Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 16.07.2024, RV/7101705/2024

Zweiter Säumniszuschlag betreffend Kapitalertragsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Andrea Ebner, die Richterin Mag.Dr. Katrin Allram sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Sophia Grassl und Mag.pharm. Gertrude Kölbl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch herger weilguny steuerberatung wirtschaftsprüfung GmbH, Reichsstraße 24a, 3300 Amstetten, über die Beschwerden vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung von zweiten Säumniszuschlägen, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Romana Schuster zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde setzte mit Bescheid vom zweite Säumniszuschläge betreffend Kapitalertragsteuer 12/2015, 12/2016 und 12/2017 fest, da die Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet wurden.

Dagegen erhob die beschwerdeführende GmbH (Bf.) mit Eingaben vom Beschwerden. Begründend wurde ausgeführt, dass die den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Bescheide unrichtig seien, weshalb die Säumniszuschläge mit Euro 0,00 festzusetzen seien.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies die belangte Behörde die Beschwerden als unbegründet ab, da der Säumniszuschlagsbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden könne, dass die zugrunde liegenden Bescheide unrichtig seien.

Mit Eingaben vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im angeschlossenen Vorlagebericht beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerden.

Am erging die Ladung zur mündlichen Verhandlung am . Die belangte Behörde gab mit E-Mail vom bekannt, dass sie nicht an der anberaumten mündlichen Verhandlung teilnehmen wird.

In der ergänzenden Eingabe vom , die dem Bundesfinanzgericht mit Fax und postalisch übermittelt wurde, stellte die Bf. den Antrag, die Verhandlung zu vertagen, bis die Stellungnahme der belangten Behörde zur von der Bf. ebenfalls eingebrachten Maßnahmenbeschwerde (anhängig zu GZ RM/7100003/2024) vorliege. Überdies stellte die Bf. den Antrag, mehrere Zeugen aus dem Bereich der Finanzverwaltung bzw. des Bundesfinanzgerichtes zu laden. Schließlich regte die Bf. an, eine Anzeige bei der Kriminalpolizei bzw. Staatsanwaltschaft zu erstatten.

Am wurde der steuerlichen Vertretung der Bf. telefonisch mitgeteilt, dass die Verhandlung am stattfinden und sich der Senat im Rahmen der Verhandlung mit dem ergänzenden Anbringen der Bf. auseinandersetzen wird. Zudem erfolgte der Hinweis, dass die im Beschwerdeverfahren nicht maßgebende Stellungnahme der belangten Behörde betreffend das zu GZ RM/7100003/2024 anhängige Verfahren bereits eingegangen ist.

Am fand die mündliche Verhandlung vor dem Senat statt, zu der die Bf. unentschuldigt nicht erschienen ist.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Bei der Bf. fand eine abgabenbehördliche Prüfung statt, bei der verdeckte Ausschüttungen festgestellt wurden. Mit Bescheid vom wurde die Bf. zur Haftung für die Kapitalertragsteuer herangezogen.


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Abgabe
Fälligkeit
Frist
Betrag in Euro
KESt 2015
25.282,86
KESt 2016
8.505,45
KESt 2017
7.231,51

Die Abgabenschulden wurden an den jeweiligen Fälligkeitstagen nicht entrichtet. Mit Bescheid vom wurden erste Säumniszuschläge betreffend die Kapitalertragsteuer 2015 bis 2017 festgesetzt.

Die Abgabenschulden wurden weder innerhalb der eingeräumten Nachfrist () noch innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Nachfrist vollständig entrichtet.

Die KESt 2015 haftete drei Monate nach Ablauf der Nachfrist in Höhe von Euro 17.314,45, die KESt 2016 in Höhe von Euro 8.505,45 und die KESt 2017 in Höhe von Euro 7.231,51 aus. Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde zweite Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt Euro 330,51 fest.

Mit Erkenntnis vom wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid vom als unbegründet ab.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes sowie auf Abfragen des Steueraktes der Bf.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 96 Abs. 1 Z 1 lit. a Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) hat bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital der Schuldner der Kapitalerträge die einbehaltenen Steuerbeträge unter der Bezeichnung "Kapitalertragsteuer" binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge abzuführen.

Bei verdeckten Ausschüttungen gibt es keine abweichende Regelung, weshalb die Kapitalertragsteuer binnen einer Woche nach dem tatsächlichen Zufließen fällig wird (vgl. Kirchmayr/Franke, in: Doralt et al, EStG23 (2022), § 96 Rz 6/1).

Werden Abgaben, ausgenommen Nebenansprüche, später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt, so steht dem Abgabepflichtigen gemäß § 210 Abs. 4 Bundesabgabenordnung (BAO) für die Entrichtung der Abgabennachforderung eine Nachfrist von einem Monat ab der Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides zu.

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Der erste Säumniszuschlag beträgt gemäß § 217 Abs. 2 BAO 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Ein zweiter Säumniszuschlag ist gemäß § 217 Abs. 3 BAO für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

Der Säumniszuschlag im Sinn des § 217 BAO stellt eine objektive Säumnisfolge dar. Dabei sind die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, grundsätzlich unbeachtlich (vgl. ).

Die Kapitalertragsteuerbeträge für die Jahre 2015 bis 2017 wären binnen einer Woche nach Zufließen der Kapitalerträge an das Finanzamt abzuführen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt ist auch die Fälligkeit eingetreten. Da die Kapitalertragsteuer für die Jahre 2015 bis 2017 nicht fristgerecht entrichtet wurde, wurde mit Bescheid vom zu Recht ein erster Säumniszuschlag verhängt.

Gemäß § 217 Abs. 3 erster Satz BAO ist für eine Abgabe ein zweiter Säumniszuschlag zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist.

Bei Selbstbemessungsabgaben (mit gesetzlicher Fälligkeitsregelung) beginnt die Dreimonatsfrist de facto (nämlich als Folge des § 217 Abs 4) frühestens mit Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages bzw. (bei Festsetzung der Abgabe) mit Ablauf der Nachfrist des § 210 Abs. 4 BAO (vgl. Ritz/Koran, BAO7 (2021) § 217 Rz 11).

Der Haftungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer für die Jahre 2015 bis 2017 ist am ergangen, wobei eine Nachfrist für die Zahlung bis zum gewährt wurde. Da die streitgegenständliche Abgabenschuld auch innerhalb der Nachfrist und der anschließenden Dreimonatsfrist nicht (vollständig) entrichtet wurde, wurde der zweite Säumniszuschlag zu Recht festgesetzt.

Zum Vorbringen der Bf., wonach die dem Säumniszuschlagsbescheid zugrunde liegenden Bescheide unrichtig seien, ist schließlich auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach die Säumniszuschlagspflicht nicht den Bestand einer sachlich richtigen, sondern nur einer formellen Abgabenschuld voraussetzt (vgl. ). Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtskräftig oder mit Beschwerde angefochten ist (vgl. ).

In diesem Zusammenhang ist zum einen anzumerken, dass die Beschwerde der Bf. vom gegen den Haftungsbescheid vom mittlerweile mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom als unbegründet abgewiesen wurde. Zum anderen hat gemäß § 217 Abs. 8 BAO im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Insgesamt war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

Von den Parteien beantragte Beweise sind gemäß § 183 Abs. 3 BAO aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, dass die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, dass die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind, im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht überdies dann, wenn das Beweisanbot der Parteien der Verfahrensförderungspflicht (§ 270 Abs. 2) widerspricht. Von der Aufnahme eines im Vorlageantrag gestellten Beweisantrages darf das Verwaltungsgericht nicht mit der Begründung absehen, dass der Beweisantrag der Verfahrensförderungspflicht (§ 270 Abs. 2) widerspricht. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

Zum Antrag, die Verhandlung bis zum Einlangen der Stellungnahme der belangten Behörde zur von der Bf. eingebrachten Maßnahmenbeschwerde zu vertagen, ist zunächst anzumerken, dass die betreffende Stellungnahme bereits am beim für die Behandlung der Maßnahmenbeschwerde zuständigen Richter des Bundesfinanzgerichtes eingelangt ist und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am erörtert werden hätte können. Überdies kommt dem im Maßnahmenbeschwerdeverfahren erstatteten Vorbringen keine Relevanz für die Klärung des unstrittigen streitgegenständlichen Sachverhaltes zu, sodass auch aus diesem Grund eine Vertagung der Verhandlung nicht aufgezeigt war.

In zwei weiteren Anträgen beantragte die Bf. die Ladung mehrerer Personen aus dem Bereich der Finanzverwaltung bzw. des Bundesfinanzgerichtes, um diese als Zeugen in Hinblick auf die Verwirklichung strafrechtlich relevanter Tatbestände vor dem Senat in der mündlichen Verhandlung zu befragen. Da die damit unter Beweis zu stellenden Tatsachen in keinem Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt stehen und folglich nicht geeignet sind, zur Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes beizutragen, erweist sich die beantragte Beweisaufnahme als unerheblich. Demnach ist den Beweisanträgen nicht zu entsprechen.

Bei dem als Beweisantrag bezeichneten Hinweis auf § 78 StPO und dem damit einhergehenden Antrag, das Bundesfinanzgericht möge eine Anzeige bei der Kriminalpolizei oder der Staatsanwaltschaft erstatten, kann es sich nicht um einen Beweisantrag handeln, da damit keine Tatsachen unter Beweis gestellt werden können. Über den als Anregung zu wertenden Antrag der Bf. ist folglich nicht abzusprechen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der streitgegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus den angeführten gesetzlichen Bestimmungen sowie der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die ordentliche Revision war demnach nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101705.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at