Zurückweisung wegen Verspätung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin IBV in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom , beim Finanzamt Österreich eingelangt am , gegen den Rückforderungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für das Kind K für die Monate März 2020 bis März 2021 und Juni 2021 bis November 2022 beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom erfolgte die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für das Kind K für die Monate März 2020 bis März 2021 und Juni 2021 bis November 2022, da für diese Zeit von der Beschwerdeführerin keine Berufsausbildung des volljährigen Kindes im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 nachgewiesen worden sei.
Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte mit RSb-Brief.
Die Beschwerdeführerin brachte dagegen mit einem handschriftlich verfassten und handschriftlich mit datierten und in den Briefkasten des Finanzamtes Österreich am eingeworfenen Schriftsatz Beschwerde ein und legte diesem Schriftsatz Unterlagen bei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom erfolgte die Zurückweisung gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO wegen verspäteter Einbringung der Beschwerde, da die Beschwerdefrist einen Monat betrage, der Rückforderungsbescheid am beim Zustellpostamt hinterlegt und der Beschwerdeführerin am ausgefolgt worden sei; eine Sendung gelte mit der Hinterlegung als zugestellt.
Mit Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag ein und führte ergänzend im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Sendung vom sei zu spät gekommen. Die Post sei im letzten Jahr oft zwei Monate verspätet. Die Beschwerdeführerin habe einen Termin beim Finanzamt gehabt. Eine Dame am Schalter habe ihr dann gesagt, welche Unterlagen benötigt würden und dass sie diese dann per Post schicken sollte. Sie habe die Beschwerde selbst am in den Postkasten des Finanzamtes eingebracht.
Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und hielt in der Stellungnahme fest, dass der Rückforderungsbescheid vom mit Zustellnachweis (RSb-Rückschein) zuerst am hinterlegt und am ausgefolgt worden sei.
Mit Vorhalt vom übermittelte das Bundesfinanzgericht der Beschwerdeführerin den Rückschein betreffend den gegenständlichen Rückforderungsbescheid und räumte ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Gleichzeitig wurde darin festgehalten, dass dem beigelegten RSb-Rückschein zu entnehmen sei, dass der gegenständliche Rückforderungsbescheid ab für die Beschwerdeführerin bei der Post, Geschäftsstelle A zur Abholung bereitgehalten worden sei und dass die Beschwerdeführerin diesen Rückforderungsbescheid am dort übernommen habe. Dieser Rückschein biete somit Beweis dafür, dass am (richtig: ) eine rechtswirksame Zustellung des gegenständlichen Rückforderungsbescheides erfolgt sei.
Dieser Vorhalt blieb von Seiten der Beschwerdeführerin unbeantwortet.
DAZU WIRD ERWOGEN
1 gesetzliche Grundlagen
Erledigungen werden laut § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß lit. a leg. cit. bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.
Gemäß § 98 Abs 1 BAO sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl 200/1982, vorzunehmen.
Nach § 13 Abs 1 ZustG ist das Dokument dem Empfänger an der Abgabenstelle zuzustellen (Satz eins).
Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument gemäß § 17 Abs 1 ZustG im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
Gemäß § 17 Abs 3 ZustG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten (Satz eins). Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird (Satz zwei). Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt (Satz drei).
Die Zustellung ist gemäß § 22 Abs 1 ZustG vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.
Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden gemäß § 108 Abs. 2 BAO mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 108 Abs. 3 BAO durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist nach § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekannt gegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).
Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat (Satz eins).
Gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.
2 Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung
[...]
Bei dem vorangestellten Dokument handelt es sich um einen Rückschein. Der Rückschein ist der Zustellnachweis durch einen Zustelldienst. (Vgl Ritz/Koran, BAO7, § 22 Rz 1).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde bildenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es läge ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen. (Vgl , ).
Ein "unbedenklicher" - dh die gehörige äußere Form aufweisender Zustellnachweis - begründet also die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig. Wer behauptet, es lägen Zustellmängel vor, hat diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dazu anzuführen, welche die genannte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. (Vgl Ritz/Koran, BAO7, § 22 Rz 2)
Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführerin eine Ablichtung des Rückscheins übermittelt und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Die Beschwerdeführerin brachte keinen Einwand gegen die Echtheit oder die inhaltliche Richtigkeit dieses Rückscheins vor. Es ist daher die Echtheit und die inhaltliche Richtigkeit des gegenständlichen Rückscheins zu vermuten. (Vgl Verfahrensgang).
Wie der Ablichtung dieses Rückscheins zu entnehmen ist, wurde der Rückforderungsbescheid vom der Beschwerdeführerin mit RSb-Brief zugestellt. Die Zustellung dieses RSb-Briefes erfolgte durch Hinterlegung bei der Post Geschäftsstelle A. Er wurde erstmals am ab 16.30 Uhr zur Abholung bereitgehalten. Tatsächlich übernahm die Beschwerdeführerin diesen RSb-Brief am und bestätigte dies durch ihre Unterschrift.
Der Lauf dieser Frist beginnt gemäß § 17 Abs 3 Satz zwei ZustG mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten gemäß § 17 Abs 3 Satz drei ZustG mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Im gegenständlichen Fall erfolgte somit die Zustellung des Rückforderungsbescheides vom am .
Für nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen regelt § 108 Abs 2 BAO deren Ende. Unter "Benennung" ist der Wochentag, unter "Zahl" das Monatsdatum oder die Jahreszahl gemeint (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 108 Rz 5).
Samstage, Sonntage und Feiertage sind für den Beginn und Lauf einer Frist bedeutungslos. Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage (sowie Karfreitag und dem 24. Dezember) kommt allerdings nach § 108 Abs 3 Satz zwei BAO dann Bedeutung zu, wenn das Ende der Frist auf einen dieser Tage fallen würde. Diesfalls endet die Frist am nächsten Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist. (Vgl Ritz/Koran, BAO7, § 108 Rz 6).
Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde beträgt gemäß § 245 Abs 1 Satz zwei BAO einen Monat.
Im gegenständlichen Fall endet somit nach dem zuvor Gesagtem die Frist zu rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde am , einem Mittwoch.
Die mit datierte Beschwerdeschrift, welche am von der Bf persönlich in den Briefkasten des Finanzamtes Österreich eingeworfen wurde, ist demnach verspätet eingebracht worden. Die Beschwerde ist daher gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen ergibt, lieg keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Deshalb ist die ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 108 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 17 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 13 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 109 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 22 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100199.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at