Verspätete Beschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke im Beschwerdeverfahren betreffend die Beschwerde der ***1*** ***2*** (auch: ***3*** oder ***9***), ***4***, ***5***, vom , eingebracht , gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , mit welchem der am eingebrachte Antrag auf Familienbeihilfe für die im Juni 2019 geborene ***6*** ***7*** ***8*** für den Zeitraum Dezember 2019 bis September 2020 abgewiesen wurde, Ordnungsbegriff ***, beschlossen:
I. Die am eingebrachte Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 B-VG i.V.m. § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.
Begründung
Vorlage
Am legte das Finanzamt Österreich, Dienststelle Niederösterreich Mitte (FA29), die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** vom gegen den Bescheid vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:
Bezughabende Normen
Sachverhalt und Anträge
Sachverhalt:
Am brachte die Beschwerdeführerin (Bf.) über FinanzOnline einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für ein Pflegekind für den Zeitraum bis ein (Dok.9).
Mit Ergänzungsersuchen vom (Dok.10) wurde die Bf. aufgefordert den Pflegevertrag sowie sonstige Nachweise betreffend das Kind vorzulegen.
Die Antwort der Bf. vom (Dok.11) enthielt u.a. eine Bestätigung der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien vom wonach die Obsorgeberechtigung für das Kind weiterhin bei den Kindeseltern liege.
Mit Abweisungsbescheid vom (Dok.12) wurde der Antrag der Bf. ab Oktober 2020 abgewiesen, da kein Pflegevertrag bzw. Obsorgebeschluss übermittelt worden seien. Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Am brachte die Bf. persönlich einen neuen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab für ein Pflegekind ein (Dok.1). Beigelegt war u.a. der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom betreffend Übertragung der Obsorge für das Kind an die Bf. aufgrund deren Antrages vom .
Nachreichungen zum Antrag langten am und am ein (Dok.2 und 3).
Familienbeihilfe für das Pflegekind wurde der Bf. für den Zeitraum Juli 2022 bis Juli 2023 gewährt (Dok.13).
Mit Zurückweisungsbescheid vom (Dok.14) wurde der Antrag der Bf. auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 2020 bis Juni 2022 zurückgewiesen, da über diesen Zeitraum bereits mit Abweisungsbescheid vom rechtskräftig abgesprochen worden sei.
Mit Abweisungsbescheid vom (Dok.4) wurde der Antrag der Bf. auf Zuerkennung der Familienbeihilfe betreffend den Zeitraum Dezember 2019 bis September 2020 abgewiesen, da der Bf. die Obsorge für das Kind erst am übertragen worden sei. Die Zustellung des Bescheides erfolgte mittels FinanzOnline am (Dok.16 und 17).
Gegen den Abweisungsbescheid vom (Dok.4) richtet sich die am und somit verspätet eingelangte Beschwerde vom (Dok.5), in welcher die Bf. auf eine nunmehr neu vorgelegteNiederschrift der Wiener Kinder- und Jugendhilfe vom verweist, wonach das Kind nach Aussagen der Kindesmutter bei der Bf. wohnen und diese auch die Pflege und Erziehung des Kindes übernehmen werde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom (Dok.6) wurde die Beschwerde der Bf. als unbegründet abgewiesen, da die Obsorgeübertragung erst mit erfolgt sei.
Der Vorlageantrag vom (Dok.7) langte im Bundesfinanzgericht ein und wurde von diesem am an das Finanzamt Österreich weitergeleitet (Dok.8).
Beweismittel:
insbesondere
Abweisungsbescheid vom , zugestellt am (Dok.4)
Nachweise für Zustellung des Abweisungsbescheides am (Dok.16 und 17)
Beschwerde vom , eingelangt am (Dok.5)
Stellungnahme:
Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Frist zur Einbringung einer Beschwerde einen Monat ab Zustellung.
Die Zustellung des Abweisungsbescheides vom (Dok.4) erfolgte am in die FinanzOnlineDatabox/Nachrichten der Bf. (Dok.16 und 17).
Die Bf. hat keine Anträge auf Fristverlängerung eingebracht (Dok.20) und wurde derartiges von ihr auch nicht behauptet.
Die Beschwerde vom langte am (Dienstag) und somit verspätet im Finanzamt ein (Dok.5).
Aufgrund der verspäteten Einbringung der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid ersucht das Finanzamt um Zurückweisung der Beschwerde.
Abweisungsbescheid
Mit Bescheid vom (OZ 4) wies das Finanzamt den am eingebrachten Antrag auf Familienbeihilfe für die im Juni 2019 geborene ***6*** ***7*** ***8*** für den Zeitraum Dezember 2019 bis September 2020 mit folgender Begründung ab:
Familienbeihilfe steht für Kinder im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 zu. Dies sind:
• Leibliche Kinder
• Adoptivkinder
• Enkelkinder
• Stiefkinder
• Pflegekinder
Es trifft nichts davon zu.
Laut Beschluss vom Bezirksgericht Favoriten wurde die Obsorge für ***6*** am übertragen.
Zustellung
Laut dem elektronischen Beihilfeprogramm FABIAN wurde der Abweisungsbescheid vom (ebenso wie der Zurückweisungsbescheid vom selben Tag) am über FinanzOnline versendet. Laut Auskunft des (OZ 17) erfolgte die Zustellung des Bescheids vom am (exakt um 2023-06-03 04:20:56.539236).
Beschwerde
Am wurde beim Finanzamt persönlich eine mit datierte Beschwerde (samt weiterem Schriftsatz und Beilagen) gegen den Abweisungsbescheid vom eingebracht.
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Vorlageantrag
Mit Schreiben vom , beim Bundesfinanzgericht eingelangt am und von diesem an das Finanzamt weitergeleitet, stellte die Bf Vorlageantrag.
Grunddaten
In den Grunddaten der Bundesfinanzverwaltung ist erfasst, dass Zustellungen des Finanzamts an die Bf elektronisch erfolgen sollen:
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Bf ***1*** ***2*** (Schreibweise laut der dem Vorlageantrag beigefügten Kopie des Reisepasses der Republik Serbien und den Grunddaten der Finanzverwaltung) ist Teilnehmerin von FinanzOnline und hat der Zustellung von Bescheiden im Wege von FinanzOnline nicht widersprochen. Der angefochtene Abweisungsbescheid vom Freitag, wurde der Bf am Samstag, in ihre Databox in FinanzOnline zugestellt.
Am Dienstag, wurde von der Bf beim Finanzamt eine Beschwerde gegen den am zugestellten Abweisungsbescheid vom beim Finanzamt persönlich eingebracht.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und sind unstrittig. Der Bf wurden die Sachverhaltsfeststellungen und die Verspätung der Beschwerde vom Finanzamt im Vorlagebericht vorgehalten, sie hat sich dazu nicht geäußert.
Rechtsgrundlagen
§ 92 BAO lautet:
§ 92. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen
a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder
b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder
c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.
(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.
§ 93 BAO lautet:
§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.
(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten
a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;
b) eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist, ferner, daß das Rechtsmittel begründet werden muß und daß ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 254).
(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.
(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.
(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Abgabenbehörde, bei welcher das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde.
§ 96 BAO lautet:
§ 96. (1) Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist.
(2) Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, wozu jedenfalls auch Ausfertigungen in Form von mit einer Amtssignatur gemäß § 19 E Government Gesetz versehenen elektronischen Dokumenten zählen, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt. Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen erfüllen.
§ 97 BAO lautet:
§ 97. (1) Erledigungen werden dadurch wirksam, daß sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt
a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;
b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.
(2) Ist in einem Fall, in dem § 191 Abs. 4 oder § 194 Abs. 5 Anwendung findet, die Rechtsnachfolge (Nachfolge im Besitz) nach Zustellung des Bescheides an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) eingetreten, gilt mit der Zustellung an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) auch die Bekanntgabe des Bescheides an den Rechtsnachfolger (Nachfolger) als vollzogen.
(3) An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, daß sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, daß die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 gilt sinngemäß.
§ 98 BAO lautet:
§ 98. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung).
(2) Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
§ 108 BAO lautet:
§ 108. (1) Bei der Berechnung der Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der für den Beginn der Frist maßgebende Tag nicht mitgerechnet.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
(3) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
(4) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.
§ 109 BAO lautet:
§ 109. Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).
§ 243 BAO lautet:
§ 243. Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
§ 245 BAO lautet:
§ 245. (1) Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist.
(2) Durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung (§ 93 Abs. 3 lit. a) wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.
(3) Die Beschwerdefrist ist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.
(4) Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung (Abs. 3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den Fällen des Abs. 3 kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.
(5) Abs. 3 und 4 gelten sinngemäß für Anträge auf Verlängerung der Frist des § 85 Abs. 2 bei Mängeln von Beschwerden.
§ 260 BAO lautet:
§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
(2) Eine Bescheidbeschwerde darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht wurde.
Das Bundesgesetz über die Zustellung behördlicher Dokumente (Zustellgesetz - ZustG) BGBl. Nr. 200/1982 i. d. g. F. lautet auszugsweise:
§ 28 ZustG lautet:
§ 28. (1) Soweit die für das Verfahren geltenden Vorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine elektronische Zustellung nach den Bestimmungen dieses Abschnitts vorzunehmen.
(2) Die elektronische Zustellung der ordentlichen Gerichte richtet sich nach den §§ 89a ff des Gerichtsorganisationsgesetzes - GOG, RGBl. Nr. 217/1896. Im Anwendungsbereich der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, und des Zollrechts (§ 1 Abs. 2 und im erweiterten Sinn gemäß § 2 Abs. 1 des Zollrechts Durchführungsgesetzes - ZollR DG, BGBl. Nr. 659/1994) richtet sich die elektronische Zustellung nach der BAO und den einschlägigen zollrechtlichen Vorschriften.
(3) Die elektronische Zustellung hat über eine elektronische Zustelladresse gemäß § 37 Abs. 1 iVm. § 2 Z 5, durch unmittelbare elektronische Ausfolgung gemäß § 37a oder durch eines der folgenden Zustellsysteme zu erfolgen:
1. zugelassener Zustelldienst gemäß § 30,
2. Kommunikationssystem der Behörde gemäß § 37,
3. elektronischer Rechtsverkehr gemäß den §§ 89a ff GOG,
4. vom Bundeskanzler zur Verfügung gestellte IKT-Lösungen und IT-Verfahren für das Personalmanagement.
Die Auswahl des Zustellsystems obliegt dem Absender.
(4) Elektronische Zustellungen mit Zustellnachweis sind ausschließlich durch Zustellsysteme gemäß Abs. 3 Z 1 und 3 sowie im Fall des § 37a zweiter Satz zulässig.
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (FinanzOnline-Verordnung 2006 - FOnV 2006) BGBl. II Nr. 97/2006 i. d. g. F. lautet auszugsweise:
§ 1 FOnV 2006 lautet:
§ 1. (1) Diese Verordnung regelt automationsunterstützte Datenübertragungen in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), Erledigungen (§ 97 Abs. 3 BAO), elektronische Akteneinsicht (§ 90a BAO) und Entrichtung von Abgaben im Wege der Überweisung (§ 211 Abs. 3 BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen.
(2) Die automationsunterstützte Datenübertragung ist zulässig für die Funktionen, die dem jeweiligen Teilnehmer in FinanzOnline (https://finanzonline.bmf.gv.at) zur Verfügung stehen. Die für eine Datenstromübermittlung und für eine Übermittlung mittels eines Webservices erforderlichen organisatorischen und technischen Spezifikationen (zB XML-Struktur; WSDL) sind auf der Website des Bundesministeriums für Finanzen (https://www.bmf.gv.at) abrufbar zu halten.
(2a) Das Verfahren FinanzOnline kann für Zwecke der mobilen Nutzung durch die Bereitstellung einer Applikation für Mobilgeräte erweitert werden. Die automationsunterstützte Datenübertragung ist zulässig für die Funktionen, die dem jeweiligen Teilnehmer in dieser Applikation zur Verfügung stehen.
(3) Parteien und deren Vertreter, die an FinanzOnline teilnehmen und dafür von den Abgabenbehörden Zugangsdaten erhalten, haben diese, auch wenn sie selbst bestimmt wurden, sorgfältig zu verwahren, soweit zumutbar Zugriffe darauf zu verhindern und die Weitergabe der Zugangsdaten zu unterlassen. Die Ausstellung von weiteren Zugangsdaten und deren Weitergabe zum Zweck der Einräumung von Zugriffsrechten an andere Personen ist im eigenen Verantwortungsbereich des Teilnehmers nach Maßgabe der für den jeweiligen Teilnehmer zur Verfügung stehenden Funktionen (Abs. 2) zulässig, doch haben die so berechtigten Personen dieselben Sorgfaltspflichten, insbesondere dürfen die Zugangsdaten nicht weitergegeben werden. Der Teilnehmer darf Zugriffsrechte nur natürlichen Personen einräumen.
(4) Ein unter bestimmten Zugangsdaten gestelltes Anbringen gilt unabhängig davon, wer die Übermittlung tatsächlich durchführt, als Anbringen desjenigen, auf den diese Zugangsdaten ausgestellt worden sind, es sei denn, der Teilnehmer macht glaubhaft, dass das Anbringen trotz Einhaltung seiner Sorgfaltspflichten (Abs. 3) unter missbräuchlicher Verwendung seiner Zugangsdaten durch einen Dritten gestellt wurde. Dies gilt auch bei Datenübermittlung mittels eines Webservices (Abs. 2).
(5) Ein von einem hiezu Bevollmächtigten elektronisch eingereichtes Anbringen des Vollmachtgebers ist nicht als vom übermittelnden Bevollmächtigten unterschrieben anzusehen.
§ 2 Abs. 1 FOnV 2006 lautet:
§ 2. (1) Teilnahmeberechtigt sind Abgabepflichtige und, wenn die Erlassung von Feststellungsbescheiden vorgesehen ist, diejenigen, an die diese Bescheide ergehen (§ 191 Abs. 1 und 2 BAO).
§ 3 FOnV 2006 lautet:
§ 3. (1) Die Anmeldung zu FinanzOnline ist persönlich beim Finanzamt Österreich sowie elektronisch oder schriftlich (per Fax) zulässig. Ist der anzumeldende Teilnehmer keine natürliche Person, so ist ausschließlich die persönliche Anmeldung zulässig. Eine postalische Zustellung der Zugangsdaten hat zu eigenen Handen (§ 21 des Zustellgesetzes - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982) zu erfolgen; ist dies mangels einer inländischen Abgabestelle nicht möglich, so kommt eine postalische Zustellung der Zugangsdaten nicht in Betracht. Die persönliche Anmeldung ist vom Teilnehmer (bzw. von seinem gesetzlichen Vertreter) vorzunehmen; soll die Anmeldung durch einen Bevollmächtigten erfolgen, so hat sich dieser durch eine beglaubigte Spezialvollmacht auszuweisen.
(2) Die Anmeldung zu FinanzOnline unter Verwendung der Funktion "Bürgerkarte" (§ 4 Abs. 1 E-GovG) erfordert abweichend von Abs. 1 weder persönliche, noch elektronische oder schriftliche (per Fax) Anmeldung beim Finanzamt. Dies gilt nicht, wenn die eindeutige Identifikation des Bürgerkarteninhabers in den Datenbeständen der Abgabenverwaltung des Bundes mittels des Namens und Geburtsdatums des Bürgerkarteninhabers an Hand der in der Bürgerkarte eingetragenen Personenbindung (§ 4 Abs. 2 E-GovG) nicht möglich ist.
...
§ 5 FOnV 2006 lautet:
§ 5. Andere als die in den Funktionen gemäß § 1 Abs. 2 dem jeweiligen Teilnehmer zur Verfügung gestellten Anbringen sind, ungeachtet einer allfälligen tatsächlichen Übermittlung in FinanzOnline, unbeachtlich. Die in § 1 Abs. 2 letzter Satz angesprochenen Datenübertragungen gelten überdies als erst dann eingebracht, wenn sie in zur vollständigen Weiterbearbeitung geeigneter Form bei der Behörde einlangen. Anbringen, die technisch erfolgreich übermittelt wurden, hat die Abgabenbehörde in geeigneter Weise zu bestätigen; insbesondere sind im Sinne des vorhergehenden Satzes unbeachtliche Anbringen kenntlich zu machen.
§ 5b FOnV 2006 lautet:
§ 5b. (1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.
(2) Jeder Teilnehmer, der an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teilnimmt, hat in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert.
(3) Teilnehmer, die Unternehmer im Sinne des § 3 Z 20 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 163/1999, sind und die wegen Überschreiten der Umsatzgrenze zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, haben an der elektronischen Zustellung über FinanzOnline teilzunehmen und können auf diese nicht verzichten. Andere Teilnehmer können in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten. Wenn sie nicht zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet sind, können die in § 2 Abs. 2 genannten Parteienvertreter den Verzicht für die Zustellungen in ihren eigenen Angelegenheiten und davon getrennt für die Zustellungen in den Angelegenheiten als Parteienvertreter erklären.
(3a) Ein in FinanzOnline abgegebener Verzicht auf die elektronische Zustellung verliert für Teilnehmer, die gemäß Abs. 3 erster Satz zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet sind, seine Wirksamkeit.
(4) Vor dem erteilte Zustimmungen zur elektronischen Zustellung im Sinn des § 97 Abs. 3 vierter Satz BAO in der Fassung vor BGBl. I Nr. 22/2012 bleiben bis zu einem allfälligen Verzicht nach Abs. 3 zweiter Satz wirksam, wobei Abs. 3 dritter Satz nicht anzuwenden ist.
(5) Wurde vor dem keine Zustimmung zur elektronischen Zustellung im Sinn des § 97 Abs. 3 vierter Satz BAO in der Fassung vor BGBl. I Nr. 22/2012 erteilt, darf eine elektronische Zustellung an die in Abs. 3 zweiter Satz genannten Teilnehmer nicht vor dem in Abs. 3 dritter Satz genannten Zeitpunkt erfolgen.
(6) Abweichend von Abs. 1 kann die Abgabenbehörde von der elektronischen Form der Zustellung an einen Teilnehmer, dessen Verzicht auf die elektronische Zustellung seine Wirksamkeit gemäß Abs. 3a verloren hat, so lange absehen, bis der Teilnehmer vom Wirksamwerden der Verpflichtung zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung unmittelbar nach einem erfolgreichen Login in das Portal FinanzOnline in Kenntnis gesetzt wurde.
Zustellung des Bescheids vom
Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ist die Bf Teilnehmerin des Verfahrens FinanzOnline.
Gemäß § 5b Abs. 1 FOnV 2006 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen. Dass ein Verzicht auf die elektronische Zustellung gemäß § 5b Abs. 3 FOnV 2006 durch die Bf nicht erfolgt ist, wurde von dieser nicht behauptet und ergibt sich aus nicht aus der Aktenlage. Nach der Aktenlage sollen Zustellungen elektronisch erfolgen. Der angefochtene Bescheid vom war daher im Weg von FinanzOnline zuzustellen. Der Zeitpunkt, an dem Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, 3. Auflage, § 98 Anm. 8). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer, beispielsweise durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides kommt es nicht an (vgl. ; oder ).
Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen wurde der Bescheid vom am in die Databox zugestellt. Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Dies geschah am .
Beschwerdefrist
Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Im Zeitpunkt des Einbringens der Beschwerde am war die Beschwerdefrist daher abgelaufen. Maßgebend ist das Einbringen, nicht das Datum der Beschwerde. Die erst nach Fristablauf eingebrachte Beschwerde ist daher, wie im Vorlagebericht ausgeführt, verspätet.
Zurückweisung der Beschwerde
Verspätete Beschwerden sind ebenso wie unzulässige von der Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung oder durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss zurückzuweisen (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 13 Rz 140). Die am eingebrachte Beschwerde wurde nach Ablauf der in § 245 Abs. 1 BAO vorgesehenen Frist gestellt und war somit gemäß § 260 Abs. 1 BAO als verspätet eingebracht zurückzuweisen.
Keine Revision zulässig
Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Tatfragen sind einer Revision grundsätzlich nicht zugänglich.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 92 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 93 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 96 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 28 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 108 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 5b FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 § 1 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 § 5 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 § 2 Abs. 1 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 § 3 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103275.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at