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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.06.2024, RV/7105057/2016

Schätzung Begründung; Bindungswirkung Strafurteil

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Monika Fingernagel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch LBG Burgenland Steuerberatung GmbH, Franz-Liszt-Gasse 25-27, 7100 Neusiedl/See, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Einkommensteuer 2012 bis 2014 und Umsatzsteuer 2012 bis 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Einkommensteuer 2012 bis 2014 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Umsatzsteuer 2012 bis 2014 wird gemäß § 279 BAO

  • teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert. Die

  • Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) hat in den Jahren 2012-2014 ein Einzelunternehmen betrieben, das sich mit Reinigung, Baunebengewerbe und Personalüberlassung beschäftigt hat.

Im Jahr 2015 wurde eine Außenprüfung über den Zeitraum 2012 bis 2014 durchgeführt. Im Zuge dessen erfolgte anhand von diversen bei einer Hausdurchsuchung am sichergestellten Rechnungen eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Begründend wurde ausgeführt, dass während des Prüfungsverfahrens keinerlei Unterlagen vorgelegt worden seien.

Das Finanzamt folgte den Prüferfeststellungen und erließ am - teilweise nach Wiederaufnahme des Verfahrens - die entsprechenden Einkommensteuerbescheide und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2014.

Gegen die Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide 2012 bis 2014 brachte der Bf mit Schriftsatz vom eine nicht näher begründete Beschwerde ein.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom forderte das Finanzamt den Bf dazu auf eine Begründung nachzureichen.

In Beantwortung dieses Mängelbehebungsauftrages führte der Bf aus, dass er im beschwerdegegenständlichen Zeitraum arbeitsunfähig gewesen sei und aufgrund einer Krankheit nicht in der Lage gewesen sei einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. In diesem Zusammenhang legte er eine Reihe ärztlicher Unterlagen der Beschwerde bei.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Unterlagen bei der Hausdurchsuchung sichergestellt worden seien. Daraus ginge hervor, dass der Bf mit seiner Einzelfirma im maßgeblichen Zeitraum tätig gewesen sei. Daher seien die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen gewesen.

Daraufhin brachte der Bf mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht ein.

Das Finanzamt legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf betrieb in den Jahren 2012-2014 ein Einzelunternehmen, das im Bereich Reinigung, Baunebengewerbe und Personalüberlassung tätig war.

Der Bf war außerdem Gesellschafter der ***1***. Die Gesellschaft wurde mit Firmenbucheintragung vom aufgelöst und gelöscht. Geschäftszweig war freies Gastgewerbe.

Am wurde vom LKA und der Finanzpolizei eine Hausdurchsuchung bei beim Bf durchgeführt. Anhand der sichergestellten Unterlagen wurden schriftliche Auskunftsersuchen an die in den Rechnungen genannten Auftraggeber/Kunden gestellt.

In der Folge fand beim Bf eine abgabenrechtliche Außenprüfung statt. Während des Prüfungsverfahrens wurden vom Bf keine Buchhaltungsunterlagen oder sonstigen Unterlagen vorgelegt.

Auf den aktenkundigen Ausgangsrechnungen finden sich sowohl die UID-Nummer als auch die Steuernummer des Bf. Als Bankverbindung wurde ein Konto angeführt, das auf "***2***" lautet. Dieses Konto wurde vom Bf eröffnet. Auf dieses Konto haben Kunden des Bf die ihnen in Rechnung gestellten Beträge tatsächlich überwiesen. Die Buchungstexte zu den Kontoeingängen lauten zB "geleistete Arbeit bezüglich Winterdienst".

Es wurden demnach im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Rechnungen aufgrund der vom Bf erbrachten Leistungen erstellt und von den Rechnungsempfängern bezahlt. Die Beträge sind dem Bf auch zugeflossen. Konkret handelt es sich dabei um folgende Aufträge:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Auftraggeber
2012
2013
2014
***3***
€ 54.110,47
€ 63.504,00
***4***
€ 780,00
***5***
€ 8.924,21
€ 6.348,52
***6***
€ 414,00
€ 432,00
***7***
€ 144,00
***8***
€ 3.328,32
€ 6.072,23
€ 5.351,04
Summe (brutto)
67.557,00
76.500,75
5.351,04

Auf einem Teil der Rechnungen der Jahre 2013 und 2014 scheint der Name ***9*** als Rechnungsaussteller auf. Das Firmenzeichen auf den Rechnungen ist dabei ident mit dem Firmenzeichen des Bf, lediglich der Name wurde ausgetauscht. ***9*** war nie der wahre Geschäftspartner der Kunden, sondern für den Bf tätig. Der Bf erteilte ***9*** Weisungen und war auch für dessen Konto verfügungsberechtigt. Die Beträge, die auf das Konto von ***9*** überwiesen wurden, wurden in der Folge an den Bf weitergeleitet.

In den Umsatzsteuer- und Einkommensteuer-Erstbescheiden wurden vom Finanzamt zunächst folgende Beträge geschätzt und festgesetzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012
2013
2014
Steuerbarer Umsatz
€ 33.000,00
Eink aus Gewerbebetrieb
€ 10.750,00
€ 2.850,00

Im Rahmen der Betriebsprüfung erfolgte die Schätzung dann mit folgenden Beträgen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012
2013
2014
Steuerbarer Umsatz
€ 100.000,00
€ 100.000,00
€ 50.000,00
Eink aus Gewerbebetrieb
€ 20.000,00
€ 20.000,00
€ 10.000,00

Der Spruchsenat beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg hat den Bf mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom zu ***10*** wegen des Finanzvergehens der grob fahrlässigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 FinStrG schuldig gesprochen, und zwar hinsichtlich folgender Verkürzung:

Umsatzsteuer 2012 in der Höhe von € 10.000,00

2013 in der Höhe von € 12.750,00

Einkommensteuer 2012 in der Höhe von € 2.978,00

2013 in der Höhe von € 3.427,00

2014 in der Höhe von € 221,00

Der Bf war dabei geständig.

Betreffend Umsatzsteuer 2014 wurde das Finanzstrafverfahren gemäß § 136 FinStrG eingestellt.

Der Bf litt im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ua an Lendenwirbelsäulen-Beschwerden sowie an einem Schilddrüsenkarzinom.

Ab dem Jahr 2015 wurden durch das Finanzamt keine Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen mehr durchgeführt.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig.

Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Abgabenbehörde muss dieser Rsp zufolge den Bestand einer Tatsache nicht im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn nachweisen (vgl zB ; ; Ritz/Koran, BAO7, § 167 Rz 8 mwN).

Bei der Hausdurchsuchung wurden Unterlagen sichergestellt, aus denen hervorgeht, dass der Bf mit seiner Einzelfirma im beschwerdegegenständlichen Zeitraum tätig war, Weisungen erteilt hat und über das Bankkonto verfügt hat. Dazu erfolgten bei den in den sichergestellten Rechnungen aufscheinenden Rechnungsempfängern Auskunftsersuchen. Die Kunden sagten alle aus, dass eine Geschäftsbeziehung mit dem Bf bestand und er der Geschäftspartner gewesen sei. Dies gilt auch in Bezug auf die von ***9*** ausgestellten Rechnungen. Im Antwortschreiben der Fa. ***8*** wird bspw angeführt, dass "Aufträge immer telefonisch mit dem Bf vereinbart wurden".

***11***, eine ehemalige Mitarbeiterin des Bf, sagte in ihrer Einvernahme am aus, dass der Bf während des gesamten Zeitraumes der Machthaber des Unternehmens war. Sie gab in diesem Zusammenhang an, dass "die auf ***9*** lautenden Rechnungen zwar auf dessen Bankkonto beglichen wurden, in weiterer Folge aber an den Bf weitergeleitet wurden. ***9*** hatte zwar grundsätzlich Verfügungsmacht über sein Konto, allerdings bekam er bei der Bank keine Auskunft über sein eigenes Konto. Dies war nur im Beisein des Bf möglich". Sie sagte weiters aus, dass ***9*** nur vorgeschoben wurde und den Weisungen des Bf unterlag.

Aus den eben angeführten Gründen ergibt sich, dass im beschwerdegegenständlichen Zeitraum der Bf im Rahmen seines Einzelunternehmens die Leistungen, die den Rechnungen zugrunde liegen, erbracht hat und ihm die Beträge auch zugeflossen sind.

Die Schätzungsmethode wurde vom Finanzamt nicht angegeben. Es wurde weder im BP-Bericht, noch in den Bescheiden noch in der BVE angeführt, wie sich die geschätzten Beträge zusammensetzen, bzw wie diese berechnet wurden. Die Begründungen bestanden lediglich in dem Hinweis, dass aufgrund der sichergestellten Unterlagen geschätzt wurde. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb das Finanzamt von einer über die vorliegenden Rechnungen hinausgehenden Tätigkeit des Bf ausgeht, bzw fehlen darüber jegliche Nachweise. Der Umstand, dass nicht an alle Kunden Auskunftsersuchen nach § 143 BAO gesendet wurden alleine ist ohne nähere Begründung und Angabe von Beträgen nicht ausreichend.

Aufgrund der Krankheiten des Bf sowie dem Umstand, dass ab dem Jahr 2015 vom Finanzamt keine Schätzungen mehr erfolgt sind, ist davon auszugehen, dass der Bf seine Tätigkeit ab dem Jahr 2012 reduziert hat.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung)

Gemäß § 184 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

§ 184 Abs 3 BAO ist unter anderem dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Eine Schätzungsberechtigung kann der Rsp des VwGH zufolge ua dann bestehen, wenn der Abgabepflichtige seiner Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen nicht nachkommt (vgl Ritz/Koran, BAO7 § 184 Rz 8 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).

Die Schätzungsberechtigung ist somit im Beschwerdefall gegeben, weil der Bf die Einkünfte aus seiner gewerblichen Tätigkeit nicht erklärt hat und dem Finanzamt keinerlei Unterlagen vorgelegt hat. Das Finanzamt war im gegenständlichen Fall somit nicht dazu in der Lage, die Grundlagen für die Abgabenerhebung festzustellen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist Ziel einer Schätzung, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen (vgl zB ; und ), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (zB ; ). Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung dieses Zieles am geeignetsten erscheint (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 184 Rz 12 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).

Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung außerdem ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt; die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (vgl ; Ritz/Koran, BAO7, § 116 Rz 14 mwN).

Nichts anderes gilt für die Bindung des Bundesfinanzgerichts an rechtskräftige Strafurteile (vgl ). Diese Bindungswirkung ist Ausfluss der materiellen Rechtskraft der jeweiligen strafrechtlichen Erledigung (vgl ) und geht sowohl von Erledigungen im Rahmen eines gerichtlichen als auch von Erledigungen im Rahmen eines verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens aus (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 116 Rz 73; , mwN).

Bei Freisprüchen besteht keine solche Bindung (zB ; , Ra 2020/15/0043). Dies muss auch für einen Einstellungsbeschluss gelten ().

Einkommensteuer 2012-2014:

Ob Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, richtet sich ausschließlich nach steuerlichen Gesichtspunkten. Die gewerbe- oder sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist daher ebenso wenig entscheidend wie die Eintragung im Firmenbuch. Auch verbotene oder unsittliche Tätigkeiten können einen Gewerbebetrieb begründen (Peth/Wanke/Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 23 Anm 3).

Seitens des Finanzamtes erfolgte eine Schätzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Jahre 2012 und 2013 mit je 20.000,- Euro sowie für das Jahr 2014 mit 10.000,- Euro. Im finanzstrafrechtlichen Erkenntnis vom wurde der Bf hinsichtlich der in den Einkommensteuerbescheiden vom festgesetzten Beträge verurteilt.

Aufgrund der bindenden Feststellungen des oa finanzstrafrechtlichen Erkenntnisses vom bedarf es keiner weitergehenden eigenständigen Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes mehr () und ist demnach vom Vorliegen der festgestellten Einkünfte aus Gewebebetrieb auszugehen. Die Einkünfte ergeben sich auch aus den bei der Hausdurchsuchung gefundenen Rechnungen und den Aussagen der Kunden. Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2012-2014 ist daher abzuweisen.

Umsatzsteuer 2012-2014:

Unternehmer ist nach § 2 Abs 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen.

Für die Unternehmereigenschaft kommt es weder auf die Rechtsform noch auf die zivilrechtliche Rechts- oder Geschäftsfähigkeit an, entscheidend ist die nach außen hin gerichtete Tätigkeit (vgl Windsteig in Melhardt/Tumpel, UStG3, § 2 Rz 2). Wer im konkreten Fall Unternehmer ist, richtet sich daher nach dem Auftreten nach außen, dh, in wessen Namen die Leistung erbracht wird

Der Bf war im gesamten Zeitraum Unternehmer und ist als solcher vor den Auftraggebern aufgetreten.

Ist die Schätzung zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei, doch muss das Schätzungsverfahren einwandfrei abgeführt werden, müssen die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig sein und muss das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen. Das gewählte Verfahren muss stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Hierbei muss die Behörde im Rahmen des Schätzungsverfahrens auf alle vom Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen (vgl , mwN).

Auch Schätzungsergebnisse unterliegen der Begründungspflicht. Die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen. Die Begründung muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl , mwN).

Die Begründungen der angefochtenen Bescheide halten diesen Anforderungen nicht stand. Laut Betriebsprüfungsbericht wurde ein Betrag in Höhe von 100.000,- Euro (2012 und 2013) bzw 50.000,- (2014) an Umsätzen hinzugeschätzt. Es findet sich jedoch weder ein Verweis auf eine Darstellung der Berechnung dieser Beträge außerhalb des Berichtes noch wurde im Betriebsprüfungsbericht, in den Beschieden oder der BVE diesbezüglich eine Begründung angegeben.

Für eine seitens des Finanzamtes erfolgte Schätzung der Umsätze der Jahre 2012 bis 2014 mit 100.000,- Euro bzw 50.000,- Euro - somit über die Gesamtbeträge der Rechnungen hinausgehende Umsätze - fehlen im vorliegenden Beschwerdefall die dafür erforderlichen, auf der Tatsachenebene zu verortenden Anhaltspunkte (siehe Beweiswürdigung). Aufgrund der Krankheit des Bf sowie der nicht weiter erfolgten Schätzungen in den Folgejahren, ist eine Hinzuschätzung in dieser Höhe ohne weitere Nachweise nicht gerechtfertigt.

Das Bundesfinanzgericht ist - wie oben angeführt - an die Feststellung im Straferkenntnisses vom , wonach der Bf Abgabenverkürzungen hinsichtlich Umsatzsteuer 2012 und 2013 bewirkt hat, gebunden. Es ist daher als erwiesen anzunehmen, dass der Bf die Leistungen, die den Rechnungen zu Grunde liegen, erbracht hat. Dies wird auch durch das Geständnis des Bf im Finanzstrafverfahren unterstrichen.

Darüber hinaus - va auch hinsichtlich der nicht vom Straferkenntnis gedeckten Beträge - ergibt sich die Umsatzsteuerschuld aus den vorliegenden Rechnung im Zusammenhang mit den Aussagen der Rechnungsempfänger im Zuge der Auskunftsersuchen. Daraus geht hervor, dass der Bf im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ein Unternehmen betrieben hat und diese Umsätze erzielt hatte. Auf den Ausgangsrechnungen findet sich sowohl die UID-Nummer als auch die Steuernummer des Bf. Auf das auf den Rechnungen aufscheinende Konto haben Kunden des Bf die ihnen in Rechnung gestellten Beträge auch tatsächlich überwiesen. Hinsichtlich der Rechnungen auf denen ***9***er als Rechnungsaussteller aufscheint, ist anzuführen, dass dieser nicht unternehmerisch tätig war, sondern weiterhin der Bf (siehe Beweiswürdigung). Die Umsätze sind daher dem Bf zuzurechnen. In dieser Hinsicht ist das Bundesfinanzgericht auch nicht an die Feststellungen der Finanzstrafbehörde gebunden.

Auf der Grundlage der vorliegenden Rechnungen sind die steuerbaren Umsätze im vorliegenden Fall somit für 2012 mit 67.557,00 Euro, für 2013 mit 76.500,75 Euro und für 2014 mit 5.351,04 anzusetzen.

Dies ergibt folgende Beträge:


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2012
2013
2014
Steuerbare Umsätze
€ 67.557,00
€ 76.500,75
€ 5.351,04
Umsatzsteuer
€ 13.511,40
€ 15.300,15
€ 1.070,21

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur gegenständlichen Rechtsfrage hinsichtlich Bindungswirkung von Strafurteilen existiert umfangreiche und eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich das gegenständliche Erkenntnis stützt. Im Übrigen waren im vorliegenden Fall Sachverhaltsfragen zu lösen, weshalb die ordentliche Revision unzulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 116 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7105057.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at