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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.06.2024, RV/7101234/2024

Kind wohnt im Haushalt der bei der IAEO beschäftigten Mutter - kein FB-Anspruch für den geschiedenen Kindesvater

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch DORDA Rechtsanwälte GmbH, Universitätsring 10, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe ab September 2017, ***NR***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) stellte am einen Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfe für seine im Februar 2011 geborene Tochter ab Juni 2017.

Das Finanzamt erließ folgenden beschwerdegegenständlichen Bescheid vom :
Abweisungsbescheid
Ihr Antrag auf Familienbeihilfe vom wird abgewiesen für:
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Zeitraum
(Nachname wie Bf.) ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** … 02 11 ab Sep. 2017
Begründung
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Ihre Tochter ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** gehört laut Ihren Angaben und laut zentralen Melderegister seit dem Haushalt der Kindesmutter an.
Nachdem kein gemeinsamer Haushalt mit Ihrer Tochter ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** vorliegt, und Ihre Tochter dem Haushalt der Kindesmutter angehört, war Ihr Antrag auf Familienbeihilfe wegen überwiegender Unterhaltsleistung abzuweisen.

Die steuerliche Vertretung des Bf. erhob Beschwerde mit folgender Begründung:
Die Behörde begründete die Abweisung des Antrags damit, dass die Tochter des Antragstellers, ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** (Nachname wie Bf.), seit dem Haushalt der Kindesmutter angehört, Der antragstellende Vater hätte daher keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.
Die Behörde übersieht dabei allerdings, dass die Kindesmutter, in deren Haushalt das Kind überwiegend wohnt, selbst nicht berechtigt ist Familienbeihilfe zu erhalten (siehe dazu als Beilage den Bescheid des Finanzamts ***X.*** über die Rückforderung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe).
Da die Kindesmutter demnach nicht anspruchsberechtigt ist und der Antragsteller überwiegende Unterhaltskosten für das Kind trägt, hat der Antragsteller Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs 2 Familienlastenausgleichsgesetz.
Wir beantragen daher die Aufhebung des Bescheides und Zuerkennung der beantragten Familienbeihilfe.
Beilagen: 1) Angefochtener Bescheid
2) Bescheid über die Rückforderung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung wie folgt:
Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.
Der Anspruch auf Familienbeihilfe für ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** ist nicht gegeben.
Begründung
Das Kind lebt nicht in Ihrem Haushalt. Obwohl Sie die überwiegenden Unterhaltskosten leisten, erhalten Sie keine Familienbeihilfe, weil eine andere Person aufgrund eines gemeinsamen Haushalts mit dem Kind anspruchsberechtigt ist (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.
Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen.
Ihre Tochter ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** lebt im Haushalt der Kindesmutter, weshalb der Anspruch auf Familienbeihilfe für Sie nicht gegeben ist.

Der Vorlageantrag wurde von der steuerlichen Vertretung des Bf. ohne Erstattung eines weiteren Vorbringen eingebracht.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe ab September 2017 für seine Tochter ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** (Nachname wie Bf.) abgewiesen, weil seine Tochter laut seinen Angaben und laut zentralem Melderegister seit dem Haushalt der Kindesmutter angehört. Dagegen wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, die Behörde übersehe, dass die Kindesmutter in deren Haushalt die Tochter überwiegend wohne, selbst nicht berechtigt sei, die Familienbeihilfe zu erhalten. Da die Kindesmutter nicht anspruchsberechtigt sei und der Antragsteller die überwiegenden Unterhaltskosten trage, habe der Antragsteller Anspruch auf die Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, weil das Kind nicht im Haushalt des Beschwerdeführers lebt. Obwohl er die überwiegenden Unterhaltskosten leistet, erhält er keine Familienbeihilfe, weil eine andere Person aufgrund eines gemeinsamen Haushalts mit dem Kind anspruchsberechtigt ist. Daraufhin wurde rechtzeitig der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht eingebracht.
Beweismittel:
vorgelegte Aktenteile
Stellungnahme:
Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Für ein Kind, das im Haushalt eines Elternteiles betreut wird, sohin bei diesem Elternteil haushaltszugehörig ist, kann beim anderen Elternteil kein Anspruch auf die Familienbeihilfe aus dem Titel der überwiegenden Kostentragung vorliegen, unabhängig davon, ob und wie viel an Unterhalt geleistet wurde.
Die Tochter des Beschwerdeführers war im gegenständlichen Zeitraum bei ihrer Mutter haushaltszugehörig, weshalb dies dem Anspruch des Beschwerdeführers aufgrund der Tragung der Unterhaltskosten entgegensteht.
Auch der Umstand, dass die Kindesmutter, aufgrund ihrer Tätigkeit bei der internationalen Organisation IAEO vom Bezug der Familienbeihilfe ausgeschlossen ist, ändert daran nichts.
Es wird beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht führte ein Ermittlungsverfahren durch, welches in den unten folgenden Erwägungsteil eingearbeitet ist.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Dem Beschwerdeverfahren ging folgendes Verfahren, das vom Finanzamt betreffend die Mutter des Kindes des Bf. geführt wurde, voran:
Am erließ das Finanzamt einen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge
- Familienbeihilfe (FB)
- Kinderabsetzbetrag (KG)
für das Kind
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Art der Zeitraum Beihilfe
(Nachname wie Bf.) ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** … 02 11 FB Feb. 2014-Jän. 2016 KG Feb. 2014-Jän. 2016
Begründung
Der Rückforderungsbetrag beträgt

Rückforderungsbetrag gesamt: € 4.196,10
Sie sind verpflichtet, diesen Betrag gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen.
Die Rückzahlung hat bis auf Widerruf an das oben bezeichnete Finanzamt zu erfolgen. Die Fälligkeit des Rückforderungsbetrages …
Begründung
Nach Artikel 10 Abschnitt 26 des Amtssitzabkommens mit der IAE0 können Personen, auf die sich dieses Abkommen bezieht, die jedoch weder österreichische Staatsbürger, EU-Bürger noch Staatenlose mit Wohnsitz in Österreich sind keinen Vorteil aus den österreichischen Bestimmungen über Familienbeihilfe ziehen.

Am stellte der Bf. einen Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfe und machte u.a. folgende Angaben:
Angaben zum Antragsteller
Familien- oder Nachname …
Vorname …
Staatsbürgerschaft Österreich
geschieden seit tt.05.2013
Derzeitige Wohnanschrift
… gasse …, ***
Für nachstehendes Kind beantrage ich die Familienbeihilfe ab 01092017
Angaben zum Kind
Personendaten zum Kind
(Nachname wie Bf.) ***Vorname.Tochter.d.Bf.***
Geburtsdatum 02 2011 …
Derzeitige Wohnanschrift des Kindes
Ort ***Anschr.in.NÖ***
Der Antragsteller trägt die Kosten für das Kind zu mehr als 50 %. Ja

Über Ersuchen des Finanzamtes gab die steuerliche Vertretung des Bf. bekannt:
(Der Bf.) hält in seiner Stellungnahme fest, dass seine Tochter ***1.Vorname.Tochter*** im Haushalt der Mutter seiner Tochter, Frau T… (Nachname wie Bf.), wohnt und er mehrheitlich die Kosten für seine Tochter übernimmt. (Der Bf.) hat in genannter Angelegenheit mit einer zuständigen Mitarbeiterin des FA telefoniert und hat diese um die Übermittlung einer Stellungnahme via Finanzonline ersucht.
Das beiliegende Schreiben lautet:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist (Bf.) und bin der Vater von ***1.Vorname.Tochter*** (Nachname wie Bf.). Wie schon telefonisch mit Ihnen besprochen arbeitet die Mutter von ***1.Vorname.Tochter*** (T… (Nachname wie Bf.)) für eine internationale Organisation (IAEO) in Wien und ist daher nicht berechtigt einen Antrag auf Familienbeihilfe zu stellen. Da ich aber mehrheitlich die Kosten für meine Tochter ***1.Vorname.Tochter*** übernehme, stellte ich den Antrag auf Familienbeihilfe.
Es ist festzuhalten, dass ich seit ca. 10 Jahren einen monatlichen Unterhalt für meine Tochter von € 330 bezahle. Während dieser Zeit betreute ich ***1.Vorname.Tochter*** wöchentlich drei Mal und auch einen Tag am Wochenende. Mein Wohnsitz befindet sich in Wien und der von ***1.Vorname.Tochter*** in ***Ort.NÖ*** bei ihrer Mutter. Ebenso war der Kindergarten und die Volkschule dort. Heute besucht die ***1.Vorname.Tochter*** das Gymnasium in der zweiten Klasse.
Mir war und ist es wichtig, dass ***1.Vorname.Tochter*** ihren schulischen Verpflichtungen nachkommt und sich auch körperlich bewegt. {Hausübung, wandern, laufen, Geräte klettern etc.) Ich merkte in Folge besonderes Interesse am Ballspiel und habe mit ihr angefangen Tennis zu spielen und fördere Sie auch heute in diesem Bereich. (Training, Meisterschaft, Turniere etc.).
[Unterschriften des Bf. und der Kindesmutter]

Das Bundesfinanzgericht richtete folgendes Schreiben an den Bf.:
Auf Basis des derzeit bestehenden Aktenstandes ist die Beschwerde aus zwei Blickwinkeln zu betrachten:
1.
Der Mutter von ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** - zu deren Haushalt das Kind gehörte - wurde vom Finanzamt (mit o.a. Bescheid vom ) das Recht auf das Beziehen von Familienbeihilfe abgesprochen, weil Artikel 10 Abschnitt 26 des Amtssitzabkommens mit der IAE0 Vorrang hinsichtlich der gegenüberstehenden FLAG- Bestimmung hat. Verhindert die Abkommensregelung, dass die bei der IAEO beschäftigte Mutter einen Vorteil aus den österreichischen Bestimmungen über Familienbeihilfe zieht, der sich bei Außerachtlassung des Abkommens auf die familienlastenausgleichsgesetzlich einschlägige Bestimmung des ersten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG, wonach Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person hat, zu deren Haushalt das Kind gehört, stützen würde, geht der im Abkommen bestimmte Hinderungsgrund dem familienlastenausgleichsgesetzlichen Anspruch der primär Anspruchsberechtigten vor.
Verhindert das Abkommen, dass die primär anspruchsberechtigte Person einen Vorteil aus der familienlastenausgleichsgesetzlichen Bestimmung des ersten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG ziehen kann, gilt es zu beurteilen, ob Ihnen (Beschwerdeführer) (auf Grund des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG) Familienbeihilfe zu gewähren ist.
Gehören Sie (Beschwerdeführer) nicht zum Haushalt der Kindesmutter, kann das Abkommen Ihnen gegenüber keinerlei Gültigkeit haben. Die Beurteilung, ob Ihnen Familienbeihilfe zu gewähren ist, ist allein auf Grund der Bestimmungen des FLAG zu treffen. Aus der alleinigen Sicht des FLAG war die von Ihnen getrennt lebende Kindesmutter die primär Anspruchsberechtigte gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG, welcher Umstand einem Anspruch von Ihnen als lediglich subsidiär anspruchsberechtigter Person gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung entgegensteht.
Es wird Ihnen Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.
2.
Die Beschwerde ist, unabhängig vom o.a. Blickwinkel, aus einem weiteren Blickwinkel zu beurteilen:
§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 bestimmt:
Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Laut dem vorgelegten, unterfertigten Schreiben:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist (Name des Bf.) und bin der Vater von ***1.Vorname.Tochter*** (Nachname wie Bf.). …"
bezahlten Sie für ihre Anfang 2011 geborene Tochter, am Beginn des Beschwerdezeitraumes somit im Volksschulalter, "einen monatlichen Unterhalt für (ihre) Tochter von € 330".
Es wird Ihnen hiermit Gelegenheit zur Nachweisführung, dass Sie im Beschwerdezeitraum, ab Sept. 2017, den überwiegenden Unterhalt für ihre Tochter ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** getragen haben, gegeben."

Dieser Vorhalt wurde von der steuerlichen Vertretung des Bf. damit beantwortet, dass die monatlichen Unterhalts- Banküberweisungen - iHv € 330,00 - durch Vorlage von Kopien der Bankbelege nachgewiesen wurden.

Das vom Bf. erzielte/erklärte Einkommen belief sich (Abgabeninformationssystemabfragen)
- im Jahr 2018 auf € 6.452,71,
- im Jahr 2019 auf € 12.213,10
- im Jahr 2020 auf € 6.686,94
- im Jahr 2021 auf € 17.213,01.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Detailfeststellungen beruhen auf den jeweils angeführten unbedenklichen (vom Bf. vorgelegten) Grundlagen. Weiterer Ausführungen zur Beweiswürdigung bedarf es daher nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 bestimmt:
Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Im Erkenntnis vom , RV/7102561/2018, erwog das Bundesfinanzgericht:
Strittig ist, ob die Bf. von der Ausschlussbestimmung des Artikel X Abschnitt 26 letzter Satz im Amtssitzabkommen der Republik Österreich mit der IAEO erfasst ist, obwohl sie nicht Dienstnehmerin der IAEO, sondern Dienstnehmerin der Ständigen Vertretung der Vereinigten Arabischen Emirate bei der IAEO ist.
Artikel X des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über den Amtssitz der Internationalen Atomenergie-Organisation, BGBl. Nr. 82/1958, idF BGBl. Nr. 413/1971, lautet:
"Sozialversicherung und Pensionsfonds
Abschnitt 24
Der Gemeinsame Pensionsfonds des Personals der Vereinten Nationen sowie jeder von der IAEO eingerichtete oder unter ihrer Aufsicht geführte Pensions- oder Fürsorgefonds genießt in der Republik Österreich über Antrag der IAEO Rechtsfähigkeit, und es gelten für ihn die gleichen Befreiungen, Immunitäten und Privilegien wie für die IAEO selbst. Die Rechtsstellung, die der Gemeinsame Pensionsfonds des Personals der Vereinten Nationen auf Grund anderer internationaler Vereinbarungen in der Republik Österreich genießt, wird durch diese Bestimmung nicht berührt.
Abschnitt 25
Die IAEO ist von jeder Beitragspflicht an eine Sozialversicherungseinrichtung der Republik Österreich befreit, und die Angestellten der IAEO werden von der Regierung nicht verhalten, solchen Einrichtungen anzugehören.
Abschnitt 26
Die Regierung trifft die gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen, um es jedem Angestellten der IAEO, der an Sozialversicherungseinrichtungen der IAEO nicht teil hat, über Ersuchen der IAEO zu ermöglichen, einer Sozialversicherungseinrichtung der Republik Österreich beizutreten. Die IAEO hat unter zu vereinbarenden Bedingungen, soweit als möglich, Vorsorge dafür zu treffen, dass die an Ort und Stelle aufgenommenen Angehörigen ihres Personals, denen sie nicht einen Sozialversicherungsschutz zuteil werden lässt, der dem nach österreichischem Recht gewährten zumindest gleichwertig ist, Mitglieder einer österreichischen Sozialversicherungseinrichtung werden können.
Personen, auf die sich dieses Abkommen bezieht, die jedoch weder österreichische Staatsbürger noch Staatenlose mit Wohnsitz in der Republik Österreich sind, werden keinen Vorteil aus den österreichischen Bestimmungen über Familienbeihilfe und Geburtenbeihilfe ziehen."
Der letzte Satz des Abschnitts 26 wurde durch Artikel III des am geschlossenen Abkommens zwischen der Republik Österreich und der IAEO zur Abänderung des Amtssitzabkommens vom (BGBl 1971/413) eingefügt.
Aus den Erläuternden Bemerkungen ergibt sich inhaltlich, dass in den Abschnitt 26 nunmehr auch die in Punkt 5 des Notenwechsels zum UNIDO-Amtssitzabkommen enthaltene Regelung aufgenommen werden soll (ErläutRV 152 BlgNR 12. GP 16). Aus den Materialien zum UNIDO-Amtssitzabkommen geht dazu hervor, dass die Ausschlussbestimmung im Hinblick auf die Schaffung des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe mit getroffen wurde. Es sollten die Angestellten der Organisation sowie deren dem Abkommen unterliegenden Familienangehörigen nicht österreichischer Staatsbürgerschaft von den Leistungen aus diesem Fonds ausgeschlossen werden (ErläutRV 669 20. GP 41).
Im stenographischen Protokoll der 36. Sitzung des Nationalrats zur Abänderung des IAEO-Amtssitzabkommens findet sich folgende Aussage: "Artikel II und III behandeln Begünstigungen des Gemeinsamen Pensionsfonds und die Familien- und Geburtenhilfe für nicht-österreichische Angestellte" (36. Sitzung NR XII. GP - Stenographisches Protokoll, Seite 2853). Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt, sind damit zweifellos die Angestellten der IAEO gemeint, weil nur diese aus dem Gemeinsamen Pensionsfonds begünstigt sind.
Wie sich aus dem systematischen Zusammenhang und dem Zeitpunkt der Schaffung des Artikel X Abschnitt 26 dritter Satz des Abkommens ergibt, ist diese Regelung dahin zu verstehen, dass nach dem Willen der Parteien drittstaatsangehörige Angestellte der IAEO, aber auch drittstaatsangehörige im gemeinsamen Haushalt lebende Familienangehörige im Gegenzug zu den ihnen eingeräumten Privilegien und Vorrechten nicht an durch den Familienlastenausgleichsfonds finanzierten Leistungen partizipieren, sondern von diesen Leistungen ausgeschlossen sein sollen (vgl. ).

Der Mutter von ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** - zu deren Haushalt das Kind gehörte - wurde vom Finanzamt (mit o.a. Bescheid vom ) das Recht auf das Beziehen von Familienbeihilfe abgesprochen, weil Artikel 10 Abschnitt 26 des Amtssitzabkommens mit der IAE0 Vorrang hinsichtlich der gegenüberstehenden FLAG- Bestimmung hat. Verhindert die Abkommensregelung, dass die bei der IAEO beschäftigte Mutter einen Vorteil aus den österreichischen Bestimmungen über Familienbeihilfe zieht, der sich bei Außerachtlassung des Abkommens auf die familienlastenausgleichsgesetzlich einschlägige Bestimmung des ersten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG, wonach Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person hat, zu deren Haushalt das Kind gehört, stützen würde, geht der im Abkommen bestimmte Hinderungsgrund dem familienlastenausgleichsgesetzlichen Anspruch der primär Anspruchsberechtigten vor.
Verhindert das Abkommen, dass die primär anspruchsberechtigte Person einen Vorteil aus der familienlastenausgleichsgesetzlichen Bestimmung des ersten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG ziehen kann, gilt es zu beurteilen, ob dem Bf. (auf Grund des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG) Familienbeihilfe zu gewähren ist.

Gehört der Bf. nicht zum Haushalt der Kindesmutter, kann das Abkommen ihm gegenüber keinerlei Gültigkeit haben. Die Beurteilung, ob ihm Familienbeihilfe zu gewähren ist, ist allein auf Grund der Bestimmungen des FLAG zu treffen. Aus der alleinigen Sicht des FLAG war die von ihm getrennt lebende Kindesmutter die primär Anspruchsberechtigte gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG, welcher Umstand einem Anspruch des Bf. als lediglich subsidiär anspruchsberechtigter Person gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung entgegensteht.

Die Beschwerde war daher aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerde ist, unabhängig vom o.a. Grund, aus einem weiteren Grund als unbegründet abzuweisen:

Der Bf. bezahlte für seine Anfang 2011 geborene Tochter, am Beginn des Beschwerdezeitraumes somit im Volksschulalter, "einen monatlichen Unterhalt für (seine) Tochter von € 330".
Auf Grund der ihm gegebenen Gelegenheit zur Nachweisführung, dass er im Beschwerdezeitraum, ab Sept. 2017, den überwiegenden Unterhalt für seine Tochter ***Vorname.Tochter.d.Bf.*** getragen hat, wurden durch die steuerliche Vertretung lediglich die monatlichen Unterhalts- Banküberweisungen - iHv € 330,00 - mittels Vorlage der Bankbelege nachgewiesen.

Gilt es zu beurteilen, welcher Elternteil den überwiegenden Unterhalt getragen hat, bedarf es, in der Natur der Sache liegend, zweierlei,
- es ist der Unterhaltsbedarf des Kindes anzugeben bzw. darzutun und
- in welcher Höhe hat, im vorliegenden Fall der Kindesvater, den Unterhalt geleistet.

An der Angabe geschweige denn des Dartuns des Unterhaltsbedarfes mangelt es gänzlich.
Die mangelnde Erfüllung des Ersuchens um Nachweis der Tragung des überwiegenden Unterhaltes fällt dem Bf. zur Last.
Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass der Grund des Unterbleibens der vollständigen Nachweisführung auf der Hand liegt: Es steht mit der Lebenserfahrung im Einklang, dass mit dem Betrag von € 330,00/Monat der überwiegende Unterhalt für die Anfang 2011 geborene Tochter, am Beginn des Beschwerdezeitraumes somit bereits im Volksschulalter, sieht man von Einzelfällen ab (die Beschäftigung der Mutter bei der internationalen Organisation IAEO weist auf einen solchen nicht hin), in der Regel nicht zu bestreiten war bzw. getragen wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101234.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at