Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.07.2024, RV/7101060/2023

Abweisung eines Covid-19-Ratenzahlungsersuchens (Voraussetzungen für Phase 2)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch "ÖBUG" DR. NIKOLAUS Wirtschaftstreuhand GmbH - Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, St.-Veit-Gasse 8, 1130 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Zahlungserleichterungen § 212 BAO 2022 zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zahlungserleichterungen iSd § 323e Abs. 3 BAO abgewiesen, weil gemäß § 323e Abs. 3 Z 2 BAO die Entrichtung von zumindest 40 % des überwiegend COVID- 19-bedingten Abgabenrückstandes voraussetze. Da der Beschwerdefüher während der Phase I des Covid-Ratenzahlungsmodells nicht 40% des ursprünglichen Rückstandes beglichen habe, seien die Voraussetzungen für eine Bewilligung der Phase II nicht gegeben.

In der dagegen gerichteten Beschwerde vom wird unter Verweis auf den beigelegten Ausdruck des Steuerkontos des Beschwerdeführers ausgeführt, während der Phase I des COVID-19-Ratenzahlungsmodells seien 40 % des ursprünglichen Rückstandes beglichen und damit die Voraussetzung des § 323e Abs. 3 Z 2 BAO erfüllt worden. Wörtlich heißt es:

"Entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides hat der o.a. Abgabepflichtige während Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells 40 % des ursprünglichen Rückstandes beglichen und damit die Voraussetzung des § 323e Abs 3 Z 2 BAO erfüllt.

Wie dem Bewilligungsbescheid vom entnommen werden kann, belief sich der ursprüngliche Rückstand auf € 49.083,15, sodass 40 % davon € 19.633,26 ausmachen. Wie dem anliegenden Ausdruck des Steuerkontos mit entsprechender farbiger Markierung entnommen werden kann, hat der o.a. Abgabepflichtige während Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells 15 Raten zu je € 419,00, eine Rate zu € 360,00 und eine Rate zu € 13.416,26 und damit insgesamt € 20.061,26 geleistet."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom erfolgte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet: Die Phase I habe am geendet; bis zu diesem Zeitpunkt wäre der COVID-19-bedingte Abgabenrückstand zumindest zu 40 % zu entrichten gewesen. Die Entrichtung von 40 % sei jedoch erst nach dem erfolgt.

Am stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer stellte am ein Zahlungserleichterungsansuchen gemäß § 323e Abs. 3 BAO mit folgendem, wörtlichem Inhalt:

"… das dortige Finanzamt wolle die Entrichtung des auf dessen Abgabenkonto nach Zahlung einer weiteren Rate in Höhe von € 13.416,26 am verbleibenden Rückstandes in Höhe von € 50.287,82 zuzüglich der im Ratenzahlungszeitraum fällig werdenden Einkommensteuer-Vorauszahlungen in Höhe von € 48.274,00, insgesamt sohin von Abgabenschuldigkeiten im Betrag von € 98.561,82, dergestalt bewilligen, dass der o.a. Abgabepflichtige 20 gleiche Monatsraten in Höhe von € 4,700,00, beginnend am und endend am , und eine Abschlusszahlung in Höhe von € 4.561,82, fällig am , leistet."

Zur Begründung des Antrages wurde wörtlich Folgendes vorgebracht:

"Der o.a. Abgabepflichtige hat nach der erwähnten Zahlung am bis 40 % des Abgabenrückstandes gemäß § 323e Abs 2 Z 1 BAO, hinsichtlich dessen ihm mit Bescheid vom eine Zahlungserleichterung gemäß § 323e Abs 2 BAO bewilligt worden war, entrichtet, wobei kein Terminverlust eingetreten ist.

Zur Glaubhaftmachung des Umstandes, dass die antragsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten zusätzlich zu den laufend zu entrichtenden Abgaben bezahlt werden können, verweise wir auf die positive Entwicklung der Ertragslage des o.a. Abgabepflichtigen, wie sie insbesondere in dessen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 vom zum Ausdruck kommt."

Der ursprüngliche Rückstand des Beschwerdeführers belief sich auf € 49.083,15, sodass 40 % davon € 19.633,26 ausmachten (siehe Bewilligungsbescheid vom ).

Am Abgabenkonto des Beschwerdeführers erfolgten in diesem Zusammengang zu folgenden Zeitpunkten folgende Ratenzahlungen (Einzahlungen in Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
419,00
419,00
419,00
419,00
457,54 09/2021
419,00
419,00
419,00
419,00
281,30 U 01/2022
419,00
419,00
419,00
71,23 U 2020
419,00
Summe Einzahlungen
7.789,36

Am erfolgte eine weitere Zahlung von € 13.416,26 Euro.

Die vom Antrag des Beschwerdeführers umfassten Abgabenschuldigkeiten hafteten zum nicht mehr aus.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen sind allesamt aktenkundig und konnten so als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Das COVID-19-Ratenzahlungsmodell ist in § 323e BAO, idF BGBl. I 228/2021, wie folgt geregelt:

"(1) Abweichend von § 212 Abs. 1 besteht nach Maßgabe der Abs. 2 bis 3 die Möglichkeit zur Entrichtung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) in angemessenen Raten in zwei Phasen über die Dauer von längstens sechsunddreißig Monaten. Für die Berechnung der Zinsen ist § 323c Abs. 13 anzuwenden. Die gleichzeitige Gewährung einer Zahlungserleichterung gemäß § 212 ist ausgeschlossen.

(2) Für die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:

1. Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem und dem fällig geworden sind einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 1 gelegen sind.

2. Der Antrag auf Ratenzahlung ist ab dem bis zum einzubringen.

3. Der Ratenzahlungszeitraum endet am .

4. Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige zweimal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

5. Die während des Ratenzahlungszeitraumes an eine Abgabenbehörde geleisteten Zahlungen können weder nach der Insolvenzordnung - IO, RGBl. Nr. 337/1914, noch nach der Anfechtungsordnung - AnfO, RGBl. Nr. 337/1914, angefochten werden.

Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im übrigen § 212 BAO anzuwenden.

(3) Für die Phase 2 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:

1. Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, für die bereits die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gewährt worden ist, die aber in diesem Ratenzahlungszeitraum nicht vollständig entrichtet werden konnten, einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 2 gelegen sind.

2. In Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells wurden zumindest 40% des überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) entrichtet und es ist kein Terminverlust (§ 230 Abs. 5) eingetreten.

3. Der Antrag ist vor dem einzubringen.

4. Der Ratenzahlungszeitraum beträgt längstens einundzwanzig Monate.

5. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass er den aus der Phase 1 verbliebenen Abgabenrückstand zusätzlich zu den laufend zu entrichtenden Abgaben innerhalb des beantragten Ratenzahlungszeitraumes der Phase 2 entrichten kann.

6. Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige einmal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im übrigen § 212 BAO anzuwenden.

(4) Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welcher Form die Glaubhaftmachung gemäß Abs. 3 Z 5 zu erbringen ist."

Wie im angefochtenen Bescheid zutreffend angeführt, ist gemäß § 323e Abs. 2 BAO für die Anwendung des COVID-19-Ratenzahlungsmodells Voraussetzung, dass ein "überwiegend COVID-19-bedingter" Abgabenrückstand vorliegt. Die zugrundeliegenden Abgabenschuldigkeiten müssen überwiegend zwischen dem und dem fällig geworden sein.

Die Phase 2 setzt voraus, dass in der Phase I angemessene Monatsraten vereinbart und auch tatsächlich entrichtet worden sind, die vollständige Abtragung des Rückstands aber während 15 Monaten nicht möglich war und in der Phase I kein Terminverlust eingetreten ist (vgl AB 10502 BlgBR, 7).

Strittig war, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 323e BAO erfüllt worden sind. Zwar gesteht die belangte Behörde in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung zu, dass 40 % des ursprünglichen Rückstandes beglichen worden sind, doch meint sie, dass dies nicht fristgerecht erfolgt sei, weil die letzte dafür erforderliche Zahlung erst am eingelangt ist. Dem hält der Beschwerdeführer entgegen, dass "eine derart geringfügige Verspätung nach der ratio legis keine nachteiligen Rechtsfolgen für den o.a Abgabepflichtigen nach sich ziehen kann", weil es für die Bewilligung der beantragten Ratenzahlung allein darauf ankomme, ob durch die Zahlung der Quote von 40 % dargetan wurde, dass durch die beantragte Ratenzahlung die Einbringlichkeit des Restbetrages nicht gefährdet wird. Auch sei in § 323e Abs 3 Z 2 BAO davon die Rede, dass die Zahlung von 40 % des ursprünglichen Rückstandes "in Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells" erfolgen müsse; das Datum sei aber im Gesetz gerade nicht genannt, was in Ansehung der zuvor aufgezeigten ratio legis nur bedeuten könne, dass die Zahlung bis zur Entscheidung über den Ratenzahlungsantrag betreffend Phase II eingelangt sein müsse.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

An die Phase 1 kann sich Phase 2 anschließen, wenn in der Phase 1 angemessene Monatsraten vereinbart und auch tatsächlich entrichtet worden sind, die vollständige Abtragung des Rückstands aber während 15 Monaten nicht möglich war und in der Phase 1 kein Terminverlust eingetreten ist. Was der Gesetzgeber mit der Einrichtung des Covid-19-Ratenzahlungsmodells bezweckt und wie er sich das Procedere vorgestellt hat, ergibt sich aus den Materialien AB 10502 BlgBR, 7: Die Angemessenheit der Monatsraten in der Phase 1 wird darin dahingehend konkretisiert, dass während der Phase 1 zumindest 40 % des überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes, also der Summe aus sämtlichen Abgabenschuldigkeiten einschließlich der im Ratenzahlungszeitraum noch fällig werdenden Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen auch tatsächlich entrichtet worden ist.

Da im vorliegenden Fall die tatsächliche Entrichtung des zumindest 40% überwiegenden COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - erst nach dem Ende des Ratenzahlungszeitraumes am (§ 323e Abs. 2 Z 3 BAO), nämlich am erfolgte, lagen die Voraussetzungen iSd § 323e Abs. 3 ff. BAO nicht vor.

Sollte die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsansicht nicht geteilt werden, sei dem Ratenzahlungsantrag - seinen Ausführungen im Vorlageantrag zufolge - dennoch stattzugeben, "weil seine Bewilligung diesfalls in Anwendung des § 212 BAO zu erfolgen hat, zumal die dafür vom Gesetz geforderten Voraussetzungen (keine Gefährdung der Einbringlichkeit, Vorliegen einer erheblichen Härte) jedenfalls gegeben sind." Wörtlich heißt es weiter:

"Dass nämlich die Einbringlichkeit durch die beantragte Ratenzahlung nicht gefährdet wird, ergibt sich im Sinne der obigen Ausführungen aus der bereits erfolgten Zahlung von 40 % des ursprünglichen Rückstandes und überdies aus der Tatsache, dass der o.a. Abgabepflichtige die nunmehr beantragten Raten seit Oktober 2022 jeweils fristgerecht geleistet hat.

Das Vorliegen einer erheblichen Härte bei sofortiger voller Entrichtung des antragsgegenständlichen Abgabenrückstandes ist in Ansehung von dessen Verursachung durch die Pandemie evident; dies hat auch die belangte Behörde schon dadurch konkludent anerkannt, dass sie in Entsprechung zur gesetzlichen Bestimmung des § 323e Abs 2 Z 1 BAO, die eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen pandemiebedingter Abgabenrückstände enthält, Phase 1 des Ratenzahlungsmodells bewilligt hat."

Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung von Zahlungserleichterungen nach § 212 Abs. 1 BAO ist sowohl die Einbringlichkeit des aushaftenden Betrages, als auch das Vorliegen einer erheblichen Härte gegenüber dem Abgabenpflichtigen (). Voraussetzung der Bewilligung einer Zahlungserleichterung ist nach § 212 Abs. 1 BAO aber auch der Umstand, dass hinsichtlich der betroffenen Abgaben Einbringungsmaßnahmen in Betracht kommen; dies gilt auch für Beschwerdeentscheidungen über Bescheide, die Zahlungserleichterungsansuchen abweisen, wenn im Zeitpunkt der Rechtsmittelerledigung die Abgaben bereits entrichtet sind (siehe , ).

Der aktuellen Rückstandsaufgliederung ist zu entnehmen, dass der Abgabenrückstand durch den Beschwerdeführer zwischenzeitig getilgt wurde. Die zum Antragszeitpunkt bestandene Möglichkeit von Einbringungsmaßnahmen betreffend die damals aushaftenden Abgaben besteht somit nicht mehr. Eine Bewilligung des betreffenden Ratenzahlungsansuchens scheidet daher auch aus diesem Grund aus. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 323e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101060.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at