Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2024, RV/7101100/2020

Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und des erhöhten Verkehrsabsetzbetrages führt zur maximal möglichen Einkommensteuerrückerstattung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***RI*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle 2/20/21/22, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt hat im angefochtenen Einkommensteuerbescheid zunächst das Pendlerpauschale, den Pendlereuro, den Kinderfreibetrag für zwei Kinder anerkannt.

In seiner Beschwerde führt der Bf. aus, dass er mit dem Bescheid eine geringere Gutschrift erhalten habe als bei der Vorberechnung über FinanzOnline.

Mit Beschwerdevorentscheidung anerkannte das Finanzamt mangels Nachweis das Pendlerpauschale, den Pendlereuro, und den Kinderfreibetrag für das in einem anderen Mitgliedsstaat lebende Kind nicht an.

Mit Vorlageantrag bekämpft der Bf. die Versagung des Pendlerpauschales, des Pendlereuros und begehrt die Berücksichtigung von Alimenten für die im anderen Mitgliedsstaat lebende Tochter in Höhe von Euro 910. Eine Bestätigung der Kindesmutter über den Erhalt von 150 Euro monatlich liege vor.

Darüber hinaus werde auch Unterhalt an die Kindesmutter geleistet, was aber nicht dokumentiert werden könne.

Mit Vorlagebericht anerkennt das Finanzamt aufgrund nachträglich vorgebrachter Unterlagen das Pendlerpauschale, den Pendlereuro, sowie den aufgrund mangels nachweislicher Verpflichtung zur Unterhaltsleistung anzuwenden Regelbedarfssätzen den Unterhaltsabsetzbetrag für 5 Monate.

Den Ausführungen im Vorlagebericht wurde seitens des Bf. nicht widersprochen.

Auf einen Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom wurde nicht reagiert. Angefragt wurde unter anderem, ob Einwendungen gegen die Ermittlung des Unterhaltabsetzbetrages vorgebracht werden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Werbungskosten und Absetzbeträge im Zusammenhang mit Aufwendungen für Fahrten von und zur Arbeitsstätte sind aufgrund der vorgelegten Unterlagen zwischen den Parteien unstrittig und ist für die Fahrten zu einer in Niederösterreich gelegenen Arbeitsstätte (Molkerei) das Pendlerpauschale zu berücksichtigen.

Unterhaltsleistungen an die Kindesmutter wurden seitens des Bf. der Höhe nach gar nicht beantragt. Derartige, im Einzelnen nicht nachgewiesene, freiwillige Leistungen sind wegen ihrer privaten Veranlassung nicht abzugsfähig.

Soweit Unterhaltsleistungen für die 11jährige Tochter geleistet wurden ist ebenfalls infolge der Bestätigung über deren Erhalt durch die Kindesmutter eine Berücksichtigung im Wege des Unterhaltsabsetzbetrages unstrittig.

Der Ermittlung der Höhe nach hat der Bf. nichts entgegengesetzt. Die Ermittlung anhand der Regelbedarfssätze entspricht in Fällen eines fehlenden Nachweises eines Verpflichtungsgrundes der Verwaltungspraxis. Die Gegenüberstellung der monatlich geleisteten Unterhaltsleistungen von 150 Euro monatlich mit dem für das Jahr 2018 geltenden Regelbedarfssatz von 385 Euro ergab einen Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag von 5 Monaten.

2. Beweiswürdigung

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht unbestritten fest und ergibt sich aus den übereinstimmenden Parteienvorbringen und aus der Aktenlage. An der Leistung des Unterhalts sind im Zusammenhang mit der Bestätigung der Kindesmutter betreffend den Erhalt der Unterhaltsleistungen keine Bedenken über die Höhe der geleisteten Beträge entstanden.

3. Rechtliche Beurteilung

Nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der im Beschwerdejahr geltenden Fassung steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn

- sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und

- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und

- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu.

Der Unterhaltsabsetzbetrag ist an die tatsächliche Leistung des Unterhalts geknüpft; die bloße Verpflichtung dazu ist nicht ausreichend. Der volle Unterhaltsabsetzbetrag für ein Kalenderjahr steht daher nur dann zu, wenn für dieses Kalenderjahr der volle Unterhalt tatsächlich geleistet wurde.

Für die Höhe der Unterhaltsverpflichtung ist primär der in einem Gerichtsurteil oder in einem gerichtlichen, behördlichen oder außergerichtlichen Vergleich festgelegte Betrag maßgeblich.

Wurde der Unterhalt von einer Behörde (Jugendamt, Pflegschaftsgericht) festgesetzt und kommt die Partei der Unterhaltsverpflichtung in vollem Ausmaß nach, steht der Unterhaltsabsetzbetrag ungekürzt zu, unabhängig davon, in welcher Höhe die Unterhaltsverpflichtung festgesetzt wurde.

Liegen - wie im Beschwerdefall - weder eine behördliche Festsetzung noch ein schriftlicher Vergleich vor, dürfen die von den Gerichten angewendeten Regelbedarfssätze nicht unterschritten werden.

Werden zwar vollständige Zahlungen entsprechend der getroffenen Vereinbarung geleistet, liegen diese Zahlungen aber unter den Regelbedarfssätzen, ist der Absetzbetrag nur für so viele Monate zu gewähren, wie Unterhalt nach dem jeweiligen Regelbedarfssatz bezahlt wird. Eine aliquote Zuerkennung für einen nicht voll durch die Zahlungen gedeckten Monat hat nicht zu erfolgen.

Die Anwendung von Regelbedarfssätzen ist daher auf jene Fälle beschränkt, in denen eine behördliche Festsetzung nicht vorliegt.

Die Regelbedarfsätze sind abstrakte (nicht an die konkrete Einkommenssituation der Eltern angelehnte) Werte und sollen die durchschnittlichen Grundbedürfnisse (Wohnung, Nahrung, Kleidung etc.) eines Kindes in Österreich, gestaffelt nach dem Alter des Kindes, repräsentieren (). Sie werden jeweils vom Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien bekanntgegeben und jährlich vom BMF unter www.bmf.gv.at veröffentlicht.

Im Jahr 2018 betrug der Regelbedarfssatz bei einem Alter von mehr als 10 Jahren 385 Euro.

Wurde, wie im Beschwerdefall, die Unterhaltsverpflichtung für die Tochter frei vereinbart, ist die Zuerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages für jeden Kalendermonat an zwei Voraussetzungen geknüpft: Zum einen muss der vereinbarten Unterhaltsverpflichtung in vollem Umfang nachgekommen werden und zum anderen dürfen die von den Gerichten angewandten Regelbedarfssätze nicht unterschritten werden.

Nach den Regelbedarfssätzen leistete der Bf für seine Tochter den vollen Unterhalt für 4 Monate, weshalb der monatliche Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 € für 4 Monate zustand.

Der Beschwerde war daher teilweise im Sinne der Ausführungen im Vorlagebericht des Finanzamtes stattzugeben.

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Bereits mit der Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und des erhöhten Verkehrsabsetzbetrages erhält der Bf. die maximal mögliche Einkommensteuerrückerstattung.

Das Ausmaß des Unterhaltsabsetzbetrages hat aber insoweit Einfluss auf das Besteuerungsergebnis, als sich der Alleinverdienerabsetzbetrag bei einem Unterhaltsabsetzbetrag für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr im gegenständlichen Fall für 2 Kinder im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988 von 494 auf 669 Euro erhöhen würde. Dies erklärt auch die vom Bf. in seiner Beschwerde angefragte Differenz von 175 Euro.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig, weil es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Darüber hinaus sind Tatfragen keiner Revision zugänglich.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
maximal mögliche Einkommensteuerrückerstattung
erhöhten Verkehrsabsetzbetrages
Alleinverdienerabsetzbetrages
Unterhaltsabsetzbetrages
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101100.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at