Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2024, RV/7400156/2021

Festsetzung der Wasserbezugsgebühr und der Abwassergebühr nach den Angaben des Wasserzählers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Seywald in der Beschwerdesache ***Bf1*** (Beschwerdeführerin, abgekürzt: Bf.), ***Bf1-Adr*** vertreten durch RA, über die Beschwerde der Bf. vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Fachgruppe Gebühren, MA31, vom , Rechnungsnummer ReNr, Kontonummer KtoNr betreffend Festsetzung der Wasserbezugsgebühr für die Zeiträume bis und bis , sowie der Wasserzählergebühr für das 2., 3. und 4. Quartal 2020 und das 1. Quartal 2021, sowie der Abwassergebühr für die Zeiträume bis und bis , jeweils hinsichtlich der Liegenschaft WienY, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) richtete an die Beschwerdeführerin (abgekürzt: Bf.) ein Schreiben vom zu Kontonummer ktoNr und Objektadresse wienY, worin mitgeteilt wurde:

  • Tausch des Wasserzählers mit der Nummer alt gegen den Wasserzähler mit der Nummer neu am ;

  • Anzeige des ausgebauten Wasserzählers: 70 m3; daraus resultiere gegenüber der letzten Ablesung am ein Tagesdurchschnittsverbrauch von 0,37 m3; dem stehe in der Vorperiode vom bis ein Tagesdurchschnittsverbrauch von Null gegenüber;

  • Empfehlung, der Ursache eines nicht erklärlichen höheren Verbrauches nachzugehen;

  • Bei Zweifeln an der Richtigkeit der Anzeige des Wasserzählers könne die Bf. innerhalb eines Monates ab Zustellung des Schreibens eine Überprüfung des ausgebauten Wasserzählers beantragen; nach ungenütztem Ablauf der Frist werde der Wasserzähler zerlegt und stehe für eine Überprüfung nicht mehr zur Verfügung;

  • Im Fall der Überprüfung auf Antrag seien die Angaben des Wasserzählers verbindlich, wenn der Wasserzähler die Toleranzen laut Eichvorschriften nicht überschreite; diesfalls müsse die Antragstellerin die Prüfkosten tragen.

Über die Zustellung dieses Schreiben der belangten Behörde vom ist der Rückschein aktenkundig. Ein Antrag auf Überprüfung des ausgebauten Wasserzählers ist nicht aktenkundig.

Der neu eingebaute Wasserzähler mit der Nummer neu zeigte bei Ablesung am einen Kubikmeter an. Dies ist der Anfangsstand eines neu geeichten Wasserzählers.

Die belangte Behörde erließ an die Bf. den angefochtenen, mit datierten Bescheid, welcher

  • die Wasserbezugsgebühr für bis aufgrund 69 m3 Verbrauch mit 120,44 € netto bzw. 132,48 € inkl. 10% USt festsetzte;

  • die Wasserbezugsgebühr für bis aufgrund 0 m3 Verbrauch mit Null festsetzte;

  • die Wasserzählergebühr für das 2., 3. und 4. Quartal 2020 sowie das 1. Quartal 2021 mit 23,38 € netto bzw. 25,72 € inkl. 10% USt festsetzte;

  • die Abwassergebühr für bis aufgrund einer Menge von 69 m3 mit 132,35 € netto bzw. 145,59 € inkl. 10% USt festsetzte;

  • die Abwassergebühr für bis aufgrund einer Menge von 0 m3 mit Null festsetzte;

  • in Summe die Gebühren mit 276,17 € netto bzw. 303,79 € inkl. 10% USt festsetzte.

Mit Schreiben vom wurde Beschwerde gegen den zuvor genannten Bescheid vom erhoben unter Anfechtung des gesamten Bescheides und der Beantragung der Aufhebung des Bescheides. Als Begründung wurde vorgebracht, dass das Objekt nicht benutzt werde und kein Wasserverbrauch stattfinde. Es sei eine nicht richtige Schätzung vorgenommen worden.

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde der Bf. die bisherigen Ermittlungsergebnisse mit. Das beim Ausbau des Zählers am angefertigte Foto zeige einen Zählerstand von (abgerundet) 70 m3, sodass keine Fehlablesung vorliege.

Seitens der Bf. wurde darauf mit Schreiben vom geantwortet, dass sie im Zeitraum bis das Haus nicht benützt habe. Ein erhöhter Wasserverbrauch sei nicht feststellbar. Laut einem beigelegten Foto des Wasserzählers mit der Nummer neu sei es zu keinem Verbrauch gekommen, weil er noch immer 1 m3 anzeige. Der Verbrauch sei nicht abgelesen, sondern nur geschätzt worden.

Die belangte Behörde erließ eine mit datierte, abweisende Beschwerdevorentscheidung an die Bf. Gegen den Einwand im Schreiben vom wurde ausgeführt, dass der Verbrauch durch Ablesung des Zählers mit der Nummer alt ermittelt und nicht geschätzt worden sei. Das seitens der Beschwerdeführerin eingebrachte Foto des Zählers mit der Nummer neu sei ohne Belang, weil der Mehrverbrauch vom Zähler mit der Nummer alt gemessen worden sei. Die Verbrauchsanlage (Innenanlage) falle in den Verantwortungsbereich des Wasserabnehmers. Gemäß § 11 Abs. 1 Wasserversorgungsgesetz seien die Angaben des Wasserzählers maßgeblich, außer der Wasserzähler überschreite bei einer Überprüfung die Fehlergrenzen. Eine Überprüfung habe nicht stattgefunden, weil die Beschwerdeführerin trotz des Schreibens vom keine Überprüfung beantragt habe.

Mit Schreiben vom wurde seitens der Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde und den Magistratsakt an das Bundesfinanzgericht (BFG) vor und erstattete einen Vorlagebericht.

Der Richter kam im Juni 2022 am Haus WienY vorbei und machte davon vier Fotos.

Das BFG richtete einen mit datierten Vorhalt (verfahrensleitenden Beschluss) an beide Parteien, welchem die vorgenannten vier Fotos beilagen mit der Anmerkung, dass das auf der streitgegenständlichen Liegenschaft befindliche Haus den Eindruck eines alten und schon seit längerer Zeit unbenutzten Gebäudes erwecke. Die Anzeige des ausgebauten Zählers in Höhe von 1 Kubikmeter am sei unstrittig. Das Schreiben der belangten Behörde vom deute einerseits auf Zweifel an der Richtigkeit der Anzeige des Wasserzählers hin und habe andererseits der Beschwerdeführerin die Geltendmachung ihres Rechtes auf Überprüfung des Zählers ermöglicht.
Zur zwingenden Gebührenbemessung nach dem Zählerstand, auch wenn nichts verbraucht worden sein sollte, wurde zu verfassungsrechtlichen Bedenken in Abschnitt 4 des Vorhaltes ausgeführt: "§ 11 Abs. 1 Wasserversorgungsgesetz und § 12 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz sehen auf den ersten Blick dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine Überprüfung des Wasserzählers durchgeführt worden ist und auch keine Überprüfung mehr möglich ist, die Bemessung der Wassergebühr und der Abwassergebühr nach dem Stand des Wasserzählers vor, ohne dass Zweifel an der Richtigkeit des Zählerstandes noch irgendeine Relevanz hätten. …
… § 11 Abs. 3 Wasserversorgungsgesetz sieht bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers nicht nur die Überprüfung auf Antrag des Abgabepflichtigen, sondern auch die Überprüfung von Amts wegen vor.
In § 11 Abs. 3 Wasserversorgungsgesetz ist vorgesehen, dass der Wasserzähler von Amts wegen überprüft werden kann, ohne dass dies bei jedem Vorliegen irgendeines Zweifels an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers geboten ist. Dies bedeutet, dass die Überprüfung des Wasserzählers von Amts wegen im Ermessen steht. …"
Weiters wurde hierzu in Abschnitt 5 des Vorhaltes ausgeführt: "Eine Situation, dass sachverhaltsmäßig kein Verbrauch vorliegt und der Wasserzähler trotzdem eine verbrauchte Menge anzeigt, welche bei Nichtüberprüfung des ausgebauten Zählers zwingend der Festsetzung der Wassergebühr und der Abwassergebühr zugrunde gelegt werden muss, kann verfassungsrechtlich wegen Verstoßes gegen die Grundrechte auf Eigentum (Art. 5 StGG) und Gleichheit (Art. 7 B-VG, Art. 2 StGG) bedenklich sein.
Dies bedeutet aber nicht unbedingt, dass § 11 Abs. 1 Satz 1 Wasserversorgungsgesetz und § 12 Abs. 1 Z 1 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz verfassungswidrig sind; vielmehr können in einem gewissen Ausmaß vereinfachende Regelungen zur leichteren Vollziehung verfassungsrechtlich unbedenklich sein. Außerdem können und müssen einfachgesetzliche Regelungen innerhalb des Interpretationsspielraumes (inkl. Analogie und teleologischer Reduktion) verfassungskonform ausgelegt werden.
§ 11 Wasserversorgungsgesetz (und davon abhängend § 12 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz) können nach Ansicht des Richters verfassungskonform ausgelegt werden, indem für die Entscheidung des vorliegenden Falles das Bundesfinanzgericht die Ermessensübung, ob eine amtswegige Überprüfung des ausgebauten Wasserzählers mit der Nr.
alt stattzufinden hatte, nochmals durchführt. Denn im Sinne des Art. 130 Abs. 3 B-VG ist die Ermessensübung des Magistrates der Stadt Wien als belangter Behörde durch das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (=Bundesfinanzgericht; Art. 129 B-VG) nicht nur darauf zu überprüfen, ob sie innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen vorgenommen wurde; vielmehr hat das Bundesfinanzgericht das Ermessen (nochmals und eigenständig) zu üben (Grabenwarter/Frank, B-VG, Art. 130 Rz 10 f). Die nochmalige Vornahme der Ermessensübung durch das Bundesfinanzgericht kann natürlich keinen Einfluss auf die nicht mehr mögliche Überprüfung des mittlerweile zerlegten und neu geeichten Wasserzähler mit der Nr. alt nehmen, aber folgendermaßen zu einer verfassungskonformen Entscheidungsfindung beitragen:

  • Wenn das Bundesfinanzgericht das Ermessen im September 2020 dahingehend geübt hätte, dass keine Überprüfung des ausgebauten Wasserzählers mit der Nr. alt von Amts wegen vorzunehmen gewesen wäre, dann ist der Zählerstand mit abgerundet 70 Kubikmeter für die Festsetzung der Wassergebühr und der Abwassergebühr maßgebend.

  • Wenn das Bundesfinanzgericht das Ermessen im September 2020 dahingehend geübt hätte, dass der ausgebaute Wasserzähler mit der Nr. alt von Amts wegen zu überprüfen gewesen wäre, dann ist die Ausnahme des § 11 Abs. 4 Satz 1 Wasserversorgungsgesetz analog auf den Fall des ohne technische Überprüfung als schadhaft eingestuften Wasserzählers anzuwenden."

Die belangte Behörde antwortete mit Schreiben vom auf den Vorhalt des . Zur Nichtbenutzung des Gebäudes (Pkt. 2/a des Vorhaltes) wurde entgegnet, "dass sich aus den langjährigen Erfahrungswerten der Magistratsabteilung 31- Wiener Wasser, unter Berücksichtigung gleichartig gelagerter Fälle ergibt, dass auch bei unbenutzten/unbewohnten Gebäuden ein Wasserbezug nicht ausgeschlossen werden kann. Nämlich dann, wenn z.B.
> Absperr - oder Sicherheitsventile undicht werden (nach dem Wasserzähler - im Wasserzählerschacht oder im Keller des Hauses),
> WC-Anlagen rinnen (an der gegenständlichen Adresse Wien
wienY, besteht ein Druck von 4 bar, dies ergibt bei einer angenommenen Durchflussbreite von 1mm einen Wasserverlust von 2,5m3 pro Tag)
> Wasserhähne tropfen (siehe oben -> rinnende WC-Anlagen),
> eine erdverlegte Leitung defekt wird.
Derartige Wasserverluste sind oft nur schwer erkennbar und die Auswirkungen werden oft falsch eingeschätzt. Angemerkt wird auch, dass seitens der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht wurde, dass das Absperrventil nach dem Wasserzähler während ihrer Abwesenheit geschlossen war."

Auf die Äußerung, dass das Schreiben der belangten Behörde vom auf Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers hindeute, wurde von der belangten Behörde entgegnet, "dass die Magistratsabteilung 31- Wiener Wasser alle rd. 104.000 Wasserabnehmer*innen, bei einem durch die Ablesung der städtischen Wasserzähler außer der Norm festgestellten Mehrverbrauch, sowohl anlässlich der jährlichen Ablesung als auch anlässlich des Austausches der städtischen Wasserzähler, als Serviceleistung schriftlich darüber informiert. In der Regel liegt die Ursache des Mehrverbrauchs im geänderten Verbrauchsverhalten der Wasserabnehmer*innen (z.B.mehr Personen, Pool gebaut, Bewässerungsanlage installiert), sehr oft aber auch an von den Wasserabnehmer*innen noch nicht entdeckten Wasserverlusten (siehe Zu 2/a, aber auch z.B.Gebrechen in Druckleitungen, defekte Bewässerungsanlagen/Bewässerungscomputer, undichte Poolanlagen).
Alle rd.
104.000 Wasserzähler werden von der Magistratsabteilung 31- Wiener Wasser in der Regel einmal pro Jahr abgelesen und werden ca. 22.000 Wasserzähler von der Kontrahentenforma ***1***, in Umsetzung des Maß- und Eichgesetzes- MEG, auf Grund der Nacheichfrist, ausgetauscht.
Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers liegen dieser Leistung nicht zugrunde, zumal
2021 lediglich 1 von 96 Wasserzählern und
2022 lediglich 0 von 107 Wasserzählern
der auf Antrag der Wasserabnehmer*innen bzw. von Amts wegen überprüften Wasserzähler für nicht in Ordnung befunden wurden. Für 2023 liegen noch keine statistischen Werte vor, da noch nicht alle Zähler überprüft wurden.
Eine Überprüfung von amtlichen Wasserzählern erfolgt entweder auf den Anlagen der Magistratsabteilung 31- Wiener Wasser, auf Wunsch auch im Beisein der Wasserabnehmer*innen oder einer von diesen bevollmächtigen Personen, bzw. in der Folge auch durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV).
Die Beschwerdeführerin hätte die dadurch entstehenden Kosten:
Überprüfung durch MA 31:€ 38,61 (im ausgebauten Zustand)
Überprüfung durch BEV: € 399,74
Gesamt: € 438,35
dann zu tragen, wenn der Wasserzähler für in Ordnung befunden wird. Bei einem defekt festgestellten Wasserzähler trägt die MA 31 diese Kosten."
Die belangte Behörde verwies auch auf die Obsorgepflichten der Wasserabnehmer/innen gemäß § 15 Wasserversorgungsgesetz und zitierte diesen umfangreichen Paragraphen.
Aufgrund der minimalen Wahrscheinlichkeit der Fehlerhaftigkeit des Wasserzählers sowie der mannigfaltigen Ursachen von Mehrverbräuchen sowie des personellen und finanziellen Aufwandes sowie angesichts des entstandenen Mehrverbrauches wäre eine amtswegige Überprüfung in keinem vertretbaren wirtschaftlichen Verhältnis gestanden. Von der belangten Behörde sei zu Recht keine Überprüfung von Amts wegen durchgeführt worden.

Mit Schreiben vom übermittelte das BFG die Stellungnahme des Magistrates der Stadt Wien vom an die Bf.

Die beantragte mündliche Verhandlung fand am mit folgendem Verlauf statt:

Weil das Foto des ausgebauten Zählers mit der Nummer alt laut Aktenlage der Bf. noch nicht vorgehalten worden war, übergab der Richter dem Vertreter der Bf. eine Ablichtung der Seite des Magistratsaktes mit dem Auftragsschein und dem Foto.

Der Vertreter der wegen Krankheit entschuldigten Bf. brachte vor, dass sich in der Sache die Frage nach der Funktionsfähigkeit des Zählers stelle. Das Haus werde von der Bf. einmal im Monat kontrolliert, auch hinsichtlich Wasserschäden. Solche seien nicht entdeckt worden. Teilweise seien die Wasserleitungen gesperrt.

Die Vertreterin der belangten Behörde brachte vor: Es werde auf das Schreiben vom und die Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Tropfende Wasserhähne und rinnende WCs könnten auf die Dauer einen Verbrauch verursachen, den man als Laie nicht einschätzen könne. 2016 habe es auf derselben Liegenschaft einen Mehrverbrauch von über 2.000 Kubikmetern gegeben. Damals sei der Zähler erst nach 8 Jahren ausgetauscht worden, weil davor kein Zugang zur Liegenschaft gewährt worden sei. Der Zähler sei damals von Amts wegen überprüft worden, weil er acht Jahre statt den regulären fünf Jahren eingebaut gewesen sei. Die Überprüfung habe die ordnungsgemäße Funktion des Zählers ergeben. Die damals vorgeschriebenen Gebühren seien bezahlt worden. Es sei kein Einspruch dagegen erhoben worden.

Der Vertreter der Bf. brachte vor, dass das Haus bis ca. 2012 als Büro mit mehreren Mitarbeitern in der Branche Gartengestaltung genutzt worden sei. Schon aus Imagegründen habe der Garten gepflegt und gegossen werden müssen.

Seitens der belangten Behörde wurde zur Gartenbewässerung angemerkt, dass eine unterirdisch im Garten verlegte Leitung unbemerkt Wasser verlieren könne.

Der Vertreter der Bf. brachte vor, dass über die im Jahr 2016 gesetzten Maßnahmen nur die Bf. selbst Auskunft geben könne.

Seitens der belangten Behörde wurde vorgebracht, dass die Wasserzähler mechanisch seien und an sich sehr zuverlässig. Wenn Fehler vorlägen, sei es eher so, dass der Zähler stillstehe und es sei eher unwahrscheinlich, dass er zu viel anzeige.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Auf der streitgegenständlichen Liegenschaft WienY war bis zum der Wasserzähler mit der Nummer alt eingebaut. Dieser Wasserzähler zeigte am und am jeweils einen Kubikmeter an und zeigte bei seinem Ausbau am (abgerundet) 70 Kubikmeter an.

Am wurde auf der streitgegenständlichen Liegenschaft der Wasserzähler mit der Nummer neu eingebaut, welcher hierbei einen Kubikmeter anzeigte. Dieser Wasserzähler zeigte am einen Kubikmeter an.

Im Zeitraum vom bis zum wurde kein Wasser von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Stadt Wien an die Innenanlage der streitgegenständlichen Liegenschaft abgegeben.

Im Zeitraum vom bis zum wurden 69 Kubikmeter Wasser von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Stadt Wien an die Innenanlage der streitgegenständlichen Liegenschaft abgegeben.

Der Wasserzähler mit der Nummer alt funktionierte bis zu seinem Ausbau am ordnungsgemäß.

Im Zeitraum vom bis zum wurde kein Wasser von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Stadt Wien an die Innenanlage der streitgegenständlichen Liegenschaft abgegeben.

Im (hier relevanten) Zeitraum vom bis zum war das Gebäude auf der streitgegenständlichen Liegenschaft unbenützt und die Bf. stellte bei ihren Kontrollen keinen Wasserschaden fest.

Die belangte Behörde teilte der Bf. mit Schreiben vom , zugestellt am , die aus den Zählerständen errechnete Verbrauchserhöhung im Zeitraum vom bis zum mit und informierte sie über die Möglichkeit, innerhalb eines Monates ab Zustellung eine Überprüfung des Wasserzählers zu beantragen. Die Bf. beantragte keine solche Überprüfung.

Beweiswürdigung:

§ 167 BAO bestimmt allgemein zu Beweisen: "(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht."
Eine Tatsache kann in freier Beweiswürdigung bereits als erwiesen angenommen werden, wenn sie von allen in Betracht kommenden Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat. (Ellinger et al., BAO § 167 E37 mit Verweis auf )

Das Eingebaut-Sein des Wasserzählers mit der Nummer alt bis zum , sein Ausbau an diesem Tag und der Einbau des Wasserzählers mit der Nummer neu an diesem Tag sind durch den diesbezüglichen Auftragsschein und die Fotografie des Zählers vom erwiesen. Das Eingebaut-Sein des Wasserzählers mit der Nummer neu nach dem ist durch die Fotografie desselben, welche der Beschwerdeschrift vom beigelegt wurde, erwiesen.

Die jeweiligen Zählerstände in Höhe von einem Kubikmeter am (Zähler Nummer alt), (Zähler Nummer alt), (Zähler Nummer neu) und am (Zähler Nummer neu) ergeben sich aus den aktenkundigen Ergebnissen der Ablesungen und sind unstrittig.

Aus den vier im vorigen Absatz angeführten Zählerständen in Höhe von jeweils einem Kubikmeter ist erwiesen, dass im Zeitraum von bis und im Zeitraum von bis jeweils kein Wasser von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Stadt Wien an die Innenanlage der streitgegenständlichen Liegenschaft abgegeben wurde, was unstrittig ist.

Das Abgeben von 69 Kubikmetern Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Stadt Wien an die Innenanlage der streitgegenständlichen Liegenschaft im Zeitraum vom bis zum ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die Ergebnisse der Überprüfung von 96 Wasserzählern im Jahr 2021 und von 107 Wasserzählern im Jahr 2022, wonach im Jahr 2021 einer der überprüften Wasserzähler und im Jahr 2022 keiner der überprüften Wasserzähler nicht in Ordnung war, lassen erkennen, dass die meisten der 104.000 in Wien verwendeten Wasserzähler sehr zuverlässig sind. Wenn einer der Wasserzähler defekt wird, ist es wahrscheinlicher, dass er stillsteht und nicht, dass er zuviel anzeigt; diese Angabe der belangten Behörde ist angesichts der mechanischen Bauart der Wasserzähler naheliegend und unbedenklich. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass der gegenständliche Wasserzähler mit der Nummer alt im Zeitraum vom bis zum derart defekt wurde, dass er zuviel anzeigte.
Die bezogene Menge von 0,37 Kubikmetern (371 Liter) Wasser pro Tag ist nicht exorbitant groß; außerdem stand für ihren Abtransport ein Anschluss an die Kanalisation zur Verfügung, sodass sich die bezogene Menge nicht in einem sichtbaren Wasserschaden niederschlagen musste.
Der jeweilige Bezug von null Kubikmetern Wasser in der Messperiode vor dem und in der Messperiode nach dem ist ein Indiz dafür, dass auch in der dazwischenliegenden Messperiode vom bis zum kein Wasser bezogen wurde.
Insgesamt erscheint es aber unter Abwägung aller Argumente als wahrscheinlicher, dass im Zeitraum vom bis zum die gemessenen 69 Kubikmeter Wasser tatsächlich an die streitgegenständliche Liegenschaft abgegeben worden sind, als dass kein Wasser abgegeben wurde.

Aus der Übereinstimmung der im relevanten Zeitraum vom bis zum abgegebenen Wassermenge mit der Anzeige des Wasserzählers mit der Nummer alt resultiert, dass dieser Wasserzähler im relevanten Zeitraum ordnungsgemäß funktionierte.

Die Vorbringen seitens der Bf., wonach das Gebäude auf der streitgegenständlichen Liegenschaft im hier relevanten Zeitraum unbenützt war und wonach die Bf. bei ihren Kontrollen keinen Wasserschaden feststellte, sind glaubwürdig.

Die Zweitschrift der Mitteilung der belangten Behörde vom an die Bf. und deren Zustellung laut Rückschein am (Beginn der Abholfrist des bei der Post hinterlegten Briefes, § 17 Abs. 3 Zustellgesetz) sind aktenkundig. Eine Beantragung der Überprüfung des ausgebauten Wasserzählers wird nicht behauptet und ist nach der Aktenlage nicht erfolgt.

Rechtliche Würdigung:

Die Wasserbezugsgebühr, die Wasserzählergebühr und die Abwassergebühr sind bescheidmäßig vom Magistrat der Stadt Wien als Abgabenbehörde vorzuschreiben (vgl. § 23 Wasserversorgungsgesetz - WVG, § 16 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG, § 4 Gesetz über die Organisation der Abgabenverwaltung und besondere abgabenrechtliche Bestimmungen in Wien - WAOR), weshalb es sich bei ihnen um öffentliche Abgaben im Sinne von § 1 Abs. 1 Bundesabgabenordnung - BAO handelt und die BAO auf ihre Erhebung anzuwenden ist.

Der Abgabenanspruch entsteht gemäß § 4 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO), sobald der Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Tatbestand der Wasserbezugsgebühr ist die Abgabe (im technischen Sinn, nicht im Sinn der BAO), d.h. das Abgeben von Wasser aus den öffentlichen Wasserversorgungsanlagen der Stadt Wien an einen Wasserabnehmer (vgl. §§ 17, 20 und 23 WVG). Tatbestand der Abwassergebühr ist die Einleitung von Abwässern in einen öffentlichen Straßenkanal (vgl. § 11 KKG).

Rechtsatz 2 zu : "Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Vorschreibung einer Abgabe nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat, nicht aber jene, die zum Zeitpunkt der Erlassung des (letztinstanzlichen) Abgabenbescheides gegolten hat (vgl. nur die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/17/0168, vom , Zl. 2005/17/0206, vom , Zl. 2008/17/0095, und vom , Zl. 2005/17/0055). Abgabenvorschriften stellen zeitbezogene Regelungen im vorstehend erläuterten Sinn dar, welche selbst nach ihrer Aufhebung - soferne keine ausdrücklich anders lautenden Übergangsvorschriften bestehen - auf jene Sachverhalte, die sich in ihrem zeitlichen Bedingungsbereich ereignet haben, noch anzuwenden sind."

Der für die strittige Wasserbezugsgebühr relevante Zeitraum lag im Jahr 2020. Hinsichtlich des strittigen, im Jahr 2020 abgegebenen Wassers ist der Abgabenanspruch im Jahr 2020 entstanden, sodass hier § 11 WVG in der für das Jahr 2020 geltenden Fassung anzuwenden ist, welche auszugsweise lautet:
"§ 11. (1) Das Wasser wird grundsätzlich über einen von der Stadt Wien beigestellten Wasserzähler abgegeben, nach dessen Angaben die bezogene Wassermenge ermittelt wird. …
(2) …
(3) Ergeben sich Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers, so ist dieser von Amts wegen oder auf Antrag des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin zu überprüfen. Die Angaben des Wasserzählers sind verbindlich, wenn sie die in den Eichvorschriften festgelegten Verkehrsfehlergrenzen nicht überschreiten. Sind diese nicht überschritten, so hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin die Prüfungskosten zu tragen.
(4) Wenn kein Wasserzähler eingebaut ist oder der Wasserzähler die in Abs. 3 angeführten Grenzen überschreitet oder still steht, ist der Wasserbezug nach jenem Wert zu ermitteln, der sich unter Zugrundelegung der Ablesungen in den jeweils zwei vorangegangenen Jahren beim Wasserabnehmer bzw. bei der Wasserabnehmerin ergibt. Falls dieser nicht feststellbar ist, sind die Angaben des neuen Wasserzählers für die Bezugsermittlung heranzuziehen.
(5) …"
Wenn im Folgenden auf diesen Paragraphen Bezug genommen wird, ist er in der für das Jahr 2020 relevanten Fassung (vor der Novellierung durch LGBl. für Wien, Nr. 68/2021) gemeint.

Zu den in den Eichvorschriften festgelegten Verkehrsfehlergrenzen, auf welche in § 11 Abs. 3 WVG verwiesen wird: Gemäß Anhang I der Messgeräteverordnung 2016, BGBl. II Nr. 31/2016 werden die darin enthaltenen Anforderungen an Messgeräte durch gerätespezifische Anforderungen ergänzt, die in den Eichvorschriften des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen (BEV) enthalten sind. In dem vom BEV herausgegebenen Amtsblatt, Jahrgang 2020, Nr. 5 (Sondernummer), Seite 13 ff ist die Verordnung des BEV über Eichvorschriften für Wasserzähler enthalten. Demnach betragen die "Fehlergrenzen"

  • für Volumen zwischen dem Übergangsdurchfluss und dem Überlastdurchfluss 2% bei einer Wassertemperatur bis 30°C;

  • für Volumen zwischen dem Mindestdurchfluss und dem Überlastdurchfluss 5% unabhängig von der Wassertemperatur.

Die "Verkehrsfehlergrenzen" betragen das Zweifache der Eichfehlergrenzen, sohin maximal 10%.

Der für die strittige Abwassergebühr relevante Zeitraum lag im Jahr 2020. Hinsichtlich der strittigen, im Jahr 2020 in einen öffentlichen Straßenkanal eingeleiteten Abwässer ist der Abgabenanspruch im Jahr 2020 entstanden, sodass hier zur Ermittlung der Abwassermenge § 12 KKG in der für das Jahr 2020 geltenden Fassung anzuwenden ist, welcher auszugsweise lautet:
"§ 12. (1) In den öffentlichen Kanal abgegeben gelten
1. die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 10/1960, in der jeweils geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge …
…"
Wenn im Folgenden auf diesen Paragraphen Bezug genommen wird, ist er in der für das Jahr 2020 relevanten Fassung gemeint.

Da im vorliegenden Fall sachverhaltsmäßig von 69 Kubikmetern Wasser, welche im Zeitraum vom bis zum von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Stadt Wien an die Innenanlage der streitgegenständlichen Liegenschaft abgegeben wurden, ausgegangen wird, gibt es keine Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen Wasserbezug und dem aus den Zählerständen errechneten Wasserbezug. Es liegt also kein im Vorhalt des angesprochener Fall vor, welcher hinsichtlich des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes problematisch sein könnte (auf dieses Thema wird weiter unten noch eingegangen).

Die Bemessung der Wasserbezugsgebühr für den Zeitraum vom bis zum im angefochtenen Bescheid erfolgte unter Zugrundelegung der nach den Zählerangaben ermittelten Menge des bezogenen Wassers. Dies entspricht § 11 Abs. 1 WVG und wird daher vom BFG bestätigt.
Die Bemessung der Abwassergebühr für den Zeitraum bis zum im angefochtenen Bescheid erfolgte unter Zugrundelegung der bezogenen, gemäß § 11 WVG ermittelten Wassermenge, welche als in den öffentlichen Kanal abgegeben gilt. Dies entspricht § 12 Abs. 1 KKG und wird daher vom BFG bestätigt.
Die Beschwerde wird daher gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

Im vorliegende Fall wäre auch dann, wenn sachverhaltsmäßig von keinem Wasserbezug im Zeitraum vom bis zum auszugehen wäre, aus einer verfassungskonformen Interpretation des § 11 WVG aus folgenden Gründen nichts zu gewinnen:

§ 11 Abs. 1 und 3 WVG sowie § 12 Abs. 1 Z 1 KKG sehen auf den ersten Blick dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine Überprüfung des Wasserzählers durchgeführt worden ist (und auch keine Überprüfung mehr möglich ist), die Bemessung der Wasserbezugsgebühr und der Abwassergebühr nach dem Stand des Wasserzählers vor, ohne dass Zweifel an der Richtigkeit des Zählerstandes noch irgendeine Relevanz hätten.
§ 11 Abs. 3 WVG sieht bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers nicht nur die Überprüfung auf Antrag des Abgabepflichtigen, sondern auch die Überprüfung von Amts wegen vor.
In § 11 Abs. 3 WVG ist vorgesehen, dass der Wasserzähler von Amts wegen überprüft werden kann, ohne dass dies bei jedem Vorliegen irgendeines Zweifels an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers geboten ist. Dies bedeutet, dass die amtswegige Überprüfung des Wasserzählers bei Zweifeln an der Richtigkeit seiner Angaben im Ermessen steht.

Gemäß Art. 131 Abs. 5 B-VG idF BGBl I 51/2012 iVm § 5 des Wiener Landesgesetzes über die Organisation der Abgabenverwaltung und besondere abgabenrechtliche Bestimmungen in Wien (WAOR), LGBl. 21/1962 idF LGBl. 45/2013, ist das Bundesfinanzgericht für die Entscheidung über Beschwerden u.a. in Angelegenheiten der in den §§ 1 und 2 WAOR genannten Landes- und Gemeindeabgaben zuständig. Der Verfassungsgerichtshof bestätigte die Verfassungskonformität dieser Zuständigkeitsübertragung durch § 5 WAOR mit seinem Erkenntnis vom unter Zahl G 139/2014-10 (im Detail betreffend Verwaltungsübertretungen hinsichtlich der Parkometerabgabe). Das diesbezügliche Argument des Verfassungsgerichtshofes, wonach die Vollziehung der Regelungen für Gemeindeabgaben zum selbständigen Wirkungsbereich der Länder gehöre und deshalb die Herstellung der Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes (BFG) für solche Angelegenheiten auf Basis des Art. 131 Abs. 5 B-VG zulässig ist, ist nicht nur auf diesbezügliche Verwaltungsübertretungen, sondern auch auf die Vollziehung der Erhebung von Gemeindeabgaben anwendbar. Somit ist die gegenständliche Zuständigkeit des BFG anstelle des (Landes)Verwaltungsgerichtes Wien verfassungsrechtlich unbedenklich. Die - außerhalb der hier nicht relevanten Verwaltungsstrafsachen - unterschiedliche Kognitionsbefugnis hinsichtlich der Ermessensübung einerseits des Bundesfinanzgerichtes und andererseits aller anderen Verwaltungsgerichte resultiert aus der verfassungsgesetzlichen Normierung in Art. 130 Abs. 3 B-VG, sodass die unterschiedliche Kognitionsbefugnis jedenfalls verfassungskonform ist.
Das BFG ist gemäß § 279 Abs. 1 Satz 2 BAO "berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen." Das BFG kann (und muss wegen der Amtswegigkeit) ein allfällig zu übendes Ermessen unabhängig von der erstinstanzlichen Ermessensübung nochmals üben. § 20 BAO bestimmt zur Ermessensübung: "Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen." Gemäß § 2a und § 269 Abs. 1 BAO hat das BFG ein allfälliges Ermessen ebenfalls im Sinne des § 20 BAO zu üben. Da alle in Betracht kommenden Umstände zu berücksichtigen sind, müsste das BFG gegebenenfalls alle ihm zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bekannten Umstände berücksichtigen. Hingegen könnte es, wenn zusätzliche Umstände in die Entscheidung des BFG einfließen würden, nicht relevant sein, wie die Ermessensentscheidung der belangten Behörde anhand der ihr zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bekannt gewesenen Umstände zu beurteilen wäre.
Im Sinne des Art. 130 Abs. 3 B-VG wäre eine allfällige Ermessensübung des Magistrates der Stadt Wien als belangter Behörde durch das BFG nicht nur darauf zu überprüfen, ob sie innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen vorgenommen worden wäre; vielmehr hätte das BFG selbst gegebenenfalls das Ermessen zu üben (vgl. Grabenwarter/Frank, B-VG, Art. 130 Rz 10 f; Ritz/Koran, BAO7, § 20 Rz 11).

Dem einfachen Gesetzgeber steht es laut Verfassungsgerichtshof frei, Regelungen zur leichteren Administrierbarkeit und unter den Gesichtspunkten der administrativen Handhabbarkeit und Verwaltungsökonomie vorzusehen, ohne dass solche Regelungen (jedenfalls) als unsachlich anzusehen wären (vgl. ). Die Regelung des § 11 WVG, wonach die Angaben des Wasserzählers im Regelfall ohne Rücksichtnahme auf die tatsächlich bezogene Wassermenge verbindlich sind, ist daher nicht unbedingt unsachlich im Sinne eines Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot (Gleichheitsgrundsatz, Gleichheitssatz) nach Art. 2 StGG 1867 ("Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich.") und Art. 7 Abs. 1 B-VG ("… Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. …").
Der einfache Gesetzgeber muss aber innerhalb seines diesbezüglichen Spielraumes bleiben und darf die Schranken, welche ihm der Gleichheitsgrundsatz setzt, nicht durch unsachliche (sachlich nicht begründbare) Regelungen überschreiten (vgl. ; der Verfassungsgerichtshof nimmt die Prüfung einer abgabenrechtlichen Gesetzesbestimmung auf Verfassungswidrigkeit anhand des Gleichheitsgrundsatzes vor und nicht danach, ob der Wesensgehalt des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums im Sinne von Art. 5 StGG 1867 und Art. 1 des 1. Zusatzprotokolles zur EMRK verletzt wird).
Gesetze sind verfassungskonform auszulegen, um einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu vermeiden. Ein Verwaltungsgericht - also auch das BFG als Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen gemäß Art. 129 B-VG - würde den Gleichheitsgrundsatz verletzen, wenn es - ohne verfassungskonforme Interpretation, obwohl eine solche im konkreten Fall möglich und geboten wäre - einer gesetzlichen Regelung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellte. (Vgl. )
Im Sinne der verfassungsrechtlichen Vorgaben wäre § 11 Abs. 3 WVG gegebenenfalls dahingehend auszulegen, dass u.a. dann, wenn nach dem festgestellten Sachverhalt eine erhebliche Abweichung des Standes des Wasserzählers vom tatsächlichen Durchfluss vorläge, eine amtswegige Überprüfung des Wasserzählers in Betracht käme. Ob unter diesen Voraussetzungen eine Überprüfung des Wasserzählers von Amts wegen durchzuführen wäre, würde eine Ermessensentscheidung darstellen, welche gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu treffen wäre.
Hierbei bedeutet Billigkeit die Bedachtnahme auf berechtigte Interessen der Parteien und bedeutet Zweckmäßigkeit: öffentliches Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben, aber auch die Bedachtnahme auf Sinn und Zweck gesetzlicher Vorschriften und ferner - ableitbar aus Art 126b Abs. 5 B-VG - auch die Bedachtnahme auf die Verwaltungsökonomie (Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung). (Ellinger et al., Anm. 8 f zu § 20 BAO)
Für die Ermesssensübung, ob eine amtswegige Überprüfung des ausgebauten Wasserzählers habe, wären folgende Umstände heranzuziehen:
- Die Mitteilung der belangten Behörde an die Wasserabnehmerin, wonach sich der Tagesdurchschnittsverbrauch erhöht habe. Dadurch wurde es der Wasserabnehmerin ermöglicht, die Überprüfung des Wasserzählers zu beantragen. Die Notwendigkeit der Überprüfung des Wasserzählers von Amts wegen wäre dadurch etwas zurückgetreten.
- Die gegenständlichen mechanischen Wasserzähler sind sehr zuverlässig und neigen im Falle eines Defektes eher dazu, stehen zu bleiben als zu viel anzuzeigen.
- Die Überprüfung aller ausgebauten Wasserzähler, aus deren Anzeige für die letzte Messperiode eine Erhöhung des täglichen Durchschnitts-Wasserbezuges errechnet wird, wäre zu aufwendig.
- Die gegenständliche Erhöhung des gemessenen durchschnittlichen Wasserbezuges von Null auf ca. 0,37 Kubikmeter pro Tag ist nicht erheblich.
Die Abwägung dieser Umstände hätte - wenn das Ermessen zu üben wäre - wohl zu einer Ermessensübung geführt, dass keine Überprüfung des ausgebauten Wasserzählers von Amts wegen zu erfolgen habe. (Die Frage der weiteren Vorgangsweise angesichts der tatsächlich nicht mehr möglichen Überprüfung des Wasserzählers, für welche im Vorhalt des eine Lösung skizziert wurde, würde sich daher nicht stellen.)

Zum Vorbringen, wonach eine unrichtige Schätzung vorgenommen worden sei:

§ 184 BAO sieht die Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung vor, wenn die Abgabenbehörde diese Grundlagen nicht ermitteln kann. Die Bestimmung in § 11 Abs. 1 Satz 1 WVG, wonach im Regelfall die bezogene Wassermenge nach den Angaben des Wasserzählers ermittelt wird, ermöglicht der Abgabenbehörde im Regelfall die Ermittlung der Bemessungsgrundlage, sodass kein Raum für eine Schätzung bleibt. Die in § 11 Abs. 1 Satz 2 WVG und in § 11 Abs. 4 WVG in der Fassung LGBl. für Wien, Nr. 68/2021 vorgesehenen Schätzungen waren im vorliegenden Fall nicht anzuwenden und wurden nicht angewendet.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art. 133 Abs. 4 B-VG)

Die tragende Begründung der vorliegenden Entscheidung des BFG basiert einerseits auf Tatfragen (Sachverhaltsfeststellungen, Beweiswürdigung), welche keine Rechtsfragen sind, weshalb hier die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist (vgl. ). Andererseits ist die auf dieser Basis beruhende rechtliche Würdigung aus einer eindeutigen Rechtslage (§ 11 Abs. 1 WVG, § 12 Abs. 1 Z 1 KKG) abzuleiten; diesfalls ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist, selbst dann, wenn zu der anzuwendenden Norm noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. ; ; ; ; , RNr. 10).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 11 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7400156.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at