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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2024, RV/7101532/2024

Rückforderung von Familienbeihilfe bei Heimunterbringung und überwiegende Kostentragung durch die öffentliche Hand

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Edith Stefan über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe- und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Jänner 2022 bis September 2022, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Spruch des angefochtenen Bescheids bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist mit dem Kindesvater nicht verheiratet.

Sie bezog für ihren mj. Sohn, S., geb. xx. Mai 2013, laufend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Die Obsorge im Bereich der Vermögensverwaltung und gesetzliche Vertretung wurde mit Beschluss des BG Favoriten vom zu ***7*** dem Kinder- und Jugendhilfeträger Wien übertragen.

Der Sohn Kind befindet sich seit in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung.

Auskunftsersuchen des Finanzamtes vom und vom :

Mit Schreiben vom und vom wurde die Bf., zu Handen ihrer damaligen Erwachsenenvertreterin, um folgende Auskunft ersucht:

"Das Kind S. wohnt nicht mehr im gemeinsamen Haushalt, daher benötigen wir folgende Auskünfte:

Wo und bei wem lebt das Kind?

Finanzieren Sie den überwiegenden Lebensunterhalt des Kindes? Wenn ja, Bestätigungen."

Schreiben der Erwachsenenvertreterin vom :

Folgendes Schreiben wurde von der Sachwalterin der Bf. übermittelt:

"Vorerst möchte ich festhalten, dass mir ein Schreiben über Auskunft bzw. Vorlage von Unterlagen nicht übermittelt wurden. Mir liegt lediglich Ihr Ersuchen - Erinnerung vom vor.

Dazu teile ich Ihnen in meiner Eigenschaft als Erwachsenenvertreterin von Frau ***Bf1*** mit, dass der mj. S. Bf. fremduntergebracht wurde. Er wohnt derzeit im SOS Kinderdorf KD.

Mit Beschluss vom des Bezirksgericht ***1*** wurde die Obsorge der Kindesmutter entzogen und dem Land Wien, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, vertreten durch die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (WKJH) -Soziale Arbeit mit Familien, Bezirk 22 B übertragen.

Während der Sommermonate verbringt S. wöchentlich den Mittwoch und Freitag ganztags, die Zeit von Samstagabend bis einschließlich Montagabend bei der Kindesmutter, meiner Klientin, die Zeit von Freitagabend bis Samstagabend verbringt er mit dem Kindesvater. Für die Schulzeit wird es eine andere Regelung geben, welche noch nicht bekannt ist.

Laut Auskunft der WKJH bezahlt der Vater erst seit kurzem seinen Unterhaltsbeitrag. Zuvor hat meine Klientin den Unterhalt vom OLG bevorschusst erhalten. Frau Bf. ist bis zu Fremdunterbringung von S. alleine für den Unterhalt aufgekommen. Seit der Unterbringung ist er nur mehr in reduziertem Zeitrahmen bei ihr aufhältig, wobei sie in dieser Zeit natürlich nach wie vor für ihn aufkommt. Zudem finanziert sie auch Kleidung und Schuhe sowie Sonstiges, wenn erforderlich, aus ihrem Einkommen, welches unter dem Existenzminimum liegt. Nachweise (Rechnungen) hat sie leider nicht aufgehoben."

Dem Schreiben war der Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom , GZ. 12345, beigefügt, welcher unter Pkt. 2 lautet:

"Die Obsorge (Recht zur Pflege und Erziehung) über den mj. S. Bf., geb. xx.05.2013, wird der Kindesmutter ***Bf1***, geb. 1994, entzogen und dem Land Wien, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, dieser vertreten durch die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (WKJH) - Soziale Arbeit mit Familien, Bezirk 22B, übertragen."

Eigenantrag im Namen des Sohnes der Bf. durch die Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien

Die Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien, Rechtsvertretung Bezirk 10, brachte als Obsorgeberechtigte beim Finanzamt am einen Eigenantrag von S. auf Zuerkennung der Familienbeihilfe gemäß § 6 Abs 5 FLAG 1967 ab ein.

Rückforderungsbescheid vom

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf. die für S. für den Zeitraum Jänner 2022 bis September 2022 bezogenen Familienbeihilfe- und Kinderabsetzbeträge gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) mit der Begründung zurück, dass das Kind nicht mehr mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebe.

Schreiben der Bf. vom

Am langte beim Finanzamt folgendes Schreiben der Bf. ein:

"bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom hinsichtlich der Rückforderung Familienbeihilfe sowie Kinderabsetzbetrag in der Höhe von € 3.305,80. Bitte ich Sie Kontakt mit der damaligen Sachwalterin Frau G. aufzunehmen.

Frau ***2*** war bis 12/2022 die Sachwalterin, hat sich um jegliche Amtswege, Entscheidungen etc. gekümmert. Dementsprechend muss sie sich für Ihre damalige Handlung (01/2022 - 09/2022) Ihnen gegenüber verantworten."

Beschwerdevorentscheidung vom

Das Schreiben wurde vom Finanzamt als Beschwerde gewertet und die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung abgewiesen:

"Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, so ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 ebenfalls § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

Für Sie als familienbeihilfenanspruchsberechtige Person wurde mit Gerichtsbeschluss vom eine Erwachsenenvertretung bestellt, unter anderem in Angelegenheit der Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern. Demnach sind Erledigungen ab Wirksamwerden der Erwachsenenvertretung bis zu deren Beendigung zu Händen des Erwachsenenvertreters zuzustellen.

Mit Gerichtsbeschluss vom wurde die gerichtlich begründete Erwachsenenvertretung von Frau G., ***3***, beendet und folglich entfällt für Frau G. ab diesem Zeitpunkt die Vertretungsbefugnis des vom Gericht festgelegten Wirkungsbereiches.

Die Zustellung des Rückforderungsbescheides Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag vom hatte daher nicht mehr an Frau G. zu erfolgen, sondern es wurde zu Recht an Sie als anspruchsberechtigte Person im Beihilfenverfahren zugestellt."

Vorlageantrag vom

Die Bf. begründet ihren Vorlageantrag vom wie folgt:

"Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens und der beantragten Änderungen verweise ich auf meine Beschwerde vom bzw. möchte diese wie folgt ergänzen:

Da in der Beschwerdevorentscheidung vom ausschließlich auf die Zuständigkeit der Bearbeitung Bezug genommen wird, möchte ich die Sachlage hier nochmals genauer darstellen.

Der Auszug meines Sohnes S. im Dezember 2021 wurde von meiner damaligen Erwachsenenvertreterin Fr. G. (Vertretungsnetz) an das Finanzamt gemeldet. Die Auszahlung der Familienbeihilfe wurde dennoch fortgesetzt. Da ich zu diesem Zeitpunkt, wie schon erwähnt, besachwaltet war, bin ich davon ausgegangen, dass die Abwicklung erledigt sei.

Nachdem ich nun den Rückforderungsbescheid erhalten hatte, bekam ich auf meine Anfrage diesbezüglich telefonisch beim Finanzamt die Auskunft, dass die Meldung über den Auszug meines Sohnes zwar gemacht wurde, die Zahlung vom Finanzamt jedoch auf Grund der langen Bearbeitungsdauer nicht rechtzeitig eingestellt wurde.

Dass weiterhin Kinderbeihilfe ausbezahlt wurde, ist demnach nicht auf ein Versäumnis meinerseits oder der EV zurückzuführen.

Dass weiterhin FB ausbezahlt wurde, hätte zwar meiner EV nicht entgehen dürfen, ist aber ebenfalls nicht mein Versäumnis.

Es grenzt für mich an soziale Härte, dass ich nun zu einer Rückzahlung über € 3.305,80 verpflichtet werde, obwohl ich die Entstehung der Kosten nicht verursacht habe.

Als alleinerziehende Mutter von drei Kindern beziehe ich Dauerleistung und die Forderung einer derart hohen Geldsumme stellt für meine Familie eine existentielle Bedrohung dar. Ich habe keine Rücklagen, um den durch den Einbehalt der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages entstandenen Einkommensverlust ausgleichen zu können.

Deshalb bitte ich um die Aussetzung der Einhebung in Höhe des strittigen Betrages von 3.305,80 EUR und um den Erlass des geforderten Betrages, auch auf Grund meiner momentanen Lebensumstände. Ich bin seit Dezember Mutter eines Sohnes und auf Grund der Umstellung der Lebenssituation finanziell eingeschränkt."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Die Bf. war seit erwachsenenvertreten, war aber ua seit Jänner 2023 nicht mehr besachwaltet.

Ihr mj. Sohn S. befindet sich seit in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung. Ab war das Kind im Krisenzentrum Wien ***4*** 3-4, untergebracht und lebt es seit in der vollbetreuten Wohngemeinschaft ***5***. Die Übertragung der dauernden Obsorge über das am xx. Mai 2013 geborene Kind auf den Jugendwohlfahrtsträger erfolgte mit Beschluss des BG ***1*** vom (Zl. 12345).

Die Bf. trägt nicht die überwiegenden Unterhaltskosten für ihr Kind.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem elektronisch vorgelegten Familienbeihilfenakt und sind unstrittig.

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder-und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1-3).

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält (lit. a leg. cit.).

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen (§ 26 Abs. 1 FLAG 1967). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Rechtliche Beurteilung:

Strittig ist, ob der mj. Sohn der Bf, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger, einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe iSd § 6 Abs. 5 FLAG 1967 hat.

Der mj. Sohn der Bf. lebt seit Mitte Dezember 2021 in einer sozialpädagogischen Einrichtung (Krisenzentrum), seit Februar 2022 im Rahmen der vollen Erziehung in einer Wohngemeinschaft.

Sozialpädagogische Einrichtungen

Gemäß § 21 Abs. 1 KHJ-G (Kinder-und Jugendhilfegesetz) gilt:

Ist zu erwarten, dass die Gefährdung eines Kindes oder Jugendlichen nur durch eine Betreuung außerhalb der Familie oder des sonstigen bisherigen Wohnumfeldes abgewendet werden kann, ist Kindern und Jugendlichen volle Erziehung zu gewähren. Gemäß Abs. 2 leg. cit. umfasst die volle Erziehung die Ausübung der Pflege und Erziehung; sie erfolgt in sozialpädagogischen Einrichtungen oder bei Pflegeeltern.

Gemäß § 25 Abs. 1 des KHJ-G sind sozialpädagogische Einrichtungen solche, die zur Ausübung der Pflege und Erziehung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der vollen Erziehung bestimmt sind. Gemäß Abs. 2 leg cit. sind sozialpädagogische Einrichtungen: Einrichtungen zur stationären Krisenintervention (a), Einrichtungen zur Pflege und Erziehung von Kindern und Jugendlichen (b), Einrichtungen für das ambulant betreute Wohnen für Jugendliche (c) und nicht ortsfeste Formen der Sozialpädagogik (d).

Haushaltszugehörigkeit

Zufolge der zitierten Bestimmungen des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Kind dort haushaltszugehörig, wo es regelmäßig nächtigt und altersadäquat - etwa hinsichtlich Sorgetragung für morgendliche und abendliche Körperpflege, Begleitung zur Schule, Versorgung mit Nahrung etc. - betreut wird (), wobei ein Kind, welches sich außerhalb der Familienwohnung aufhält, dann als noch haushaltszugehörig angesehen werden kann, wenn der anderweitige Aufenthalt nur ein "vorübergehender" ist. Die Haushaltsabwesenheit darf daher, soll sie nicht zur Auflösung der Wohnungsgemeinschaft führen, nur eine zeitlich beschränkte sein ( sowie Lenneis/Wanke, FLAG2, § 2, Rz 146). Eine durchgehend rund zwei Jahre dauernde Unterbringung in einem Kinderheim im Zuge einer Maßnahme der Jugendwohlfahrt kann nicht mehr als nur vorübergehender Aufenthalt außerhalb der gemeinsamen Wohnung iSd § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 angesehen werden ().

Laut Angaben der ehemaligen Erwachsenenvertreterin der Bf. ist S. seit der Heimunterbringung nur mehr in reduziertem Zeitrahmen bei der Bf. aufhältig und verbringt während der Sommermonate wöchentlich den Mittwoch und Freitag ganztags bei ihr.

Ein bloß tageweiser Aufenthalt bzw. Aufenthalte während der Ferienzeit sind für eine Anspruchsbegründung der Familienbeihilfe aber zu wenig, da dabei keine Haushaltszugehörigkeit des anspruchsvermittelnden Kindes begründet wird ().

Im Rückforderungszeitraum Jänner 2022 bis September 2022 gehörte S. nicht dem Haushalt der Bf. an, da er sich seit im Rahmen der vollen Erziehung befindet, dort wohnt und auch nächtigt.

Durch die Fremdunterbringung im Krisenzentrum Mitte Dezember 2021 und die daran anschließende Unterbringung in einer sozialpädagogischen Einrichtung, die im vorliegenden Fall als von vornherein für einen längeren Zeitraum geplant angesehen werden kann (die Bf war seit 2016 erwachsenenvertreten), ist die Voraussetzung der Haushaltszugehörigkeit weggefallen (vgl. Beschluss des BG ***1*** vom betreffend die Übertragung der dauernden Obsorge auf den Jugendwohlfahrtsträger).

Die Tatbestandsvoraussetzung des § 2 Abs. 5 lit a FLAG war im Rückforderungszeitraum in Bezug auf die Bf nicht gegeben.

Als Alternative zur Haushaltszugehörigkeit sieht das Gesetz einen Familienbeihilfenanspruch für diejenige Person vor, die die Unterhaltskosten des Kindes überwiegend trägt und das Kind bei niemandem sonst haushaltszugehörig ist.

Tragung der überwiegenden Unterhaltskosten

Zum Bedarf des Kindes gehören vor allem Nahrung, Kleidung, Wohnung, ferner Unterricht und Erziehung, aber auch weitere Bedürfnisse, zB in kultureller und sportlicher Hinsicht, Freizeitgestaltung, Urlaub und medizinische Versorgung (vgl. Nowotny in Csazsar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 150).

Das Gesetz verlangt die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten, nicht die überwiegende Leistung des - vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen und dessen weiteren Sorgepflichten - abhängigen Unterhaltes (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 33 Anm. 100).

Ob die Eltern einem Kind überwiegend Unterhalt leisten (§ 6 Abs. 5 FLAG 1967), hängt einerseits von der Höhe des gesamten Unterhaltsaufwandes für das Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von den tatsächlich von den Eltern geleisteten Unterhaltsbeiträgen ab. Dabei sind die Unterhaltszahlungen der Eltern nicht den vom Kind selbst aufgewendeten Beträgen gegenüberzustellen, sondern es ist zu prüfen, ob die Eltern dem Kind mehr als die Hälfte der Unterhaltskosten durch ihre Unterhaltsbeiträge abgedeckt haben (vgl. ).

Laut Angaben der ehemaligen Erwachsenenvertreterin der Bf. komme die Bf. in der Zeit, in der sich ihr Sohn bei ihr aufhält (reduzierter Zeitrahmen), für ihn auf und finanziere - wenn erforderlich - aus ihrem Einkommen, welches unter dem Existenzminimum liege, auch Kleidung und Schuhe sowie Sonstiges. Nachweise (Rechnungen) habe die Bf. leider nicht aufgehoben.

Die täglichen Unterhaltskosten des Sohnes der Bf., die der öffentlichen Hand durch die Unterbringung in einer sozialpädagogischen Einrichtung entstehen, betragen 80,00 € pro Tag.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Kosten für Verpflegung und Unterkunft für S. jedenfalls überwiegend von der öffentlichen Hand getragen werden (vgl. dazu im Übrigen auch der Unterhaltsbeschluss vom , Zl. ***6***, über den ab Juli 2015 mit € 180,00 monatlich festgesetzten Unterhalt, den der Kindesvater lt vorgelegter Aufstellung nur unregelmäßig bezahlt (hat)).

Zusammenfassend wird festgestellt:

Mit der Unterbringung des mj. Kindes in der sozialpädagogischen Einrichtung wurde die Haushaltszugehörigkeit zur Bf. Mitte Dezember 2021 aufgehoben.

Die Bf. hat weder konkret behauptet, dass sie die überwiegenden Unterhaltskosten für ihren Sohn trägt, noch hat sie entsprechende Nachweise vorgelegt.

Nach den Angaben des Jugendwohlfahrtsträgers kommt dieser mit den oben angeführten Beträgen für die Unterbringung und Verpflegung des Kindes auf.

Da im Beschwerdezeitraum von der Bf. kein Tatbestand, der den Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nach sich zieht, verwirklicht wurde, die Bf aber im Rückforderungszeitraum Jänner 2022 bis September 2022 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihren Sohn bezogen hat, erfolgte die Rückforderung zu Recht.

Objektive Erstattungspflicht

Die Rückzahlungspflicht gem § 26 Abs 1 FLAG 1967 trifft ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe. Diese Bestimmung normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich ().

Nach der ständigen Rechtsprechung steht es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ).

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Voraussetzungen, unter denen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge gewährt werden bzw. bei zu Unrecht erfolgtem Bezug zurückzufordern sind, waren bereits Gegenstand der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und lassen sich zudem in klarer Weise aus dem Gesetz ableiten. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

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