für Zustellungen das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, und sinngemäß die Bestimmungen des 3. Abschnittes der Bundesabgabenordnung.
Laut § 103 Abs. 1 Satz 2 BAO können im Einhebungsverfahren ergehende Erledigungen aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, trotz Vorliegens einer Zustellungsbevollmächtigung wirksam dem Vollmachtgeber unmittelbar zugestellt werden.
Gemäß § 145 Abs. 2 FinStrG tritt durch die rechtzeitige Einbringung eines Einspruches die Strafverfügung außer Kraft und ist das Verfahren nach den Bestimmungen der §§ 115 bis 142 durchzuführen.
Geldstrafen und Wertersätze werden gemäß § 171 Abs. 1 FinStrG mit Ablauf eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung fällig. Tritt die Fälligkeit an einem Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember ein, so gilt als Fälligkeitstag der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist.
§ 172 Abs. 1 FinStrG lautet:
Die Einhebung, Sicherung und Einbringung der Geldstrafen und Wertersätze sowie der Zwangs- und Ordnungsstrafen und die Geltendmachung der Haftung obliegt den Finanzstrafbehörden, die dazu auch Amtshilfe durch Abgabenbehörden in Anspruch nehmen können. Hiebei gelten, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß.
Gemäß § 185 Abs. 4 FinStrG werden u.a. die vom Bestraften zu ersetzenden Kosten, ausgenommen die Kosten des Vollzuges einer Freiheitsstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe), mit Ablauf eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung, mit der die Kosten festgesetzt wurden, fällig; § 171 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Einhebung, Sicherung und Einbringung der Kosten, ausgenommen jener für den Vollzug einer Freiheitsstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe), obliegt gemäß § 185 Abs. 5 FinStrG den Finanzstrafbehörden; hiebei gelten, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß. § 172 gilt entsprechend.
Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind gemäß § 226 BAO in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar.
§ 26 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) lautet auszugsweise:
(1) Der Abgabenschuldner hat für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens nachstehende Gebühren zu entrichten:
a) Die Pfändungsgebühr anläßlich einer Pfändung im Ausmaß von 1% vom einzubringenden Abgabenbetrag; wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1% vom abgenommenen Geldbetrag.
(3) Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen. Zu diesen zählen auch die Entlohnung der bei der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens verwendeten Hilfspersonen, wie Schätzleute und Verwahrer, ferner bei Durchführung der Versteigerung durch einen Versteigerer dessen Kosten sowie die Kosten der Überstellung.
(6) Im Falle einer Einstellung nach § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 2 oder § 16 Abs. 1 Z 2, 3, 4 oder 7 sind Gebührenfestsetzungen gemäß Abs. 1 und 3 aufzuheben.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 2 AbgEO ist die Vollstreckung auf Antrag oder von Amts wegen einzustellen, wenn der ihr zugrunde liegende Exekutionstitel zum Zeitpunkt seiner Ausfertigung zu Unrecht ausgestellt wurde. Die Einstellung gemäß Z 2, 3, 4 und 7 erfolgt gemäß § 16 Abs. 2 AbgEO unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Vollstreckungsakte.
Rechtliche Beurteilung:
Trotz einer aufrechten Zustellungsbevollmächtigung können Erledigungen im Einhebungsverfahren (etwa betreffend Zahlungserleichterungen hinsichtlich Geldstrafen, Mahnungen, Säumniszuschläge) gem. § 103 Abs. 1 Satz 2 BAO iVm § 56 Abs. 2 FinStrG trotz Vorliegen einer Zustellungsbevollmächtigung von der Finanzstrafbehörde bzw. dem BFG direkt dem Vollmachtgeber zugestellt werden (Tannert/Huber in Tannert / Kotschnigg / Twardosz, FinStrG § 56-56b Rz 388 [Stand , rdb.at], mwN).
Der Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens vom konnte daher gem. § 185 Abs. 5 FinStrG iVm § 56 Abs. 2 FinStrG und § 103 Abs. 1 BAO dem Bf. direkt zugestellt werden. Dass der Bescheid trotz Zustellvollmacht der ***Stb*** Steuerberatungsgesellschaft unmittelbar an den Bf. zugestellt wurde, führt daher nicht dazu, dass es - wie in der Beschwerde vermeint - "mangels Zustellung […] auch keine Nebengebührenbescheide" gäbe.
Trotz des Amtshandlungscharakters der Kosten des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens (/01611 = ÖStZB 1983, 186) ist es nicht vertretbar, bei Wegfall der die Bemessungsgrundlage bildenden Abgabenschuldigkeit die Gebühren dem Grunde nach aufrechtzuerhalten (Liebeg, Abgabenexektionsordnung § 26 Tz 3). Das gilt sinngemäß natürlich auch für den Wegfall der die Bemessungsgrundlage von Kosten eines Vollstreckungsverfahrens bildenden Geldstrafe und Kosten eines Finanzstrafverfahrens.
Die Gebührenpflicht entfällt, wenn sich die Exekution (nachträglich) als unzulässig erweist, weil bei ihrer Durchführung oder Fortsetzung ein Einstellungsgrund im Sinne des § 16 AbgEO nicht beachtet wurde. Nach dieser Vorschrift ist in den dort aufgezählten Fällen die Vollstreckung unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Vollstreckungsakte auf Antrag oder von Amts wegen einzustellen. Daraus ist abzuleiten, dass gegebenenfalls auch bereits aufgelaufene Gebühren und Barauslagen entfallen. Dementsprechend ist bei der Gebührenvorschreibung als Vorfrage anhand einer auf den Zeitpunkt des Beginns der Amtshandlung abgestellten Betrachtungsweise zu prüfen, ob die tatsächlich durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen im Hinblick auf das Vorliegen von Einstellungsgründen unzulässig gewesen wären. Wenn im Hinblick auf § 16 AbgEO von der Durchführung oder Fortsetzung einer Exekution Abstand zu nehmen gewesen wäre, lägen ungeeignete Vollstreckungsmaßnahmen vor und wäre ein Anspruch auf Gebühren iSd § 26 AbgEO nicht gegeben (Liebeg, Abgabenexektionsordnung, § 26 Tz 7).
Im Erkenntnis vom , B 601/91 führte der Verfassungsgerichtshof Folgendes aus:
"Das Exekutionsverfahren kann nur Mittel zur Einbringung einer Abgabenschuld sein. Daran könnte selbst die (erfolgreiche) Beendigung der Exekution nichts ändern. Es darf für den Wegfall der Pflicht zur Entrichtung der Exekutionsgebühren und Auslagenersätze nicht entscheidend sein, ob der Exekutionstitel, aufgrund dessen die Amtshandlung vorgenommen wurde, vor Beendigung der Exekution oder nach diesem Zeitpunkt weggefallen ist. Es wäre nicht einzusehen und eine höchst unsachliche Regelung, wenn die aufgelaufene Pfändungsgebühr zwar im Falle der Einstellung der Exekution wegen Aufhebung des Titelbescheides, nicht aber im Falle der Aufhebung des Titelbescheides nach Beendigung der Exekution hinfällig würde.
Daß die Auffassung der belangten Behörde, die Aufhebung des Titelbescheides sei im Rechtsmittelverfahren gegen die Vorschreibung von Pfändungsgebühren und Barauslagen nicht zu beachten, dem Gesetz fälschlich einen Inhalt unterstellt, der es, wenn es ihn hätte, verfassungswidrig machen würde, wird durch grundsätzliche Überlegungen erhärtet. Wie der Verfassungsgerichtshof in dem an seine ständige Rechtsprechung zum rechtsstaatlichen Prinzip anknüpfenden Erkenntnis VfSlg. 11196/1986 ausgesprochen hat und seither festhält, müssen die Rechtsschutzeinrichtungen ihrer Zweckbestimmung nach ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber aufweisen, womit nicht nur die Erlangung einer Entscheidung rechtsrichtigen Inhalts, sondern auch die Umsetzung einer solchen Entscheidung in den Tatsachenbereich zu verstehen ist. Einschränkungen sind insoweit nur aus sachlich gebotenen, triftigen Gründen zulässig (vgl. auch VfSlg. 11590/1987 S. 800, G199/80 vom und G293 u.a./91 vom ).
Gesetzliche Regelungen, die sachlicherweise dazu führen, daß ein behördliches Fehlverhalten vorläufig hingenommen werden muß, dürfen daher - wenn dies irgendwie vermeidbar ist -, nicht so ausgestaltet werden, daß daraus endgültige Belastungen entstehen. Eine Notwendigkeit, mit den Kosten grundloser oder sich nachträglich als grundlos erweisender Exekutionsverfahren den Betroffenen zu belasten, kann der Verfassungsgerichtshof nicht erkennen. Daß die Gesetzeslage zu dieser Annahme auch nicht zwingt, wurde bereits hinreichend dargetan."
Entsprechend judizierte auch der Verwaltungsgerichtshof z.B. im Erkenntnis vom , 96/15/0044, dass die Gebührenpflicht entfalle, wenn sich die Exekution (nachträglich) als unzulässig erweise, weil bei ihrer Durchführung oder Fortsetzung ein Einstellungsgrund im Sinne des § 16 AbgEO nicht beachtet worden sei. Nach der zitierten Vorschrift sei in den dort aufgezählten Fällen die Vollstreckung unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Vollstreckungsakte auf Antrag oder von Amts wegen einzustellen. Daraus sei abzuleiten, dass gegebenenfalls auch bereits aufgelaufene Gebühren und Barauslagen entfallen. Dementsprechend sei bei der Gebührenvorschreibung zu prüfen, ob die tatsächlich durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen im Hinblick auf das Vorliegen von Einstellungsgründen unzulässig gewesen wären. Wenn im Hinblick auf § 16 AbgEO von der Durchführung oder Fortsetzung einer Exekution Abstand zu nehmen wäre, lägen ungeeignete Vollstreckungsmaßnahmen vor und sei ein Anspruch auf Gebühren iSd § 26 AbgEO nicht gegeben (Hinweis ; , 94/13/0217).
Da der Bescheid vom über die Gegenstandsloserklärung des Einspruchs mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom aufgehoben wurde, ist nach § 145 Abs. 2 FinStrG die Strafverfügung vom durch die rechtzeitige Einbringung des Einspruches am außer Kraft getreten. Mangels Rechtskraft der Strafverfügung ist daher keine Fälligkeit der verhängten Geldstrafe und Kosten des Strafverfahrens nach § 171 Abs. 1 FinStrG bzw. § 185 Abs. 4 FinStrG - und somit auch keine Vollstreckbarkeit gemäß § 226 BAO - eingetreten.
Aufgrund der fehlenden Vollstreckbarkeit durch die Aufhebung des Titelbescheides wurde der zugrunde liegende Exekutionstitel zu Unrecht ausgestellt und erweist sich die Exekution daher nachträglich als unzulässig, sodass die Gebührenpflicht entfällt. Der Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens vom war daher aufzuheben.
Gemäß § 62 Abs. 2 FinStrG obliegt die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Entscheidung über die Beschwerde einem Senat des Bundesfinanzgerichtes,
a) wenn die Beschwerde sich gegen ein Erkenntnis oder einen sonstigen Bescheid eines Spruchsenates richtet,
b) wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter dies in der Beschwerde gegen ein Erkenntnis oder in der Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß § 149 Abs. 4 begehrt.
Die Entscheidung über alle anderen Rechtsmittel obliegt gemäß § 62 Abs. 3 FinStrG einem Richter eines Senates für Finanzstrafrecht beim Bundesfinanzgericht als Einzelrichter.
In der Beschwerde wurde "für den Fall der Nichtstattgabe der Beschwerde und Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht […] die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat beantragt (§ 272 Abs. 1 BAO)".
Die Bestimmungen der BAO sind im Finanzstrafverfahren nur subsidiär anwendbar soweit das FinStrG nicht anderes bestimmt. § 62 FinStrG trifft explizite Regelungen zur Zuständigkeit von Senaten bzw. Einzelrichtern, sodass § 272 BAO im Finanzstrafverfahren keine Anwendung findet.
Da sich die gegenständliche Beschwerde gegen einen sonstigen Bescheid eines Einzelbeamten und nicht eines Spruchsenats richtet und auch kein Bescheid gemäß § 149 Abs. 4 (abgesondertes Verfahren) vorliegt, obliegt die Entscheidung gemäß § 62 Abs. 2 und 3 FinStrG zwingend einem Richter eines Senates für Finanzstrafrecht als Einzelrichter und kann auch keine Senatszuständigkeit beantragt werden.
Im Übrigen ist im Verwaltungsverfahren eine "Prozesserklärung" ohnehin unzulässig, wenn sie im Hinblick auf ihr Begehren bloß bedingt ("für den Fall, dass ...") erhoben wird (vgl. ).
Gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG ist über Beschwerden nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, die Beschwerde ist zurückzuweisen, der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben, das Verfahren einzustellen oder es ist nach § 161 Abs. 4 vorzugehen.
Da der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben war, konnte ohne Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung entschieden werden.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere ) entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 26 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5300045.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at