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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2024, RV/7100810/2019

Alleinverdiener-, Kinderabsetzbetrag und Kinderfreibetrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Martina Salzinger in der Beschwerdesache ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***2*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Rahmen der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) den Alleinerzieherabsetzbetrag sowie den Kinderfreibetrag für ihre in Rumänien bzw. Ungarn in Berufsausbildung stehenden und daher nicht haushaltszugehörigen Töchter.

Mit Bescheid vom wurde die Bf. ohne Berücksichtigung der beantragten Steuerbegünstigungen zur Einkommensteuer für das Jahr 2016 veranlagt und die Abgabe in Höhe einer Gutschrift von € - 119,00 festgesetzt. In der Bescheidbegründung heißt es, der Alleinerzieherabsetzbetrag sei nur zulässig, wenn der alleinerziehenden Person im Kalenderjahr mehr als sechs Monate für mindestens ein Kind der Kinderabsetzbetrag zustehe. Da diese Voraussetzung für keine der beiden Töchter vorliege, könne weiters auch der Kinderfreibetrag nicht zuerkannt werden.

Die Bf. wendete sich mit Schreiben vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 und führte ins Treffen, dass sie gegen den Bescheid des Finanzamtes, mit dem die Familienbeihilfe für das Jahr 2016 nur für drei Monate und für eine Tochter gewährt worden sei, bereits Beschwerde erhoben habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom als unbegründet ab.

Im Gefolge des Vorlageantrages vom (Eingang beim Finanzamt) wurde die gegenständliche Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Aus der Datenbank des Finanzamtes geht hervor, dass die Bf. ein Beschwerdeverfahren betreffend die Zuerkennung der Ausgleichszahlung/Differenzzahlung (Familienbeihilfe) für ihre in Ungarn bzw. in Rumänien lebenden Töchter hinsichtlich der Monate Jänner bis Dezember 2016 geführt hat.

Der diesbezüglichen Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamtes vom wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom ***3***, insoweit Folge gegeben, als der Anspruch auf Familienbeihilfe betreffend die in Ungarn lebende Tochter hinsichtlich der Monate April, August und September 2016 bejaht wurde. Bezüglich der übrigen Monate erfolgte eine Abweisung betreffend beide Töchter.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Im vorliegenden Fall gilt es zu klären, ob der Bf. hinsichtlich ihrer nicht im gemeinsamen Haushalt mit der Mutter lebenden Töchter jeweils Alleinerzieherabsetzbetrag, Kinderabsetzbetrag sowie Kinderfreibetrag zusteht oder nicht.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 (hier und im Folgenden sind die Gesetzesstellen in der für das Beschwerdejahr maßgebenden Fassung angeführt), steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Zufolge § 106a Abs. 1 EStG 1988 steht ein Kinderfreibetrag für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988 zu.

Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 jene, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

Auf Grund der angeführten Gesetzesbestimmungen kommt sowohl die Gewährung eines Alleinerzieherabsetzbetrages sowie eines Kinderfreibetrages nur für Kinder im steuerlichen Sinn in Betracht. Das sind Kinder, die über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten im Jahr einen Anspruch auf Berücksichtigung eines Kinderabsetzbetrages vermitteln.

Die Zulässigkeit eines Kinderabsetzbetrages wiederum ist an das Bestehen eines Familienbeihilfenanspruches geknüpft. Der Kinderabsetzbetrag ist deshalb nach den Vorschriften des FLAG 1967 geltend zu machen und in § 33 Abs. 3 erster Satz EStG 1988 wie folgt geregelt:

"Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt der tatsächliche Bezug der (österreichischen) Familienbeihilfe eine unabdingbare Voraussetzung für den Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag und somit das Vorliegen eines Kindes iSd § 106 Abs 1 EStG dar (vgl. , betreffend einen Studienbeihilfenbezug; , betreffend einen Familienbeihilfenbezug durch die Großeltern; , betreffend einen Familienbeihilfenbezug durch das Kind selbst und , betreffend den Bezug einer slowakischen Familienbeihilfe).

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Familienbeihilfenanspruch nach dem FLAG 1967 wurden im Beschwerdefall hinsichtlich des berufungsgegenständlichen Jahres vom Finanzamt bereits im Zuge des Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe überprüft, letztlich jedoch nur betreffend eine der beiden Töchter und nur für die Monate April, August und September 2016 als gegeben erachtet.

Weil nach dem Wortlaut des Gesetzes in § 33 Abs. 3 EStG 1988 der Familienbeihilfenbezug eine Anspruchsvoraussetzung für die Zuerkennung des Kinderabsetzbetrages ist, ergibt sich, dass dieser im Beschwerdejahr - genauso wie die Familienbeihilfe - jedenfalls nicht für mehr als sechs Monate zustand.

Damit ist aber die für die Beurteilung der Töchter der Bf. als Kind im Sinne des § 106 EStG 1988 und in weiterer Folge für die Geltendmachung des Alleinerzieherabsetzbetrages und des Kinderfreibetrages gesetzmäßig aufgestellte Bedingung des Anspruches auf Kinderabsetzbetrag für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht erfüllt.

Daraus folgt, dass im Rahmen der Veranlagung der Bf. zur Einkommensteuer für 2016 weder ein Alleinerzieher- bzw. Kinderabsetzbetrag noch ein Kinderfreibetrag zum Tragen kommen.

Nichtzulassung der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da dem hier zu behandelnden Streitpunkt nicht der Charakter einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zukommt, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig. Dies insbesondere deshalb, weil es im Beschwerdefall lediglich um die Lösung einer Vorfrage, nämlich um das Bestehen eines Familienbeihilfenspruches ging, und diese Frage keine über den Beschwerdefall hinausreichende Bedeutsamkeit aufweist.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100810.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at