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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.07.2024, RV/7102220/2024

Keine Anspruchsberechtigung der nicht die Familienbeihilfe beziehenden Mutter auf den Familienbonus Plus, wenn der Kindesvater Unterhalt leistet

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom abgeändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Einkommensteuerbescheid vom

In ihrer Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung beantragte die Beschwerdeführerin Pendlerpauschale von 1.476,00 Euro, einen Pendlereuro in Höhe von 46,00 Euro sowie den halben Familienbonus Plus für ihre Kinder ***1*** ***2*** (geboren am ***5***) und ***3*** ***2***-***4*** (geboren am ***6***).

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde Einkommensteuer für das Jahr 2023 mit einem von 4.015,85 Euro fest. Dabei berücksichtigte die belangte Behörde unter anderem ein Pendlerpauschale von 1.476,00 Euro, das Werbungskostenpauschale von 132,00 Euro und den Pendlereuro in Höhe von 46,00 Euro. Ein Familienbonus Plus wurde nicht berücksichtigt.

Am stornierte die Beschwerdeführerin via FinanzOnline den Familienbonus Plus für ***3*** ***2***-***4***.

2. Beschwerde vom

Mit Eingabe via FinanzOnline vom bekämpfte die Beschwerdeführerin den Einkommensteuerbescheid 2023 vom und führte aus:

"Ich habe den erhöhten Betrag der Pendlerpauschale und des Pendlereuros (für Jänner bis Juni 2023) nicht berücksichtigt/ eingetragen.

[...]

3. Beschwerdevorentscheidung vom

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die belangte Behörde der Beschwerde vom teilweise statt und setzte die Einkommensteuergutschrift mit 827,00 Euro statt mit 648,00 Euro, also um 159,00 höher, fest.

In der Begründung hieß es:

"Das Pendlerpauschale beträgt inklusiver der bis Juni 2023 gültigen Erhöhungsbeträge 1.845 Euro. Der Familienbonus Plus kann für das Kind mit der Sozialversicherungsnummer/mit dem Geburtsdatum ***7*** nicht berücksichtigt werden. Sie sind nicht anspruchsberechtigt, weil nach den uns vorliegenden Daten für dieses Kind der gesetzliche Unterhalt (Alimente) für das gesamte Veranlagungsjahr im vollen Umfang geleistet wurde. Anspruchsberechtigt ist neben der /dem Unterhaltszahler/in nur die/der Familienbeihilfenbezieher/in.

Die von Ihnen beantragten Werbungskosten von 100,00 Euro sind niedriger als der Pauschbetrag von 132 Euro. Wir haben daher den höheren Betrag berücksichtigt."

4. Vorlageantrag vom

Via FinanzOnline beantragte die Beschwerdeführerin am die Vorlage ihrer Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und führte aus:

"Mein Partner (***8*** ***4*** ***9***) war bei ***1*** ***2*** der FBH-Bezieher und ich habe den halben Familienbonus Plus beantragt, dieser wurde bei der Arbeitnehmerveranlagung 2023 auch nach der ersten Beschwerde nicht berücksichtigt. Nach mehreren Telefonaten mit dem Finanzamt und der durchgeführten Anleitung der Beschwerdeeinreichung It. den Mitarbeiterinnen (die nun wieder abgelehnt wurde), habe ich mit Mai 2024 den Bezug der FBH für beide Kinder (***1*** ***2***/ ***3*** ***2***-***4***) wieder auf mich ändern lassen.

Bis dato ist der halbe Familienbonus Plus für ***1*** ***2*** ausständig."

5. Vorlagebericht vom

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

"Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantrage im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 unter anderem die große PP für eine Strecke zwischen 20-40 km iHv € 1.476,-, den Pendlereuro iHv € 46,- sowie den halben Familienbonus Plus (Fabo+) ohne Unterhaltsleistungen für
***1***.

Die Familienbeihilfe für ***1*** bezog im Jahr 2023 nicht die Beschwerdeführerin, sondern ihr neuer Partner Hr. ***8*** ***4*** (***9***). Nachdem der Kindesvater als Unterhaltsleister den Unterhaltsabsetzbetrag (UAB) sowie den halben Fabo+ beantragt (und in den Vorjahren immer zugesprochen bekommen) hat, wurde der Fabo+ bei der Bf. nicht anerkannt. Den Antrag auf Berücksichtigung des Fabo+ für ***3*** zog die Bf. noch am selben Tag wieder zurück.

Mit Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin den erhöhten Betrag der Pendlerpauschale und des Pendlereuros für Jänner bis Juni 2023 sowie neuerlich den halben Fabo+ für ***1***.

Der Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung insoweit teilweise stattgegeben als die erhöhte Pendlerpauschale und der erhöhte Pendlereuro steuerlich berücksichtigt wurden.

Der Fabo+ für ***1*** konnte nicht berücksichtigt werden. Die Beschwerdeführerin ist nicht anspruchsberechtigt, weil für dieses Kind der gesetzliche Unterhalt im vollen Umfang geleistet wurde. Anspruchsberechtigt ist neben dem Unterhaltszahler nur der Familienbeihilfenbezieher.

Die Bf. beantragt die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das BFG und bringt ergänzend vor, dass im Mai 2024 die Familienbeihilfe für beide Töchter auf die Beschwerdeführerin als Kindesmutter umgestellt wurde. Bis dato sei der Fabo+ für ***1*** noch ausständig.

Der UAB beim Kindesvater wurde überprüft und steht auf Grund der Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung für das gesamte Jahr 2023 zu. Der halbe Fabo+ für ***1*** wurde daher beim Kindesvater berücksichtigt.

Beweismittel:
vorgelegte Aktenteile
aus dem Akt des Unterhaltsleisters (Kindesvater):
- Unterhaltsvereinbarung
- Nachweis der Unterhaltszahlungen für das Jahr 2023
- Einkommensteuerbescheid Kindesvater 2023

Stellungnahme:
Nach dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut des § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b EStG haben, wenn für ein Kind in einem Monat der UAB zusteht, nur der Unterhaltsleister und der Familienbeihilfenbezieher, nicht jedoch der Partner des Familienbeihilfenbeziehers Anspruch auf den Fabo+.

Der Kindesvater hat nachweislich seine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung erfüllt und stehen ihm daher für das gesamte Jahr 2023 sowohl der UAB als auch der halbe Fabo+ als Unterhaltsleister zu.

Nachdem die Bf. im Jahr 2023 nicht Familienbeihilfenbezieherin war, hat diese keinen Anspruch auf den halben Fabo+ für ***1***. Der Fabo+ kann erst im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2024 beginnend ab Mai 2024 beantragt werden.

Die Behörde beantragt daher der Beschwerde iSd Beschwerdevorentscheidung teilweise stattzugeben."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist die leibliche Mutter von ***1*** ***2***. Für ***1*** ***2*** hat die Beschwerdeführerin im Jahr 2023 nicht die Familienbeihilfe bezogen, der Kindesvater leistete Unterhalt und ihm stand auch der Unterhaltsabsetzbetrag zu. Beim Kindesvater wurde der halbe Familienbonus Plus berücksichtigt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen.

Dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2023 für die Tochter ***1*** ***2*** nicht Bezieherin der Familienbeihilfe war, wurde bereits in der Beschwerdevorentscheidung vorgehalten ("… Anspruchsberechtigt ist neben der /dem Unterhaltszahler/in nur die/der Familienbeihilfenbezieher/in"). Dem hat die Beschwerdeführerin auch nicht widersprochen, sondern dies durch ihre Ausführungen im Vorlageantrag bestätigt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

§ 33 Abs. 3a EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 153/2023 lautet:

Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro,

b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 54,18 Euro.

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  • Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  • beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

b)

Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  • Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  • beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.

d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen.

4. (Ehe-) Partner im Sinne der Z 3 ist eine Person, mit der der Familienbeihilfenberechtigte verheiratet ist, eine eingetragene Partnerschaft nach dem Eingetragene Partnerschaft-Gesetz - EPG begründet hat oder für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einer Lebensgemeinschaft lebt. Die Frist von sechs Monaten im Kalenderjahr gilt nicht, wenn dem nicht die Familienbeihilfe beziehenden Partner in den restlichen Monaten des Kalenderjahres, in denen die Lebensgemeinschaft nicht besteht, der Unterhaltsabsetzbetrag für dieses Kind zusteht.

6. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Familienbonus Plus beantragt wird, anzugeben.

7. Der Bundesminister für Finanzen hat die technischen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Familienbonus Plus im Rahmen der Veranlagung zur Verfügung zu stellen.

Die Anspruchsberechtigung für ein Kind, für das der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, ergibt sich aus der lit. b des § 33 Abs. 3a Z 3 EStG 1988. Demnach kommen als Anspruchsberechtigte für den Familienbonus Plus nur die Familienbeihilfenberechtigte und der Unterhaltsverpflichtete in Frage (). Aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung folgt somit, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2023 hinsichtlich des Familienbonus Plus für ***1*** ***2*** nicht anspruchsberechtigt ist.

Hinsichtlich des zweiten Beschwerdepunktes (erhöhtes Pendlerpauschale bzw erhöhter Pendlereuro) war auf Grund der Regelung des § 124b Z 395 lit. b und c EStG 1988 eine Abänderung des Bescheides im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung vorzunehmen.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung ab, da die strittige Frage in § 33 Abs. 3a Z 3 lit b EStG 1988 eindeutig geregelt ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 124b Z 395 lit. b und c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102220.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at