Aufhebung des gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheides, wenn Grundlagenbescheid nichtig
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2001 bis 2003, Steuernummer xx- xxx/xxxx, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2003:
Der Beschwerdeführer (Bf.) war in den Streitjahren 2001 bis 2003 an der *** GmbH & atypisch Stille, St.Nr. ***BF1StNr1*** (im Folgenden kurz: *** 1), sowie an der *** GmbH & atypisch Stille, St.Nr. xx-xxx/xxxx (im Folgenden kurz *** 2), beteiligt.
Am erließ das Finanzamt an den Bf. adressierte, gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001, 2002 und 2003. Begründend wurde ausgeführt, dass die Änderungen gem. § 295 BAO aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamts Neunkirchen Wr. Neustadt zu Steuernummer ***BF1StNr1*** vom erfolgt sei.
Gegen die oa., am erlassenen (gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten) Einkommensteuerbescheide für 2001 bis 2003 erhob der steuerliche Vertreter des Bf. mit Schriftsatz vom Berufung (nunmehr: Beschwerde).
Betreffend das Jahr 2001 ist noch festzuhalten:
Mit Bescheid vom erfolgte (aufgrund Punkt 3 der Berufung) eine Bescheidberichtigung gemäß § 293 zum Änderungsbescheid vom .
Mit Bericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Festzuhalten ist, dass mit Beschluss vom , GZ RV/7102231/2013 das Bundesfinanzgericht ausgesprochen hat, dass es sich bei den als Feststellungsbescheide gem. § 188 BAO intendierten Erledigungen vom für die Jahre 2001, 2002 und 2003 betreffend die *** 1 um Nichtbescheide handelt.
Dies im Wesentlichen mit der Begründung:
"Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fordert zur Wirksamkeit eines Feststellungsbescheides, dass dieser an alle Rechtssubjekte ergeht, denen in der beim Finanzamt eingereichten Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften ein Anteil an den Einkünften zugeordnet worden war.
[…]
Nach Ansicht des BFG entsprechen die angefochtenen Einkünftefeststellungsbescheide jeweils datiert vom für die Jahre 2001 bis 2005 nicht den Anforderungen des Verwaltungsgerichtshofes nach Einheitlichkeit und sind daher unwirksam (nichtig). Dies deswegen, weil RV in den beim Finanzamt eingebrachten Erklärungen der Einkünfte von Personengesellschaften für 2001 bis 2005 mit einem Anteil an den Einkünften iHv jeweils 0,00 ATS bzw. Euro angegeben war, aber in den Einkünftefeststellungsbescheiden für 2001 bis 2005 jeweils datiert vom nicht enthalten ist, insbesondere auch nicht als Bescheidadressat.
Die Folge der Unwirksamkeit eines Feststellungsbescheides ist nach neuerer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die dagegen gerichteten Beschwerden mit einem Beschluss des Verwaltungsgerichtes (BFG) zurückzuweisen sind, welcher zu seiner Wirksamkeit an alle Bescheidadressaten ergehen und ihnen zugestellt werden muss (ggfs. mittels Zustellfiktion; vgl. ; , )…."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 295 Abs. 1 BAO weist folgenden Wortlaut auf:
"§ 295. (1) Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist."
Fest steht im gegenständlichen Fall, dass das Finanzamt Baden Mödling am an den Bf. adressierte, gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001, 2002 und 2003 erlassen hat. Die Grundlage dieser Abänderungsbescheide bildeten die am vom Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt erlassenen, als Feststellung"bescheide" intendierte Erledigungen, die jedoch allesamt rechtlich unwirksam waren, sohin Nichtbescheide darstellen (s. BFG, GZ RV/7102231/2013).
Dazu ist seitens des Bundesfinanzgerichtes Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 252 Abs. 1 BAO sollen Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen.
Eine solche Abweisung setzt jedoch voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 252 Tz 3, mit Verweis auf ). Die Bindungswirkung an Entscheidungen in Grundlagenbescheiden setzt die Wirksamkeit dieser Bescheide voraus (Ritz/Koran, BAO7, § 252 Tz 14, mit Verweis auf zB ).
Wird ein Änderungsbescheid gemäß § 295 Abs. 1 BAO erlassen (wie im vorliegenden Fall die gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheide für 2001 bis 2003 vom sowie vom ), obwohl der hierfür herangezogene Grundlagenbescheid ins Leere gegangen ist (hier: die als Feststellungs"bescheide" nach § 188 BAO intendierten Erledigungen des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt für *** 1 vom , die allesamt Nichtbescheide darstellen; somit rechtlich nicht existent waren), hat eine aufhebende Erledigung der gegen die streitgegenständlichen Änderungsbescheide vom bzw. vom gerichteten Bescheidbeschwerde zu erfolgen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 295 Tz 13).
Somit war der Bescheidbeschwerde Folge zu geben und die angefochtenen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheide für 2001 bis 2003 vom waren aufzuheben. Da der berichtigte Bescheid für 2001 vom aufgehoben wird, verliert der berichtigende Bescheid vom seine rechtliche Grundlage (vgl. Ritz, BAO, 6. Auflage, § 293, Tz.24 mit weiteren Verweisen).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz bzw. aus der ständigen Judikatur des VwGH, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102209.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at