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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.07.2024, RV/7100103/2023

Familienbonus Plus

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel Philip Pfau in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zu Recht:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die festgesetzte Einkommensteuer für das Jahr 2021 beträgt -2.874 Euro.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte in der elektronisch eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 vom den ganzen Familienbonus Plus und bestätigte, Familienbeihilfe zu beziehen. Bezüglich des Kindes gab der Bf an, dass dieses am Jg.2020 geboren sei und in Slowenien seinen Wohnsitz habe.

Im Einkommensteuerbescheid 2021 vom wurde die Gewährung des Familienbonus Plus mit der Begründung versagt, dass der Bf für sein Kind im Veranlagungsjahr entgegen seiner Erklärung keine Familienbeihilfe in Österreich beziehe und daher kein Anspruch auf den beantragten Familienbonus Plus bestehe.

In seiner Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 vom führte der Bf aus, dass er die Papiere für die Familienbeihilfe schon voriges Jahr per Post übermittelt hätte. Seinem Anbringen schloss der Beschwerdeführer folgende teilweise ausgefüllten, jedoch nicht unterschriebenen bzw von den ausländischen Behörden nicht bestätigten Dokumente an: "Anfrage betreffend den Anspruch auf Familienleistungen (Kindergeld) in dem Mitgliedstaat, in dem die Familienangehörigen wohnen", "Familienstandsbescheinigung für die Gewährung von Familienleistungen" und einen "Antrag auf Gewährung einer Differenzzahlung".

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 vom als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, bisher sei kein Antrag auf Differenzzahlung eingebracht worden. Der Familienbonus Plus habe daher nicht berücksichtigt werden können. Ergänzend führte die belangte Behörde aus, dass die der Beschwerde beigelegten Formulare nicht unterschrieben gewesen seien. Zur Beantragung der Differenzzahlung seien diese Formulare ausgefüllt bzw bestätigt von der zuständigen slowenischen Behörde und UNTERSCHRIEBEN an das Finanzamt Österreich zu senden. Eine Geburtsurkunde des Kindes sei ebenfalls zu übermitteln. Eine Verzichtserklärung der Gattin des Beschwerdeführers sei ebenfalls vorzulegen (Hinweis auf das auszufüllende und von der Ehefrau zu unterschreibende Formular Beih38). Erst nach Erledigung bzw Zuspruch der Differenzzahlung Familienbeihilfe sei eine Neuberechnung der Arbeitnehmerveranlagung möglich.

Im Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht vom wiederholte der Bf sein bereits in der Beschwerde geäußertes Vorbringen.

Mit Vorhalt vom forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf folgende Dokumente vorzulegen: Geburtsurkunden, aktuelle Meldebestätigungen, Tätigkeitsnachweise aller Kinder, für die der Familienbonus Plus beantragt werde, Bestätigung der Wohnortgemeinde über die Mitversicherung der Kinder, für die der Familienbonus Plus beantragt werde, Bestätigung über den Bezug einer Familienleistung (z.B. Kindergeld) im Wohnsitzstaat der Kinder, für die der Familienbonus Plus beantragt werde.

Für jedes Kind, das das 18. Lebensjahr bereits vollendet habe, sei zusätzlich ein von der ausländischen Steuerbehörde ausgefülltes Formular E9 vorzulegen. Zudem wurde der Beschwerdeführer aufgefordert folgende Fragen zu beantworten:

"Leben Sie im gemeinsamen Haushalt mit den Kindern, für die Sie den Familienbonus Plus beantragen? Wenn nein, leisten Sie den gesetzlichen Unterhalt für die Kinder, für die Sie den Familienbonus Plus beantragen? Wenn ja, legen Sie bitte ein entsprechendes Dokument, aus welchem sich die Unterhaltshöhe ergibt (z.B. Gerichtsbeschluss, Vergleich, Unterhaltsvereinbarung) sowie einen Zahlungsflussnachweis (z.B. Überweisungsbestätigungen, Empfangsbestätigungen) vor.

In welchem Staat sind Sie sozialversichert? Sollten Sie nicht in Österreich sozialversichert sein, geben Sie bitte den Grund hierfür an (z.B. Entsendung nach Österreich für maximal 24 Monate).

Welcher Beschäftigung geht der andere Elternteil der Kinder, für die Sie den Familienbonus Plus beantragen, nach? Nennen Sie bitte den Arbeitgeber und in welchem Staat die Tätigkeit ausgeübt wird.

Welcher Beschäftigung gehen die Kinder, für die Sie den Familienbonus Plus beantragen, nach (z.B. Schüler, Kindergartenkind oder Student)?

Falls sich die Kinder, für die Sie den Familienbonus Plus beantragen, in einem Staat außerhalb des EU-/EWR-Raumes bzw. der Schweiz aufhalten, geben Sie bitte an in welchem Staat und für welchen Zweck sich die Kinder dort aufhalten.

Zukünftige derartig umfangreiche Ergänzungsersuchen können vermieden werden, wenn ein Antrag auf Familienbeihilfe (bzw. ein Antrag auf Ausgleichs-/ Differenzzahlung) in Österreich gestellt wird. Dies kann auch Vorteile für den anderen Elternteil mit sich bringen."

Mit Eingabe vom verwies der Beschwerdeführer erneut darauf, dass er bereits vor langer Zeit "alle Papiere für Familienbeihilfe" übersendet hätte und übermittelte als Anhang neuerlich die nicht unterschriebenen Formulare. Als Begründung für die fehlende Unterschrift gab der Beschwerdeführer an, dass er diese direkt vom Computer aus versende. Im Übrigen blieb der Vorhalt unbeantwortet.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.

Mit hg Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde auf, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:

"1) Ist nach Ansicht des Finanzamtes für das Kind des Beschwerdeführers (***2***, geboren Jg2020) im Jahr 2021 ein Familienbeihilfen- bzw. Ausgleichsanspruch dem Grunde nach gegeben?

2) An welcher Adresse hat das Kind des Beschwerdeführers im Jahr 2021 gewohnt? Hat das Kind im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer und der Kindsmutter gewohnt?

3) Ist die Lebenspartnerin des Beschwerdeführers (***1***, geboren Datum) auch die Kindsmutter? Wurde von der Kindsmutter auch ein Antrag auf Familienbonus Plus für das streitgegenständliche Jahr gestellt?"

Mit Stellungnahme vom beantwortete die belangte Behörde den hg Beschluss vom 18. Jänner wie folgt:

"Ad Pkt. 1.: Damit der Familienbonus Plus berücksichtigt werden kann, müssen die Voraussetzungen für den Familienbeihilfenanspruch wenigstens dem Grunde nach vorliegen. Herr [Beschwerdeführer] wurde daher neuerlich mittels Vorhalt ersucht, diesbezüglich konkrete Angaben und Nachweise zu erbringen, damit das Finanzamt diesen Anspruch überprüfen kann. Herr [Beschwerdeführer] besteht darauf, sämtlich Unterlagen für die Gewährung der Familienbeihilfe für seine Tochter dem Finanzamt bereits vor Jahren übermittelt zu haben. Vorgelegt wurden das Beih 38, E 401 und E 411, ohne Unterschrift bzw behördliche Bestätigung. Auch im Beihilfenverfahren FABIAN wurden die angeblich übermittelten Anträge niemals erfasst. Das Finanzamt sieht sich daher nicht in der Lage, festzustellen, ob ein Anspruch dem Grunde nach besteht.

Ad Pkt. 2: Laut den Angaben auf dem Formular E411 ist die Wohnanschrift der Tochter: ***3***. Ob das Kind im gemeinsamen Haushalt mit der Kindesmutter und dem Beschwerdeführer lebt, konnte mangels von der ausländischen Behörde bestätigten Formulares E 411 nicht überprüft werden.

Ad 3. Ob Fr. ***1*** auch die Kindesmutter ist, kann ebenfalls nicht verifiziert werden, weil bis dato keine Geburtsurkunde vorgelegt wurde. Bis dato wurde von Fr. ***1*** kein Antrag auf Familienbonus Plus in Österreich gestellt."

Mit Schreiben vom 17. Jänner und Erinnerungsschreiben vom wurde der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde neuerlich aufgefordert, ein von der slowenischen Wohnsitzgemeinde bestätigtes Formular E 401 vorzulegen sowie eine Geburtsurkunde seiner Tochter ***2***. Beide Schreiben blieben soweit dem Bundesfinanzgericht bekannt, unbeantwortet.

Mit E-Mail vom hat die belangte Behörde das Bundesfinanzgericht darüber informiert, dass ein Antwortschreiben der ausländischen (Anm.: slowenischen) Behörde samt fünf Beilagen eingelangt sei. Einer dieser Beilagen ist zu entnehmen, dass für die Tochter des Beschwerdeführers im Beschwerdezeitraum (01-11/2021) "Child benefit" in näher genannter Höhe geleistet wurde.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht gemeldet. Er hat seinen Wohnsitz in Slowenien. In seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 beantragte er die Zuerkennung des Familienbonus Plus.

Weder ist der Antrag auf Gewährung einer Differenzzahlung vom Beschwerdeführer unterschrieben, noch sind die Familienbescheinigung für die Gewährung von Familienleistungen und die Anfrage betreffend den Anspruch auf Familienleistungen (Kindergeld) in dem Mitgliedstaat, in dem die Familienangehörigen wohnen von der ausländischen Behörde bestätigt.

Für die Tochter des Beschwerdeführers leistete die slowenische Behörde im Zeitraum 01-11/2021 "Child benefit".

Ein (unterschriebener) Antrag auf Familienbeihilfe des Beschwerdeführers für die minderjährige ***2*** ist nicht aktenkundig. Der Beschwerdeführer hat weder in Folge der Beschwerdevorentscheidung noch in Entsprechung des Vorhaltes vom die von der belangten Behörde abgeforderten Unterlagen vorgelegt. Auch die neuerlichen Ergänzungsersuchen vom 17. Jänner und blieben unbeantwortet.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geführten, ergänzenden Ermittlungen durch die belangte Behörde.

Aus dem von der slowenischen Behörde übermittelten Dokument, das im Akt der belangten Behörde (Dialogverfahren ELISA) einliegt und in den von amtswegen Einsicht genommen wurde, ist ersichtlich, dass für die Tochter des Beschwerdeführers im Beschwerdezeitraum "child benefit" seitens der slowenischen Behörde geleistet wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 33 Abs 3a EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 62/2018 normiert auszugsweise:

"Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) Bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,

b)

[…]"

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht der Familienbonus Plus nicht nur zu, wenn die Familienbeihilfe bzw eine Ausgleichszahlung iSd § 4 Abs. 2 FLAG 1967 beantragt und gewährt wurde, sondern auch ohne einen solchen Antrag, wenn der Familienbeihilfen- bzw Ausgleichsanspruch dem Grunde nach zusteht (vgl. ).

Wie den Feststellungen und der obigen Beweiswürdigung zu entnehmen ist, ist für die Tochter des Beschwerdeführers "child benefit" in Slowenien gewährt worden, wodurch ein Anspruch dem Grunde nach gegeben ist und dem Beschwerdeführer der Familienbonus Plus für seine Tochter zusteht.

In Folge des , Kommission/Österreich, erfolgte mit BGBl. I Nr. 135/2022 vom eine Änderung des § 33 EStG 1988. Die Bestimmungen des § 33 Abs. 3a Z 2 und Z 5 sowie die Abs. 4 Z 4 und Z 5 EStG 1988 (Indexierung der Absetzbeträge) sind entfallen. Für Kinder, die sich in […] Slowenien […] aufhalten, ist die Änderung erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2019 anzuwenden (§ 124b Z 410 lit. a EStG 1988).

Aufgrund dieser gesetzlichen Änderung sind die hier relevanten Absetzbeträge (Familienbonus Plus) für die Veranlagung des Kalenderjahres 2021 in voller Höhe anzusetzen (Familienbonus Plus: 125*12 = 1.500 Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtbetrag der Einkünfte
19.608,87
Einkommen
19.608,87
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
1.963,10
Familienbonus Plus
-1.500,--
Verkehrsabsetzbetrag
-774,03
Pendlereuro
-92,--
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
-402,93
Steuer für sonstige Bezüge
223,64
Einkommensteuer
-179,29
Anrechenbare Lohnsteuer
-2.695,16
Festgesetzte Einkommensteuer
-2.874,--

Somit ergibt sich eine festgesetzte Einkommensteuer für das Jahr 2021 iHv -2.874 Euro.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall handelte es sich um eine Frage (dem Grunde nach bestehender Anspruch auf Familienbonus Plus), die im Rahmen einer einzelfallbezogenen Gesamtabwägung zu beurteilen war und damit entscheidend von den Umständen des Einzelfalles abhing. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist nicht revisibel (vgl bspw , mwN).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100103.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at