TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 11.12.2023, RV/6100287/2019

Versäumung der Beschwerdefrist wegen nicht eingesehener Databox und fehlendem Fristverlängerungsantrag (per eMail bzw telefonisch)

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin IBV in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Das Finanzamt (kurz: FA) führte bei der beschwerdeführenden Partei (kurz: Bf) eine Außenprüfung (ABNr 123/18) hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Zeiträume 12/2016 bis 12/2016 und 06/2017 bis 05/2018 durch und traf im Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom unter Tz 1 Feststellungen zur Nichtanerkennung von Vorsteuern.

Diese Feststellungen führten ua zum Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016 vom .

Die Bf brachte dagegen mit Schriftsatz vom Beschwerde ein.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Beschwerde vom FA als unbegründet abgewiesen

Am brachte die Bf daraufhin via FinanzOnline einen Vorlageantrag ein.

Mit Bericht des FA vom erfolgte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (kurz: BFG) mit dem Antrag auf Abweisung.

Das BFG ersuchte mit Vorhalt vom das FA um Vorlage des Arbeitsbogens der Außenprüfung und räumte zusätzlich dem FA die Möglichkeit ein, zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde (Bescheid vom , Zustellung laut Bf am , Beschwerde vom , beim Finanzamt eingelangt am ) Stellung zu nehmen.

In der Vorhaltsbeantwortung vom führte das FA zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde Folgendes aus:
Der Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016 vom sei nachweislich am in die Databox der Bf zugestellt worden. Die gesonderte Bescheidbegründung in Form des Prüfberichts sei nach Verarbeitung des Sachbescheides veranlasst worden und es werde davon ausgegangen, dass die Zustellung am in die Databox der Bf ergangen sei. Vom FA sei diesbezüglich noch der Nachweis des Produktmanagements angefordert worden, welcher ebenfalls bestätige, dass der Prüfbericht am in der Datatbox der Bf eingelangt sei. Da für eine ordnungsgemäße Zustellung der nachweisliche Eingang in die Databox der Bf ausreiche, sei nach Ansicht des FA die Rechtsmittelfrist mit abgelaufen und die Beschwerde somit verspätet eingebracht.
Zugleich wurden Unterlagen aus dem Arbeitsbogen vorgelegt.

Das BFG übermittelte dieses Vorhalteverfahren samt Beilagen (Bestätigungen Zustellungen Databox vom samt Anfrage, eMail Betriebsprüfer vom , eMail Dr. A vom , eMail vom ) der Bf und räumte der Bf die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde ein. Gleichzeitig hielt das BFG nach Rechtsausführungen fest, dass laut den vorliegenden Unterlagen der angefochtene Bescheid am sowie der Bericht der Außenprüfung am in die Databox bei FinanzOnline eingelangt sei und daher die einmonatige Beschwerdefrist somit am Montag, den ende. Zu dem zwischen der Bf und dem Betriebsprüfer erfolgten eMail-Verkehr wurde ausgeführt, dass weder telefonische noch per eMail eingebrachte Anbringen wirksame Anträge im Sinne der BAO darstellen würden.

Am hielt Dr. A als Geschäftsführer der Bf in einem Telefonat mit dem BFG fest, dass der Betriebsprüfer die Rechtzeitigkeit der Beschwerde bestätigt habe und es einen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz gebe. Während des Prüfungsverfahren hätte er laufend mit dem Prüfer über eMails kommuniziert. Er kündigte zudem - über Nachfrage - noch eine schriftliche Vorhaltsbeantwortung an. Eine schriftliche Vorhaltsbeantwortung langte beim BFG allerdings nicht ein.

DAZU WIRD ERWOGEN:

1 gesetzliche Grundlagen

Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist.

Die Beschwerdefrist ist gemäß § 245 Abs 3 BAO auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen erforderlichenfalls auch wiederholt zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind gemäß § 85 Abs 1 BAO vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

Anbringen können gemäß § 86a Abs 1 BAO können im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird (Satz eins).

Erledigungen werden laut § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß lit. a leg. cit. bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt gemäß § 97 Abs. 3 BAO auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, dass die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 gilt sinngemäß.

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (Satz eins).

Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden gemäß § 108 Abs 2 BAO mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 108 Abs 3 BAO durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Die Tage des Postenlaufes werden gemäß § 108 Abs 4 BAO in die Frist nicht eingerechnet.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist nach § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekannt gegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).

Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht.

2 Sachverhalt

Die Bf ist in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter FN 789 im Firmenbuch eingetragen, als Geschäftsführer scheint Dr. A im Firmenbuch auf.

Der Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016 vom enthält in seiner Begründung den Satz "Die Veranlagung erfolgte unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind" und er wurde am elektronisch in die Databox des FinanzOnline-Kontos der Bf eingestellt.

Der vom Prüfer P erstellte Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom betrffend die Bf (ABNr 123/18) wurde am ebenfalls via FinanzOnline zugestellt und am erstmals geöffnet bzw gelesen.

Die Bf brachte gegen den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016 vom laut ihren Angaben: "innerhalb offener Frist, die genannten Bescheide sowie der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung (ABNr. 123/18) vom wurden uns am zugestellt" mittels Einschreiben Beschwerde ein. Die Beschwerdeschrift, datiert mit , langte beim Finanzamt am ein. Eine Aufgabe des Beschwerdeschriftsatzes bei der Post erfolgte nicht vor dem (einem Freitag).

Mit eMail vom bestätigte der Prüfer den Eingang der Beschwerde gegenüber Dr. A und merkte zur Rechtzeitigkeit an, "dass die Einmonatfrist (Bescheiddatum 16.11. Beschwerdedatum 9.1.) eigentlich überschritten wäre". Des Weiteren hielt der Prüfer in diesem eMail vom Folgendes fest:
"Ihr E-Mail vom wird allerdings (in Verbindung mit ihren telefonischen Versuchen im Dezember) als Antrag auf Frist-Verlängerung gewertet, sodass für uns die Rechtzeitigkeit gegeben ist. Ich weise allerdings für die Zukunft nochmal darauf hin, dass E-Mails grundsätzlich keine rechtliche Gültigkeit für Anträge, Erklärungen Beschwerden etc. haben."

Während der durchgeführten Außenprüfung erfolgte die Kommunikation zwischen dem Prüfer und dem Geschäftsführer teilweise auf elektronischem Weg mit Hilfe von eMails.

Das angesprochene eMail vom zeigt folgendes Bild:

[...]

3 Beweiswürdigung

Bei Erforschung des tatsächlich verwirklichten Sachverhaltes sind die Grundsätze der freien Beweiswürdigung nach § 167 Abs. 2 BAO zu beachten. Die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen haben schlüssig zu sein, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut bzw. den Erfahrungen des täglichen Lebens zu entsprechen. (Vgl. , , ).

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem elektronisch vorgelegten Akt, und der Vorhaltsbeantwortung des FA vom samt den dabei übermittelten Unterlagen (wie Bestätigungen des Produktmanagements-FinanzOnline über die Zustellung in die Databox vom und eMail-Verkehr) sowie aus der Abfrage des BFG in FinanzOnline und der Abfrage des BFG im Firmenbuch. Die herangezogenen Erkenntnisquellen sind als unbedenklich einzustufen.

Die unter Pkt 2 Sachverhalt wörtlich zitierte Begründung des am elektronisch zugestellten Bescheides über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016 vom ist als eine Ankündigung eines Prüfungsberichtes gemäß § 150 BAO zu verstehen.

Die Feststellung, wonach der Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016 vom am und der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom am via FinanzOnline in die Databox der Bf eingelegt wurden, wurde dem Bf mit Vorhalt vom bekanntgegeben und blieb von ihm unbestritten. Bei dem in der Beschwerde vom angeführten Zustelldatum hinsichtlich des Berichts vom und dem angefochtenen Bescheid, den , handelt es sich offensichtlich - wie aus der Bestätigung des Produktmanagements - FinanzOnline vom unbedenklich abgeleitet werden kann - um jenes Datum, an dem die in die Databox vom Finanzamt eingelegten Dokumente bzw schriftlichen Erledigungen erstmals geöffnet bzw gelesen wurden, und nicht - wie vom Bf dargestellt - um das Zustelldatum.

Die Postaufgabe erfolgte naturgemäß nicht vor dem , also jenem Datum, welches die Beschwerdeschrift trägt und an dem nach allgemeiner Lebenserfahrung die Unterzeichnung stattfand.

Nicht ausgeschlossen wird aufgrund allgemeiner Lebenserfahrungen, dass während der bei der Bf durchgeführten Außenprüfung die Kommunikation zwischen dem Prüfer und dem Geschäftsführer der Bf teilweise auf elektronischem Weg durch eMails erfolgte.

4 rechtliche Würdigung

Bei behördlichen schriftlichen Erledigungen - wie bei dem Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016 vom und bei dem Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom - erfolgt die Bekanntgabe gemäß § 97 Abs 1 BAO durch Zustellung.

Gemäß § 98 Abs 2 BAO gelten elektronische zugestellte Dokumente (insbesondere behördliche schriftliche Erledigungen) als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat. Auf das tatsächliche Einsehen in die Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an. (Vgl Ritz/Koran, BAO7, § 98 Rz 3 f, , ).

Im gegenständlichen Fall wurde der Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016 vom am und der Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom am in die Databox des FinanzOnline-Kontos der Bf eingebracht. Sie gelangten somit am bzw. am in den elektronischen Verfügungsbereich der Bf und gelten daher entsprechend der Bestimmung des § 98 Abs 2 BAO am (Bescheid) bzw am (Bericht) als zugestellt. Das Öffnen und Lesen der behördlichen Erledigung am durch den Geschäftsführer der Bf ist - wie zuvor ausgeführt - nicht maßgeblich. (Vgl Pkt 2 Sachverhalt und Pkt 3 Beweiswürdigung)

Für den Beginn der Beschwerdefrist ist grundsätzlich gemäß § 109 BAO iVm § 97 Abs 1 BAO der Tag der Bekanntgabe und damit der Zustellung des Bescheides maßgebend. Dies gilt gemäß § 45 Abs 1 zweiter und dritter Satz BAO in jenen Fällen nicht, in denen der Bescheid eine Ankündigung enthält, dass noch eine (ergänzende) Begründung oder ein Prüfungsbericht (gemäß § 150 BAO) gesondert ergehen wird. Eine solche Ankündigung hat gemäß § 245 Abs 1 zweiter Satz BAO, wenn diese Begründung oder dieser Prüfungsbericht nicht bereits vor Bekanntgabe des Bescheides bekanntgegeben bzw zugestellt wurde, zur Folge, dass die Beschwerdefrist noch nicht mit Bekanntgabe bzw Zustellung des Bescheides, sondern erst mit der nachgereichten Begründung oder mit dem nachgereichten Prüfungsbericht in Lauf gesetzt wird. (Vgl Ritz/Koran, BAO7, § 245 Rz 8 f).

Der im gegenständlichen Bescheid angekündigte Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurde am elektronisch zugestellt. Die Beschwerdefrist begann somit im gegenständlichen Fall im Hinblick auf § 245 Abs 1 BAO am zu laufen. (Vgl Pkt 2 Sachverhalt und Pkt 3 Beweiswürdigung)

Hinsichtlich des Fristendes ist § 108 Abs 2 und 3 BAO zu beachten. Unter "Zahl" ist das Datum bei Monatsfristen gemeint (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 108 Rz 5).

Die einmonatige Beschwerdefrist endete somit im gegenständlichen Fall am (einem Montag). Die Bf brachte demgegenüber die Beschwerde - ohne Berücksichtigung des Postenlaufs - frühestens am ein. Zu diesem Zeitpunkt war die einmonatige Beschwerdefrist (§ 245 Abs 1 BAO) bereits abgelaufen. (Vgl Pkt 2 Sachverhalt und Pkt 3 Beweiswürdigung)

Zu klären bleibt im gegenständlichen Fall, ob die Bf - wie der Prüfer im eMail vom vermeint - mit Hilfe des vom Geschäftsführer an den Prüfer gerichteten eMail vom einen rechtwirksamen Antrag auf Fristverlängerung stellte (vgl Pkt 2 Sachverhalt):

Ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist nach § 245 Abs 3 BAO ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs 1 BAO (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 245 Tz 12).

Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen sind grundsätzlich nach § 85 Abs 1 BAO schriftlich einzubringen.

Anbringen, für die Abgabenvorschiften die Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, können nach § 86a Abs 1 erster Satz BAO auch telegrafisch oder fernschriftlich eingereicht werden. Die Einreichung im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung ist nur zulässig, soweit dies durch Verordnung des BMF zugelassen wird. (Ritz/Koran, BAO7, § 86a Rz 3).

Mit § 1 der Verordnung BGBl 494/1991 wird für Anbringen im Sinne des § 86a Abs 1 erster Satz BAO, die in Abgaben-, Monopol- oder Finanzstrafangelegenheiten an das Bundesministerium für Finanzen, an das Bundesfinanzgericht, an ein Finanzamt oder an ein Zollamt gerichtet werden, die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers (Telefaxgeräte) zugelassen. (Vgl )

Mit der Verordnung BGBl II 97/2006 (FinanzOnline-Verordnung 2006 - FonV 2006) wird die automationsunterstützte Datenübertragung in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen, geregelt. Nach § 1 Abs 2 FOnV 2006 ist die automationsunterstützte Datenübertragung für die Funktionen zulässig, die dem jeweiligen Teilnehmer in FinanzOnline zur Verfügung stehen. Gemäß § 5 FOnV 2006 sind andere als die in den Funktionen gemäß § 1 Abs 2 dem jeweiligen Teilnehmer zur Verfügung gestellten Anbringen, ungeachtet einer allfälligen tatsächlichen Übermittlung in FinanzOnline, unbeachtlich. (Vgl )

Eine andere Einbringung als eine schriftliche Eingabe, die etwa persönlich oder durch einen Postdienst bei der Behörde abgegeben wird, ist somit abgesehen von den im gegenständlichen Fall (hinsichtlich der Beschwerde) nicht gegebenen Fällen der FOnV 2006 nur gemäß § 1 der Verordnung BGBl 494/1991 für im Wege eines Telefaxgerätes (unter Verwendung eines Telekopierers) eingebrachten Anbringen zugelassen. Da § 85 und § 86a BAO und die auf Grund des § 86a BAO ergangenen beiden zuvor erwähnten Verordnungen die Einbringung mittels eMail nicht vorsehen, kommt einer eMail nicht die Eigenschaft einer Eingabe oder eines Anbringens zu. Der Gesetzgeber hat nicht auf das Erscheinungsbild des letztlich vorliegenden Schriftstückes (etwa in Form eines eMail angehängten PDF-Dokuments) abgestellt, sondern auf den Weg der Einreichung. (Vgl , , sowie , und die darin jeweils zitierte Rechtsprechung des VwGH)

Ein mit einem eMail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen (Eingabe) abhängig ist. Wird ein Anbringen (Eingabe) auf einem nicht zugelassenen Weg der Abgabenbehörde zugeleitet, so gilt es als nicht eingebracht. (Vgl , , ).

Diese Rechtsausführungen bedeuten für den gegenständlichen Fall, dass ein nach Ansicht des Prüfers im eMail des Geschäftsführers der Bf vom angeblich enthaltener Antrag auf Fristverlängerung jedenfalls als nicht eingebracht anzusehen ist.

Dazu wird auch festgehalten, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nur insoweit Auswirkungen zeigen kann, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt. Ein derartiger Vollzugsspielraum besteht im gegenständlichen Fall nicht. Da § 85 und § 86a BAO und die auf Grund des § 86a BAO ergangenen Verordnungen die Einbringung mittels eMail nicht vorsehen, kommt einer eMail die Eigenschaft einer Eingabe auch dann nicht zu, wenn das Finanzamt ein derartiges Anbringen (zunächst) in Bearbeitung nimmt. (Vgl , ).

Angemerkt wird dazu auch, dass angesichts dieser Beurteilung das BFG nicht auf die Frage einzugehen braucht, ob das gegenständliche eMail des Geschäftsführers der Bf vom überhaupt einen Antrag auf Fristverlängerung beinhaltet.

Zu den im eMail des Prüfers vom angesprochenen "telefonischen Versuchen" wird der Vollständigkeit halber, sofern damit telefonische Fristverlängerungsanträge angesprochen werden sollten, Folgendes festgehalten:

Ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist nach § 245 Abs 3 BAO ist - wie bereits ausgeführt- ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs 1 BAO. Diese Bestimmung sieht telefonische Anbringen nicht vor. Anbringen können per Telefon nicht wirksam eingebracht werden. (vgl. , , , ; Ritz/Koran, BAO7, § 85 Tz 9, § 245 Tz 1).

Letztlich hat das Nichtvorliegen eines Antrages auf Fristverlängerung mangels entsprechenden Anbringens bzw entsprechender Eingabe zur Folge, dass die Beschwerdefrist - wie dargestellt - am endete. Die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2016 ist somit gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO als verspätet eingebracht zurückzuweisen.

Die Zurückweisung gemäß § 260 BAO obliegt gemäß § 272 Abs 4 BAO auch bei beantragter Senatszuständigkeit dem Berichterstatter als Einzelrichter. Der Beschluss konnte daher ohne Befassung des Senates getroffen werden.

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO kann im Falle der Zurückweisung von einer beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung liegt im Ermessen und ist im gegenständlichen Fall verfahrensökonomisch zweckmäßig. Eine Unbilligkeit des Absehens von der mündlichen Verhandlung ist nicht erkennbar. Daher wird das Ermessen dahingehend geübt, dass von der mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

5 Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art 133 Abs 4 B-VG)

Die Rechtsfolge der Zurückweisung einer nicht fristgerecht eingebrachten Bescheidbeschwerde ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Beurteilung von Tatfragen ist einer Revision nicht zugänglich.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 109 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 86a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100287.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at